Archiv für den Monat: Februar 2019

Karfreitag : Regierung desavouiert Evangelische

Die Regierung fährt gnadenlos über die Evangelische Kirche drüber. Ihr sind Wirtschaftsinteressen sakrosankt. Im ORF-Fernsehen macht Religionsminister Blümel ausgerechnet Bischof Bünker zum Sündenbock.

Udo Bachmair

„Wer schafft denn Arbeit..?!“ schrie Sozialministerin Hartinger-Klein ins Plenum des Nationalrates. Und sie gab sich gleich selbst die Antwort: „Die Wirtschaft !“ Die Antwort hätte auch lauten können: „Selbstverständlich die Arbeitskraft der Menschen“. Wahrscheinlich stimmt Beides. Sicher hingegen ist, auf welche Seite sich diese Regierung wieder einmal geschlagen hat. Auf die Seite der Unternehmer und Konzerne. Das hat sich zuletzt gezeigt am blamablen Einknicken des FPÖ-Verkehrsministers Norbert Hofer vor der Frächterlobby. Das zeigt sich aktuell und besonders brisant an der leidigen Causa „Karfreitag“.

Da sorgt das „Drüberfahren über die Evangelischen“ für berechtigte Empörung. Auch außerhalb der Evangelischen Kirche. Denn wieder einmal wird ohne ausreichende Begutachtung ein rechtlich zweifelhaftes Gesetz durchs Parlament gepeitscht. Nicht einmal im Zusammenhang mit den Rechten und Traditionen einer Religionsgemeinschaft sieht diese Regierung entsprechende Sensibilität für angebracht. Einer christlichen Minderheitskirche die Religionsausübung zu beschneiden und ihren wichtigsten Feiertag zu kappen, zeugt zudem von beispielloser Unverfrorenheit. Vor allem jene Regierungsmitglieder, die der Evangelischen Kirche angehörigen, nämlich Hartinger-Klein, Norbert Hofer und Heinz Faßmann sollten sich schämen.

Es ist dies nicht zuletzt auch eine demokratiepolitisch und menschenrechtlich höchst bedenkliche Vorgangsweise. Dabei wäre die nach dem EUGH-Urteil logischste Konsequenz gewesen, den Karfreitag für alle zum Feiertag zu machen. Eine Forderung, die der evangelische Bischof Michael Bünker immer wieder in die Diskussion eingebracht hatte. In bewährter Manier versucht die türkis-blaue Regierungstruppe nun den Spieß umzudrehen.In bisher kaum registrierter Perfidie hat der für Religionen zuständige Kurz-Vertraute Gernot Blümel den Ball an Bünker weitergespielt.

Allen Ernstes hat Blümel in der ZIB 2 die nunmehrige unbefriedigende Karfreitagslösung mit einer angeblichen Zustimmung Bünkers gerechtfertigt. Der Bischof hatte sich zu diesem Zeitpunkt allerdings von seiner ersten Reaktion, es handle sich um eine positive Lösung mit Wermutstropfen, bereits deutlich distanziert. Dennoch steht Bünker, anerkannt und gelobt für seine Verdienste auch über Kirchengrenzen hinaus, nun als Sündenbock da. Nicht nur seitens Blümels, sondern auch kirchenintern.

Statt den Regierungskoordinatoren Blümel und Hofer schwappt nun Bünker eine Welle von Kritik entgegen. Ja, sogar von Verrat an der eigenen Glaubensgemeinschaft ist mancherorts die Rede. Ein engagierter Kirchenmann wie Bünker verdient das aber beileibe nicht, er hat das Erscheinungsbild der Evangelischen Kirche in seiner 12-jährigen Amtszeit äußerst positiv geprägt.

Eine Glaubensgemeinschaft, die in ihrer Geschichte bis weit ins vergangene Jahrhundert hinein nicht wenig Leid erfahren hat, von Regierungsseite her derart zu demütigen und desavouieren, ist wohl einmalig in der Zweiten Republik. Oder sind wir bereits in der Dritten angelangt ? Manche Entwicklungen in diesem Land, wie die Infragestellung von Grundrechten sowie Revanchegelüste gegenüber einer Minderheits-Kirche, die sich immer wieder auch regierungskritisch zu menschenrechtlich bedenklichen Erscheinungen geäußert hat, lassen diesen Schluss zu.

Wehret den Anfängen…

„Charakteristisch für eine Diktatur“

Der Vorstoß von FPÖ-Innenminister Kickl für eine Haft auf Verdacht bloß für Asylwerber ist dem sozialdemokratischen (!?) Landeshauptmann Dozkozil noch zu wenig weitgehend. Dieser will eine „Sicherungshaft“ auch für Inländer.

Udo Bachmair

Um dem xenophoben FPÖ-Innenminister Herbert Kickl populistisch beizukommen, dreht der selbsternannte Sozialdemokrat Hans Peter Dozkozil die Schraube politisch weiter nach rechts. Der Ex-Polizeichef des Burgenlands und Neo-Landeshauptmann findet trotz zahlreicher Bedenken von Experten und auch aus der eigenen Partei nichts dabei, in der sogenannten Ausländerfrage weiter heftig mitzuzündeln.

Dabei erscheint es ziemlich klar, dass damit für eine Dozkozil-SPÖ kaum Stimmen von der FPÖ rückholbar sind. Stattdessen können sich die Grünen und NEOS sowie die Liste JETZT, die auf rechtsstaatliche und menschenrechtliche Aspekte nicht vergessen wollen, auf vermehrten Zuspruch enttäuschter gesinnungstreuer SPÖ-Wähler freuen.

Standard – Kommentator Hans Rauscher prognostiziert zu Recht den zu befürchtenden Untergang der SPÖ für den Fall, dass sie sich tatsächlich für eine Verfassungsmehrheit im Parlament zugunsten einer „Haft auf Verdacht“ ( „Vorsorglich alle einsperren!“ ) hergibt.

Darüber hinaus ist auch dem renommierten Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk zuzustimmen, wenn er zur Einführung einer „Sicherungshaft“ besorgt feststellt: „Das ist charakteristisch für eine Diktatur“.

Wehret den Anfängen..

Zur Freund-Feind-Polarisierung

Gastbeitrag: Der Spiegel

In seinem Essay über „Framing“ formuliert „Der Spiegel“ Grundsätzliches zur Freund-Feind-Polarisierung, das auch auf die derzeitige Politik-Situation Österreichs in einigen Punkten anwendbar scheint. Anstelle die eigenen Fehler und Unterlassungen zu analysieren, konzentriert man sich auf den politischen Gegner (Hans Högl).

„Es gehört zu den Gesetzen einer sich verschärfenden gesellschaftlichen Freund-Feind-Polarisierung, dass der Feind überschätzt wird und dass ihm alles zugetraut wird. In Konsequenz wittert jede Seite permanent die Verschwörung der anderen. Der Feind scheint stets zwei Schritte voraus, er manipuliert und zieht im Hintergrund die Fäden. Seine Überlegenheit verdankt sich nicht nur seiner Ruch- und Skrupellosigkeit, sondern auch seiner perfiden Rafinesse. (Der Spiegel,Nr.9, 2019 p.124 f) .

Medien an der kurzen Leine ?

Das deutsche „Handelsblatt“ – nicht im Verdacht, ein linkes Medium zu sein – übt scharfe Kritik an Österreichs rechtskonservativer Regierung

Udo Bachmair

Seit der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch das mediale Naturtalent Sebastian Kurz im Dezember 2017 sieht „Handelsblatt“-Kommentator Hans-Peter Siebenhaar für die österreichischen Medien den Beginn einer neuen Zeitrechnung. An allen Schaltzellen der politischen Macht gelte das System der „message control“.

„Für die österreichischen Medien wird seitdem ein minuziöses Drehbuch mit ausgewählten Inhalten geschrieben. Kein Wort wird dem Zufall überlassen. Selbst Provokationen werden sorgsam gesetzt, um entweder von Problemen abzulenken oder Gegner zu verunsichern.“

Kurz und seine „Prätorianergarde im Kanzleramt“ hätten es geschafft, die rot-weiß-roten Medien in rasanter Geschwindigkeit fast ausnahmslos auf Regierungslinie zu bringen.

„Zum einen wird journalistisches Wohlverhalten mit exklusiven Zugängen belohnt und Fehlverhalten bestraft, zum anderen wird eine raffinierte Personal- und Anzeigenpolitik betrieben. Durch die Umbesetzung der Chefredaktion der Tageszeitung „Kurier“ verschwand eine bisweilen regierungskritische Stimme. Ohnehin ist der Kurz-Freund und Immobilienmilliardär Rene Benko beim Kurier und der Kronen Zeitung als Gesellschafter eingestiegen. Das verbindet.“

Da die bisher einzige oppositionsnahe Tageszeitung „Der Standard“ ihre Hauptenergie in die Digitalisierung investiere, bleibt für Siebenhaar als einziges konsequentes Oppositionsblatt das Wochenmagazin Falter. Zum ORF meint der Kommentator:

„Das größte Medienhaus des Landes mit seinem sozialdemokratischen Chef Alexander Wrabetz wehrt sich noch gegen allzu dreiste Eingriffe durch die Regierungskoalition. Doch der Führungsmannschaft und weiten Teilen der Redaktion ist klar, dass mit dem geplanten Komplettumbau des ORF nichts mehr sein wird wie es einmal war“.

Jedenfalls nehme der journalistische Pluralismus in Österreich insgesamt kontinuierlich ab, so das Handelsblatt. Im Hinblick auf die Medien würde Österreich immer näher an Osteuropa heranrücken, befindet der Autor. „Zum Nachteil einer lebendigen und pluralistischen Demokratie..“

Gute alte Zeit? Urteil über Medien

Hans Högl

Der Hamburger SPIEGEL hat wöchentlich eine kleine Spalte mit dem Titel:
„FRÜHER WAR ALLES SCHLECHTER“. So wies er kürzlich mit einer fundierten Statistik nach, dass die Anzahl der 100-Jährigen kontinuierlich wuchs: 1980 lebten in Deutschland 975 Menschen, die mindestens 100 Jahre alt waren, im Jahr 2000 waren es 5.699 und laut Demographen rechnet man in 20 Jahren mit 140.000 Menschen, die mindestens 100 Jahre alt werden(Der Spiegel, Nr.8/16.2.2019/p. 82).

Also: So schlecht kann es mit uns im Westen mit der Nahrung und Medizin nicht stehen! Obschon es immer wieder heißt: „Es wird alles immer schlechter“ und „die Konflikte spitzen sich immer mehr zu“. Im Sinne der Medienkultur begrüße ich die genannte Spalte im Abschnitt „Gesellschaft“ des SPIEGELs; denn sie entspricht der Forderung nach „konstruktivem Journalismus“.

Es geht nicht an, das Magazin „Spiegel“ und andere Medien g e n e r e l l negativ (oder auch positiv) zu bewerten. Wir erinnern aber an die kürzlichen Fehlleistungen. Seien wir im Reden vorsichtig mit generalisierenden Bewertungen über Medien – dies betrifft auch große Medienorganisationen wie die des öffentlich-rechtlichen Fernsehens (ARD, ZDF,ORF). Es gilt zu differenzieren – und dies trifft in einem gewissen Sinne und in einem gewissen Ausmaß auch auf Boulevardmedien zu. Es kann darin nicht immer und überall Unsinn sein, wenn es von breitesten Kreisen rezipiert wird.

Digitalsteuer – Wer bremst? 

Hans HÖGL

In einem Gespräch mit dem Verband der Auslandspresse erläuterte der österreichische Finanzminister Hartwig Löger Hintergründe zur Digitalsteuer, die Österreichs Regierung in der vergangenen EU-Ratspräsidentschaft vorgeschlagen hatte und zwar in der Höhe von 3 %, die auch Teile der Umsätze aus der Vermarktung von Nutzerdaten umfasste (Vgl. Die Welt 20.2.). Ein in letzter Minute von Deutschland und Frankreich eingereichtes Papier sieht nur eine Besteuerung der Werbeumsätze vor. Darüber zeigte sich Löger etwas enttäuscht, hofft aber, dass sich die EU im März auf eine abgespeckte Variante der Digitalsteuer auf Internetkonzerne wie Facebook, Amazon und Google einigt.

Hartwig Löger-österr. Finanzminister, Digitalsteuer-abgespeckte Variante?, Facebook, Google, Amazon, Frankreich und Deutschland nur für Werbeumsätze,

Vormarsch von Demokratie und Pressefreiheit gestoppt ?

Und wieder ist er „Journalist des Jahres“ geworden: Armin Wolf. Das Branchenmagazin „Der Journalist“ hat ihn erneut für sein journalistisches Engagement geehrt.

Udo Bachmair

„Wir durften uns jahrzehntelang sicher fühlen. Auf der richtigen Seite, auf der von Demokratie und Freiheit. Doch dieser Vormarsch scheint zum ersten Mal in moderner Zeit gestoppt“. Mit dieser Einschätzung eröffnete Claus Kleber, „Anchorman“ des ZDF-„Heute Journal“, seine Laudatio auf Preisträger Armin Wolf.

„Wenn wir nicht höllisch aufpassen, wird die Abkehr von freiheitlicher Ordnung ein bestimmendes Phänomen des 21. Jahrhunderts“, so Claus Kleber.

Angesichts dieses Befunds ist in Zeiten wie diesen kritischer Journalismus nötiger denn je. Und den verkörpern Journalisten wie Armin Wolf für viele auf vorbildliche Weise.

Wolfs Erwiderung auf die Laudatio geriet zu einer neuerlichen Kritik an der Medienpolitik. Diese sei vor allem mit Köpfen beschäftigt. So werde ein neuer künftiger ORF-Vorstand türkis/blau eingefärbt sein. Ein Aus für den bisherigen ORF-Generals Alexander Wrabetz, der den ORF-Redaktionen bisher einen vergleichsweise großen journalistischen Spielraum zugestanden hat.

Der ausgezeichnete ZIB 2-Präsentator kritisierte auch die öffentlichen Attacken auf ORF-Journalisten vor allem seitens der FPÖ. Wolf zu den Einschüchterungsversuchen gegen kritische Journalisten: „ Da zeigt sich tatsächlich ein elementares Problem im Verständnis, was Pressefreiheit ist und von der verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit des ORF“.

Es gilt als wahrscheinlich, dass im Zuge des neuen ORF-Gesetzes, das noch bis zum Sommer das Licht der Öffentlichkeit erblicken soll, auch weitere regierungsnahe personalpolitische Maßnahmen getroffen werden. Von einer „Orbanisierung“ ist allerdings bisher (noch) nicht die Rede sein.

Leistungen von Ärzten und Spitälern

Hans Högl

Wiener Ordensspitäler ziehen Bilanz: In den konfessionellen Häusern werden 482.000 Menschen betreut, davon 109.265 stationär, und in diesen Einrichtungen wurden 67.741 Operationen durchgeführt.

Diese Zahlen sind eindrucksvoll. Zuletzt wurde ein einzelner Fall in Boulevard-Medien riesig hervorgehoben, als ein Mann in der Nähe eines Spitals einen Herzinfarkt erlitt und der Portier dieses Spitals nicht darum sorgte, dass der Kranke im nahen Krankenhaus versorgt wurde, sondern die Rettung wurde in ein Krankenhaus gesandt, das zwei Kilometer entfernt war. Leider verstarb der Mann. Er hätte sofort behandelt werden müssen.

Sosehr dies kritikwürdig ist, so sollten Medien nicht nur Einzelfälle hervorheben, sondern ein Gesamtbild der medizinischen Leistungen bieten. Wo wird nun von den 67.741 durchgeführten Operationen groß berichtet? Selbst in Qualitätsmedien ist dies bestenfalls ein Zweispalter.
Boulevard-Medien geht es mehr darum, Wirbel zu machen, die Verkaufszahlen zu erhöhen, als sachlich zu berichten.

Was kann der Mediennutzer tun? Auf`s Erste: Solche Krawallblätter nicht kaufen! Ich selbst habe mir die Zeit genommen, diesen Beitrag zu verfassen, und vor einiger Zeit bedankte ich mich mit einer Ansichtskarte aus dem Urlaub bei einem Arzt, der mich vortrefflich behandelte. Und dieser freute sich darüber.

Bruno Ganz. Künstler ohne Allüren

Hans Högl

Seit ein paar Jahren teilt uns die Kulturabteilung der Schweizer Botschaft in Wien mit, welche Landsleute in Österreichs Kulturszene präsent sind. Das fällt hierzulande nicht besonders auf. Beiläufig deutet man an, dass Bruno Ganz Zürcher, Schweizer, war. Der Schriftsteller Adolf Muschg hebt die einfache Herkunft des kürzlich Verstorbenen hervor. Er hatte eine italienische Mutter und sein Vater war Arbeiter. Die Familie lebte in Seebach, an der Peripherie von Zürich ohne Blick auf den See. Bruno Ganz ist ein Exempel dafür, dass ein Mensch aus bescheidenen Verhältnissen zu einem der ganz Großen in der Kulturwelt wurde.

Wer den aufwühlenden Film „Der Untergang“ sieht – mit Bruno Ganz in der Rolle Hitlers 1945 in in Berlin , bejaht den Titel der „Neuen Zürcher“ vom 18.2.: „Er legte den Kern seiner Figuren frei“.

Friedrich Nietzsche sprach von der üblichen Neigung des Publikums, Dirigenten und Schauspieler mehr wahrzunehmen als die schöpferischen Musiker und Dichter. Im Medienbereich gibt es Vertreter, die sich zu sehr im Glanz der Scheinwerfer als Größen gerieren, wo sie doch eigentlich nur Vertreter, Mittler von Größeren sind. Doch Bruno Ganz war einer der wirklich Großen – ohne Allüren. Und er korrigiert das Fremdbild der Schweiz- als jenes der Banken etc.

ÖVP quo vadis ?

In Politik und Medien häufen sich Kommentare zum neuen Rechts-Kurs der ÖVP

Udo Bachmair

Die ÖVP war einmal christlichsozial. Das ist der Tenor vieler Analysen, die die große Regierungspartei politisch zwischen neoliberal und rechtspopulistisch verorten. „Die ÖVP ist zu einer rechtspopulistischen Bewegung geworden“ begründete jüngst der langjährige Salzburger ÖVP-Spitzenpolitiker Arno Gasteiger den Austritt aus seiner Partei. Andere bürgerlich-liberale (Ex-)Politiker, wie der frühere Parteichef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, halten sich zwar verbal nicht mehr zurück mit Kritik, sie bleiben vorerst aber und hoffen weiter..

Mehr an öffentlichen Kommentaren zur Causa bieten manche Qualitätszeitungen. „Die politische und soziale Mitte bleibt auf der Strecke“ – das ist etwa der Befund der Wiener Politikwissenschafterin Sieglinde Rosenberger. Im „ Standard“ schreibt sie : „Österreich ist dabei, seine Machtbalance und den an der politischen Mitte orientierten Interessensausgleich zugunsten der rechten/rechtsextremen Parteienmehrheit zu verlieren“. Die meisten Einrichtungen seien bereits auf rechte Personallinie gebracht sowie die Sozialpartnerschaft und NGOs geschwächt.

Was heute passiere, fasst ebenfalls im „Standard“ die katholische Publizistin Traude Novy zusammen: Das neue Denken der ÖVP sei zwar sozial, „aber nur für Leistungsträger und alle, die schon was besitzen“.

In einem Gastkommentar für die „Wiener Zeitung“ sieht Gerfried Sperl eine zunehmende Entkoppelung von „christlich“ und „sozial“. Die „soziale Marktwirtschaft“ sei der „liberalen Marktwirtschaft“ ( extremer: dem „Neoliberalismus“ ) gewichen. Damit habe sich eine grundlegende Änderung der politisch-wirtschaftlichen Denkweise vollzogen.

Die Konsequenz daraus: Ein deutlicher Rechtsruck der ÖVP sowie eine mit zunehmender Schärfe geführte Ideologiedebatte. Weitere Polarisierung im Land erscheint garantiert.