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Wiener Zeitung ohne Überlebenschance

Diese Woche läuft die Begutachtungsfrist des neuen Medienförderungsgesetzes ab. Damit wird auch die Rettung des „Kulturguts“ Wiener Zeitung immer unwahrscheinlicher.

Stellvertretend für viele Stimmen des Protests gegen diese Maßnahme der schwarz/grünen Bundesregierung folgende ( von Udo Bachmair ausgewählte ) Zitate:

Die in medienpolitischen Dingen komplett indolente und skandalös agierende Regierung, der auch die Grünen angehören, zuckt nicht einmal mit dem Ohrwaschel, um etwas zur Rettung dieser Zeitung zu unternehmen, obwohl es ihre verdammte Pflicht wäre.

( Armin Thurnher, FALTER )

In einer Zeit, in der Qualitätsmedien weltweit einen Überlebenskampf gegen Banalität und Trivialisierung führen müssen – und ihn zu oft auch verlieren –, ist jede Würdigung und Auszeichnung für diese aus vielen Gründen außergewöhnliche österreichische Zeitung ein wichtiger Beitrag, um das Fortbestehen der Wiener Zeitung auch in Zukunft abzusichern.

( Aus einem Brief von Hugo Portisch und Heinz Nussbaumer aus dem Jahr 2019, als die ÖVP/FPÖ-Koalition unter Kanzler Kurz den Todesstoß für die Wiener Zeitung androhte. Nun wird das Ende des Qualitätsblatts auch von den Grünen unterstützt…)

Neue Medienpolitik unabdingbar

Nicht zuletzt angesichts der bekanntgewordenen Inseratenkorruption erscheint eine Reform der Medienpolitik dringlicher denn je. Daher im Folgenden weitere Details jener Vorschläge, die der Presseclub Concordia präsentiert hat.

Udo Bachmair

Abseits von Klimakrise und Corona sollten andere wichtige Themen nicht unterbelichtet sein, etwa der Kampf gegen die leidige Inseratenkorruption sowie gegen gekaufte und manipulierte Meinungsforschungsergebnisse. Dazu hat der in dieser Causa besonders engagierte Presseclub weitere interessante Inputs geliefert. Diese haben dann in verschiedenen seriösen Medien, wie dem Falter, dem Standard oder der Wiener Zeitung auch die entsprechende Resonanz gefunden.

Die wichtigste Forderung des Presseclubs Concordia umfasst eine „konvergenten Journalismusförderung“. Es müsse endlich Schluss sein mit intransparenter und willkürlicher Inseratenpraxis. Die künftige Journalismusförderung sollte auf klaren, auf objektiven Kriterien beruhen. So fehle zum Beispiel eine dringend notwendige Qualitätsdefinition, die gleichermaßen allen Arten von Förderungen zugrunde gelegt werden müsse.

Als zentral für die neue Journalismusförderung nennt der Club die Unterstützung journalistischer Arbeitsplätze, die Einhaltung professioneller und ethischer Grundsätze (Mitgliedschaft beim Österreichischen Presserat, Vorhandensein ethischer Richtlinien wie Redaktionsstatuten, Ombudspersonen, Ethikkodizes etc.) Dringend erforderlich seien zudem die strikte Trennung von Redaktion und Werbung sowie nachweisbare Qualitätssicherungssysteme in den Redaktionen.

Als wichtigsten Grundsatz vermerkt der Presseclub die Stärkung von unabhängigem, vielfältigem und qualitätsvollem Journalismus als zentralem Pfeiler der liberalen Demokratie.

Wenn sich Politiker ihre Zeitungen halten…

Politiker tendieren dazu, ihre Botschaften über den Boulevard ans Wahlvolk zu bringen. Einerseits verständlich, zumal Massenblätter hohe Reichweiten aufweisen. Andererseits jedoch demokratiepolitisch bedenklich, wenn seriöse differenzierende Medien dabei das Nachsehen haben. Problematisch besonders bei Regierungspolitikern, wenn sie sich ausschließlich Medien „halten“, die ihnen gewogen sind.

Udo Bachmair

Besonders professionell erweist sich Kanzler Sebastian Kurz, der immer wieder als „begnadeter Selbstinszenierer“ bezeichnet wird. Der österreichische Regierungschef hat sich gezielt zwei Massenzeitungen für seine Botschaften ausgesucht: Die Kronenzeitung sowie die ebenfalls Kurz-nahe Gazette „Österreich“. Der ORF und andere Qualitätsmedien müssen dann regelmäßig auf die vorgegebenen Themen „aufspringen“.

Kurioserweise hat die Problematik nun eine andere Boulevardzeitung aufgegriffen, nämlich „Heute“. Dieses Blatt sieht sich von Kurz zu kurz genommen. Chefredakteur Christian Nusser hat dazu für die Rubrik „Kopfnüsse“ folgende (leicht gekürzte) Analyse veröffentlicht, die ein Schlaglicht wirft auf das Verhältnis von Politik und (Boulevard-)Medien:

Der Kanzler wollte bis Ende August eigentlich schweigen. Gestern unterbrach der Kanzler das selbstauferlegte Schweigegelübde und lud Medien zu sich, um sich vor ihnen zu erleichtern. Er appellierte, „vorsichtig“ zu sein, warnte vor einem zweiten Lockdown, sagte, das Virus käme nunmehr „mit dem Auto nach Österreich“. Das ist ein sehr plakatives Bild, nicht ganz stimmig, denn das Virus nutzt natürlich auch andere Verkehrsmittel, Flugzeuge zum Beispiel, Ischgl besitzt darin Expertise. Der Kanzler bat für seine Verkündigung nicht alle Medien zu sich, nur ein paar Auserwählte wurden für würdig erachtet. Die Auserwählten versammelten sich im Kreiskyzimmer des Kanzleramtes vor dem blutleeren Nitsch, stellten sich mit ihren Kameras und Fotoapparaten auf oder hockten sich hin und warteten.

Der Kanzler trat aus der Tür des Hinterzimmers in den dunkel-holzgetäfelten Raum, sagte „Grüß Gott“ und noch einmal „Grüß Gott“, falls der Herrgott für einen Moment abgelenkt oder müde war, am Tag davor war schließlich Mariä Aufnahme in den Himmel und das war sicher viel Arbeit für ihn. Kurz nickte mit dem Kopf, damit die Cutter später wissen, wann sie den Vortrag schneiden müssen. Der Termin kam überraschend, für einige kam er gar nicht. „Heute“ gehörte nicht zu den Auserwählten, wurde also nicht darüber informiert, dass der Kanzler spricht, wir erfuhren erst fünf Minuten vor dem Stattfinden von dem Stattfinden, es war eine Kränkung.

In letzter Zeit passiert uns das häufiger, wir werden gern vergessen, ich weiß jetzt ein bisschen wie es dem „Falter“ geht. Ich ringe mit mir, ob es nicht auch eine Form der Auserwähltheit ist, nicht an den Thron gebeten zu werden, vielleicht muss ich das eine zeitlang beobachten und dann beurteilen, ob ich das mag oder nicht. Eine erste Analyse ergibt allerdings, dass ich es ganz und gar nicht leiden kann, wenn nach Gutdünken entschieden wird, wer zu Presseterminen zugelassen wird, in anderen Ländern spricht man da von Zensur, bei uns gern von Schlamperei. Vielleicht wird bei uns einmal aus lauter Schlamperei die Zensur eingeführt. „Hoppla“, werden sie dann sagen.

Die Informationspolitik der Regierung scheint grundsätzlich etwas in Richtung Originalität zu metamorphosen. Als wir gestern Vormittag im Bildungsministerium anriefen, wie es denn um die Herbstpläne für die Schule stünde, bekamen wir eine verblüffende Antwort. Heinz Faßmann werde sich Montag in einer Pressekonferenz dazu erklären. Allerdings werde er schon Sonntagabend in die ZiB2 gehen, um zu erklären, was er am Montag erklären will. Weil am Montag nämlich „Sommergespräche“ stattfinden, sind alle Stühle der ZiB2 besetzt, folglich keiner für den Minister frei. Deshalb verlegte Faßmann seinen Auftritt einen Tag nach vorne. Nur falls jemand glaubt, Verlautbarungen dieser Art und Güte würden sich nach dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung richten.

Das Anerbieten, doch den Medien eventuell vorab zu verraten, was der Minister in der ZiB2 und dann am Tag darauf dem journalistischen Fußvolk sagen will, wurde abschlägig beschieden. Man müsse sich bis zur Aufzeichnung des ZiB2-Interviews gedulden. Wir werden uns in der Redaktion in Hinkunft also mehr Fernseher anschaffen und die Ministersekretäre können uns dann zurufen, welche Sendungen wir uns anschauen sollen, damit wir in die Zeitungen schreiben können, was die Ministerriege den Bewegtbildkollegen verraten hat. Das ist noch nicht ganz Weißrussland und auch nicht Ungarn, aber die Richtung stimmt. Gab es den Satz schon oder ist der jetzt von mir?

Corona-Presseförderung ungleich verteilt ?

Auch Medien sind von der Corona-Krise stark betroffen. Die Regierung ist eingesprungen und hat die Medienförderung erhöht. Doch das Geld wird ungleich verteilt, so der Tenor der Kritik.

Udo Bachmair

Es sind immerhin 32 Millionen Euro, die als Sonder-Presseförderung an die Medien ausgeschüttet werden. Davon profitieren vor allem der Boulevard und auch andere Medien, denen ein „journalistisches“ Naheverhältnis zu ÖVP-Chef Kanzler Kurz nachgesagt wird. Regierungskritische Blätter, wie etwa die Wochenzeitungen Falter und Profil, müssen sich hingegen mit einem Bruchteil der Sonderförderung begnügen.

Kritische Medien seien gerade auch in der Krise notwendig, Allzu kritisch sollen sie aber offenbar nicht sein, merkte der frühere Kultur- und Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) jüngst im Parlament an. Für ihn ist es höchst fraglich, dass etwa die Raiffeisen Zeitung mehr Geld als das Profil bekomme. Oder dass sechs konservative Kirchenzeitungen quer durch die Bundesländer in Summe mehr erhalten als Kurier, Tiroler Tageszeitung, Salzburger Nachrichten; Vorarlberger Nachrichten, Presse, Falter, News und Trend zusammen.

Der Ex-Medienminister bezeichnete es als unverständlich, warum die Grünen diesen Weg der „ungleich verteilten“ Presseförderung mitgehen.

Regierungsdruck verstärkt Sorge um Pressefreiheit

Der Tag der „Pressefreiheit“ hat eine bedenkliche Entwicklung in Erinnerung gerufen. Österreich ist bezüglich Pressefreiheit von der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ deutlich zurückgestuft worden. Die Verteidigung von Pressefreiheit und journalistischer Qualität erscheint daher wichtiger denn je.

Udo Bachmair

Als positives Beispiel gelten die Ö1-Journale. Deren Qualität hat sich trotz des Drucks der Regierung auf den ORF zum Glück nicht verändert. Ausgewogenheit in der Ö1-Information hat eine bereits lange Tradition. Es kann allgemein weder von überaus regierungsfreundlicher noch von regierungskritischer Berichterstattung gesprochen werden. Bei Auslandsthemen hingegen vermisst man mitunter entsprechende Objektivität. Seien es der Syrien-Konflikt, das Thema Russland/Ukraine oder jüngst die Vorgänge in Venezuela: Es dominieren Wording und Inhalte auf Basis US-naher westlicher Agenturen.

Es stellt sich die immer virulenter werdende Frage: Wie steht es insgesamt um Pressefreiheit und Meinungspluralismus in unserem Land ? Sie erscheinen manchen Medienbeobachtern nicht bedroht. Noch, könnte man sagen. Auch in Ungarn ist die Entwicklung zunächst als nicht wirklich bedrohlich empfunden worden. Doch langsam hat die Regierungskontrolle über Medien Zug um Zug Fahrt aufgenommen. Das haben mir vor kurzem auch ungarische Experten bestätigt. Ähnlich die zu befürchtende Entwicklung in Österreich.

So ist es in einer liberalen Demokratie wohl einzigartig, dass der Aufsichtsratsvorsitzende eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks unabhängige Journalisten wegen „Unbotmäßigkeit“ mit Kündigung bedroht. Da rede ich nicht vornehmlich von den jüngsten Vorkommnissen rund um den vorbildlich investigativen ZiB 2- Anchorman Armin Wolf. Auch nicht von ORF-Auslandskorrespondenten, die seitens der FPÖ-Regierungspartei allen Ernstes mit Hinauswurf bedroht wurden. Ich meine vor allem jene ORF-Journalisten, die dem Druck weniger gewachsen sind und aus Existenzgründen mitunter zur Selbstzensur greifen, wie ich vor allem von jungen ORF-Kolleg*innen erfahre.

Ja, es stimmt, auch frühere Regierungen haben auf ORF-Postenbesetzungen Einfluss genommen, doch seitens einer Regierungspartei den ORF generell zu diskreditieren oder deren Journalisten der Lüge zu bezichtigen, ist eine ganz neue „Qualität“ von „Medienpolitik“. Dabei kann sich die Regierung wahrlich nicht über unfreundliche Berichterstattung etwa in der reichweitesten ORF-Sendung, der ZIB 1, beklagen. Kaum ein Tag vergeht ohne Präsenz von Kurz, Strache oder Kickl. Deren Selbstinszenierung gemäß einer strengen „message control“ hat noch keine andere österreichische Regierung in solch perfekter Vollendung geschafft. Die ZIB 1 muss jedenfalls für die jeweils Herrschenden „stimmen“..

Presse- , Medien- und Meinungsfreiheit werden allein schon durch eine demokratiepolitisch bedenkliche Medienlandschaft in diesem Lande eingeschränkt. Auf der einen Seite ein höchst dominanter Boulevard, auf der anderen Seite eine klägliche Minderheit an seriösen Qualitätsblättern. Von diesen wiederum sind einige wenige konsequent regierungskritisch, unter ihnen der STANDARD oder der FALTER, beide eher linksliberale Blätter. Letzterer hat sich vor allem mit Aufdeckungsjournalismus einen besonderen Namen erworben. Auch wenn der FALTER von rechten Glossisten als „linkslinkes Bolschewistenblattl“ ( Krone- Mann Jeannee ) heruntergemacht wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Pressefreiheit in diesem Land ist noch keineswegs „abgeschafft“ – das behauptet auch niemand ernsthaft – sie ist jedoch ziemlich bedroht. Das hängt unmittelbar auch mit dem Gesamtzustand unserer Demokratie zusammen. Einer eher schwachen Opposition steht eine sich bestens vermarktende Regierung gegenüber, die zu Lasten des Steuerzahlers auch eine gewaltige Informations- bzw. Propagandaabteilung aufgebaut hat. Damit werden Versuche begünstigt, die Medienlandschaft Zug um Zug ( a la Ungarn ?) unter Kontrolle zu bringen. Doch bleiben wir optimistisch. Die Qualität im Speziellen der Ö1-Journale, des Senders Ö 1 insgesamt wird hoffentlich so lang wie möglich unangetastet bleiben.

Pressefreiheit nicht gefährdet ?

Hans Högl

Ich höre jeden Tag die weithin beachteten ORF- Ö-1 Journale. Was mir auffällt: Will ich erfahren, was die jetzige Regierung falsch macht oder besser machen könnte oder nicht macht, dann brauche ich nur die Ö-1 Journale zu hören. Hier kommen vor allem Kritiker der Regierung -auch kritische Experten zu Wort. Aber nicht nur Kritiker! So heute am 2. Mai ab 7 Uhr. ORF-Journalisten fragen zurecht kritisch, warum die Regierung nicht die kalte Steuer-Progression abschafft und belegen dies legitim mit Ankündigungen vor der Wahl. Selten und bestenfalls nebenbei werden Positiva der Regierung erklärt – z.B. bei der Steuerreform. Von einer Abschaffung von Pressefreiheit kann nicht die Rede sein. Dies ist eine maßlose Übertreibung, denn diese ist in der Verfassung grundgelegt. Ebenso maßlos und unsinnig war der Vorwurf, die Regierung führe eine 60-Stunden-Arbeitswoche ein. Es ging hier darum, dass fallweise und punktuell länger gearbeitet würde. Das war schon zuvor mit der SPÖ grundsätzlich vereinbart worden.

In Differenz zu den Berichten des ORF über die Steuerreform las ich es am 30.4. in der Tageszeitung „Kurier“ viel detaillierter, wie die Steuerreform ausfallen wird und zwar durchaus positiv für die mittleren Einkommen, ja sogar für die niedrigen Einkommen, hingegen bleibt der Steuersatz für die höchsten Einkommen gleich. Tatsache ist, dass gleichzeitig die Unternehmen Vorteile haben werden. Dass der „Kurier“ eher auf Regierungslinie ist, kann und muss erwartet werden, aber immerhin: dies war eine ausgewogene Darstellung.

Meine Folgerung: Obgleich die Regierung bereits einige personelle Änderungen im ORF in ihrem Sinne vorgenommen hat, – welche Regierung hat das denn nicht auch früher gemacht!! -, ist der Haupttenor im ORF gleichgeblieben – relativ kritisch versus der jetzigen Regierung. Das beobachtete auch eine Kommentatorin im dezidiert linken Wochenblatt „Der Falter“. Also: Das FPÖ- Geschrei um eine einzelne Person, den verdienten Journalisten Armin Wolf, verstellt den Blick auf die reale Gesamt-Situation im ORF und auf Österreichs gesamte Medienwelt, die unverändert im Sinne der Pressefreiheit handelt. Und es spricht auch für die Qualität der Redakteure im ORF, dass sie ihre regierungskritischen Positionen beibehalten und dies können und dürfen.

Und um zu wissen, welches Thema als nächstes in der prominenten TV-Sendung „Im Zentrum“ am Sonntag Abend ( ORF 2) gewählt wird, so konsultiere man den linken „Falter“ eine Woche zuvor. Er scheint d e r Leitstern für viele ORF-Redakteure zu sein. Ist denn dies alles rechtslastig? Und es erübrigt sich, ORF-Generaldirektor Wrabetz allzu sehr zu loben, er ist im Übrigen recht gefällig und anpassungsfreudig gegenüber der Regierung.

Es ist völlig überzeichnet, davon zu reden, dass die Pressefreiheit als solche in Österreich gefährdet ist. Wer will und k a n n sie als solche abschaffen? Es ist ein völliger Unsinn, wenn dies einzelne deutsche Blätter schreibend vermuten. Die Pressefreiheit ist ein Strukturmerkmal einer liberalen Demokratie. Tatsache ist, dass der ORF von der von ihm sehr und immer wieder kritisierten FPÖ in die Mangel genommen wird, aber das ist alles andere als eine Abschaffung der Pressefreiheit, selbst dann nicht, sollte nach einigen Jahren eine andere Finanzierung für den ORF gesucht werden. Diese existiert ja auch in einer Reihe anderer demokratischer Länder. Sicherlich- damit würde der ORF stärker von der jeweiligen Regierung abhängig, was nicht wünschenswert ist.

Angriff ist die beste Verteidigung: Damit lenken regierungskritische Kreise von eigenen Problemen und Zerwürfnissen ab, dass eben die SPÖ keine einheitliche Lösung in der Migrantenfrage gefunden hat und sehr widersprüchlich handelt und damit die Wahlen verloren hat. Der ORF hat monatelang in der Migrationskrise – ähnliche Positionen wie die Grünen -völlig offene Grenzen gefordert. Das ist doch alles andere als Knebelung der Meinungsfreiheit. Man darf dem neuen SPÖ-Bürgermeister Wiens gratulieren, dass er zu einer ausgewogenen Haltung in der Migrationsfrage gefunden hat und wohl zur politischen Stabilität in Wien beiträgt. Es ist doch alles andere als selbstverständlich, dass in einer Großstadt wie Wien im Schnitt 45 % der Kinder im Pflichtschulalter Migrationshintergrund haben und Wien ein Einfallstor für die Armut aus östlichen Ländern ist. Ein Horror in linken Kreisen besteht darin, dass der überaus junge Politiker Sebastian Kurz (ÖVP) sehr geschickt und konsequent handelt, sodass sogar der Chefredakteur des linken „Falters“ die Ansicht vertrat, Kurz werde einige Legislaturperioden Kanzler bleiben.

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Medien an der kurzen Leine ?

Das deutsche „Handelsblatt“ – nicht im Verdacht, ein linkes Medium zu sein – übt scharfe Kritik an Österreichs rechtskonservativer Regierung

Udo Bachmair

Seit der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch das mediale Naturtalent Sebastian Kurz im Dezember 2017 sieht „Handelsblatt“-Kommentator Hans-Peter Siebenhaar für die österreichischen Medien den Beginn einer neuen Zeitrechnung. An allen Schaltzellen der politischen Macht gelte das System der „message control“.

„Für die österreichischen Medien wird seitdem ein minuziöses Drehbuch mit ausgewählten Inhalten geschrieben. Kein Wort wird dem Zufall überlassen. Selbst Provokationen werden sorgsam gesetzt, um entweder von Problemen abzulenken oder Gegner zu verunsichern.“

Kurz und seine „Prätorianergarde im Kanzleramt“ hätten es geschafft, die rot-weiß-roten Medien in rasanter Geschwindigkeit fast ausnahmslos auf Regierungslinie zu bringen.

„Zum einen wird journalistisches Wohlverhalten mit exklusiven Zugängen belohnt und Fehlverhalten bestraft, zum anderen wird eine raffinierte Personal- und Anzeigenpolitik betrieben. Durch die Umbesetzung der Chefredaktion der Tageszeitung „Kurier“ verschwand eine bisweilen regierungskritische Stimme. Ohnehin ist der Kurz-Freund und Immobilienmilliardär Rene Benko beim Kurier und der Kronen Zeitung als Gesellschafter eingestiegen. Das verbindet.“

Da die bisher einzige oppositionsnahe Tageszeitung „Der Standard“ ihre Hauptenergie in die Digitalisierung investiere, bleibt für Siebenhaar als einziges konsequentes Oppositionsblatt das Wochenmagazin Falter. Zum ORF meint der Kommentator:

„Das größte Medienhaus des Landes mit seinem sozialdemokratischen Chef Alexander Wrabetz wehrt sich noch gegen allzu dreiste Eingriffe durch die Regierungskoalition. Doch der Führungsmannschaft und weiten Teilen der Redaktion ist klar, dass mit dem geplanten Komplettumbau des ORF nichts mehr sein wird wie es einmal war“.

Jedenfalls nehme der journalistische Pluralismus in Österreich insgesamt kontinuierlich ab, so das Handelsblatt. Im Hinblick auf die Medien würde Österreich immer näher an Osteuropa heranrücken, befindet der Autor. „Zum Nachteil einer lebendigen und pluralistischen Demokratie..“

ARD-Doku huldigt Österreichs Kanzler

ARD-Dokumentation „glorifiziert“ Sebastian Kurz

Ist das eines öffentlich-rechtlichen Mediums würdig ?

Udo Bachmair

„Wollte eigentlich nicht Berufspolitiker werden, sondern einen anständigen Beruf erlernen“

Mit diesem denkwürdigen Eingeständnis eines Regierungsschef hat die jüngst ausgestrahlte ARD-Dokumentation über das politische Wunderkind Sebastian Kurz begonnen.

Die Doku geriet zu einer streckenweise peinlichen Huldigung des jüngsten Regierungschefs Europas. Der Wiener ARD-Korrespondent Michael Mandlik war dem Charme des Strahlemanns offenbar voll erlegen. Öffentlich-rechtlich und ausgewogen sieht anders aus.

Wenig kritische Distanz zu Kurz und dessen „Mitte-Rechtsregierung“ war auch seitens des Politikanalysten Thomas Hofer zu vernehmen. Überraschend sanft auch der Chefredakteur des Falter, Florian Klenk. Der dürfte von Kurzens bahnbrechendem Durchmarsch derart überzeugt sein, dass er ihn sogar zum Langzeitkanzler über mehrere Regierungsperioden adelt.

Bloß am Koalitionspartner FPÖ ließ die ARD-Doku kein gutes Haar. Wegen zahlloser als rechtsextrem konnotierter „Einzelfälle“ wurde er sozusagen als Klotz am perfekten Bein von Sebastian Kurz dargestellt, ohne auch dessen Rolle kritisch zu analysieren.

Kein Wort darüber, wie oft der Kanzler zu welchen Rechts-Außen-Unsäglichkeiten seines Juniorpartners geschwiegen hat.

Kein Wort darüber, dass Kurz immer wieder auf Kosten von Minderheiten und Asylwerbern, die „ins Sozialsystem einwandern“, vordergründig politisches Kapital schlägt.

Kein Wort darüber, dass damit ein sich selbst als christdemokratisch einstufender Politiker Begriffe wie Empathie, Humanität und Menschenrechte nicht allzu ernst zu nehmen scheint.

Das belegt auch der Umstand, dass Kurz kaum jemals Bedenken gegen die Überstellung von Flüchtlingen in libysche Folterlager geäußert hat. Da ändert sich auch nichts daran, wenn auch Bundespräsident Van der Bellen – sogar in Anwesenheit des von Kurz herzlich in Wien empfangenen Regierungschefs Libyens – bekräftigt, dass die Rückschiebung von Flüchtlingen in die erwähnten Lager „gar nicht geht“.

Die ARD-Doku, produziert vom Bayrischen Rundfunk, zeichnet ein insgesamt fast ausschließlich positives Bild von Österreichs Kanzler. In der ZIB 24 des ORF fiel dazu in der Nachbetrachtung das Wort „glorifizierend“. Kein Wunder, denn auch deutsche Medien erliegen der perfekten Selbstinszenierung des hochbegabten Jungpolitikers.

Journalistische Kritikfähigkeit sollte dabei jedoch nicht verloren gehen. Ein „no go“ für ein öffentlich-rechtliches Medienunternehmens wie die ARD, von dem eigentlich Differenzierung und Ausgewogenheit zu erwarten wäre.

Medien: Rechte erobert Meinungshoheit

Udo Bachmair

Die Zeitschrift „Falter“, bekannt als fundiert kritisch und investigativ, hat auch in ihrer jüngsten Ausgabe wieder Interessantes zu bieten. Sie unterscheidet sich damit wohltuend von einem großen Teil der übrigen Medienlandschaft, die in Österreich von einem beispiellos hohen Konzentrationsgrad an Boulevardmedien geprägt ist. Und immer wieder finden sich in dem lesenswerten Blatt auch medienkritische Beiträge und Analysen. Jüngst besonders aufgefallen eine penibel recherchierte Falter-Dokumentation zur immer stärker werdenden Dominanz von Rechtspopulisten, die „die Meinungshoheit in Europa an sich reißen wollen“. Die extreme Rechte tritt nach Falter-Erkenntnissen auch medial immer häufiger länderübergreifend auf.

Die Strategie der Übernahme medialer Berichtersattung durch Rechtspopulisten und Rechtsextreme umreißt Falter-Redakteurin Nina Horacek folgendermaßen:

„Zuerst aus der Opposition eine als ‚alternative Nachrichten‘ getarnte mediale Propagandawelt aufbauen. Einmal an der Regierung, wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter Kontrolle gebracht. Parallel dazu geht es unabhängigen, kritischen Medien an den Kragen“. Das Vorgehen erfolge unter anderem in folgenden Schritten:

  • Errichte dein eigenes Medienimperium inkl. einem hörigen „Staatsfunk“
  • Schüre mit Fake-News Ängste
  • Diffamiere deine Kritiker
  • Nütze Facebook als Verstärker
  • Bring die Pressefreiheit unter Druck
  • Zerstöre deine Kritiker finanziell

Die Autorin bezieht sich in ihrer Analyse zwar vornehmlich auf die Entwicklung in Ungarn, ortet aber auch hierzulande eine Änderung der Medienpolitik seit dem Eintritt der rechtspopulistischen FPÖ in die Regierung.  So verstummen jene Stimmen nicht, die dem ORF die Gebührenlegitimät aberkennen und ihn mit der Finanzierung aus dem Bundesbudget stärker an  die parteipolitischen Kandare nehmen wollen.

Erste Erfolge dieser Drohung zeigen sich bereits: Die ZIB 1 wird zunehmend zu einer Werbesendung für Kurz / Kickl / Co. und in Diskussionssendungen wie „Im Zentrum“ will es der Moderatorin immer seltener gelingen, unentwegt polemisierende und provozierende FPÖ-Politiker einzubremsen. Für sachliche Debatten bleibt kein Raum mehr. Eine auch demokratiepolitisch bedenkliche Entwicklung.

https://www.falter.at/archiv/wp/propagandakrieg-in-europa-die-medien-der-rechten

 

Causa Germania : Was ist nur los in diesem Land ?

Udo Bachmair

Alle Medien des Landes beschäftigen sich heute mit der rechtsextremen Germania zu Wiener Neustadt. Sie zeigen auf, aus welchem ideologischen Umfeld der stv. Sprecher dieser Burschenschaft, Udo Landbauer kommt. Der Anlass: Eindeutig rassistische und antisemitische Texte in einem Germania-Liederheft. Der in Bedrängnis geratene FPÖ-Spitzenkandidat für die Wahl in Niederösterreich beteuert, von alldem nichts gewusst zu haben.. Er war ja erst 11 Jahre alt, als das Liederheft gedruckt wurde..

Alle Medien des Landes beschäftigen sich, wie gesagt, heute mit dieser Causa. Ausnahme: Die Kronenzeitung (Printausgabe). Das für seine Nähe zur FPÖ bekannte Blatt hat sich in der für beide peinlichen Sache offenbar für Selbstzensur entschieden.. Spätestens morgen jedoch dürften alle Vorwürfe als Fake des „Bolschewistenblattls“ ( Krone-Glossist Jeannee ) Falter abgetan werden. Bis zum Wahlsonntag geht es sich dann sicher auch noch aus, die vorwiegend rechtspopulistisch bis weit rechts gehaltene Leserbriefseite entsprechend zugunsten des Krone-Lieblings Udo Landbauer anzureichern..

Es wird einfach immer offenkundiger, beklagen die Einen, dass rechte Auslassungen als zunehmend salonfähig empfunden werden. Was ist nur los in diesem Land, fragen sie sich  besorgt und denken zuweilen ans Auswandern. Anderen Menschen hingegen scheinen rechtsradikale Rülpser zunehmend zu gefallen. Auf Facebook, Twitter etc. lässt sich das beängstigend ablesen. Will die Krone diese politisch Ver(w)irrten nicht verprellen ? Dabei müsste ein Aufschrei auch durch ihre Redaktionsstuben gehen..

Denn was sonst soll auch rechtlich zu ahnden sein wenn nicht ein Satz wie dieser aus dem erwähnten Germania-Liederbuch : „ Gebt Gas, ihr Germanen, wir schaffen auch die siebente Million…“

Zum Thema  sehr klar heute auch das erfreuliche steirische Gegenstück zur Krone, die Kleine Zeitung:

„Die Burschenschaft, die in Liedtexten die NS-Zeit verherrlicht, ist ein Fall für die Justiz“

Stellvertretend für die Proteste aus allen  Parteien (außer der FPÖ) bringt es NEOS-Chef Matthias Strolz auf den Punkt:

„Dieses Lied- und Gedankengut,
das Udo Landbauers Verbindung hier verbreitet, durchfährt mich mit einem
Schamgefühl, wie schon lange nicht mehr. Dass wir so etwas überhaupt
diskutieren müssen in Österreich, nimmt mir die Luft“

Bleibt abzuwarten, ob sich die Krone auch morgen noch in vornehmer Zurückhaltung übt.