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Medien-Politik im Abseits?

Die Zukunft von Medien angesichts wachsender Probleme und fehlerhafter Entwicklungen ist eine der drängendsten Fragen, die nicht nur seitens der Politik einer Lösung harren.

Ilse Kleinschuster *

Noch immer, also genau neun Monate nach der „völlig unnötigen Einstellung der der Republik gehörenden Wiener Zeitung“ (Fritz Hausjell) – ‚meiner‘ abonnierten Tageszeitung, vermisse ich sie. Gerne denke ich an die Zeit zurück, in der ihre tägliche Lektüre mir geholfen hat, die Welt in ihrer Schönheit aber auch mit all ihren Widersprüchen besser verständlich zu machen.

Die Frage, die sich Clemens Pig stellt „Muss es denn wirklich eine Vision bleiben, dass Journalismus dazu dient Welterklärungen zu demokratisieren und nicht als Einbahnstraße zu begreifen“ bewegt auch mich (Clemens Pig, u.a. geschäftsführender Vorstand der Austria Presse Agentur (APA) und Autor von „Hat die Wa(h)re Nachricht eine Zukunft?“. Er sieht die APA als „Gedächtnis der Nation und andererseits als medialen Pulsschlag der Republik.“ Er wünscht sich jedoch mehr Selbsterkenntnis im Journalismus, um die Bedürfnisse und Erwartungshaltung der Menschen in Bezug auf die Medien zu verstehen und darauf entsprechend einzugehen. Als Politikwissenschafter und kritischer Journalist ist er Mitbegründer von Media-Watch – Institut für Medienanalysen GmbH, das von der APA 2001 erworben wurde. Dort gibt es seither ein eigenes Ressort für Fact-Checking, d.h. dort werden Versuche unternommen, so nahe als möglich an normative Konzepte wie Wahrheit und Objektivität heranzukommen.)

Nun aber, wo unsere Welt in den letzten Jahren im Zuge der Globalisierung immer komplexer wird, fühlen sich viele Menschen abgehängt. Die Komplexität zu simplifizieren wird immer schwieriger und es erfordert dafür Meister des journalistischen Handwerks. Zeitungen mit Redaktionen, die sich unabhängig nennen, setzen sich unweigerlich einem mörderischen Wettlauf zwischen Schnelligkeit und Richtigkeit aus. Am Ende sollte sich natürlich immer die Richtigkeit durchsetzen. Wenn nun aber Fakten-Check aus Zeitmangel wegfällt, kommt es unweigerlich zu Massenmedien mit „medialer Einigkeit“ – was die Demokratie gefährdet (siehe Richard David Precht und Harald Welzers Buch „Die vierte Gewalt – Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist“).

Wenn es also bei uns in Österreich nicht zu einem totalen Verfall der APA als unabhängiger Nachrichtenagentur kommen soll, dann muss sich diese neue Geschäftsfelder erschließen. Das kann das multimediale Verbreiten von Pressemeldungen sein, aber auch professionelle Medienbeobachtung und damit in Zusammenhang die Erstellung von Qualitätskriterien für neue Medienförderung. Dafür sollte es aber mehr staatliche Unterstützung geben, denn unabhängiger Agenturjournalismus ist ein wesentlicher Baustein für eine freie Medienwelt und damit für eine liberale Demokratie.

In seinem Gastkommentar „Visionen für analogen Journalismus!“ (DIE FURCHE vom 29. Februar 2024) schreibt Fritz Hausjell: „Wie weit nach unten soll die tagesaktuelle Medienvielfalt noch gehen, bis endlich spürbar von Medienwirtschaft und Medienpolitik gegengesteuert wird? Neugründungen von tagesaktuellen journalistischen Digitalmedien sind Mangelware oder aus unterschiedlichen Gründen (Partei- und andere Interessensnähe, journalistische Substandards), sehr mangelhafte Ersatzangebote für die Verluste im Printbereich.“ Nun, Fritz Hausjell ist ein angesehener Medienhistoriker und Medienwissenschaftler an der Universität Wien und ich vertraue seiner Kritik an Österreichs Printmedien: „Die Branche hat kaum in Forschung und Entwicklung investiert. Und Versuche, Journalismus in der digitalen Welt auf eine ausreichend finanzierte Basis zu stellen, blieben bescheiden.“

Offensichtlich, so schließe ich daraus, sind es schwere Versäumnisse im Bereich der Medien-Politik, die zu einem verhängnisvollen Vertrauensverlust in die gesamte Politik geführt haben.

Es seien daher Medienmanager gewarnt,
wenn sie ihre journalistische Tätigkeit nach wie vor gerne als Vierte Gewalt im Staate sehen wollen, dann sollten sie alle Möglichkeiten wahrnehmen und erweitern, um ihre Aufgabe als Watchdogs besser erfüllen zu können. Hier und jetzt – in Anbetracht der Notlage, so denke ich -, wäre es ihre noble Aufgabe im Namen des Gemeinwohls als verantwortungsvolle Whistleblower zu fungieren, d.h. als Verhinderer einer zunehmenden Infragestellung der demokratischen Bedeutung von Parlamenten.

Ich meine, erst wenn Journalisten imstande sind, unseren Volksrepräsentanten zu helfen, Alarm zu schlagen, sich mehr um die Lösung langfristiger Probleme zu bemühen, diese nicht durch kurzfristiges Denken in Wahlzyklen in den Hintergrund zu verdrängen, werden sie verdienterweise als die Vierte Gewalt im Staat und als Meister öffentlicher Machtüberwachung anerkannt werden.

Es wird jetzt von verantwortungsvollen Politikern die Zivilgesellschaft oft zur Hilfe gerufen, wenn es darum geht, vertrackte Probleme ins Visier zu nehmen, wie z.B. in Hinblick auf Künstliche Intelligenz, Steuerparadiese, Umweltverschmutzung, Seuchen, Menschen auf der Flucht, unregulierter Waffenhandel und endlose Zermürbungskriege.

Warum braucht es jetzt immer öfter für jedes Problem außerparlamentarische Initiativen und warum werden Bürgerräte angefordert – statt den Ruf nach Qualitätsjournalismus, nach konstruktivem Journalismus lauter werden zu lassen? Ich glaube, erst wenn diesem Ruf auf breiterer Basis Folge geleistet wird, müsste uns um die demokratische Bedeutung von Parlamenten nicht mehr so bange sein. Dann könnten wir vielleicht eher wieder Demokratie ‚neu‘ denken. Bestenfalls aus der Perspektive von Bürgern, die sich emanzipieren wollen, weil sie darin eine Garantie sehen – die Garantie für ihre Freiheit vor räuberischer Macht in all den abstoßenden Ausprägungen, einschließlich ‚unseres‘ rücksichtslosen Umgangs mit der ERDE, auf und von der wir leben.

* Gastautorin Ilse Kleinschuster ist Journalistin und engagierte Akteurin der Zivilgesellschaft. Sie lebt in Wien

Das Ende der Menschenrechte?

Die ORF-Sendereihe PUNKT EINS des renommierten Radiosenders Ö1 ist zum Fixpunkt interessanten und spannenden Hörerlebnisses geworden. Thema der jüngsten Sendung waren die Menschenrechte.

*Ilse Kleinschuster

Nun, der Zeitpunkt für eine Suche nach den Menschenrechten war schon besser – aber, die Hoffnung stirbt zuletzt! Nach einer „Gemeinsamen Sicherheit“ wird immerhin noch gesucht!
Ist es denn wirklich nicht möglich, aus den UNO-Berichten der 1980-er Jahre, insbesondere dem Bericht der Palme-Kommission, auch für die gegenwärtige Lage Anhaltspunkte für das angemessene Herangehen an die existentiellen Menschheitsprobleme des 21.Jhts. zu finden? Wenn nun die Politik der Weltmächte zunehmend versagt, dann muss heute doch der Druck zur Umsteuerung von unten, aus den Völkern bzw. den Zivilgesellschaften kommen.

Auch wenn der Palme-Bericht II aus dem Jahr 2022 einen konkret formulierten Appell an die Weltgemeinschaft enthält, „die internationale Ordnung in den Griff zu bekommen, um Kriege zu verhindern, die globale Erwärmung aufzuhalten, Pandemien zu bekämpfen und globale Herausforderungen zu bewältigen“, so ist das zwar löblich, aber ohne einen sanktionsfähigen Internationalen Gerichtshof offensichtlich nicht möglich.

Wie wäre es die UNO zu stärken (finanziell z.B. durch Abgaben der großen Konzerne auf die Gemeingüter an die Staaten (Staatendividende) – oder, eine UN-Sonderversammlung zu den Themen Abrüstung, Entspannung und Sicherheit damit zu beauftragen, eine jährliche Senkung der Militärausgaben verbindlich festzulegen, um die freiwerdenden Mittel für die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung des Übergangs zu klimafreundlicherem Wirtschaften und der generellen Friedenskonsolidierung zu verwenden?

Ich finde, Europa als Wiege der Aufklärung und der „UN-Menschenrechtserklärung“ käme dabei eine besondere Rolle zu, ich höre aber zumeist nur Kriegsgeschrei, umso mehr möchte ich hier und jetzt auf die Rolle einer starken Friedensallianz aufmerksam machen, der Sie auch beitreten können: www.abfang.org

*Gastautorin Ilse Kleinschuster ist aktives Mitglied der Zivilgesellschaft. Die von ihr erwähnte Ö1-Sendung zum Thema Menschenrechte können Sie unter folgendem Link nachhören:

www.oe1.orf.at/programm/20231103#739105/Das-Ende-der-Menschenrechte

Appell zum Jahreswechsel: Menschenrechte zum Blühen bringen !

Meine Barbarazweige blühen! Es sind nur zwei Zweige von vieren, aber muss man nicht bescheiden werden in Zeiten wie diesen, wo Menschenrechte nicht mehr viel gelten? Ich nehm’s als gutes Zeichen für das neue Jahr!

Ilse Kleinschuster*

Zum einen sind es die Knospen, die Barbara Blaha mit ihren – Gedanken für eine gerechtere Gesellschaft – zum Blühen bringt – https://oe1.orf.at/player/20201227/621928

„MOMENTUM zeigt, was ist und was alles möglich wäre.“ Das von Barbara Blaha gegründete Momentum-Institut ist eine progressive Denkfabrik, die den Anspruch stellt, konkrete und realistische Vorschläge für eine nachhaltigere und gerechtere Gesellschaft zu erarbeiten.

Trotz gern geäußerter gegenteiliger Behauptungen ist unsere Gesellschaft geprägt und zerfurcht von Chancenungleichheiten und Ungerechtigkeiten: Einkommensscheren, Klassenjustiz, Diskriminierungen und Standesdünkel verhindern die Gleichberechtigung und gefährden dadurch auch den sozialen Frieden …

Unabhängig von parteipolitischen Erwägungen – aus der SPÖ ist die ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft 2007 aus Protest gegen das Festhalten an Studiengebühren ausgetreten – will Barbara Blaha eine Stimme für jene „Vielen“ sein, von denen sonst höchstens abstrakt die Rede ist? Ihre Aufgabe an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik sieht sie nicht nur darin, konkrete Schwachstellen unseres gesellschaftlichen Gefüges aufzuzeigen, sondern auch Lösungen, von denen am Ende alle profitieren.

In ihren heutigen Gedanken geht es Blaha ganz konkret u.a. um Klassenkampf und Reichenhass, leichte Zugänge zum Seeufer und schwere Klettersteige am Bildungsberg – und um den offenen Umgang mit geschlossenen sozialen Grenzen.

Zum anderen ist es ein Beitrag zu politischem Engagement im Krisenjahr 2020, auch von einer Barbara, Barbara Prainsack. Sie hat heuer ein sehr lesenswertes Buch zum Thema Bedingungslosen Grundeinkommen herausgebracht, dass seither schon viele öffentliche Diskussionen bereichert hat! Tja, und was wäre bedeutender im Verfolgen von moralischen Forderungen, die sich auf wichtige und sozial beeinflussbare Freiheiten beziehen, wenn wir die MENSCHENRECHTE zum Blühen bringen wollen!?! („VOM WERT DES MENSCHEN – Warum wir ein bedingungsloses Grundeinkommen brauchen“ – erschienen im Verlag Brandstätter)

• Ilse Kleinschuster im Dezember 2020. Die Autorin dieses Beitrags ist in der Zivilgesellschaft engagiert und aktives Mitglied der Vereinigung für Medienkultur.

Von „Zivilgesellschaft“ ist oft die Rede-doch was ist sie?

Kann Zivilgesellschaft die 6. Gewalt im Staat sein, wie ein Medienanalytiker meinte?

Hans Högl

Welche Bedeutung hat „Zivilgesellschaft“? Peter Plaikner, der Direktor von IMPact – dem Institut für Medien und Politikanalyse, nannte sie kürzlich im Presseclub Concordia die 6. Gewalt, die 5. sind demnach die „Social Media“, die 4. die traditionellen Medien.Dies ist Anlass, zu fragen, was „Zivilgesellschaft“ meint.

„Zivilgesellschaft“ ist auf Englisch civil society, auf Französisch société civile. Dies kommt vom Lateinischen “ societas“ = Gemeinschaft, Teilnahme, Genossenschaft, Kameradschaft, (Handels) Gesellschaft, politisch: Bündnis. Vgl. ius civile = bürgerliches Recht, Zivil- oder Privatrecht. civis (lat) = Bürger*in, Mitbürger, Einheimischer. „Burger“ waren Mittelalter Leute, die rund um die Burg wohnten. Vgl. Namen wie: Bürger, Bürgerschaft, Bürger-Meister, Staats-Bürger. Im Französischen: „bourgeois“ .

Im Französischen bedeutet das Wort „citoyen“ den Staatsbürger. Ursprünglich war dies der Bewohner einer cité, also Stadt (!), vom lat. civitas. Später wurde daraus Besitz-Bürger.Davon leitet sich das Wort „bourgeois“ ab. Die Bourgeoisie, verstanden als herrschende Klasse rührt von der die marxistischen Theorie. Zu erwähnen ist die Bezeichnung „bürgerliche Parteien“.

Im Englischen bedeutet „civil society“ seit dem 18. Jahrhundert Staatsbürger-Gesellschaft, also dem von der staatlichen Verwaltung u n a b h ä n g i g e n Bereich, der sich z.B. in berufsständischen Vereinigungen eigene Selbstverwaltungsorgane schafft.

Der Begriff Zivilgesellschaft fand im Deutschen erst durch Schriften von A. Gramsci (1947) Eingang. Bisher unterschied man im Deutschen nicht zwischen den

1. staats-unabhängigen Bereichen der Gesellschaft und
2. der besitz – bürgerlichen Klassenherrschaft in der Bedeutung von Marx und Engels.

Im nordamerikanischen Liberalismus versteht man unter Zivilgesellschaft die von der staatlichen Administration unabhängige Gesellschaft der einzelnen Staatsbürger, aber im Kommunitarismus das soziale Netzwerk staatsunabhängiger Gemeinschaften, die durch diverse kulturelle Traditionen geprägt sind.

In Österreich und Deutschland ist die Gewaltentrennung nicht so ausgeprägt – wie in den USA und Frankreich. In den USA sind Staat und (Frei) Kirchen getrennt. Ähnliches gilt für Parteien, Verbände. Es wird weder in den USA noch in Frankreich ein Kirchenbeitrag eingehoben- wie dies in Deutschland der Fall ist.

Das Problem, staatliche Bereiche von der Zivilgesellschaft zu trennen, rührt in Österreich und Deutschland auch davon, dass der Staat in vielen Bereichen Förderungen leistet.

So widerstrebt unserem Verständnis, Verbände (wie Kammern, Kirchen, Gewerkschaften) unter dem Begriff „Zivilgesellschaft“ zu fassen – während das z.B. in den USA durchaus möglich ist. Zur Zivilgesellschaft in unserem Sinne zählen NGOs, Sport- und Musikvereine, die freiwillige Feuerwehr, zahllose Vereinigungen formaler (Vereine) oder informeller Art ( Initiativen ohne Vereinsstatut). Hilfsorganisation wie Caritas und Diakonie sind nach-sorgend, also wenn Hilfsbedürftigkeit gegeben ist, doch ist die „Initiative Zivilgesellschaft“ (IZ) insofern vor-sorgend, als hier zukunftsgestaltende Überlegungen getroffen werden (Z.B. denkt die des Grundeinkommens künftigen Beschäftigungsproblemen zu begegne ). Wir werden wohl Hilfsorganisationen (wie Caritas….) dazu zählen, obschon wir wissen, dass caritative Initiativen vom Staat gefördert werden.

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Erfolg für 3. Sektor durch „Bündnis für Gemeinnützigkeit“

Franz Neunteufl: Der Sprecher des Bündnisses für Gemeinnützigkeit teilt mit

Mehr als 100 Tage hat es gedauert, bis sich die Regierung nach dem Lock-Down Mitte März auch zu direkten Covid-19 Hilfsleistungen für Gemeinnützige durchringen konnte. Das Ergebnis kann sich – vor allem im europäischen Vergleich – durchaus sehen lassen. Eine Hürde, die genommen werden musste, war, dass so wenig über den Dritten Sektor bekannt ist. Mit der Einrichtung eines NPO Satellitenkontos in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wird sich das hoffentlich bald ändern.

Nun gibt es Richtlinien für den NPO Unterstützungsfonds. Vizekanzler Kogler und Landwirtschaftsministerin Köstinger haben die Details des NPO Unterstützungsfonds präsentiert. Dies betrifft Gemeinnützige Organisationen, freiwillige Feuerwehren und gesetzlich anerkannte Kirchen oder Religionsgemeinschaften. Sie können wegen der Coronakrise um Schadenersatz ansuchen. Die Verordnung trat am 6. Juli in Kraft.

Bundesministerium für Kunst, Kultur,öffentlichen Dienst und Sport Kabinett des Vizekanzlers

Dietmar Seiler: Referent für Kunst, Kultur und strategische Projekte

+43 650 42 24 202. dietmar.seiler@bmkoes.gv.at. www.bmkoes.gv.at

NB. Zähe Bemühungen und Vorsprachen führten zum Erfolg. Das kann ich, Hans Högl, als Vertreter der „Initiative Zivilgesellschaft“ im Bündnis für Gemeinnützigkeit bestätigen.

Für eine aktive und initiative Zivilgesellschaft

Ilse Kleinschuster, langjähriges aktives Mitglied der Vereinigung für Medienkultur, macht sich profunde Gedanken über Ziele und Chancen einer initiativen Zivilgesellschaft.
Hier ihr Gastbeitrag :

Ilse Kleinschuster, im Jänner 2020

Mit dem Anbruch des zweiten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts würden Fragen virulent, wie sie sich bisher in der Geschichte der Menschheit nicht gestellt haben. „Das 20. Jahrhundert war geteilt in eine Zeit der Dunkelheit und in eine Ära der Hoffnung“, so beginnt Eric Frey seinen Essay „Kommen wir noch einmal davon?“ (im ALBUM vom DerStandard vom 28.Dezember 2019) und er meint dann, die ersten zwei Jahrzehnte dieses Jahrhunderts böten Pessimisten und Optimisten gleichermaßen Stoff – mit Folgen für die Klimapolitik. Gegen Ende seines politik-/ökonomiegeschichtlichen Exkurses wird er sehr nachdenklich: „Die Weltuntergangsuhr, die Mitte der 1990er Jahre bei drei viertel zwölf stand, stehe jetzt seit dem vergangenen Jahr wieder auf zwei vor zwölf. Die Prognosen der Klimaforscher lesen sich immer öfter wie apokalyptische Visionen, die selbst ehrgeizige Klimapläne als sinnlos erscheinen lassen.“ Und er meint, unter Hinweis auf die enttäuschende Weltklimakonferenz in Madrid 2019, es stünden die politischen Realitäten sinnvollen Klima- und Umweltplänen im Wege.

Nicht gerade optimistische Stimmung lässt Frey aufkommen, wenn er zwei Autoren zitiert: den US-Autor Jonathan Franzen, der den Kampf gegen den Klimawandel für verloren erklärt und der die Menschheit aufruft, alles zu tun, damit die Menschheit die Folgen überlebt, sowie den Dänen Björn Lomborg, der erklärt, dass eine wirkungsvolle Eindämmung der Treibhausgasemissionen viel zu teuer sei und man – neben der Lösung anderer sozialer und gesundheitlicher Probleme – stattdessen in die Anpassung investieren müsste.

Und zur Krönung seines zum Pessimismus aufmunternden Essays erzählt Fry von dem von ihm für paradox gehaltenen, Phänomen: „Die radikalsten Klimaaktivisten mit ihren düsteren Warnungen sind heute die größten Optimisten. Sie sind überzeugt, dass die Katastrophe doch noch abgewendet werden kann.“ Im Unterschied zu den „Bremsern“, die in den Hauptstädten der Welt mit ihrem Pragmatismus den Ton angeben, wollten diese sich jedoch nicht darauf verlassen, dass wir schon irgendwie davonkommen würden. Denn, – so Eric Frey abschließend – der Lauf der Geschichte ließe sich zwar nicht steuern, aber er ließe sich beeinflussen.

Lässt sich der Lauf der Geschichte beeinflussen? – und von wem?

Dieser Essay stimmt nachdenklich. Ich frage mich, was kann ich jetzt tun als einfache Bürgerin, die seit vielen Jahren zivilgesellschaftlich aktiv ist – in einer Allianz von Utopisten und Weltverbesserern, der „Initiative Zivilgesellschaft“ -, wo das wiederholte Scheitern des Finanzsystems mit immer dramatischeren Folgen – nicht nur für die Menschen, sondern zunehmend auch für die Lebensgrundlagen unseres Planeten – schon seit vielen Jahren als ein Indiz dafür erkannt worden ist, dass grundlegende Mängel im Systemverhalten existieren müssen, die zu diesem immer dramatischeren periodischen Zusammenbrüchen führen.

Erstaunlich wie lange es gebraucht hat bis sich die Kurzschlüssigkeit aus den vielen wissenschaftlichen Berichten dazu (Club of Rome u) herumgesprochen hat: Symptome wurden zwar erkannt und ihre scheinbaren Ursachen beschrieben, aber die daraus abzuleitenden Therapien wurden kaum (nicht) ergriffen. Kleine Erfolge im Rahmen von großen, internationalen Klimakonferenzen wurden zwar erzielt. Jedoch, erst die seit einigen Monaten aktuellen globalen Protestbewegungen, wo Jugendliche bei den „Fridays for Future“-Demonstrationen Maßnahmen zum Klimaschutz fordern, sind erfolgreich – werden immer stärker in der breiten Öffentlichkeit gehört. Kann das jetzt jene Politisierung bedeuten, von der Herr Frey meint, sie könnte den Lauf der Geschichte beeinflussen?!? Wenn nun immer mehr junge Demonstranten bemerken, dass sie gehört werden, ja dass ihnen teilweise recht gegeben wird, dann könnte dies so manche von ihnen anspornen, weiterzumachen – sei es nun indem sie sich in Parteipolitik engagieren oder auch in Nichtregierungsorganisationen oder in den „Medien“ – wo auch immer, sie werden allemal zur aktiven Bürgerschaft – gesamtheitlich zu einer initiativen Zivilgesellschaft, die den „Lauf der Geschichte beeinflussen kann“.

Für mich wird dieses Jahr 2020 jedenfalls nicht durch dunkle Orakel-Wahrsagungen getrübt, sondern erhellt von der bunten Vielfalt jener Menschen, die für Werte eintreten: menschliche Würde, Freiheit, Gleichheit, Rechtsstaat, soziale Gerechtigkeit, kulturelle und ökologische Vielfalt und Anti-Diskriminierung. Ich sehe am Horizont eine sich von-unten-aufbauende Demokratie, die sich populistischen Trends gegenüber zu wehren versteht. Natürlich braucht es dazu die Stärkung der rechtsstaatlichen Institutionen, und das nicht nur innerhalb unseres Landes. Um diese Institutionen zu erhalten und zu stärken sollte es in den nächsten Jahren der aktiven und initiativen Zivilgesellschaft gehen.

Klimaprotest sollte über 2020 hinaus nicht mehr so sehr Protest gegen diese Politik sein, sondern sollte Fürsprache für die Wiedervereinigung von Ökologie und Ökonomie bedeuten!

Gastkommentar von Ilse Kleinschuster

Mehr Menschlichkeit in der Asylpolitik

In Zeiten wie diesen setzt sich in Politik und Medien offenbar nur eine Minderheit für menschliche Flüchtlingspolitik ein. NGOs und Kirchen sehen Österreich in dieser Causa weit weg von Menschlichkeit und Vernunft.

Udo Bachmair

Leidenschaftliches Engagement der Zivilgesellschaft hat die Abschiebung des Asylwerbers Hossein K. im letzten Moment verhindern können. Vor allem die Diakonie mit großer Unterstützung des neuen evangelischen Bischofs Michael Chalupka hat den Abschiebestopp erwirkt. Der Übertritt zur Evangelischen Kirche hätte für den Afghanen in dessen Land das Todesurteil bedeutet.

Doch mit menschenrechtlichen und ethischen Bedenken haben Verantwortliche in Politik und Beamtenschaft mitunter weniger am Hut. Sonst wäre nicht erklärbar, warum weiterhin gut integrierte Lehrlinge abgeschoben werden, deren Fälle nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Druck aus der Zivilgesellschaft und den christlichen Kirchen kann jedoch Einiges bewirken.

Ohne zivilgesellschaftliche Intervention und ohne unabhängige Rechtsberatung wären Menschen wie Hossein K. aus Schladming, völlig verloren. Es ist Gefahr in Verzug, denn die Zivilgesellschaft soll künftig von Betreuung, Beratung und Unterstützung Asylsuchender ausgeschlossen werden. Innenminister Kickl hatte ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht.

Zahlreiche Ehrenamtliche und mehr als 25 NGOs haben kürzlich die Plattform #Fairlassen gegründet. Sie wollen nicht zulassen, dass Asylsuchende in isolierten Lagern verschwinden, zu denen die Zivilgesellschaft keinen Zugang mehr hat. Sie lehnen es zudem ab, dass die rechtliche Vertretung im Asylverfahren das Innenministerium übernimmt, das sich ausschließlich selbst kontrolliert.

Die Petition der Plattform für eine unabhängige Rechtsberatung kann über folgenden Link unterzeichnet werden :

www.fairlassen.at

Zivilgesellschaft (NGOs) unter Druck

Hans Högl. Originalbericht

Wien, 9. Oktober. Im Rahmen der „Gesellschaft für politische Bildung“ referierte Gudrun Rabussay-Schwald von Amnesty International (= AI) zum Thema „Zivilgesellschaft unter Druck- wieviel Spielraum bleibt uns noch?“ Ort: Bezirksmuseum Hietzing Wien 13.

Wie gehen Organisationen mit steigendem Druck und Diskriminierung („NGO-Wahnsinn…) um)? Die Referentin sieht seit 2016 weltweit einen sich verengenden Spielraum. Das EU-Parlament nennt dies „Shrinking Space“. Doch die Europäische Menschenrechtskonvention ermöglicht Verstöße gegen Menschenrechte einzuklagen. In letzter Zeit mache sich ein „Chilling Effekt“ bemerkbar, also eine Abkühlung von Engagement. Menschen sind bedroht in ihrer Sicherheit, es gibt Morde, Folter, Missbrauch, Verleumdung, Diskriminierung, Landraub. 2013 wehrte sich Edgar Snowden gegen die Massenüberwachung. Die Referentin führte das Profiling in China an, die geplante Überwachung des riesigen Volkes in einem 1.000 Punktesystem, wobei auch kleine Übertretungen mit Personen (Gesichts)-Erkennung protokolliert werden.

AI hält fast jeden Schultag in Österreich einen Vortrag. Es kommt vor, dass diese abgesagt werden. Es ergibt sich eine Relation von rund 200 gehaltenen Vorträgen zu fünf abgelehnten. Aber über solch` abglehnte spreche man eben…

Für AI sind Verstöße gegen Menschenrechte im Blick: solche gegen Versammlungs- und Meinungsfreiheit, Schutz des Eigentums und auf Privatheit, Bewegungsfreiheit, Recht auf Arbeit…
Im Publikumsgespräch wurde auf Menschen-Pflichten hingewiesen. Das Asylrecht ist universell, doch manche Rechte gelten kontextuell. Bewegungsfreiheit meint Freiheit, sich innerhalb e i n e s Staates niederzulassen, also nicht weltweite Niederlassungsfreiheit.Doch die europäischen Bürger haben die Freiheit, innerhalb der EU arbeiten und leben zu dürfen. Analog kann im Sinne der Menschenrechte nicht jeder Mensch Wohnung und Arbeit konkret einfordern. Hintergrund der Frage war die hohe Arbeitslosigkeit Jugendlicher in Italien und Spanien.

Österreich bald Orbanistan ?

Die Diskussion um die Zukunft des ORF nimmt an Heftigkeit zu. Anlass ist das nun offiziell bekräftigte Beharren der FPÖ auf Abschaffung der ORF-Gebühren.

Udo Bachmair

Die ÖVP/FPÖ-Regierung, vor allem der kleinere Regierungspartner, verschärfen den Druck auf den ORF. Mit der Absicht, den ORF aus dem Bundesbudget zu finanzieren, versucht die Regierung, das öffentlich-rechtliche Unternehmen an die Kandare zu nehmen. Statt Resten kritischer Berichterstattung künftig also ein message-control-gesteuerter Türkis/Blau-Funk ?

Vorausgegangen waren seitens der FPÖ Angriffe auf unabhängige ORF-Journalisten wie ZIB 2-Anchorman Armin Wolf oder Ernst Gelegs, der zu kritisch über Orban berichtet hat. Dem ORF-Aufsichtsratsratsvorsitzenden sind engagierte Journalisten dieser Art zu „unbotmäßig“. Man stelle sich vor, der ARD-Aufsichtsratschef würde so gegen das eigene Unternehmen agieren. Er wäre rücktrittsreif.

Noch ist demokratiepolitisch nicht alles verloren. Ein paar kritische Medien gibt es ja noch in diesem Land. Sie sind umso wichtiger, als das Gegengewicht millionen-gefütterter regierungstreuer Boulevardmedien immer erdrückender wird. Zuletzt ist auch der KURIER, früher als eher liberal eingestuft, in Richtung eines konservativen Kanzler-Verehrungs-Vereins abgedriftet.

Erwartet uns bald eine total regierungsabhängige Medienlandschaft a la Ungarn ?

Hans Rauschers Befund zur Causa heute in der Tageszeitung DER STANDARD :

„ In Ungarn haben mit Orban verbündete Milliardäre beinahe alle Zeitungen übernommen. Bei uns kauft sich unter wohlwollender Beobachtung von Kanzler Kurz ein Immobilientycoon in KRONE und KURIER ein.
Es wird eines Aufwachens der SPÖ und einer Bündelung der Kräfte der Zivilgesellschaft bedürfen, eventuell auch einer solidarischen Aktion der seriösen Medien, damit Österreich nicht zu Orbanistan wird“

Zur Causa ein Hinweis auf die Sendung CONTENT von RADIO KLASSIK am 23.3. 17 Uhr ( Wh 27.4. 21 Uhr) :

Thema einer Podiumsdiskussion mit Walter Famler und Udo Bachmair ist der „Wert des Öffentlich-Rechtlichen“.

Mit dem Nachbarn reden! Initiative im Schweizer Journalismus

Hans Högl

Ilse Kleinschuster – Mitglied der Vereinigung für Medienkultur – weist auf eine bemerkenswerte Initiative  von Schweizer Journalisten und Journalistinnen  hin,   die sich um den Aufbau zivilgesellschaftlicher Handlungskompetenz bemühen – https://www.republik.ch/2018/08/15/ihre-nachbarin-denkt-anders-als-sie-treffen-sie-sich-zum-gespraech.