Archiv für den Monat: Oktober 2022

Anregung zur Neu-Gründung der Wiener Zeitung

Wie finanziell absichern

Hans Högl – Vizepräsident der Vereinigung für Medienkultur. Analyse

Erstaunlich viele Menschen ergreifen das Wort zugunsten der „Wiener Zeitung“ (WZ)-
so ein sehr prominentes, überparteiliches Personenkomitee.

Wie kann die finanzielle Basis der WZ gesichert werden und deren möglichst große Unabhängigkeit. Schrauben wir die hundertprozentige Idealforderung auf ein menschliches Maß. Vor einiger Zeit lobte Armin Wolf die internationalen Berichte der „Neuen Zürcher“ (NZZ) – ebenso wie eine ausführliche ORF-Ö1- Diagonalsendung. Wenig bekannt ist Folgendes:

Der Verwaltungsrat der NZZ erlaubt eine finanzielle Beteiligung eines einzelnen Akteurs bis zu 1 einzigen Prozent und nicht darüber (vgl. NZZ, 3. Okt. 2022, S. 19 – Beitrag: „Die wahren Werte des Unternehmertums“). Die NZZ hat in der Tat eine Sympathie-Nähe zu neoliberalen Denkern der Hayek-Schule. aber schätzt uralte Pressefreiheit.

Wir ahnen, dass große Schweizer Firmen mit weltweiter Tätigkeit solide Informationen für ihr Handeln brauchen, und andererseits meiden sie, ins journalistische Kreuzfeuer zu geraten. Doch das darf ein seriöses altliberales Blatt nicht vermeiden.

Hubert Rogelböck meint in seinem Leserbrief an die WZ am 8.10: „Wahrscheinlich hat niemand daran gedacht, für die Übernahme der WZ mit Banken, Firmen, Millionären Kontakt aufzunehmen. Ein unabhängiges Banken- bzw. Firmenkonsortium (ohne jede Parteipolitik) könnte dafür geworben werden. Noch könnte man diesen Weg versuchen“.

Eine neue Wiener Zeitung braucht als ideelles Fundament die in Österreich Land gelebte und geschätzte soziale Marktwirtschaft mit breiter Sozialgesetzgebung und mit proeuropäischer Ausrichtung. Warum Ideologen das österreichische, ausgeklügelte Sozialsystem
„neoliberal“ nennen, ist nicht rätselhaft, es ist Propaganda Nie-Zufriedener. Qualitativ hochwertige innerösterreichische Politik-Information kann Ziel einer neuen Wiener Zeitung sein.

Finger weg von der Wiener Zeitung

Trotz mehrerer Proteste hält die Bundesregierung an der Zerschlagung der Wiener Zeitung fest. Eine letzte Hoffnung auf Umdenken richtet sich an die Adresse des grünen Koalitionspartners.

Udo Bachmair

„Was mit der Wiener Zeitung geplant ist, wird mit Journalismus nichts mehr zu tun haben“, bedauerte resignierend der Chefredakteur des renommierten Blatts, Walter Hämmerle, im jüngsten ORF-Report. Bekanntlich versetzt die türkis/grüne Bundesregierung der Wiener Zeitung als täglich erscheinendes Printmedium den Todesstoß. Sie ist nicht willens, jene finanziellen Einbußen auszugleichen, die das Ende des gedruckten Amtsblatts als Beilage der Wiener Zeitung verursachen wird. Die Zeitung soll ab 2023 nur mehr 10 Mal im Jahr erscheinen und sich ausschließlich auf Journalistenausbildung konzentrieren.

Besonders enttäuschend erweist sich der grüne Koalitionspartner, der in Sonntagsreden und Pressekonferenzen immer wieder die Wichtigkeit von Qualitätsjournalismus und Medienvielfalt beschwört. Im Widerspruch dazu zeigt sich die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger. Sie erteilte auch in der erwähnten ORF-Sendung der Rettung der Wiener Zeitung als Tageszeitung eine klare Absage. Entsprechend einem Deal mit der ÖVP, deren Medienministerin Raab zu wichtigen medienpolitischen Fragen entweder schweigt oder von Medienkritikern als nicht überragend kompetent wahrgenommen wird.

Die Grünen machen also mit bei einer weiteren Reduktion der Medienvielfalt hierzulande, eine demokratiepolitisch bedenkliche Entwicklung. Hinter vorgehaltener Hand beklagen auch grüne Funktionäre ihren Unmut. Wenig überraschend wollte der große Regierungspartner ÖVP, vor allem in Person des früheren Message Control-Kanzlers Sebastian Kurz, schon vor Jahren der Wiener Zeitung den Garaus machen. Dass die Grünen jedoch zu Mittätern werden, ein qualitätsvolles, kritisches Blatt mundtot zu machen, verwundert hingegen sehr.

Daher der Appell an Eva Blümlinger und Grünenchef Vizekanzler Werner Kogler:

Erweisen Sie sich als mutig gegenüber dem großem Regierungspartner und helfen Sie mit, den Fortbestrand der ältesten Zeitung der Welt zu sichern. In einer Medienlandschaft, zunehmend vom Boulevard dominiert, gefüttert mit Zig-Milllionen an Geldflüssen allein für Inserate, wäre die Stützung eines Qualitätsblatts, das in vorbildlicher Weise innerredaktionellen Pluralismus zulässt, wohl mehr als ein Gebot der Stunde. Sie würden damit so nebenbei der medienpolitischen Glaubwürdigkeit der Grünen einen Dienst erweisen.

Todesstoß für die Wiener Zeitung

Die schwarz-grüne Bundesregierung lässt die Wiener Zeitung als täglich erscheinendes Qualitätsmedium fallen. Das renommierte Blatt soll künftig nur mehr monatlich erscheinen.

Udo Bachmair

Sie gilt als älteste Zeitung der Welt. Dem seit 1703 (!) erscheinenden Blatt, das im Eigentum der Republik steht, wird seitens der Bundesregierung nun der Garaus gemacht. Keine Hoffnung mehr besteht auf weitere finanzielle Unterstützung. Mit Jahreswechsel soll das schon jetzt legendäre Medium, abgespeckt um das einnahmenträchtige Amtsblatt, nur mehr Monatszeitung sein.

Schon zu Zeiten der schwarz-blauen Koalition unter Kanzler Sebastian Kurz war die „Wiener Zeitung“ schwer unter Druck geraten. Der Ex-Regierungschef wollte aus der Wiener Zeitung überhaupt nur ein Verlautbarungsorgan der Republik machen. Nun scheint wenigstens der Fortbestand als Monatsblatt wahrscheinlich. Ein allerdings nur schwacher Trost.

Die engagierte Redaktion reagierte entsetzt auf die geplante Einstellung der Zeitung als tägliche Printausgabe: „Wenn man nun willkürlich die Grundlage der Zeitung wegdekretiert, ist zu befürchten, dass dieses Juwel namens Wiener Zeitung digital wie auch in jeder anderen Form dem Untergang geweiht ist“, sagt Chefredakteur Walter Hämmerle, der sich mit profunden und kritischen Analysen und Kommentaren einen guten Namen gemacht hat.

ÖVP-Medienministerin Raab lässt die Bereitschaft vermissen, einen Rettungsschirm für den Fortbestand der Wiener Zeitung aufzuspannen, der grüne Koalitionspartner lässt die medienpolitisch überforderte Ministerin gewähren. Damit nimmt die Regierung sehenden Auges eine weitere Reduktion der Medienvielfalt in Kauf. Vor dem Hintergrund einer ohnehin starken Boulevardisierung der Medienlandschaft hierzulande ist das von oben verfügte Ende einer qualitätsorientierten Tageszeitung jedenfalls demokratiepolitisch höchst bedenklich.

Der Presseclub Concordia-Kooperationspartner unserer Vereinigung für Medienkultur-sieht im Aus für die Wiener Zeitung als täglich erscheinendes Blatt eine „Verstümmelung“. Einem hochwertigen textbasiertem Nachrichtenmedium werde der Todesstoß versetzt- und das ohne Not“.

Die Vereinigung der Europajournalistinnen und -journalisten befürchtet, dass eine Umstellung auf eine monatliche Erscheinungsweise ein erster Schritt in Richtung völliger Einstellung der Wiener Zeitung sein könnte.

Und die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) zur Entscheidung der Regierung: „In der Wiener Zeitung gibt es wertvollen Raum für verschiedene Meinungen und differenzierte Berichterstattung, auch zu Wissenschaft und Kultur. Ich schätze sie als wichtige Stimme“.

Der Verlust dieser Stimme droht Österreichs Medienlandschaft noch ärmer zu machen.

Wenn Sie eine Petition für den Weiterbestand der Wiener Zeitung unterzeichnen möchten, ist dies unter folgendem Link möglich :

https://mein.aufstehn.at/petitions/fur-den-erhalt-der-wiener-zeitung?share=1f4ed472-529b-4a87-818c-4d3ba4fab876&source=&utm_medium=&utm_source

Digitale Integrität

Wer hat Zugriff auf Daten im Sozialsystem?

Hans Högl- Analyse

Schon mehrfach habe ich Bücher zur Digitalisierung besprochen. Doch die folgenden Fragen sind neu zu durchdenken und fragen nach einer Lösung. Wer darf meine Daten einsehen? Dürfen sie verkauft werden? (Man denke an Werbebriefe). Was passiert mit Daten, Aufzeichnungen nach dem Tode? In dieser Grundrechtsdiskussion hat sich nun als Alternativbegriff die digitale Unversehrtheit (Integrität) etabliert.

Daraus folgen konkrete Fragen für das Sozialsystem, für deren Ebenen: für die Gesamtgesellschaft (Staat, UNO), innerstaatliche Institutionen (Ministerien, Landesregierungen, Polizei), nichtstaatliche Organisationen (Banken, Medien), für Gruppen (Parteien, NGOs, Vereine, Familien) und auch für Einzelpersonen (Wissenschafter, Schriftsteller, Privatpersonen und solche öffentlichen Lebens). Diese spezielle Thematik ist wohl Teil der Regelungen eines zu differenzierenden Datenschutzes. Der Journalismus hat das Recht, Infoquellen nicht bekanntgeben zu müssen.

Die Handhabung dieser bisher nur marginal berührten Fragen kann handfeste Konsequenzen haben. In der Schweiz will Kanton Genf das Recht auf digitale Unversehrtheit in der Verfassung verankern.

Deutsche Leitmedien im Visier

Medienkritiker, unter ihnen auch der deutsche Philosoph Richard David Precht, orten angesichts „einseitiger außenpolitischer Berichterstattung und Übernahme ukrainischer Kriegspropaganda“ abnehmende Glaubwürdigkeit westlicher „Mainstream-Medien“.

Udo Bachmair

Veröffentlichte Meinung entspricht nicht zwangsläufig der Meinung der Mehrheit der Bevölkerung. Deutlich wird diese Erkenntnis etwa an der Beantwortung der Frage „Sind Sie für weitere NATO-Waffenlieferungen an die Ukraine ?“ Einer jüngsten OGM-Umfrage zufolge antworten mehr als 50 Prozent der Befragten auf diese Frage mit „Nein“. Diametral entgegengesetzt hingegen die meisten westlichen Kommentare aus Medien und Politik. Sie huldigen vielfach reinster Kriegs- und Militärlogik.

Vor allem die deutschen Grünen, früher noch wesentlicher Teil der Friedensbewegung, gefallen sich in ungewöhnlich scharfer Kriegsrhetorik. Allen voran Außenministerin Annalena Bärbock, die ganz und gar auf eine Kriegsentscheidung auf dem Schlachtfeld setzt. Für diplomatische Friedensbemühungen zur Beendigung der russischen Aggression fehlt dabei jegliche Phantasie und Absicht. Bärbock befindet sich damit in „guter“ Gesellschaft mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ebenfalls jegliche Verhandlungsbereitschaft vermissen lässt.

Fehlentwicklungen westlicher Medien und Politik in der Haltung zum Ukraine-Krieg prangert neben anderen auch niemand Geringerer als der bekannteste deutsche Philosoph der Gegenwart, Richard David Precht, an. Precht, der keineswegs im Verdacht steht, im äußersten rechten oder linken politischen Eck angesiedelt zu sein, macht sich berechtigte Sorgen um die Auswirkung aktueller Berichterstattung von (deutschen) Leitmedien auf die Demokratie. Sorgen, die er in seinem neuen Buch mit dem Titel „Die vierte Gewalt“* eindrucksvoll niedergeschrieben hat.

„Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist, zum Beispiel in Bezug auf die Lieferung schwerer Waffen“ so lautet einer der wesentlichen Vorwürfe Prechts in dessen neuem Buch.

Precht selbst dazu in einer turbulenten Lanz-Talkshow kürzlich im ZDF : „Sowohl Journalisten als auch Politiker haben sich innerhalb sehr kurzer Zeit in der unübersichtlichen Situation des Kriegsausbruchs auf ein Narrativ geeinigt.“ Und Precht weiter: „Glauben Sie ernsthaft, dass ausgeglichen in den deutschen Leitmedien die Position der Zweifler an den Waffenlieferungen genauso breit zu Wort gekommen ist ?“ Eine befriedigende Antwort darauf ist ausgeblieben.

Der in der erwähnten ZDF-Sendung schwer unter Beschuss geratene Autor hat unterdessen gegenüber der ZEIT dafür plädiert, dass einzelne NATO-Staaten die Nicht-Aufnahme der Ukraine garantieren sollten. Das wäre eine der Maßnahmen zur Deeskalation.

Eine seriöse Reaktion auch auf diese Frage gibt es bis dato nicht. Precht muss sich hingegen mit dem üblichen Vorwurf von Militärlogikern abspeisen lassen, er sei ein „Putinversteher“ sowie ein Naivling, der einen „Diktatfrieden“ wolle. Apropos: Der Begriff Frieden wird damit in der medialen Öffentlichkeit zunehmend negativ aufgeladen. Ein offenbar bewusst gesetztes Wording, das Politik und Medien gemeinsam eifrig weiterverbreiten.

* Buch-Neuerscheinung „Die vierte Gewalt“ von Richard David Precht und Harald Welzer, Fischer-Verlag

„Oligarch – ein ungesunder Job“

Fehlt den Oligarchen eine Ablebensversicherung?

Hans Högl

Seit dem Überfall auf die Ukraine häufen sich Todes -„Fälle“ unter russischen Magnaten der Energiewirtschaft.

Der vorläufig letzte war Rawil Maganow vom Ölgiganten Lukoil. Er ist aus großer Höhe aus dem Fenster gefallen. Vorher hatte er sich gegen den Ukraine-Krieg ausgesprochen. Im Frühjahr 2022 kam es zu erweiterten Selbstmorden oder wie auch immer: Einer wurde samt Frau und Tochter tot in einer Villa entdeckt, ein anderer gleichzeitig mit Frau und Tochter in Moskau erschossen. Ein dritter wurde in Nischni Nowgorod mit seiner Frau und zwei Kinder erstochen aufgefunden.

Glück hatte der Mega-Oligarch Roman Abramowitsch, der vor einigen Monaten versuchte eine Friedenslösung im Ukraine-Krieg zusammenzubringen. Er und zwei Unterhändler litten nach dem Treffen in Kiew an Vergiftungserscheinungen. Schon vor zehn Jahren starb Boris Beresowski einer der ersten Oligarchen, der vor Putin nach Großbritannien geflüchtet war.

Nach verschiedenen Rechnungen hat es bereits elf russische Milliardäre erwischt, heißt es in einem Rau-Kommentar des linksliberalen Wiener „Standard“, der mir nicht aus dem Kopf ging, obwohl er bereits am 3.9.2022 erschien.

Westen ohne Verhandlungswillen ?

Ein bemerkenswertes Interview mit Robert Brieger, dem „aus Österreich stammenden höchsten EU-Militär“, unter dem Titel „Putin zeigt Schwäche“ kürzlich in den Oberösterreichischen Nachrichten sagt auch einiges aus über den außenpolitischen und militärischen Kurs des Westens.

Von Wolfgang Koppler *

Zunächst stuft Brieger die Teilmobilmachung Russlands als Zeichen der Schwäche ein. Dies ist durchaus nachvollziehbar, zumal Putin mit diesem Schritt zeigt, dass die aktive Armee nicht mehr ausreicht, um den Krieg weiterzuführen. Schlecht ausgebildete Reservisten – die zudem erst nach Monaten eingesetzt werden können – sind wohl auch nicht imstande, professionelle Soldaten zu ersetzen. Und last but not least, wird der Krieg in Russland zunehmend unpopulärer und damit auch Putin.

Interessant ist aber, welche Schlüsse Brieger (der natürlich die Politik von NATO und EU 1:1 wiedergibt) daraus für den Westen zieht.

Der jetzige Schritt Putins sei „ein Schritt zur weiteren Eskalation und wird den Krieg verlängern“.
Logisch. Aber eskaliert nicht auch der Westen, indem er Verhandlungen von Vornherein als unrealistisch abtut ?

Aber zurück zu Brieger:

Die Bemühungen des Westens, „die Verteidigung der Ukraine zu unterstützen…müssen eher noch intensiviert werden.“ Ein Nachgeben würde nämlich „das russische Regime ermuntern, weitere
Gebietsarrondierungen anzustreben.

Wie bitte ? Eine Armee, der es bis jetzt nicht gelungen ist, den Donbass zu erobern, der die Waffen und Soldaten ausgehen, soll auch noch das Baltikum und vielleicht noch Finnland überfallen können ?

Die Interviewerin stellt solche Fragen natürlich nicht, das wäre ja Majestäts- pardon EU- und NATO-Beleidigung (wobei sich die Frage stellt, wie unsere Gesellschaft und Politik ohne Diskurs und Diskussion mögliche Fehler von Politikern korrigieren will).

Sie wirft Brieger statt dessen Hölzchen, etwa mit der Frage, ob die Ukraine den Krieg noch gewinnen könne, was natürlich bejaht wird. Brieger beeilt sich dabei hinzuzufügen, dass es dabei „nicht um eine bedingungslose Kapitulation Russlands“, sondern „um eine Wiederherstellung der bedingungslosen Souveränität der Ukraine“. Diese könne bei entsprechender Unterstützung militärisch so erfolgreich sein, dass „Russland zum Verhandeln gezwungen ist“. Was wird dann noch verhandelt werden ? Angesichts der Aussagen Selenskyjs, aber auch der Stimmung in der Ukraine und im Westen wird wohl niemand glauben, dass dann über eine Neutralität der Ukraine verhandelt wird oder auch nur das Minsker Abkommen oder irgendwelche Minderheitenrechte noch irgendeine Zukunft haben.

Von der Zukunft Russlands ist im Interview erst gar nicht die Rede. Dass dort nach einer Niederlage plötzlich die Demokratie ausbrechen würde, scheint man nicht einmal mehr in Brüssel zu glauben.

Demgemäß ist am Schluss des Interviews auch nur mehr von der Verteidigungsfähigkeit Europas und verstärkten Rüstungsanstrengungen die Rede. Die Frage ist nur: Wer soll uns nach der von Brieger prognostizierten Niederlage Russlands (im Kampf um ein Gebiet anderthalb mal so groß wie Österreich) noch angreifen ?. Die Chinesen ? Mit einer Mittelmeerflotte ?

Pikantes Detail am Rande: Brieger will den Einsatz taktischer Atomwaffen durch Russland nicht ganz ausschließen und spricht auch von einer Ausbildungsmission für die Ukraine u.a. in ABC-Waffen, wenn er auch deren Einsatz für nicht sehr wahrscheinlich hält. Wahnsinn scheint wirklich ansteckend. Und die Propaganda bei uns scheint inzwischen ähnlich dümmlich wie die Putins. Nur dass in Russland wenigstens 40 Bürgermeister ihren Unmut zeigen. Und einige mutige Demonstranten.

* Gastautor Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist und lebt in Wien.