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Ukrainekrieg: Eskalation stoppen

Der Politologe Hans Joachim Funke hat es gewagt, eine Petition von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht zu unterzeichnen, die zur Intensivierung von Verhandlungen statt Ausweitung der Waffenlieferungen aufruft.

Wolfgang Koppler*

Immerhin haben sich auch Stimmen aus SPD und CSU dem Aufruf angeschlossen. Dieser wird vom Politologen Herfried Münker – fast schon erwartungsgemäß – als „gewissenlose Unterstützung Putins“ bezeichnet. Henryk Broder unterstellt Schwarzer und Wagenknecht „toxische Männlichkeit“ und Zynismus. So in den Medien überhaupt argumentiert wird, beschränkt es sich auf angeblich mangelndes Interesse Russlands oder einfach auf „Man muss den Aggressor stoppen“. Sogar die gewiss nicht als Friedenstaube geltende österreichische Ex-Außenministerin Ursula Plassnik sprach in einem Streitgespräch mit Schwarzer (in der ZiB 2) schon vor etlichen Monaten von einer Eskalationsspirale in den Medien. Kein Ruhmesblatt für den Journalismus.

Interessant in diesem Zusammenhang war da das jüngste ZiB 2-Interview mit dem „gewissenlosen“ Hajo Funke und seinem Widerpart Major Feichtinger, ehemaliger Brigadier des Bundesheeres. Zu Beginn wird natürlich Münkers Vorwurf ins Spiel gebracht, dem Funke sein eigenes Gewissen entgegensetzte. Er gestand der Ukraine das Recht auf Verteidigung zu und sprach davon, dass der Krieg zu einem Patt geführt hätte und sich dies angesichts der Waffenlieferungen des Westens auf absehbare Zeit nicht ändern werde. Ob man jetzt oder später verhandle, würde am Frontverlauf nichts Wesentliches ändern. Nur würde es wahrscheinlich nochmals 250.000 Tote kosten. Aus Russland gäbe es durchaus Verhandlungssignale. Eine Unterbrechung des Krieges im Sinne eines Waffenstillstands wäre das einzig Sinnvolle. Im Übrigen hätte die ukrainische Führung ja selbst bis April verhandelt (Anm.: bis zur Befreiung Kiews).

Feichtinger bezeichnete die Verhandlungsergebnisse vom April zunächst als „Friedensdiktat“ (ein anderes Wort für den schon etwas abgelutschten und historisch peinlichen Diktatfrieden). Auf den deren Inhalt der damaligen Verhandlungen ging er gar nicht ein, obwohl die Neutralität der Ukraine mit Sicherheitsgarantien bereits sehr weit verhandelt war und die ukrainische Führung selbst erklärt hatte: Jeder Krieg endet durch eine Vereinbarung (erinnert an Stellungnahmen von Politikern: Nicht ins Konzept Passendes übergeht man mit Schweigen). Ein Waffenstillstand zementiere nur den Status quo.

Und dann die Überraschung (auch für Armin Wolf, Anchorman der ZiB 2: Feichtinger musste zugeben, dass bei objektiver Betrachtung der Kriegslage auf absehbare Zeit tatsächlich keine großen Veränderungen des Frontverlaufs zu erwarten seien. Weder die Rückeroberung der Krim noch jene der Separatistengebiete sei ein realistisches Ziel. Auch einen Jahre langen opferreichen Krieg schloss er nicht aus. Wesentlich jedoch sei, was die Kriegsparteien glaubten. Jede Seite erwarte sich noch Vorteile aus der Weiterführung des Krieges. Außerdem würden in der Ukraine 85 – 90 % der Bevölkerung den Kurs der Regierung stützen.

Populismus als Strategie des Westens ?

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und lebt in Wien

Branchenblatt würdigt ORF-Journalisten

Wie perfekt sind Armin Wolfs Interviews ? Wird Fritz Dittlbacher der neue Hugo Portisch ? Das sind zwei der Themen der jüngsten Ausgabe des Branchenblatts „Der Journalist“.

Udo Bachmair

Armin Wolf ist auch aus meiner Erfahrung als langjähriger ORF-Redakteur und Kollege ein Journalist, der sich penibel und gewissenhaft auf jede Sendung vorbereitet. Der ZiB 2-Anchor ist auch jemand, der immer wieder seine Interviews und Moderationen selbstkritisch hinterfragt. Die ihm immer wieder unterstellte Selbstherrlichkeit und Überheblichkeit ist daraus wohl nicht ableitbar..

Das belegt auch das Magazin „Der Journalist“, das Armin Wolf den Hauptartikel widmet. Demnach ist Wolf nur mit einem einzigen seiner 2000 Interviews in 20 Jahren wirklich zufrieden, nämlich mit jenem Gespräch, das er mit Erwin Pröll nach dessen Abgang als Landeshauptmann geführt hat. Warum dieses Interview so vorbildlich geführt worden ist, ruft „Der Journalist“ detailliert in Erinnerung.

Darüber hinaus sind weitere Journalisten-Persönlichkeiten Gegenstand von Würdigungen, wie etwa Erwin Zankl von der Kleinen Zeitung, der nun für sein „Lebenswerk“ ausgezeichnet wurde. Besondere Ehre erweist „Der Journalist“ ORF-Mann Fritz Dittlbacher. Der unter türkis/blau abgesetzte Ex-ZiB-Chefredakteur wird als neuer Hugo Portisch gehandelt bzw. geadelt.

Näheres von Georg Treitl, Chefredakteur „Der Journalist“:

georg.taitl@oberauer.com

Soziale Zeitbombe in Italien!?

Hans Högl
Der ausgezeichnete ORF-Kommentator Dr. Armin Wolf lobte die Auslandsberichte der „Neuen Zürcher Zeitung“. Hier ein Beispiel einer exzellenten Sachanalyse von Italiens Situation.

Es gibt in der EU-Uneinigkeit darüber, w i e dem Süden Europas so Italien beizustehen ist -mit Krediten oder ohne oder in einer Mischform. Vordringlich ist es, auf die gravierende Situation in Italien selbst zu blicken. Die Lage Spanien wäre eigens zu erörtern.

Kein Zweifel: Italien muss selbst intern viele Probleme lösen. Doch die Situation in Italien ist so gravierend, dass ein massiver EU-Beistand dringend geboten ist. Dies geht aus Detail-Analyse der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 7. Juli 2020 hervor: Der Beitrag lautet: „Das Schwierigste steht Italien noch bevor“.

Daraus zentrale Aussagen: Ein Drittel aller italienische Haushalte hat im Lockdown Einkommenseinbußen von über 30 %, ein Sechstel sogar solche von 50 % und mehr erlitten. Mehr als 10 % der Haushalte verfügen schon jetzt über keinerlei Reserven mehr, 30 % werden nach eigener Einschätzung Ende August ohne Ersparnisse dastehen und am Ende des Jahres über 40 %.

Die Armut in Italien nimmt zu. 10 % der Bevölkerung arbeiten in der Schattenwirtschaft, 1 Mio Haushalte oder 5 % leben ausschließlich von irregulärer, unsicherer Arbeit. Und wo die Schattenwirtschaft sich ausbreitet, kann das organisierte Verbrechen seinen Einfluss verstärken.

Es ticke eine soziale Zeitbombe heißt es, es drohe ein Heer von Arbeitslosen und Proteste, sogar Hungeraufstände, wenn im Spätsommer der von der Regierung verfügte Kündigungsschutz auslaufe. Das schreibt das als sehr nüchtern bekannte Schweizer Blatt.

Gegenmaßnahmen werden erwogen: Man könnte die Kurzarbeit erstrecken, mit Steueranreizen die Schaffung unbefristeter Arbeitsstellen fördern. Insgesamt habe die Krise den gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt und das Vertrauen in staatliche Organisationen. Auf der politischen Bühne merke man aber davon wenig.

Wirtschaftlich hat das Corona-Virus, wenig überraschend, vor allem schwächere Teile der Bevölkerung getroffen: die Jungen, die Alten, die Frauen, die Unterschicht, den Süden des Landes. Die Jungen habe noch mehr Mühen auf dem Arbeitsmarkt.

Pressefreiheit : Wachsam bleiben

Dieser Tage jährt sich zum 160. Mal der Bestand des renommierten Presseclubs Concordia. Auch wenn die Pressefreiheit formal garantiert ist, muss sie immer wieder neu erkämpft werden. „Weiter wachsam sein“ lautet daher die Devise.

Udo Bachmair

Wir haben während der türkis-blauen Koalition erlebt, wie ORF-Journalisten von Vertretern des Juniorpartners dieser Regierung bedroht wurden und eingeschüchtert werden sollten. Nicht nur der besonders engagierte ZiB 2-Anchorman Armin Wolf, sondern auch ORF-Auslandskorrespondenten, wie Ernst Gelegs, waren Opfer von Regierungsschelte und Kündigungsandrohungen wegen „unbotmäßiger Berichterstattung“. Die Attacken auf unabhängige Journalisten wurden auch als Generalangriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewertet. Und generell auch auf die Pressefreiheit in diesem Land.

Umso wichtiger der Appell des Präsidenten des Presseclubs Concordia, Andreas Koller : „Es gilt, wachsam zu sein“. Pressefreiheit sei ein hohes Gut, und der Blick über die Grenzen zeige, wie schnell sie in Bedrängnis geraten könne. Und im Hinblick auch auf Österreich merkt Koller im Kurier an : „Ich habe nicht den Eindruck, dass alle Politiker hierzulande kapiert haben, „was Pressefreiheit eigentlich bedeutet“. Eine Anspielung unter anderem auch auf die umstrittenen Richtlinien für die Öffentlichkeitsarbeit, die der frühere FPÖ-Innenminister zu verantworten hatte. Dieser sah sich ja mit Vorwürfen konfrontiert, auch mit Menschenrechten nicht allzu viel am Hut zu haben.

Wachsam zu sein bezüglich der Pressefreiheit ist ein wesentlicher inhaltlicher Pfeiler des Presseclubs Concordia. Aus Anlass seines nunmehr 165-jährigen Bestehens brachte es die Concordia-Generalsekretärin Daniela Kraus gegenüber der Presse gut auf den Punkt: „Wir achten darauf, dass das freie Wort frei bleibt“. Credo auch der Vereinigung für Medienkultur, mit der ein Kooperationsabkommen mit dem Presseclub Concordia besteht. An dieser Stelle auch namens des Vorstands der Vereinigung vielen Dank für die gute Zusammenarbeit.

An weiteren Maßnahmen zur Sicherung der Pressefreiheit wäre die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes unabdingbar. Eines der Themen, die auf die neue Regierung warten. Außerdem steht die Novellierung des ORF-Gesetzes an. Und auch da wird sich zeigen, wie konstruktiv die künftige Koalition an diese Frage herangeht. Motto der ORF-Reform sollte jedenfalls sein, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiter auch finanziell lebensfähig zu erhalten. Eine nicht unwichtige demokratiepolitische Aufgabe. Siehe dazu auch meinen Appell unter www.wirfuerdenorf.at

Der Durst des Oppositionspolitikers

Matthias Strolz gründete die liberale Partei „Neos“. Als Ex-Politiker gab er einer Journalistin der Monatszeitschrift „Datum“ ein Interview und traf überraschende Bonmots (Hans Högl)

Aussagen von Matthias Strolz:

„Es gibt ein bis zwei Wochen im Jahr, in denen ich das Handy abschalte. Mit einer Art Notfallerreichbarkeitskette“.

„Frauen sind für mich nahe am Gottesbeweis“.

Als Oppositionsführer ist die Leitfrage“: Was kritisiere ich heute? Das tut mir nicht gut.“

NB. Diesen Eindruck bloßer Negativität erweckt auch Tagesjournalismus. Wenngleich konstruktiver Journalismus bekannt ist. Wie steht dies mit dem ORF-Spitzenmann Armin Wolf – trotz all` seiner Verdienste?

Die österreichische Monatszeitschrift „Datum“ bringt stilistisch hervorragende Reportagen mit Seltenheitscharakter -z.B. im Oktober: „Zehn Jahre Uni brennt“/ Zum Tierwohl – Was schulden wir dem Schwein?/ Wo das Glück wohnt. Finnland soll das glücklichste Land der Welt sein. Warum? / Künstliche Intelligenz führt den Krieg von morgen / Wie drei Bürgerrechtler gegen die Einschränkung unserer Freiheit kämpfen (aus Budapest, Linz, Warschau)..

Hervorragende „Wiener Zeitung“

Hans Högl

Wir befürworten als Team in der Medienkultur die bisherige Finanzierung des ORF durch die Gebührenzahler. Dies trägt zu dessen Unabhängigkeit bei. Auch die FPÖ-Angriffe auf Armin Wolf sind im Prinzip zurückzuweisen, wenngleich er in seinem Stil auch gelegentlich fragwürdig ist. Doch der ORF darf nicht immun sein versus partieller Kritik: So verhält sich doch der TV- Sender ORF 1 erwiesenermaßen fast identisch wie ein Privatsender.

Ich höre regelmäßig den weithin anerkannten ORF-Hörfunksender Ö 1. Da gibt es wunderbare Sendungen wie kürzlich im Ö1-Journal-Panorama über die Eroberer von Mexiko und Peru, stammend aus der Extremadura in Spanien. Übrigens: ein Gastbeitrag. Deren Entlohnung ist mehr als mager. Auch andere Sendungen sind zurecht hochgeschätzt: wie z.B. die Radiokollegs, „Menschenbilder“ , Ambiente. Aber mich verwundert die gelegentliche Phantasielosigkeit in der Themenauswahl von Ö 1- Journalen. Da gibt es immer wieder den Lieblingsfeind Trump und die Waffenlobby in den USA. Wie heute früh. Ja, schön und gut. Aber es gibt auch anderes in der Welt. In Spurenelementen erfahre ich etwas über die Korruptionsverteidiger von Rumäniens Sozialdemokraten.

Welche Welt tut sich mir in der Lektüre der „Wiener Zeitung“ auf! So heute: Ich lese von der künftigen Kanzlerin Brigitte Bierlein: von ihrer Kritik an Ex-Innenminister Kickl in Asylfragen, von Ihren Sorgen um die Pressefreiheit in Österreich und den fragwürdigen Inseraten durch Regierungen (aller Parteien!). Und ich lese, dass die Sozialdemokraten in Dänemark vor einem Sieg stehen, weil sie „links und migrationskritisch“ sind und so die Rechtspopulisten halbieren. Ferner erfuhr ich, dass die Bundesforste in OÖ einen Wassernutzungsvertrag mit einer US-Firma geschlossen haben. Weiters: dass das Aramäische, die Sprache Christi, die noch in Maalula bei Damaskus gesprochen wird, in Gefahr ist, zu verschwinden…..Wo höre und erfahre ich das im ORF? Ich lasse mich gern korrigieren! Wer kann denn alles sehen und hören! Ich halte die ausführlichen Texte in Österreichs Qualitätsblättern für sehr wichtig. Ja, selbst im „Kurier“. Mich wundert auch, dass im ORF kaum irgendwann Journalisten der wirklich ausgezeichneten „Kleinen Zeitung“ zu Wort kommen. NB. Der ORF zitiert nie die „Wiener Zeitung“!

Aufatmen im ORF

Das Scheitern der türkis-blauen Koalition, im Besonderen das Aus für die FPÖ-Regierungsmitglieder, löst bei unabhängigen ORF-JournalistInnen Erleichterung aus.

Udo Bachmair

Der Spuk ist vorbei. Das von FPÖ-Vertretern gegen ORF-JournalistInnen aufgebaute Bedrohungsszenario erscheint vorerst aufgelöst. Diese für manche ORFler nahezu „befreiende“ Entwicklung lässt Selbstzensur, die sogenannte die Schere im Kopf, nun wieder weniger in Erscheinung treten.

So manche ORF-ProgrammmitarbeiterInnen, vor allem in den Informationsabteilungen, hatten sich von seiten der Regierungspartei FPÖ bedroht gefühlt. Unverblümt war „unbotmäßig“ berichtenden Redakteuren der Hinauswurf nahegelegt worden. Der zurückgetretene FPÖ-Chef Strache hatte gar den gesamten ORF als „Ort der Lüge“ diffamiert.

Ganz zu schweigen von den ständigen Attacken von Regierungsvertretern gegen den seriös kritischen ORF-Journalisten Armin Wolf. Diesem hatte Ex-FPÖ-Chef und ORF-Stiftungsratsvorsitzender Steger eine Auszeit nahegelegt. Diese muss er nun selbst antreten. Auch das ein Akt der Erleichterung in ORF-Redaktionen, wie mir in Gesprächen mit Ex-ORF-KollegInnen bestätigt wird..

Hoffnung für den demokratiepolitisch so wichtigen öffentlich-rechtlichen ORF besteht nun auch darin, dass er nicht mehr um seine finanzielle Absicherung bangen muss, die ihm die FPÖ verwehren wollte. Das wäre das Ende des ORF gewesen, geben nicht nur Insider zu bedenken.

Jedenfalls sind im ORF-Zentrum und im ORF-Funkhaus Aufatmen und Erleichterung angesichts des nachlassenden Drucks deutlich spürbar. Das hat sich auch auf die hervorragende Berichterstattung des ORF rund um die EU-Wahl und den FPÖ-Skandal entsprechend positiv ausgewirkt.

Die hierzulande bedroht gewesene Presse- und Meinungsfreiheit a la Ungarn erscheint nun gerettet. Wie lange, bleibt offen. Es empfiehlt sich, weiter auf der Hut zu sein.

Pressefreiheit nicht gefährdet ?

Hans Högl

Ich höre jeden Tag die weithin beachteten ORF- Ö-1 Journale. Was mir auffällt: Will ich erfahren, was die jetzige Regierung falsch macht oder besser machen könnte oder nicht macht, dann brauche ich nur die Ö-1 Journale zu hören. Hier kommen vor allem Kritiker der Regierung -auch kritische Experten zu Wort. Aber nicht nur Kritiker! So heute am 2. Mai ab 7 Uhr. ORF-Journalisten fragen zurecht kritisch, warum die Regierung nicht die kalte Steuer-Progression abschafft und belegen dies legitim mit Ankündigungen vor der Wahl. Selten und bestenfalls nebenbei werden Positiva der Regierung erklärt – z.B. bei der Steuerreform. Von einer Abschaffung von Pressefreiheit kann nicht die Rede sein. Dies ist eine maßlose Übertreibung, denn diese ist in der Verfassung grundgelegt. Ebenso maßlos und unsinnig war der Vorwurf, die Regierung führe eine 60-Stunden-Arbeitswoche ein. Es ging hier darum, dass fallweise und punktuell länger gearbeitet würde. Das war schon zuvor mit der SPÖ grundsätzlich vereinbart worden.

In Differenz zu den Berichten des ORF über die Steuerreform las ich es am 30.4. in der Tageszeitung „Kurier“ viel detaillierter, wie die Steuerreform ausfallen wird und zwar durchaus positiv für die mittleren Einkommen, ja sogar für die niedrigen Einkommen, hingegen bleibt der Steuersatz für die höchsten Einkommen gleich. Tatsache ist, dass gleichzeitig die Unternehmen Vorteile haben werden. Dass der „Kurier“ eher auf Regierungslinie ist, kann und muss erwartet werden, aber immerhin: dies war eine ausgewogene Darstellung.

Meine Folgerung: Obgleich die Regierung bereits einige personelle Änderungen im ORF in ihrem Sinne vorgenommen hat, – welche Regierung hat das denn nicht auch früher gemacht!! -, ist der Haupttenor im ORF gleichgeblieben – relativ kritisch versus der jetzigen Regierung. Das beobachtete auch eine Kommentatorin im dezidiert linken Wochenblatt „Der Falter“. Also: Das FPÖ- Geschrei um eine einzelne Person, den verdienten Journalisten Armin Wolf, verstellt den Blick auf die reale Gesamt-Situation im ORF und auf Österreichs gesamte Medienwelt, die unverändert im Sinne der Pressefreiheit handelt. Und es spricht auch für die Qualität der Redakteure im ORF, dass sie ihre regierungskritischen Positionen beibehalten und dies können und dürfen.

Und um zu wissen, welches Thema als nächstes in der prominenten TV-Sendung „Im Zentrum“ am Sonntag Abend ( ORF 2) gewählt wird, so konsultiere man den linken „Falter“ eine Woche zuvor. Er scheint d e r Leitstern für viele ORF-Redakteure zu sein. Ist denn dies alles rechtslastig? Und es erübrigt sich, ORF-Generaldirektor Wrabetz allzu sehr zu loben, er ist im Übrigen recht gefällig und anpassungsfreudig gegenüber der Regierung.

Es ist völlig überzeichnet, davon zu reden, dass die Pressefreiheit als solche in Österreich gefährdet ist. Wer will und k a n n sie als solche abschaffen? Es ist ein völliger Unsinn, wenn dies einzelne deutsche Blätter schreibend vermuten. Die Pressefreiheit ist ein Strukturmerkmal einer liberalen Demokratie. Tatsache ist, dass der ORF von der von ihm sehr und immer wieder kritisierten FPÖ in die Mangel genommen wird, aber das ist alles andere als eine Abschaffung der Pressefreiheit, selbst dann nicht, sollte nach einigen Jahren eine andere Finanzierung für den ORF gesucht werden. Diese existiert ja auch in einer Reihe anderer demokratischer Länder. Sicherlich- damit würde der ORF stärker von der jeweiligen Regierung abhängig, was nicht wünschenswert ist.

Angriff ist die beste Verteidigung: Damit lenken regierungskritische Kreise von eigenen Problemen und Zerwürfnissen ab, dass eben die SPÖ keine einheitliche Lösung in der Migrantenfrage gefunden hat und sehr widersprüchlich handelt und damit die Wahlen verloren hat. Der ORF hat monatelang in der Migrationskrise – ähnliche Positionen wie die Grünen -völlig offene Grenzen gefordert. Das ist doch alles andere als Knebelung der Meinungsfreiheit. Man darf dem neuen SPÖ-Bürgermeister Wiens gratulieren, dass er zu einer ausgewogenen Haltung in der Migrationsfrage gefunden hat und wohl zur politischen Stabilität in Wien beiträgt. Es ist doch alles andere als selbstverständlich, dass in einer Großstadt wie Wien im Schnitt 45 % der Kinder im Pflichtschulalter Migrationshintergrund haben und Wien ein Einfallstor für die Armut aus östlichen Ländern ist. Ein Horror in linken Kreisen besteht darin, dass der überaus junge Politiker Sebastian Kurz (ÖVP) sehr geschickt und konsequent handelt, sodass sogar der Chefredakteur des linken „Falters“ die Ansicht vertrat, Kurz werde einige Legislaturperioden Kanzler bleiben.

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Weiterer Anschlag auf Pressefreiheit

Der mehrfach preisgekrönte ZiB-2-Anchorman Armin Wolf steht erneut im Visier der FPÖ. Und damit wieder einmal auch kritischer Journalismus.

Udo Bachmair

Mit neuerlichen Angriffen auf den renommierten ZiB 2-Anchorman Armin Wolf will der kleinere Regierungspartner FPÖ vermutlich den ORF insgesamt treffen. Denn „wie ein Löwe“ kämpft FPÖ-Chef Strache gegen die Rundfunkgebühren und für eine (geringere) Finanzierung aus dem Bundesbudget. Der ORF wäre damit wie nie zuvor von den Mächtigen an die politischen Kandare genommen. Ein weiterer Anschlag auf die Pressefreiheit in diesem Land.

Gegen die Attacken zur Wehr setzen muss sich immer wieder ein ORF-Moderator, der wie kaum ein anderer für kritischen und investigativen Journalismus steht. Einer, der sich journalistische Neugier und Engagement erhalten hat und sich ernsthaft und penibel auf jedes Interview vorbereitet. Das kann auch ich als langjähriger ORF-Kollege von Armin Wolf bestätigen.

Die Serie der schon gewohnten Übergriffe und Drohungen auf unabhängige ORF-Journalisten hat erst jüngst EU-Kandidat Vilimsky „bereichert“. Der FPÖ-Generalsekretär drohte Wolf mit „Folgen“ für dessen kritische Fragen. Und zu allem Überfluss legte FPÖ-Mann und ORF-Stiftungsratsvorsitzender Steger dem „unbotmäßigen“ Wolf gar eine „Auszeit“ nahe.

Auch im deutschsprachigen Ausland sorgen die FPÖ-Attacken für Schlagzeilen und überwiegend kritische Kommentare. Mit Ausnahme der unter dem Chefredakteur Gujer weiter nach rechts gerückten Neuen Zürcher Zeitung. Die NZZ zeigt „Verständnis für den Ärger“ Vilimskys.

Ganz anders die liberale Süddeutsche Zeitung. Ihr besorgter Befund: „Um die Pressefreiheit muss zu Recht gebangt werden.“

So schreibt Leila Al-Serori in ihrem Kommentar u.a.:

„Journalisten sind es in Österreich gewohnt, dass Politiker anrufen und protestieren wegen unliebsamer Berichterstattung. Waren diese Proteste aber bisher überschaubar und weitgehend vernachlässigbar, haben sie seit Antritt der ÖVP/FPÖ-Regierung ein alarmierendes Ausmaß angenommen. Und es wird nicht mehr nur angerufen – es wird offen mit Konsequenzen gedroht.
Neuester Fall in der Reihe von Angriffen auf die freie Presse: der Schlagabtausch zwischen dem ORF-Moderator Armin Wolf und den Freiheitlichen nach einem kritischen Studiogespräch mit einem FPÖ-Kandidaten in der Nachrichtensendung „ZiB2“. Mehrere Politiker der Regierungspartei haben inzwischen den Rauswurf Wolfs gefordert. Dass so etwas überhaupt möglich ist, zeigt, wie weit sich der Diskurs in Österreich nach rechts verschoben hat.“

Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ hat Österreich bekanntlich bei der Pressefreiheit von Platz elf auf Platz 16 herunter gestuft. Eine massive Verschlechterung für ein EU-Land. Und es stellt sich die Frage: Auf welchem Platz wird Österreich nächstes Mal landen? Wenn die FPÖ weiterhin unbehelligt schalten und walten kann, dürfte es nicht einmal mehr für die Top 20 reichen..

Der Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Thema einer Podiumsdiskussion am 27.4. ab 17 Uhr und am 1.5. ab 21 Uhr in Radio Klassik Stephansdom ( www.radioklassik.at )

Udo Bachmair

Neue Angriffe von Vertretern der Regierungspartei FPÖ auf unabhängige ORF-Journalisten, wie jüngst wieder auf Armin Wolf, sorgen wieder für Schlagzeilen. Diese auch demokratiepolitisch bedenkliche Entwicklung focusiert erneut auch auf die Wichtigkeit der Existenz eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Bekanntlich bedroht die Koalition den ORF nicht nur mit unermüdlichen Angriffen auf kritischen Journalismus, sondern auch mit dem Entzug nötiger finanzieller Unterstützung. Die Abschaffung der Rundfunkgebühren ist zwar offiziell auf die lange Bank geschoben, doch die Drohkulisse bleibt aufrecht.

Der mit Unterstützung des „Regierungsorgans“ Kronen Zeitung beharrlich geführte Kampf gegen den ORF ist u.a. Gegenstand einer von Golli Marboe geleiteten Diskussion heute in der Sendung „Content“ von Radio Klassik Stephansdom in Kooperation mit Inspiris Film und VsUM ( Verein zur Förderung eines selbstbestimmten Umgangs mit Medien ).

Es diskutieren Walter Famler, Generalsekretär des Kulturvereins Wien „Alte Schmiede“ und ORF-Publikumsrat für die Liste „Jetzt“ sowie Udo Bachmair, Ex-ORF-Redakteur und Präsident der Vereinigung für Medienkultur.

Einige der aufgeworfenen Fragestellungen :

Wie kann der ORF in einem Land der Boulevard und Gratiszeitungen das Publikum auch weiterhin mit seriösen und authentischen Informationen versorgen?

Was muss der Gesetzgeber beachten, um einer „Orbanisierung“ entgegen zu wirken, damit hierzulande keine Medienmonopolisierung entsteht, wie das in Ungarn der Fall ist ?

Die Radiofassung der Diskussion gestaltet Stefan Hauser.

www.radioklassik.at/content-das-medienmagazin-der-oeffentlich-rechtliche-rundfunk-in-oesterreich/