Archiv für den Monat: Februar 2018

Preis für journalistische Selbstkritik

Würzburger Main-Post (Gastbeitrag)

In München nahm ich kürzlich an einer Tagung des Netzwerkes Medienethik teil -mit dem Titel „Aufwachsen in digitalen Gesellschaften“. Zu diesem Anlass wurde ein Preis an den Chefredakteur der regionalen Zeitung Main-Post verliehen. Der Grund: Selbstkritik dieser Tageszeitung, weil sie beim tragischen Tod mehrere Jugendlicher Hinweise aus Sozialen Medien fälschlich aufgegriffen hatte. Dies ist ein einschlägiges Thema der Medienkultur und findet darum hier Platz.  (Hans Högl).

Die Ansprüche der Leser an seriöse Medien sind zu Recht sehr hoch: Sie möchten schnell, umfassend, korrekt und kompetent über alle wichtigen Themen des Tages informiert werden. Gleichzeitig steigt aber das Tempo der Nachrichten im Zeitalter der Digitalisierung wie die Menge verfügbarer Informationen. Professionelle Redaktionen stellen sich dieser Herausforderung täglich. Doch trotz aller Sorgfalt passieren auch dort immer wieder Fehler. Gerade der offene Umgang mit den eigenen Fehlern mache „die selbstkritische Transparenz eines professionellen journalistischen Mediums deutlich“, findet Professor Matthias Rath, der Vorsitzende des „Vereins zur Förderung der publizistischen Selbstkontrolle“ (FPS)….

Verliehen wurde der Preis für einen am 30. Januar 2017 erschienen Kommentar von Chefredakteur Michael Reinhard mit der Überschrift „Soziale Netzwerke sind keine gute Quelle“. Dieser Text „ist eine kritische Auseinandersetzung des Chefredakteurs mit der eigenen Berichterstattung seines Blattes zum tragischen Tod mehrerer Jugendlicher im unterfränkischen Arnstein“, heißt es in der Begründung der Jury. Die Main-Post hatte zuvor neben Informationen der Polizei auch falsche Hinweise aus Sozialen Medien in ihre Berichterstattung aufgenommen, die die Opfer fälschlicherweise mit Drogen in Verbindung brachten. In seinem Kommentar entschuldige sich Chefredakteur Reinhard nicht nur für die voreilige Übernahme nicht bestätigter Vermutungen, sondern stellte diesen Fehler auch in den größeren Zusammenhang journalistischer Arbeit im digitalen Zeitalter, ohne die redaktionelle Verantwortung abzuwenden, sagte der FPS-Vorsitzende Rath bei der Preisverleihung in München. ….Diese Selbstkritik und der offene Umgang mit eigenen Fehlern weise auch darauf hin, dass Leser, die sich etwa in Sozialen Medien einem professionellem Journalismus entziehen, nicht nur Gefahr laufen, einseitig informiert zu werden, sondern auch Selbstkontrolle und Selbstkritik „als Zeichen eines aufgeklärten und professionellen Journalismus nicht mehr geboten zu bekommen“, so Rath. Er freue sich besonders über die Auszeichnung, „weil sie unsere Grundhaltung belohnt“, sagte Main-Post-Chefredakteur Reinhard: „Wir möchten, wann immer es erforderlich ist, unsere Arbeit transparent machen – aber auch unsere Fehler.“ Diese einzugestehen und sich dafür zu entschuldigen, sei keine Schwäche, sondern eine Notwendigkeit: „Ich bin überzeugt, dass mangelnde Transparenz die Glaubwürdigkeit der Medien untergräbt.“ Trotz massiver populistischer Angriffe auf die Integrität seriöser Medien sei das Vertrauen einer großen Mehrheit der Bevölkerung gerade auch in die Berichterstattung von Regionalzeitungen sehr hoch, so Reinhard: „Wir müssen unseren Teil dazu beitragen, diese Glaubwürdigkeit zu bewahren.“

Quelle: http://www.mainpost.de/ueberregional/bayern/Main-Post-Wuerzburg-Preise-Tragoedien-Social-Media;art16683,9895607
© Main-Post 2018

Schmerzlicher Verlust für den ORF

Stiftungsrat Küberl muss weichen

Udo Bachmair

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Regierung die totale Kontrolle über den ORF anstrebt, dann wäre er nun erbracht: Franz Küberl muss gehen. Ein ORF-Stiftungsrat, wie er sein sollte. Unabhängig und den Interessen des ORF und den Hörern und Sehern verpflichtet. Eine charakterstarke Persönlichkeit, die parteipolitischen Spielchen und Begehrlichkeiten weitgehend widerstehen konnte, auch wenn er von der früheren Regierung bestellt worden war.

Die neuen Machthaber jedoch lassen mit sich nicht spaßen. Offenbar nach ungarischem und polnischem Vorbild wollen sie den ORF gefügig machen. Der Verzicht auf ein derart verdienstvolles und kompetentes Stiftungsratsmitglied wie Ex-Caritas-Präsident Franz Küberl lässt erahnen, was denn da personell und substantiell alles noch auf dieses so wichtige öffentlich-rechtliche Medium zukommen wird.

In der gegenständlichen Causa Küberl spricht die Kleine Zeitung von einem Deal zwischen Kardinal Schönborn und ÖVP-Medienminister Blümel. Was auch immer da „ausgemauschelt“ wurde,  sei die Schlussfolgerung erlaubt: Hätte der Kardinal ein einziges „Machtwort“ gesprochen, wenn er nur gewollt hätte, wäre der weitere Verbleib Küberls im wichtigsten ORF-Gremium gesichert.

Eiskunstlauf im TV über Olympiade – ein Stiefkind

Hans Högl

Dass Sportsendungen zu den meistgesehenen TV-Angeboten gehören,  ist eine Tatsache, und auch öffentlich-rechtliches Fernsehen darf sich dem Sport bei der Olympiade ausführlich widmen. Es soll ja nicht sein, dass die TV-Seher und Seherinnen nur ins Privatfernsehen abwandern.

Ich habe versucht, Olympia-Sendungen zum Eiskunstlauf zu programmieren – sowohl im ORF als auch im ARD. Und ich bin enttäuscht, dass dies fast überhaupt und wenn –  nur in minimalem Ausmaß dem Publikum geboten wird, obschon die unglaublichen Leistungen im Eiskunstlauf zu den schönsten gehören.

Ferner wäre hinzuweisen, dass die Bewertung, nicht die Messung,  der Differenz von Hundertstel-Sekunden äußerst fragwürdig ist. Uninteressant sind ferner die detailgetreuen  Erläuterungen, wie die Schwerkraft der hinteren Körperpartie beim Riesenslalom verteilt wird. Dies ist reichlich nebensächlich für die Zuseher.

Sehr lobenswert war, dass ORF III anlässlich der Olympiade ausführlich über die Lebens- und politische Situation in Korea berichtete. NB. Ich habe solche Sendungen beim ORF-Publikumsrat anlässlich der Olympiade in Rio moniert. Die Idee dazu kam mir vom SRF, dem Schweizer Fernsehen. 

Schon vor Jahren wies ich darauf hin, dass im Medaillenspiegel der Print-  und elektronischen Medien auch neben den Länderwertungen – der Medaillenstand der gesamten EU aufgelistet werden sollte.

 

 

 

Hände weg vom ORF !

Steigender FPÖ-Druck auf den ORF

Udo Bachmair

ORF-Redakteure und Moderatoren sind seit längerem bereits im Visier der FPÖ. In den vergangenen Tagen und Wochen haben die Anti-ORF- Attacken einen neuen Höhepunkt erreicht. Einschüchterung und Bedrohung kritischer JournalistInnen sind eine auch demokratiepolitisch bedenkliche Entwicklung.

Ziel der vor allem via Facebook verbreiteten Angriffe ist wieder einmal Armin Wolf. Keine Überraschung, gehört er doch zu jenen ORF-Journalisten, die gut vorbereitet und journalistisch korrekt ihre Aufgabe erfüllen.

Kritik an ihm und manchen seiner KollegInnen ist durchaus legitim, die nun geübte Praxis aber, den ORF insgesamt abzuqualifizieren, steht dem Chef einer Regierungspartei in keiner Weise zu. Schon gar nicht, einzelne Redakteure zu diffamieren und generell der Lüge zu bezichtigen.

Nach den Gesprächen, die ich mit Ex-ORF-KollegInnen geführt habe, verstärkt sich bei mir der Eindruck, dass der ORF noch nie in seiner Geschichte einem derart penetranten Druck ausgesetzt war wie in diesen Tagen und Wochen.

Dass mit dem ORF offenbar auch unabhängiger und seriöser Journalismus sturmreif geschossen werden soll, lässt die Alarmglocken schrillen. Droht unserem Land die Orbanisierung oder sind wir schon mitten auf dem Weg dorthin ?

Aus der Kanzlerpartei ÖVP ist bisher vornehmlich Schweigen zu vernehmen. Das wird der Kurz-schen neuer Volkspartei längerfristig nicht zum Vorteil gereichen. Sie läuft Gefahr, den bürgerlich-liberalen und christlich-sozialen Flügel ganz einzubüßen, wenn der Kanzler seinen ungezügelten Koalitionspartner nicht zur Ordnung ruft.

Trotz aller Fehlleistungen, die in einem großen Unternehmen passieren können ( Beispiel der verunglückte Tiroler Beitrag über den dortigen FPÖ-Chef ), darf der Wert des Öffentlich-Rechtlichen nicht pauschal in Misskredit gezogen werden. Dem Öffentlich-Rechtlichen a la ORF kommt gerade im Umfeld einer bedenklich hohen Konzentration an Boulevardmedien, die vielfach rechtspopulistisch infiziert sind, eine besonders wichtige Rolle zu. Hände weg vom ORF ! weiterlesen