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Verbales Tauziehen um Zwingli

Eine missbräuchliche Verwendung des Namens Zwingli im STANDARD erregt Verwunderung. Mit Zwingli titulierte der Autor des „Einserkastls“ den neuen alten Kommunikationschef der ÖVP.

Udo Bachmair

Der Meister der Message Control, Gerald Fleischmann, sattsam bekannt in Redaktionen des Landes für seine Intervenitis zugunsten seines Intimus Sebastian Kurz, werkt nun also wieder als ÖVP-Kommunikationschef. Was als Signal nach innen verständlich erscheint, um die Kurz-Nostalgie innerhalb der Partei zu befriedigen, hat nach außen eine fatale mediale Wirkung.

Nahezu alle Medien haben die Rückkehr des umstrittenen Medienmannes äußerst kritisch kommentiert. Sie wissen, warum, nämlich aus leidvoller eigener Erfahrung, wie mir auch Ex-Kollegen aus dem ORF die zahllosen Interventionen Fleischmanns zugunsten von Kurz bestätigen.

Auch der STANDARD hat in seinem „Einserkastl“ die leidige Causa ganz unverblümt kommentiert. Autor Christoph Winder hat sich jedoch mit der für Fleischmann verwendeten Bezeichnung „Zwingli“ erwartbare Kritik vor allem seitens der Evangelischen Kirche H.B. eingehandelt.

Zunächst ein Zitat aus dem erwähnten STANDARD-Kommentar :

Der neue alte Zwingli der ÖVP heißt seit kurzem wieder Gerald Fleischmann. Ihm traut man zu, dass er die ganze kommunikative Palette von „Das sagen wir lieber nicht“ bis „Halt sofort die Goschen“ draufhat und zudem süße Erinnerungen an die goldene türkise Zeit wachhält.
Bleibt nur zu hoffen, dass ihn die Staatsanwaltschaft nicht zu häufig bei der Arbeit stört. Die lässt sich das Goschenhalten nämlich nur ungern anschaffen.

(Christoph Winder im STANDARD-Einserkastl)

Der Verfasser der Glosse hätte wissen müssen, dass vor allem auch die Evangelische Kirche helvetischen Bekenntnisses die missbräuchliche Verwendung des Wortes „Zwingli“ klar ablehnen würde.

Landessuperintendent Thomas Hennefeld dazu in einem Brief an den STANDARD:

Als Vertreter einer kleinen konfessionellen Minderheit bin ich daran gewöhnt, dass die meisten Menschen mit dem Namen „Zwingli“ nicht viel anfangen können. Dass ich aber den Namen des Reformators im Zusammenhang mit dem neuen alten ÖVP-Kommunikationschef lesen muss, macht mich sprachlos. Zwingli hatte auch seine Schattenseiten, aber er steht in unserer Evangelischen Kirche H.B. in Österreich bis heute für das Aufbrechen verkrusteter Strukturen, für die weitgehende Beseitigung der Armut und für die Befreiung der Menschen von Tyrannei und Willkür. Ulrich Zwingli wetterte gegen die Profitgier der Reichen und prangerte das damals herrschende korrupte System an. Er richtete sich auch auf der Kanzel gegen Verlogenheit, Doppelmoral und Heuchelei. Die Kirche, in der ich als Gemeindepfarrer tätig bin, heißt übrigens Zwinglikirche.
(Mag. Thomas Hennefeld, Gemeindepfarrer und Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich)

Europa ist mehr ! Es steht auch für Humanität

Die deutsche Bundesregierung hat beschlossen, eine begrenzte Zahl an Kindern und Frauen aufzunehmen, die unter unfassbar unmenschlichen Umständen in griechischen Lagern teils um ihr Überleben kämpfen.
Die österreichische Regierung verschließt sich dieser humanitären Forderung.

Udo Bachmair

Für viele ist die Weigerung der Bundesregierung, zumindest eine kleine Zahl an besonders betroffenen Frauen und Minderjährigen aufzunehmen, eine Schande. Der “kalte Kanzler“ (der Standard) tue mit seiner harten (christlich-sozialen?) Position auch Österreich insgesamt nichts Gutes, so der Kern der Kritik.

Sorge um den Verlust an Menschlichkeit sowie um das Image Österreichs, das sich früher immer wieder durch internationale Dialogfähigkeit, Humanität und Solidarität ausgezeichnet hat, machen sich zunehmend auch Vertreter der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche. Es sei nötiger denn je, dass sich die Bundesregierung kompromisslos zu den Werten der Menschenrechte und Menschenwürde bekenne.

Vertreter unterschiedlicher Konfessionen, darunter auch der islamischen Glaubensgemeinschaft, haben nun einen offenen Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz veröffentlicht. Dieses Schreiben wird wohl kaum in einem Medium Platz finden. Daher sei es Ihnen ungekürzt zur Kenntnis gebracht :

Offener Brief an Herrn Bundeskanzler Sebastian Kurz

Europa ist mehr!

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Sebastian Kurz,

mit diesem Schreiben beziehen wir Position, um mit vereinter Stimme für Solidarität und die Wahrung der Menschenrechte bei uns und in Europa einzutreten. Hierbei geht es nicht nur um die erneut drängende Frage nach tragfähigen Lösungen im Umgang mit Menschen an den Außengrenzen der EU. Die aktuelle Situation veranschaulicht einmal mehr, wie wichtig es ist, nationale und transnationale Herausforderungen im Themenkomplex Asyl, Migration und Integration aktiv zu bearbeiten, konstruktive Lösungen zu finden und solidarisch umzusetzen. Hierzu können wir alle einen Beitrag leisten, denn das Friedens- und Einheitsprojekt Europa ist mehr, als es die Schlagzeilen vieler Medien und die Aussagen einiger Politiker der letzten Zeit erwarten lassen.

Wir begreifen uns als Teil der Gesellschaft, der sich bewusst ist, dass wir unserer humanitären Verantwortung im In- und Ausland mit einem fairen Beitrag gerecht werden müssen, unabhängig von dem, was gerade opportun erscheint. Denn auch nicht zu handeln, oder sich vor Elend und Leid einfach zu verschließen, hat einen Preis – auch wenn dieser vielleicht nicht sofort für jede und jeden spürbar ist – zahlen wir wohl langfristig mit einem Beitrag zu einer schleichenden Entsolidarisierung.

So sollten wir allein schon um unserer selbst Willen hinsehen, hinterfragen und helfen, denn die Wahrung der eigenen Rechte hat historisch gesehen schon oftmals mit dem Eintreten für die Rechte anderer begonnen. Wir appellieren somit an Sie, sich für eine Politik einzusetzen, die Mut macht, differenzierte Lösungen findet und zulässt, sowie grundsätzlich von einem Interessensausgleich und der Unteilbarkeit der Menschenrechte geleitet ist.

Europa ist mehr!

( Gezeichnet von Dr. Josef Marketz, Bischof Diözese Gurk-Klagenfurt
Mag. Manfred Sauer, evang. Superintendent Kärnten-Osttirol
Adnan Gobeljic, BA, Vorsitzender Islamische Religionsgemeinde Kärnten
Mag. Ernst Sandriesser, Direktor Caritas Kärnten
Dr. Hubert Stotter, Rektor Diakonie de La Tour )

In Hamburg wurden 500 in der Elbe getauft

Hans Högl

Gewisse Extra-Ereignisse erfuhr ich durch Bekannte und kennzeichne sie als Medienschmankerl.
In der Regel dringt Solches kaum von der Elbe bis an die Donau.

500 Menschen wurden beim großen Elbtauffest der Evangelischen Kirche in Hamburg gesegnet. „Die Taufe schließt nicht aus, sondern öffnet das Tor zur Welt“, sagte Bischöfin Kirsten Fehrs bei dem Open-Air-Gottesdienst. Insgesamt beteiligten sich 65 Gemeinden und 93 Pastoren, die im Anschluss an die Predigten an verschiedenen Taufstationen in der Elbe und am Strand die Zeremonien vollzogen. Laut Veranstalter handelte es sich dabei um das größte Tauffest Deutschlands. Rund 5000 Gäste waren dabei.(dpa)

Karfreitag : Regierung desavouiert Evangelische

Die Regierung fährt gnadenlos über die Evangelische Kirche drüber. Ihr sind Wirtschaftsinteressen sakrosankt. Im ORF-Fernsehen macht Religionsminister Blümel ausgerechnet Bischof Bünker zum Sündenbock.

Udo Bachmair

„Wer schafft denn Arbeit..?!“ schrie Sozialministerin Hartinger-Klein ins Plenum des Nationalrates. Und sie gab sich gleich selbst die Antwort: „Die Wirtschaft !“ Die Antwort hätte auch lauten können: „Selbstverständlich die Arbeitskraft der Menschen“. Wahrscheinlich stimmt Beides. Sicher hingegen ist, auf welche Seite sich diese Regierung wieder einmal geschlagen hat. Auf die Seite der Unternehmer und Konzerne. Das hat sich zuletzt gezeigt am blamablen Einknicken des FPÖ-Verkehrsministers Norbert Hofer vor der Frächterlobby. Das zeigt sich aktuell und besonders brisant an der leidigen Causa „Karfreitag“.

Da sorgt das „Drüberfahren über die Evangelischen“ für berechtigte Empörung. Auch außerhalb der Evangelischen Kirche. Denn wieder einmal wird ohne ausreichende Begutachtung ein rechtlich zweifelhaftes Gesetz durchs Parlament gepeitscht. Nicht einmal im Zusammenhang mit den Rechten und Traditionen einer Religionsgemeinschaft sieht diese Regierung entsprechende Sensibilität für angebracht. Einer christlichen Minderheitskirche die Religionsausübung zu beschneiden und ihren wichtigsten Feiertag zu kappen, zeugt zudem von beispielloser Unverfrorenheit. Vor allem jene Regierungsmitglieder, die der Evangelischen Kirche angehörigen, nämlich Hartinger-Klein, Norbert Hofer und Heinz Faßmann sollten sich schämen.

Es ist dies nicht zuletzt auch eine demokratiepolitisch und menschenrechtlich höchst bedenkliche Vorgangsweise. Dabei wäre die nach dem EUGH-Urteil logischste Konsequenz gewesen, den Karfreitag für alle zum Feiertag zu machen. Eine Forderung, die der evangelische Bischof Michael Bünker immer wieder in die Diskussion eingebracht hatte. In bewährter Manier versucht die türkis-blaue Regierungstruppe nun den Spieß umzudrehen.In bisher kaum registrierter Perfidie hat der für Religionen zuständige Kurz-Vertraute Gernot Blümel den Ball an Bünker weitergespielt.

Allen Ernstes hat Blümel in der ZIB 2 die nunmehrige unbefriedigende Karfreitagslösung mit einer angeblichen Zustimmung Bünkers gerechtfertigt. Der Bischof hatte sich zu diesem Zeitpunkt allerdings von seiner ersten Reaktion, es handle sich um eine positive Lösung mit Wermutstropfen, bereits deutlich distanziert. Dennoch steht Bünker, anerkannt und gelobt für seine Verdienste auch über Kirchengrenzen hinaus, nun als Sündenbock da. Nicht nur seitens Blümels, sondern auch kirchenintern.

Statt den Regierungskoordinatoren Blümel und Hofer schwappt nun Bünker eine Welle von Kritik entgegen. Ja, sogar von Verrat an der eigenen Glaubensgemeinschaft ist mancherorts die Rede. Ein engagierter Kirchenmann wie Bünker verdient das aber beileibe nicht, er hat das Erscheinungsbild der Evangelischen Kirche in seiner 12-jährigen Amtszeit äußerst positiv geprägt.

Eine Glaubensgemeinschaft, die in ihrer Geschichte bis weit ins vergangene Jahrhundert hinein nicht wenig Leid erfahren hat, von Regierungsseite her derart zu demütigen und desavouieren, ist wohl einmalig in der Zweiten Republik. Oder sind wir bereits in der Dritten angelangt ? Manche Entwicklungen in diesem Land, wie die Infragestellung von Grundrechten sowie Revanchegelüste gegenüber einer Minderheits-Kirche, die sich immer wieder auch regierungskritisch zu menschenrechtlich bedenklichen Erscheinungen geäußert hat, lassen diesen Schluss zu.