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Medien und Justizberichterstattung..

Wie berichten Medien über Justizverfahren ? Oberflächlich, befindet der folgende Gastkommentar. Als jüngsten Anlass dafür nimmt er die Berichterstattung über den Prozess rund um Bestechungsvorwürfe gegen den Ex-Grünen-Politiker Christoph Chorherr.

Wolfgang Koppler*

Da will ein Ersatzschöffe von seiner Funktion entbunden werden, weil der beisitzende Richter den Schöffen erklärt hätte, es werde so lange verhandelt, „bis alle verurteilt“ seien. Er hält dies auch in einer Niederschrift fest, welche dann in der Verhandlung (10 Tage später) an die Wand projiziert wird. Aufgrund eines Befangenheitsantrags der Verteidiger werden die Schöffen vernommen, wobei vier den Wortlaut der Aussage bestätigen, andere können oder wollen sich nicht erinnern. Eine Schöffin meint, man hätte es positiv oder negativ interpretieren können. Der vorsitzende Richter erklärt, dass das „Missverständnis“ mit dem betreffenden Schöffen geklärt worden sei. Der Befangenheitsantrag wird abgewiesen. Alles paletti ?

Sieht man sich die Zeitungsartikel an, scheint es tatsächlich so zu sein. Vor allem Qualitätsblätter handeln den Vorfall eher oberflächlich ab. Für den Standard etwa reicht es aus, dass das Gericht „es anders sieht“. Eine detaillierte und kritische Beschreibung der Vorgänge findet sich eigentlich nur in der Krone, die zumindest anmerkt „Umfangreiche Unterstützung gab es für den Kollegen aber nicht“.

Dass eine derartige Aussage, die in ihrem Wortlaut offenbar von etlichen Zeugen bestätigt wurde, an den Grundfesten der Justiz, nämlich der Unparteilichkeit und Voreingenommenheit des Richters rührt, wird nirgendwo erörtert. Selbst wenn damit nur gemeint gewesen sein sollte, es müsste gründlich verhandelt werden. Und sie ist leider kein Einzelfall im Grauen Haus. Erst vor wenigen Jahren gab es Postings eines Strafrichters mit dem Wortlaut „Wann kommt der Grasser endlich in den Häfn“, noch bevor der Prozess überhaupt begonnen hatte. Auch wenn dieser Richter am Verfahren nicht beteiligt war, wirft es doch ein bezeichnendes Licht auf die Einstellung mancher Strafrichter, zumal die Postings trotz Beschwerden der Strafverteidiger nur eine mE relativ milde Disziplinarstrafe zur Folge hatten. Auch hier reagierten die Medien auffallend zurückhaltend und beschäftigten sich vor allem damit, dass der Richter ja nur der Ehegatte der im Prozess den Vorsitz führenden Richterin war und nicht mit dem grundsätzlichen Problem der Voreingenommenheit von Richtern, welche auch noch in der Öffentlichkeit (oder möglicherweise vor Schöffen) den von ihnen offenbar gewünschten Ausgang eines Prozesses kundtun. Dass sich eine solche Einstellung auch auf die Urteilsfällung in selbst geführten Verfahren auswirken könnte, wird nicht bedacht.

Gerade die Richter des Grauen Hauses mit seiner problematischen Vergangenheit, erst recht aber die Medien, sollten endlich begreifen, dass sie selbst und die in der Justiz Tätigen fehlbar sind. Und vor Hybris nicht gefeit. Sonst nützen noch so viele Gedenktafeln nichts. Die Justiz ist kein Allheilmittel unserer infantil-narzisstischen Gesellschaft, sondern bedarf wie jede andere Institution selbst der Kritik. Von innen und von außen. Man sollte diesen mutigen Ersatzschöffen ehren. Was leider nicht geschehen wird.

*Gastauthor Mag. Wolfgang Koppler ist freier Journalist und Publizist und lebt in Wien

Ungeheure Drohung und Medien

Profitieren durch Angst -Machen

Hans H ö g l

Wie heutige Schlagzeilen in ein paar österr. Tageszeitungen lauten. Der Leser kommentiere es selbst. Doch ein Hinweis: Wer wirklich zu Atomwaffen greift, muss mit einem verheerenden Zweitschlag rechnen.

Die Gratiszeitung „Heute“ treibt es auf die Spitze:

„Putin droht u n s nun mit Atomkrieg“ 28.2.2022 S. 1.
—und mindestens 150.000 Menschen sollen seit Putins Invasion auf der Flucht sein.

Die Schlagzeile des Massenblattes „Die Krone“ lautet: „Putin: Atomdrohung gegen die ganze Welt“. Immerhin im Kommentar S. 2 heißt es: „Wer mit Atomkrieg spielt, ist nicht bei klarem Verstand“. 28.2.2022.

Die Topschlagzeile des „Kuriers“ am 28.2.2022 lautet. „Alarmbereit. Putin bringt seine Atomwaffen ins Spiel“. 400.000 Menschen sind auf der Flucht.

Laut UNO-Angaben sind bisher 422.000 Menschen aus der Ukraine geflüchtet (28.2.2022)

Brisanter Brief an den Kanzler

Wie Politiker versuchen, Journalisten für sich einzunehmen bzw. gefügig zu machen, zeigt ein bemerkenswerter offener Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Udo Bachmair

Der bekannte Ex-Krone-Journalist Thomas Schrems hat seinem Unmut mittels eines offenen Briefs an Sebastian Kurz Luft gemacht. Er demonstriert exemplarisch, wie intensiv der „PR-Kanzler“ mit der bisher wohl konsequentesten Selbstinszenierung inklusive gelungener „Message-Control“ versucht, vor allem Journalist*innen von Medien mit besonders großer Reichweite zu beeinflussen und an sich zu binden. Das funktioniert offenbar gut. Denn Kurz kann sich einer großen Unterstützung von Massenblättern wie Krone, Heute oder Oe-24 erfreuen. Zudem kann Kurz immer wieder auf das Wohlwollen vor allem der ZiB 1 des ORF bauen. Unabhängiger Journalismus sieht wohl anders aus..

Die Verzahnung von Medien und Politik, ein Phänomen, das besonders in Österreich angesichts zahlloser „Verhaberungen“ wie geschmiert läuft, wird von kritischen Beobachtern jedoch als demokratiepolitisch äußerst bedenklich bewertet.

Zum Thema nun also im Wortlaut der erwähnte offene Brief des früheren Chronik-Chefs der Kronen Zeitung, Thomas Schrems :

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, lieber Sebastian!

Weißt du noch, damals …
du meine Güte, lang ist’s her.

DU, der gerade erst aus dem Geilomobil gekletterte, vermeintlich „kleine“, frisch gebackene Staatssekretär für Integration (was ist bloß aus deiner Haltung von damals geworden
– oder war das auch bereits alles knallhartes Kalkül auf deinem steilen Weg an die Macht?) … … und ICH, der vermeintlich „mächtige“ Chronik-Chef beim Kleinformat. Unser erstes Mal sozusagen – an dem kleinen Ecktisch in der „Krone“-Kantine. Und neben dir dein eisern aufstrebender Adlatus, der sich bald schon zum Bullterrier in Sachen Message-Control der türkisen Familie mausern sollte. Wobei ja Familie ein Begriff ist, der – wie ich meine –
nicht durch eure Umtriebe entehrt werde sollte. Sei´s drum.

DU also, damals losgeschickt von deiner Chefin & Innenministerin, um dich im Pressehaus anzudienen, um dich in diesem wahrhaftigen Zentrum der Macht, wie es heißt, vorzustellen (kein Scherz! So war das damals Usus, auch bei Ministern und Konsorten, auch sie mussten allesamt antanzen) … …
dich vorzustellen also in der Höhle des Medienzaren und freundliche Nasenlöcher zu machen. Im Dreierpack quasi. Zuallererst natürlich ganz oben, im 16. Stockwerk, beim alten Herrn, wie wir ihn nannten, Hans Dichand sel. Dann beim Chefredakteur. Und hinterher bei mir.

Ja, ja, ich gebe es unumwunden zu: Ein klein wenig gebauchpinselt gefühlt hab ich mich schon. Und ein klein wenig ins Fliegen geraten vor lauter „Einfluss“ und so weiter war ich damals wohl auch schon. So viel Selbstkritik muss sein. Und dann erst jener Sonntag (ich weiß es noch wie gestern), als DU mich in der Redaktion anriefst und fragtest, ob du den Job des Außenministers annehmen sollst? – Nein, nein, dass hier bloß kein falscher Eindruck entsteht. Bestimmt hast du dir von Dutzenden eine Meinung eingeholt. Weil dir ein breites Spektrum an
Meinung, insbesondere, was dich selbst, deine Außenwirkung etc. betrifft, seit jeher wichtig war. Lustig war das aber schon. Damals. Die vielen gemeinsamen Reisen in aller Herren Länder. Nicht zu vergessen jene, als DU und dein späterer Bullterrier in nachmitternächtlicher Laune mich, den Schreiberling, in einer Rooftop-Bar in New York in den Pool zu den halbnackten Mädels werfen wolltet – es dann aber doch bleiben ließet.

Du meine Güte, und was da nicht auch alles off-the-record geunkt wurde auf diesen Reisen. Der „Pöbel“ kam, soweit ich mich erinnere, allerdings nicht explizit zur Sprache (na ja, das Thema hat der Thomas jetzt eh ausreichend abgedeckt). Aber sonst allerlei. Doch das ist eine andere Geschichte und gehört nicht hierher.

Und so ging es eben Schlag auf Schlag. Mit dem systematischen Einlullen und Gefällig-Machen von Journalisten. Mit dem alten Spiel aus Geben und Nehmen (da eine exklusive Story, dort Publicity für den aufgehenden Politik-Stern). Diese Art von Verhaberung, deren Früchte heute
ebenfalls unter der Message-Control durch Euresgleichen firmieren. Irgendwie verlief das Spiel stets auf einer leicht schiefen Ebene – doch dazu gehören bekanntlich zwei. Einer, der mehr nimmt, und einer, der naiv genug ist, mehr zu geben.
Also: Schwamm drüber, lieber Sebastian. Immerhin bin ich ja selber schuld. In der Rückbeschau.

ABER:
Ich habe abgeschworen. Dem Blatt und auch gleich dem Tagesjournalismus als solchem. Vor Jahren schon und aus vielerlei Gründen. Allen voran natürlich das Nest selbst, in dem ich wohlbestallt saß und werkte. Die Zentrifuge des Wahnsinns, wie wir die Redaktion nannten. Aber auch: die eigentliche Zentrifuge der Macht. Dort, wo der Bartel den Most her – und so mancher Bundeskanzler sich seine Watschen abholt. Dort auch, wo dieses Spiel des Gebens und Nehmens bis zur Perversion perfektioniert wird.

Wenn der Eine (nennen wir ihn: DU und deinesgleichen) schaut, was so an manipulativem Dreck reingeht und ob er damit durchkommt – und der Andere (nennen wir ihn: ICH und meinesgleichen) denkt: „Na, wird schon passen.“ Und so kommt es bisweilen, dass ICH und meinesgleichen
dabei den Blick fürs Wesentliche verlieren. Weil wir aus einem sich mehr und mehr verselbständigenden Reflex heraus agieren. Eine Art „Adabei-Reflex“, der die ursprünglichen Aufgaben des Journalisten (das kritische Hinterfragen, Berichten etc.) mehr und mehr zurückdrängt – und im Gegenzug dem Promi-Faktor zu seinem „Recht“ verhilft. Weil doch Licht und Glanz der „großen Namen“ ringsum so sehr hereinstrahlen, dass man fast nicht anders kann als
…? Genau. Nichts. Mitstrahlen. Wegsehen. Schweigen. Bloß, weil sie dich plötzlich am Handy anrufen. Bloß, weil sie dir (rein dienstlich natürlich) die tollsten Reisen anbieten, die besten Exklusivgeschichten, dich in die teuersten Restaurants entführen und so weiter. Und da kann es dann auch passieren, dass man (wenn auch leicht beschämt und mit
reichlich Alkohol kompensiert) wegsieht und schweigt …Kleines Beispiel
gefällig? Auch wenn dieses eine nicht DICH persönlich betrifft, sehr wohl aber deine Partie (oder sagt man Partei)?

Wenn also zum Beispiel bei einer Pressereise nach Fernost (Thema: Kampf gegen die Produktpiraterie) die Delegationsleitung auf dem Rückflug sechs nigelnagelneue Golfpacks dabei hat. Für die Freunde daheim. Spottbillig (weil gefaked). Aber man könnte natürlich argumentieren: Gut, dass WIR die gefälschten Taschen gekauft haben. So sind sie wenigstens vom Markt und keine Gefahr. Oder? Wurde je eine Zeile darüber oder über dergleichen geschrieben?– Nicht dass ich wüsste. Vielmehr hat es sich auch hier – einmal mehr – bezahlt gemacht, dass nur sorgfältig ausgewählte KollegInnen ausgewählter Medien (auf Regimentskosten, versteht sich) mit an Bord waren.

Ja, und so wächst und wächst sie, die kontrollierte Nähe. Ganz hin und weg ist unsereiner vor lauter blendender Macht-Mitspielerei. Und übersieht, dass die Handschellen dieser Nähe nach „oben“ längst um die Fesseln gelegt sind. Ja, und so häufen sie sich – die Geschichten, die stets ungeschrieben geblieben sind. DIE Storys schlechthin, die ICH und meinesgleichen dann lieber doch nicht schreibt und sie stattdessen im Herzen trägt, um sie eines schönen Tages den Enkelkindern als eine von unzähligen Schnurren aus einem bewegten Leben zum Besten zu geben.

Natürlich wissen DU und deinesgleichen um diese Mechanismen. Ihr seid wahrhaftige Meister dieses Wissens. Und so klicken die Handschellen des Einlullens und wechselseitigen Emporhebens und Begünstigens, dass es eine wahre Freude ist. Klick. Klick. Klick.

Ja, so war das. Ja, so ist das. Und keiner, lieber Sebastian, beherrscht dieses
Spiel gekonnter und gewiefter als DU. Und so war einer meiner vielen Gründe, dem Tagesgeschäft bei der Zeitung zu entsagen, letztlich auch dieser unsägliche Ekel, der mich damals bereits erfasst hatte angesichts der viel zu tiefen Einblicke, die mir gewährt wurden in euer Reich, in die so genannte „hohe Politik“ und ihre geistbefreit-schmutzigen Mechanismen. Jener würgende Ekel auch, der mir angesichts des dich damals schon umschwirrenden Klüngels die Luft für ein sauberes Atmen nahm (ja, der Thomas> „Jetzt-wieder-reisen-wie-der-Pöbel“ S. war auch schon munter mit von der Partie und einige andere mehr).
Und, ja, ferne Boten dieses würgenden Ekels steigen mir heute noch die Kehle empor, wenn ich sehe, wie DU und deine Spezis dieses Land untereinander aufteilen, in den Sumpf ziehen und bis zum Erbrechen der Lächerlichkeit preisgeben.

ABER Ich habe ja abgeschworen, und ich bin der Versuchung, in den Ring zurückzukehren, nicht eine Sekunde lang erlegen. Das letzte Mal war erst vor ein paar Monaten, und ich hätte abermals in leitender Position arbeiten sollen für ein neues Medium – ausgerechnet! –, dessen Geldgeber dir und den Deinen eng verbunden sind. Bestimmt wäre das Salär ganz ordentlich gewesen (doch ich habe nicht einmal danach gefragt). Wie stolz und froh ich doch bin, nicht gezögert zu haben. Als hätte mir das Schicksal eine allerletzte Prüfung der Standhaftigkeit
auferlegt – und gleich Luzifer persönlich auf mich losgehetzt.

Brrrr! Oh nein, sehr geehrter Herr Bundeskanzler und lieber Sebastian:
Besser ist´s, kleinere, bedeutend bescheidenere Brötchen zu backen.
Ganz pöbelhaft. Besser ist´s, die Bodenhaftung nicht zu verlieren (oder zurückzugewinnen). Besser ist´s, ein freischaffender Buchstaben-Hin-und-Her-Schieber zu sein, der für sein Auskommen viel und hart arbeiten muss, so rechtschaffen wie die allermeisten Menschen in diesem Lande auch. Menschen, die alles Mögliche haben – bloß nicht euch verdient. Besser so … und dafür Mensch sein, Mensch bleiben.

Bleibt nur noch diese Frage: Wie viele Nadeln, wie viele Lögers und Schmids und Blümels und wie sie alle heißen mögen, braucht es noch, bis es endlich „PUFF!“ macht? Bis ein tosender Schwall türkiser heißer Luft auch dich vom Parkett fegt – und mit dir alles, was uns die längste Zeit so dreist auf der Nase herumtanzt? Wie sagen die Kommentatoren (und Luftballon-Experten) so gerne?

Man darf gespannt sein.

Dein Thomas (Schrems)

( Brief erstmals veröffentlicht via Facebook )

Juristen-Deutsch: Schachtel-Sätze

Gerichtsurteil mit verschachteltem Text publiziert: Das ist keine Ausnahme

Hans Högl

Ein Landesgericht in Niederösterreich publizierte im Massenblatt der „Krone“ am 20.3.2021 ein Gerichtsurteil. Der Verein für Konsumenteninformation klagte gegen Lauda-Motion. Das Urteil ist eine Seite lang, und man sollte doch meinen: Irgendwie soll es auch die Krone-Leser informieren und einen früheren Text richtig stellen. Es geht um die Zuteilung von Sitzplätzen für Familienmitglieder bei Flügen.

Der Text ist so unglaublich verschachtelt geschrieben – wie Absätze im klassischen Latein, bei dem man die Satz- Konstruktion z.B. bei einer Lateinschularbeit suchen muss. Nach umfangreichem Durchackern des Textes, versteht man die Aussage. Damit dies nicht nur bei Worten bleibt, habe ich meine Stellungnahme direkt dem Landesgericht übermittelt. Das ändert nicht gleich die Welt, ist ein kleiner Impuls- und wird ernster genommen werden, wenn es fallweise passiert.

Millionenregen für den Boulevard – kein Segen für die Demokratie

Österreichs Regierung hat 2020 so viel wie noch nie für Eigen-PR ausgegeben. Vor allem die Boulevardzeitungen können sich über Inseraten-Millionen in Rekordhöhe freuen.

Udo Bachmair

Nicht zuletzt coronabedingt fallen die Ausgaben aus dem Steuertopf vorwiegend für den Boulevard besonders hoch aus. Unzählige ganzseitige Schaltungen sind bekanntlich sehr teuer. Allerdings ohne großen Informationswert, wie Politik- und Medienanalythiker anmerken. Sie glauben auch zu erkennen, dass sich die Millionenspritzen zusätzlich zur eigentlichen Presseförderung wahrlich ausgezahlt haben. Ausgezahlt für die Regierung, deren Chef Sebastian Kurz speziell in den finanziell bevorzugten Fellner-Medien sowie in der Kronenzeitung besonders gut und unkritisch wegkomme. Gezielte Message-Control habe er da gar nicht mehr nötig, denn medial laufe für ihn ohnehin alles „wie geschmiert“, zeigen sich Kritiker überzeugt. Die Devise, wer zahlt, schafft an bzw. wer die Medien mit Millionen füttert, könne sie auch gefügig machen, sei eine demokratiepolitisch bittere Realität.

Die verdeckte und doch so offensichtliche Medienförderung über die „Inserate-Gießkanne“ (Copyright Der Standard) unterliegt im Gegensatz zur gesetzlich geregelten Presseförderung keinen Regeln. Auf Geheiß der Regierungskoalition geben die mittlerweile besonders aufgeblähten Kommunikationsabteilungen der jeweiligen Ministerien klar vor, wo geworben wird. Und was läge näher, als die (ohnehin optimal dotierten und profitorientierten) reichweitenstarken Zeitungen mit zusätzlichen Millionen zu ködern. So gingen seit der Angelobung der türkis-grünen Regierung 5,3 Millionen Euro zusätzlich an die „Krone“, 3,4 Millionen an „Österreich“, das besonders oft vom Presserat wegen mangelnder journalistischer Ethik gerügt wird, sowie 3,3 Millionen an das Gratisblatt „Heute“.

Kürzlich hat die Bundesregierung ein Vier-Jahres-Budget von rund 200 Millionen Euro für „Media- und Kreativleistungen“ angekündigt. Der renommierte Presseclub Concordia übt in dem Zusammenhang heftige Kritik und fordert eine finanzielle Umschichtung eines wesentlichen Teils dieses horrenden Betrags in eine Medienförderung, die „vom Wohlverhalten gegenüber Inseraten-Auftraggebern unabhängig ist“. Besonders wichtig ist dem Presseclub, dass die erwähnte Medienförderung an Qualitätskriterien gebunden ist und nicht nur an Reichweiten. Das wird angesichts einer Regierung, die für wohlwollende journalistische Unterstützung und eigene Selbstinszenierung dem Grundsatz „koste es, was es wolle“ huldigt, wohl ein frommer Wunsch bleiben..

Bedenklicher Boulevard

Mit Halbwahrheiten, Schwarweiß-Malerei und Fake-News trumpft der Boulevard politisch immer wieder auf. Aber auch im Chronikteil mangelt es nicht an entsprechenden Tendenzen, wie u.a. ein jüngstes Beispiel aus der „Krone“ zeigt.

Udo Bachmair

Basis für eine Kurzmeldung in seriösen Tageszeitungen war am Freitag eine schlichte Polizeiaussendung. Demnach sei in Baden ein 15-jähriges Mädchen von ihrem 25-jährigen Freund mehrere Wochen in dessen Wohnung festgehalten worden. Gegen den Mann werde laut Polizei „unter anderem wegen Freiheitsentzugs ermittelt“.

Was machte nun die „Krone“ in ihrer Samstagausgabe daraus ? Zunächst einmal einen „Aufmacher“ über eine „Horrortat in Baden“. Gleich drei Chronikreporter verfertigten einen aufgeblasenen Bericht mit allen boulevardesken Ingredienzien von Klischees, Übertreibungen und spekulativen Vermutungen.

Der Verdächtige habe die 15-Jährige „vermutlich gefügig, ja hörig, gemacht. Doch als sie genug von den Sexspielen hatte, drehte er durch.“

Selbstverständlich durfte in dem Bericht die rumänische Herkunft des „Brutalo“ (so der Ausdruck in der Printausgabe) nicht fehlen. So sind sie halt, die Ausländer, lautet da wieder einmal die indirekte Botschaft.. „Der 25-Jährige sperrte den Teenager einen Monat lang in ein Haus – und dürfte sein hilfloses Opfer während dieser Zeit mehrmals missbraucht haben“.

Peinlich für das Massenblatt, dass sich die ganze so genüsslich aufbereitete Story heute als Fake herausgestellt hat. Das Mädchen war von zu Hause ausgerissen und hatte sich in der Wohnung des Freundes versteckt. Freiwillig, wie die Polizei mitteilt. Von Freiheitsentzug könne keine Rede mehr sein. Einen sexuellen Missbrauch hat es offenbar auch nicht gegeben.

Eine Entschuldigung des Boulevard-Blatts für den spekulativ ausgewalzten Bericht liegt bis dato nicht vor. Es berichtet heute Sonntag online über Ermittlungen gegen das Mädchen wegen Verleumdung. In der heutigen Printausgabe jedoch sucht man eine Korrektur bzw. ein Dementi der Falschmeldung von gestern vergeblich.

Der Boulevard leistet mit einer Causa wie dieser dem Ruf des Journalismus insgesamt einen denkbar schlechten Dienst. Seriöse und investigative Medien sind geforderter denn je.

Wirbel in Österreich. Die Medienpolitik von Straches FPÖ

Hans Högl

Österreich erlebt seit Jahrzehnten politische Schreihälse, die alle Institutionen fundamental kritisieren, so Medien, und sie geben vor, für die kleinen, anständigen Leute dazu sein, für Religion, Familie, Heimat, Bräuche und für Schweizer Demokratie.

Ein Hauptanliegen der „Medienkultur“ ist Medien-Politik. Das Ibiza-Enthüllungsvideo musste zum Rücktritt von FPÖ-Chef H.C.Strache und zu Neuwahlen führen. Wir greifen aus dem Video Straches Worte zu Medien auf.

Er sagt: „Wir wollen eine Medienlandschaft ähnlich wie der Orbán aufbauen“. Orbans Partei kontrolliert quasi weitgehend Ungarns Medien. Das Magazin „Falter“ schrieb vom Investor Pecina, der viele Regionalzeitungen in Ungarn aufkaufte, um diese an Premierminister Viktor Orbán weiterzugeben und an die Parteilinie anzupassen.

Strache protzte gegenüber dem weiblichen Lockvogel, der angeblichen Nichte des russischen Gasoligarchen Igor Karamasow, mit Kontakten zur Medien-FUNKE Gruppe, die einen Hälfteanteil der „Krone“ los zu werden sucht. Und die „Nichte“ könne diesen halben Anteil der „Krone“ erwerben und soll dann die FPÖ drei Wochen vor der Wahl massiv unterstützen. Und ihr winken dann Großaufträge bei Autobahnen, noch dazu mit Überpreisen (zu Lasten der Steuerzahler).

In der Tat: Der Groß-Investor René Benkö preschte kürzlich vor, um den halben Anteil der „Krone“ zu erwerben. Und diesen Herrn Benkö nennt Strache einen FPÖ-Freund, der aber auch die ÖVP unterstütze. Verdeckte FPÖ-Parteifinanciers wären auch Heidi Horten, die Kaufhauserbin, der Waffenhersteller Gaston Glock und der Glücksspielkonzern Novomatic. Aber die Genannten bestreiten dies. Auffallend sind seit Jahren die riesigen FPÖ-Wahlplakate.

Ferner erwägt Strache, Teile des ORF zu privatisieren -zugunsten von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz und seinem Servus TV. Wolfgang Fellner sagt explizit am 18. Mai in oe24 TV : dass ein Sender des ORF Fernsehens an Servus TV übergeben werden sollte. Und der Eigner von Servus TV, der Red-Bull-Milliardär, gilt als FPö-Freund.

Somit ist die stete FPÖ-Kritik am ORF ein taktisches Vorspiel zu einer mittelfristigen Medienpolitik. Es geht nicht um mehr Demokratie, sondern um eine Quasi-Medien-Diktatur. Im Sinne des Machterhalts. Sogar die Privatisierung des Wassers stellt Strache der „Nichte“ in Aussicht. Und solche Politiker gerieren sich als Freund der kleinen Leute.

Message Control und Ablenkung als Erfolgsrezepte

Message Control heißt das Zauberwort für Regierungsharmonie. Zudem betreibt die ÖVP-FPÖ-Koalition Ablenkung ähnlich professionell und erfolgreich. Nicht zuletzt dank der „Krone“.

Udo Bachmair

Nur wenig hat in den vergangenen Monaten die Harmonie der Bundesregierung erschüttern können. Alle Regierungsmitglieder sind unverbrüchlich der „Message Control“ verpflichtet. Ohne Rücksprache und Vorgabe geht normalerweise nichts an die Öffentlichkeit. „Wir ziehen alle an einem Strang“ lautet das Motto der Kuschel-Koalitionäre.

Immer wieder war und ist das Schweigen des Regierungschefs zu Rechtsaußen-Sagern des kleineren Koalitionspartners die Devise. Es dürfte dem Obmann seiner einst christlich-sozialen Partei so schwer nicht gefallen sein. Denn auch der Kanzler selbst hat sich speziell in der Migrationsfrage nicht selten rechtspopulistischer Rhetorik bedient.

Mit Harmonie und Eitelwonne war es allerdings kurzfristig vorbei. Die nachgewiesenen FPÖ-Querverbindungen hinein in die rechtsextreme ( identitäre ) Szene waren denn auch für den Regierungschef des Schlechten zuviel. Er konnte sie letztlich nicht länger ignorieren. Jedenfalls ein unangenehmes Thema für die Regierung und deren PR.

Doch es gibt ein bewährtes Erfolgsrezept: Ablenkung. Mit Unterstützung der Kronen Zeitung wurde eine Razzia gegen ein paar rechtsradikale Konzertbesucher medial groß inszeniert. Die Doppelbotschaft: „Seht her, wir tun was gegen Rechtsextreme“ und : „So gefährlich sind die ja gar nicht..“ Denn Festnahmen sind keine erfolgt..

Sogar der in den letzten Monaten regierungsfreundlicher gewordene KURIER schreibt von einem „durchsichtigen Manöver“ und von „großer Ablenkung“.

Armin Wolf, engagierter Anchorman der ZiB 2, dazu auf Twitter:

„Ein ziemlich verlässliches Muster in der PR-Arbeit der Koalition: Wenn ein Thema sehr unangenehm wird – ein neues Thema auf die Agenda bringen. In der Regel via Kronenzeitung und rund Migration/Flüchtlinge/Sicherheit.“

Die „Krone“ im Visier

Udo Bachmair

Die Kronen Zeitung scheidet die Geister. Die Einen stürzen sich mit Leidenschaft auf jede neue Ausgabe dieses Massenblatts, nicht zuletzt, um sich mit neuen „Argumenten“ für den Stammtisch zu wappnen. Schwarz-Weiß-Malerei, Freund-Feind-Denken, an die Grenze des Faschistoiden gehende Glossen und einseitige Leserbriefe verhelfen zu jener Meinungshoheit, die offenbar dem vorherrschenden rechten Zeitgeist entspricht.

Die Anderen wiederum sorgt der nicht zu unterschätzende Einfluss der rechtspopulistisch durchsetzten Gazette. Der Hang zu einfachen Lösungen, Kriminalisierung von Asylwerbern und anderer Minderheiten, die Förderung autoritätshörigen Denkens werden, so die Kritiker, durch einschlägige „Kommentare“ begünstigt und bekräftigt. Für Humanität, Menschenrechte, Solidarität bleibe da kein Platz mehr.

Gefährlich erscheint vor diesem Hintergrund die Erosion des liberalen Rechtsstaates und die in bewusst einseitig ausgewählten Leser-Reaktionen zum Ausdruck gebrachte unverhohlene Schadenfreude über die verhasste Europäische Union. Dass demokratischer Rechtsstaat und die europäische Einigung eine einzigartig lange Phase der Stabilität und des Friedens beschert haben, bleibt unerwähnt. Es stellt sich da für viele die Frage: Errungenschaften wie diese lassen wir uns hierzulande und europaweit von populistischen Demagogen kaputtreden und in weiterer Folge auch kaputtmachen ? Eine Gegenbewegung täte not. Doch diese ist weit und breit nicht erkennbar.

Boulevardmedien wie die Kronenzeitung und das Krawallblatt Österreich tendieren dazu, alle jene Initiativen und NGOs ins Lächerliche zu ziehen, denen Hilfsbereitschaft und Menschenfreundlichkeit ehrliche Anliegen sind. Die erwähnte nötige Gegenbewegung müsste einhergehen mit Aufklärung über Rolle, Mechanismen und Absichten des Boulevards. Forderungen wie diese versucht etwa die verdienstvolle Rechercheplattform Dossier zu erfüllen. Sie hat sich als Schwerpunkt für die nächsten Monate zum Ziel gesetzt, nach „Heute“ und „Österreich“ nun die „Krone“ ins Visier zu nehmen. Die Recherche-Ergebnisse werden in einem Magazin zusammengefasst, das im April 2019, wenn die Kronen Zeitung ihr 60-Jahr-Jubiläum in der Ära Dichand begeht, erscheinen wird.

Näheres unter www.dossier.at

Nein zum UN-Migrationspakt : Großer Imageschaden für Österreich

Boulevard und Regierung verharmlosen die Folgen 

Udo Bachmair *

Auf die „Krone“ ist Verlass. Auch in der Debatte um den UNO-Migrationspakt. Waren aus dem Boulevard-Blatt noch vor kurzem auch sanft kritische Töne zu vernehmen, so ist das rechtspopulistische Massenblatt nun wieder voll auf Kurz/Strache-Kurs. Eines der Indizien dafür ist eine wieder einmal völlig einseitige Auswahl von Leserbriefen (siehe u.a. die jüngste Sonntagsausgabe der „Krone“)

Hand in Hand mit der Kronenzeitung setzt die rechtspopulistische Bundesregierung offenbar ganz auf mangelnde Hintergrundinformationen der Bevölkerung. So verfängt die einfache „Erzählung“, mit einem Nein zum Migrationspakt habe Österreich seine Souveränität und Eigenständigkeit in der Migrations-und Flüchtlingsfrage gerettet.

Dass der Migrationspakt nicht rechtsverbindlich, sondern ein Regelwerk zur globalen Lösung der Migrations- und Flüchtlingsfrage ist, wird weitgehend verschwiegen. Dass in dieser besonders heiklen und emotional aufgeheizten Causa auch menschenrechtliche Aspekte nicht übersehen werden sollten, läuft dem rechten Zeitgeist zuwider.

Wo bleiben die besorgten Stimmen in der ÖVP, die sich dem christlich-sozialen Grundsätzen verpflichtet fühlen ? Außer von Otmar Karas, ÖVP-Europapolitiker oder den Ex-ÖVP-Chefs Reinhold Mitterlehner und Erhard Busek war da bisher wenig zu hören. Ja, und wo bleibt die Linke ? Die hat sich völlig abgemeldet. Aber das ist ein eigenes abendfüllendes Thema..

Dabei wäre es lohnend, in der Öffentlichkeit unermüdlich die „Erzählung“ zu vermitteln, dass sich Österreich mit einem Boykott des UNO-Migrationspakts und damit der UNO insgesamt weiter isoliert. Die Folgen: Ein enormer Imageschaden für Österreich, dessen außenpolitische Vermittlerfunktion nach den goldenen Kreisky-Zeiten endgültig verloren scheint.

Lautstarke Gegenkräfte zur Orbanisierung Österreichs sind derzeit eher bei den NEOS als bei der SPÖ zu registrieren. Bei den Sozialdemokraten bleibt der große Aufschrei gegen das immer raschere Abgleiten Österreichs ins rechte Schmuddeleck der EU aus. Damit vergibt die neue SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner eine große Chance. Doch die Hoffnung lebt.

Nicht zuletzt die bange Frage: Wozu brauchen wir einen Bundespräsidenten, der ( mit grimmigem Blick ) das Nein zur UNO letztlich abnickt, auch wenn es dem Staatsganzen Schaden zufügt ? Ausgerechnet Van der Bellen ? Haben ihn Grüne, bürgerlich Liberale, Sozialdemokraten, die Zivilgesellschaft etc. dafür gewählt, dass er bloß ein paar harmlose Worte des Protests absondert ?

Was bleibt, sind ein paar Printmedien wie der Falter, Der Standard, die Presse, der Kurier, die Kleine Zeitung, die Oberösterreichicshen Nachrichten, die Salzburger Nachrichten sowie die Ö1-Journale, die seriös negative Konseuenzen für unser Land analysieren, die mit einem Nein zum Migrationspakt verbunden sind.

Doch die Meinungshoheit bei der Masse der Bevölkerung, die ihre „Informationen“ vornehmlich aus dem Boulevard und der regierungsfreundlichen ZIB 1 bezieht, haben längst Kurz, Strache und „Krone“ erobert. Für eine Gegenbewegung ist es noch nicht zu spät.

  • Der Beitrag ist leicht gekürzt auch in der Tageszeitung DER STANDARD erschienen