Schlagwort-Archive: Hans Rauscher

Sorge um Jugendliche

Neues Anliegen für Sozialstaat: die NEETs

Hans Högl

64.000 österreichische Jugendliche im Alter von 15-24 Jahren besuchen weder eine Schule noch eine andere Ausbildung noch gehen sie einer Arbeit nach. Diese „Gruppe“ erforscht der Linzer Soziologe Johann Bacher und sieht darin ein Alarmzeichen und verweist auf die „Halloween“- Randale in Linz.

Dies waren 2018 von der genannte Alterskohorte 6,8 Prozent, laut Eurostat 2022 aber 8,5 Prozent, in Italien ist dies fast jeder vierte Jugendliche (23 %). Bacher nennt diese jungen Menschen NEETs, eine Abkürzung von „Not in Education, Employment and Training“.

Bekanntlich haben viele junge Menschen keinen Hauptschulabschluss. Laut Koalitionsabkommen der Regierung soll das Problem angefasst werden, indem Schulabbrecher und ungenügend ausgebildete asylsuchende Jugendliche unterstützt werden. Und an ein Anheben der Ausbildungspflicht auf 18 Jahre ist gedacht und an Hilfe durch Jugendpsychiatrie.

Das sei ein neues Thema für den Sozialstaat, schreibt der „Standard“-Kolumnist Hans Rauscher in einem ausführlichen Beitrag in der bisher wenig bekannten Wissenschafts-Zeitschrift “ Kepler Tribune“ von der Universität Linz.

Hans Rauscher erörtert, wie künftigen Budgetdefiziten zu begegnen sei. Vorsichtig deutet er Vermögens- und Erbschaftssteuern an: So hätte das Mateschitz-Vermögen drei Milliarden erbracht und zwar einmalig Er nennt die riesige Summe von 15 Milliarden für staatliche Pensions-Zuschüsse in den Jahren 2020-2025. Er wünscht Klarheit darüber, ob es bei der Corona-Hilfe eine „freunderlgetriebene“ Überleistung gab.

Österreich: Druck auf Medien gestiegen

Österreich hat wahrlich keinen Grund, bezüglich Presse- und Medienfreiheit auf andere Staaten verächtlich hinabzublicken. Denn unser Land schafft es weiter nicht zurück in die „Spitzengruppe guter Pressefreiheit“, stellt „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) fest.

Udo Bachmair

Freilich ist es ein bedrückendes Ergebnis, dass die Presse in immerhin 73 Prozent aller von ROG untersuchten Staaten komplett oder teilweise behindert wird. Doch mit dem Finger auf andere zu zeigen, ohne selbst ein Vorbild zu sein, erscheint moralisch unangebracht.
Der Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell ortet direkten und indirekten Druck, dem Medien auch hierzulande vermehrt ausgesetzt seien. Er verwies kürzlich in einer Pressekonferenz u.a. auf ständige Interventionsversuche von Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz bei Chefredakteuren. Das vor dem Hintergrund „finanzieller Abhängigkeit der Medien von der Regierung“.

Hausjell kritisierte zudem die sich abzeichnende Einstellung der „Wiener Zeitung“ ( siehe dazu meinen Beitrag „Schlag gegen Qualitätsjournalismus“ auf unserer Website www.medienkultur.at ). Die Reduktion der Wiener Zeitung auf eine „zentrale Verlautbarungsstelle“ ( Sebastian Kurz ) verleitet heute Hans Rauscher im STANDARD zu der Frage: „Ist das die Pressefreiheit, die sie meinen..?“

Die Sprecherin von „Reporter ohne Grenzen“, Rubina Möhring, übte in dem Pressegespräch Kritik an der Medienpolitik der Regierung auch im Zusammenhang mit dem ORF. Die streng der Kurz’schen „Message Control“ unterworfenen Pressekonferenzen, zelebriert vornehmlich in der ZiB 1, hätten gezeigt, wie sehr der ORF „während der harten Zeit der Corona-Krise benutzt wurde wie ein Staatsfernsehen.“

Auch Opposition und Journalistengewerkschaft nahmen den eher bedenklichen nur 17. Platz Österreichs im Pressefreiheits-Ranking zum Anlass für Kritik. Im Fokus standen dabei die üppigen Regierungsinserate für ohnehin finanziell gut gepolsterte Massenblätter. SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried forderte unter anderem eine „massive Erhöhung der Presseförderung sowie die Vergabe von Inseraten nach geregelten Prozessen“. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker prangerte eine „unreflektierte Übernahme von Regierungspropaganda in reichweitenstarken Medien“ an. Und für NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter geht „Türkis-Grün den Weg von Türkis-Blau in Richtung Einschränkung der Pressefreiheit munter weiter“.

Kommunikationsexperte Fritz Hausjell – er ist auch Mitglied des Beirates der Vereinigung für Medienkultur – appelliert an die Medienverantwortlichen, „eine Fact-Finding-Mission in die skandinavischen Länder zu machen“, mit dem Ziel, Österreich in Sachen Pressefreiheit wieder in die Nähe der vorderen Plätze zu bringen.

Österreich bald Orbanistan ?

Die Diskussion um die Zukunft des ORF nimmt an Heftigkeit zu. Anlass ist das nun offiziell bekräftigte Beharren der FPÖ auf Abschaffung der ORF-Gebühren.

Udo Bachmair

Die ÖVP/FPÖ-Regierung, vor allem der kleinere Regierungspartner, verschärfen den Druck auf den ORF. Mit der Absicht, den ORF aus dem Bundesbudget zu finanzieren, versucht die Regierung, das öffentlich-rechtliche Unternehmen an die Kandare zu nehmen. Statt Resten kritischer Berichterstattung künftig also ein message-control-gesteuerter Türkis/Blau-Funk ?

Vorausgegangen waren seitens der FPÖ Angriffe auf unabhängige ORF-Journalisten wie ZIB 2-Anchorman Armin Wolf oder Ernst Gelegs, der zu kritisch über Orban berichtet hat. Dem ORF-Aufsichtsratsratsvorsitzenden sind engagierte Journalisten dieser Art zu „unbotmäßig“. Man stelle sich vor, der ARD-Aufsichtsratschef würde so gegen das eigene Unternehmen agieren. Er wäre rücktrittsreif.

Noch ist demokratiepolitisch nicht alles verloren. Ein paar kritische Medien gibt es ja noch in diesem Land. Sie sind umso wichtiger, als das Gegengewicht millionen-gefütterter regierungstreuer Boulevardmedien immer erdrückender wird. Zuletzt ist auch der KURIER, früher als eher liberal eingestuft, in Richtung eines konservativen Kanzler-Verehrungs-Vereins abgedriftet.

Erwartet uns bald eine total regierungsabhängige Medienlandschaft a la Ungarn ?

Hans Rauschers Befund zur Causa heute in der Tageszeitung DER STANDARD :

„ In Ungarn haben mit Orban verbündete Milliardäre beinahe alle Zeitungen übernommen. Bei uns kauft sich unter wohlwollender Beobachtung von Kanzler Kurz ein Immobilientycoon in KRONE und KURIER ein.
Es wird eines Aufwachens der SPÖ und einer Bündelung der Kräfte der Zivilgesellschaft bedürfen, eventuell auch einer solidarischen Aktion der seriösen Medien, damit Österreich nicht zu Orbanistan wird“

Zur Causa ein Hinweis auf die Sendung CONTENT von RADIO KLASSIK am 23.3. 17 Uhr ( Wh 27.4. 21 Uhr) :

Thema einer Podiumsdiskussion mit Walter Famler und Udo Bachmair ist der „Wert des Öffentlich-Rechtlichen“.

Wehret den Anfängen…

„Charakteristisch für eine Diktatur“

Der Vorstoß von FPÖ-Innenminister Kickl für eine Haft auf Verdacht bloß für Asylwerber ist dem sozialdemokratischen (!?) Landeshauptmann Dozkozil noch zu wenig weitgehend. Dieser will eine „Sicherungshaft“ auch für Inländer.

Udo Bachmair

Um dem xenophoben FPÖ-Innenminister Herbert Kickl populistisch beizukommen, dreht der selbsternannte Sozialdemokrat Hans Peter Dozkozil die Schraube politisch weiter nach rechts. Der Ex-Polizeichef des Burgenlands und Neo-Landeshauptmann findet trotz zahlreicher Bedenken von Experten und auch aus der eigenen Partei nichts dabei, in der sogenannten Ausländerfrage weiter heftig mitzuzündeln.

Dabei erscheint es ziemlich klar, dass damit für eine Dozkozil-SPÖ kaum Stimmen von der FPÖ rückholbar sind. Stattdessen können sich die Grünen und NEOS sowie die Liste JETZT, die auf rechtsstaatliche und menschenrechtliche Aspekte nicht vergessen wollen, auf vermehrten Zuspruch enttäuschter gesinnungstreuer SPÖ-Wähler freuen.

Standard – Kommentator Hans Rauscher prognostiziert zu Recht den zu befürchtenden Untergang der SPÖ für den Fall, dass sie sich tatsächlich für eine Verfassungsmehrheit im Parlament zugunsten einer „Haft auf Verdacht“ ( „Vorsorglich alle einsperren!“ ) hergibt.

Darüber hinaus ist auch dem renommierten Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk zuzustimmen, wenn er zur Einführung einer „Sicherungshaft“ besorgt feststellt: „Das ist charakteristisch für eine Diktatur“.

Wehret den Anfängen..

Rechtspopulismus boomt: Was tun ?

Udo Bachmair

Muslimischer Lehrling in Ausbildung öffentlich vernadert.

„Kriminelle Asylwerber“ fälschlicherweise als Ladendiebe „gestellt“.

In Afrika zur Abwehr von Flüchtlingen „militärisch Raum in Besitz nehmen“.

Nur drei der Schlagzeilen, die mit  Äußerungen von „Spitzenpolitikern“ der Regierungspartei FPÖ zu tun haben.

Populismusforscher Walter Ötsch sieht in allen diesen Fällen den Versuch, Flüchtlinge zu dämonisieren. Jenseits aller Fakten werde damit ein Ziel erreicht, nämlich „die größtmögliche Erregung“, wie Ötsch jüngst in einem Kurier-Interview ausführte. In seinem Buch mit dem Titel „Populismus für Anfänger-Anleitung zur Volksverführung“ fasst der Kommunikationswissenschaftler die Manipulationstechniken, denen sich Rechtspopulisten bedienen, so zusammen:

„Predigen Sie etwas Einfaches. Teilen Sie die (soziale) Welt in zwei Teile: In DIE WIR und in die ANDEREN. Definieren Sie DIE WIR als bedroht. Geben Sie niemals einen Fehler zu. Bei Angriffen: Wechseln Sie blitzschnell in die Opferrolle. Erfinden Sie Sündenböcke. Erklären Sie Ihr Weltbild durch (erfundene) Einzelfälle. Polarisieren Sie. Erfinden Sie für alles unüberbrückbare Gegensätze“.

Das ist auch das Rezept für massenhafte Verbreitung einschlägiger Inhalte im Netz. Mit Hass und Hetze haben Rechtspopulisten und Rechtsextremisten die „Sozialen Medien“ gleichsam erobert. Geschickt werden entsprechende Botschaften mithilfe von Vereinfachungen, Freund-Feind-Denken, Attacken unter der Gürtellinie gegen „Linkslinke“ und „Gutmenschen“, pauschalen Verdächtigungen gegen Muslime unter die User gebracht. Eine verbale Giftmischung, nicht selten garniert mit unverhohlener Androhung von Gewalt.

Auch in Deutschland werden rechtsextreme Positionen „sichtbarer“, wie eine Studie der Universität Leipzig zutage gefördert hat. „Brandanschläge auf Asylheime, Übergriffe auf Ausländer und Hassparolen im Netz sind der traurige Ausdruck einer immer größer werdenden Enthemmung“, so der Befund der Studienautoren. Das belegen auch die Vorkommnisse in Chemnitz und anderen ostdeutschen Städten. Dort hat die Radikalisierung von Sprache ein besonderes Ausmaß erreicht. Von Worten zu Taten ist es oft nicht weit, wie auch die physischen Attacken auf Migranten zeigen.

Rechtspopulisten missbrauchen die Scheu vieler Menschen vor Fremdem und Unbekanntem. Sie befeuern und befestigen Vorurteile und Klischees, die zur „Bedrohung“ aufgeblasen werden. Diese wiederum löst Angst aus bzw. verstärkt sie. Die Kombination Flüchtling / Moslem steigert sich gleichsam zu einem doppelten Feindbild. Pauschalurteile setzen Muslime unter Generalverdacht. Wie Hans Rauscher in seiner Standard-Kolumne analysiert, sei die Hetze mit falschen Behauptungen gegen Asylwerber, Mindestsicherungsbezieher etc. Teil einer gezielten Kampagne. Der Autor hat sich in dem Zusammenhang zur beängstigenden Prognose hinreißen lassen, dass es demnächst wohl heißen werde: „Kauft nicht beim Muslim“…

FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache hat (noch vor seiner Zeit als Vizekanzler) Flüchtlingen in einem Gastkommentar der Wiener Zeitung den Anspruch abgesprochen, „Schutzsuchende“ zu sein. Die meisten würden ja ohnehin aus „sicheren Flüchtlingslagern“ kommen. Daher seien sie bloß „Sozialzuwanderer“ oder „potentielle Terroristen“, die den „Zerfall des christlichen Abendlandes“ vorantrieben.

In diesem bedenklichen Klima fühlen sich all diejenigen, die Hilfe für in Not geratene Menschen als humanitäre und urchristliche Aufgabe betrachten, manchmal ziemlich alleingelassen. Nicht zuletzt angesichts der Dominanz des Boulevards, der trotz stark zurückgegangener Flüchtlingszahlen weiter Emotionen gegen „unkontrollierte Masseneinwanderung“ schürt. Vor diesem Hintergrund finden in diesen Medien Stimmen von Menschen, die nach wie vor unermüdlich Flüchtlingsarbeit etwa in der Caritas und der Diakonie leisten, weder Platz noch Anerkennung.

Die Entwicklung gibt nicht nur Anlass zur Sorge, sondern macht auch vielen Menschen Angst. Um gegensteuern, ist u.a. profunder aufklärungsorientierter Journalismus nötiger denn je. So bedarf es dringend einer Gegenstrategie. Deren Hintergrund wäre, zu erkennen, dass es Rechtspopulisten nicht nur darum geht „auch einmal dranzukommen“. Sie wollen mehr: Den Umbau des demokratischen Systems in Richtung eines plebiszitären, autoritären Präsidialsystems a la Ungarn. Menschenrechte bleiben dabei auf der Strecke. Menschen, die besorgt darauf hinweisen, müssen sich den Vorwurf des „naiven Gutmenschen“ gefallen lassen. Und solche tummeln sich  demnach vor allem in den NGOs und last but not least vor allem in den Kirchen selbst.

So stehen viele Kirchenvertreter bei Protesten gegen rechts und für  menschliche Behandlung von Flüchtlingen und Asylwerbern fast immer in den vorderen Reihen. Sie bekräftigen damit ihre Immunität und ihren Widerstand gegen eine inhumane Ideologie. Arbeit und Stellungnahmen der Kirchen im Namen des Evangeliums sind gleichsam der humanitäre Gegenentwurf zu alldem, was sich in Österreich, aber vielfach auch im übrigen Europa an rechten Tendenzen und Erscheinungen bedrohlich entwickelt hat. Die spezifisch kirchliche Verantwortung besteht nun darin, immer wieder auch über ihren Bereich hinaus zu werben für Nächstenliebe auch gegenüber Fremden, für Humanität, für Menschenrechte für in Not Geratene und Schutzsuchende.

Die Politik erfüllt diese eminent wichtige Aufgabe immer weniger. Inhalte, Werte werden zunehmend geopfert zugunsten von Selbstdarstellung, Inszenierung und einfachen, teils menschenfeindlichen Signalen und Botschaften. Eine wichtige Rolle, gegenzusteuern, kommt bzw. käme der Zivilgesellschaft zu, die ja hauptsächlich die Probleme von Hilfesuchenden schultert und tatkräftige Hilfe vor allem in der Flüchtlingsarbeit leistet. Die Zivilgesellschaft müsste jedoch die Kräfte besser bündeln. Zielführend wäre zudem, direkt in den „Sozialen“ Medien zu kontern und den Rechtspopulisten und Rechtsextremisten nicht mehr die Hegemonie im Netz zu überlassen. Viele NGOs leiden jedoch nicht nur unter mangelnder finanzieller Unterstützung, sondern auch an entsprechender ideeller Hilfe und Akzeptanz seitens der öffentlichen bzw. der veröffentlichten Meinung. Dem Ungeist von Fremdenhass, Hetze, Rassismus und weiter fortschreitender Distanzierung von humanitären Grundsätzen könnte im Besonderen mit der Besinnung auf das Sozialwort der christlichen Kirchen wirksam begegnet werden. Basis auch für die Politik, dem Gespenst des europaweit grassierenden Rechtspopulismus zu Leibe zu rücken.

Sachorientierte Politik, seriöse Medien, engagierte Kirchen und eine solidarische Zivilgesellschaft müssten es gemeinsam schaffen, diesem Ziel näherzukommen. Doch leider hält sich diesbezüglicher Optimismus in Zeiten wie diesen in Grenzen.

( Der Artikel erscheint auch in der Zeitschrift „Quart“ )

 

 

Armin Wolf trotzt den Attacken

Respekt vor Armin Wolf

Udo Bachmair

Als der längstgediente Moderator in ORF-Informationsbereichen sage ich : Hut ab vor Armin Wolf. Er will dem jüngst immer stärker gewordenen Druck von FPÖ und rechtspopulistischem Boulevard konsequent standhalten.

Seit ich den ZIB 2- Präsentator noch aus Radiozeiten kenne, kann ich bezeugen, dass er sich investigativem Journalismus nahezu leidenschaftlich verpflichtet fühlt. Seine fundiert kritischen und exzellent vorbereiteten Studiogespräche sind freilich manchen ein Dorn im Auge.

Umso erfreulicher, dass ORF-General Wrabetz dem verdienten TV-Anchorman den Rücken stützt. Eigentlich selbstverständlich, könnte man meinen. Seriöse Kritik, Meinungsfreiheit und journalistische Eigenverantwortung drohen jedoch zunehmend dem rechten Zeitgeist geopfert zu werden. Der weht vor allem durch Massenblätter wie Krone und Österreich..

Standard-Redakteur Hans Rauscher warnt eindringlich vor „Kräften, die an die Substanz der demokratischen Öffentlichkeit gehen“. Und Rauscher weiter: „Die Rechtspopulisten sehen kritischen Journalismus als größtes Hindernis für ihre Machtübernahme“. Wo sie bereits an der Macht sind, wie in Ungarn, ist politisch unliebsamen Medien längst der Boden entzogen. Österreich darf nicht Ungarn werden. Garanten dafür sind wache und engagierte Journalisten wie Armin Wolf.

Hassparolen ohne Ende ?

Rechtspopulisten und Rechtsextremisten:
Werden wir die Geister, die sie riefen, wieder los ?

Udo Bachmair

Genervt von Attacken der FPÖ hat sich Bundeskanzler Christian Kern jüngst im Parlament zu einem Plädoyer für einen „zivilisierten Tonfall in der Debatte“ veranlasst gesehen, „ weil wir ja aus der Geschichte wissen, dass sich die Gewalt der Worte sehr rasch in einer Gewalt der Taten entladen kann.“

Der Regierungs- und SPÖ-Chef war tags zuvor auf der Facebook-Seite von FPÖ-Obmann Strache mit einer „schnellen Kugel“ bedroht worden. Weitere Hass- und Hetz-Postings mit Gewaltaufrufen gegen Van der Bellen-Anhänger, „Linkslinke“ und „Gutmenschen“ geben zunehmend Anlass zur Sorge.

Auch in Deutschland werden rechtsextreme Positionensichtbarer“, wie nun eine Studie der Universität Leipzig zutage gefördert hat. „Brandanschläge auf Asylheime, Übergriffe auf Ausländer und Hassparolen im Netz seien der traurige Ausdruck einer größer werdenden Enthemmung“, so der Befund der Studienautoren.

Unterdessen rücken FPÖ und die ebenfalls rechtspopulistische Aktion für Deutschland näher zusammen. Weitere Gespräche mit AfD-Chefin Frauke Petry sowie mit der rechten Front National-Führerin Marine Le Pen sollen gemeinsame Positionen, wie die gegen „Überfremdung“ durch ausländische Schutzsuchende, weiter vertiefen.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erteilt die neue Wiener SP-Managerin Sybille Straubinger einer Zusammenarbeit mit der FPÖ eine klare Absage. Auf eine entsprechende KURIER-Frage sagt sie: „Ich hab die FPÖ noch nie konstruktiv erlebt. Egal, um welches Thema es geht: Sie landet immer beim Thema Ausländer, weil sie populistische, hetzerische Politik macht“.

Die FPÖ hingegen sieht einmal mehr eine Verschwörung gegen sich und kann damit rechnen, dass ihr die Opferrolle weiteren Zulauf bringt. Da stört es offenbar nicht, dass von ihr keine Kritik an Übergriffen und Störaktionen der als rechtsradikal eingestuften „Identitären“ hörbar wird.. Im Gegenteil: Die Stürmung einer Lehrveranstaltung durch Identitäre in Klagenfurt beschönigte FPÖ-General Kickl im Parlament mit den Worten: „Was ist denn gestürmt worden, geh bitte!“.

Verharmlosungen dieser Art und die (Rechts-)Radikalisierung von Worten geben nicht nur Anlass zur Sorge, sondern machen auch vielen Menschen Angst. Um gegensteuern, ist u.a. profunder aufklärungsorientierter Journalismus nötiger denn je.

Jüngstes positives Beispiel dafür STANDARD-Redakteur Hans Rauscher. Er schreibt in der heutigen Ausgabe seines Blattes unter dem Titel

 Hasskrankheit

„Es wird Zeit. Es wird Zeit, sich zunächst einmal über das Phänomen der Hasskrankheit klar zu werden, das jetzt bei uns überall zutage tritt.

Wenn auf Straches Facebook-Seite einer schreibt, „eine schnelle Kugel“ sei das Wahre für Bundeskanzler Kern, und einer dazuschreibt „9 mm!!!“, dann wird es Zeit.

Wenn prominenten liberalen Journalistinnen massenweise die Vergewaltigung durch Asylwerber gewünscht wird, und zwar in klinikreifen Formulierungen, dann wird es Zeit.

Wenn Wiener FPÖ-Funktionäre verhindern wollen, dass eine Schule nach einem kindlichen Opfer eines berüchtigten NS-Arztes und vielbeschäftigten Gerichtsgutachters der Republik benannt wird, und so dem Opfer ins Grab nachspucken, dann wird es Zeit.

Zeit, sich darüber klar zu werden, was sich da im Windschatten erfolgreicher rechter Bewegungen und Parteien in den sozialen Medien aufgebaut hat: Facebook wird zu Hatebook und Freakbook. Zu erkennen, dass sie immer frecher und siegesgewisser werden; dass es dringend einer Gegenstrategie bedarf.

Diese muss einerseits vom Staat, vor allem von der Justiz kommen. Die Mischung aus offiziellem Verdrängen, Verharmlosen und Blödstellen muss aufhören. Zugleich muss die Zivilgesellschaft, die es ja gibt, ihre Kräfte bündeln, direkt in den sozialen Medien kontern und den Freaks nicht mehr die Hegemonie lassen.“

 

 

BP-Wahl: Manipulationstechniken wahlentscheidend ?

Entscheiden Kommunikationstricks über den neuen Bundespräsidenten ?

Udo Bachmair

Die Inszenierung von Politik und Politikern erweist sich einmal mehr am Beispiel des laufenden Präsidentschaftswahlkampfs. Während Alexander van der Bellen aus sich heraus authentisch wirkt und ohne Coaching auskommt, verhält es sich mit seinem Gegenüber Norbert Hofer etwas anders. Dieser hat etliche Kommunikationstrainings zu „Crash-Rhetorik, Provokation und Polemik, fairen und unfairen Argumentationstechniken“ (Zitat aus FALTER) absolviert. Er kennt alle Tricks und Manipulationsmöglichkeiten, wie sie NLP und andere Techniken bieten. Hofer kann damit vor allem in TV-Duellen punkten.

Doch durchschauen die Menschen die perfekt antrainierte „Authentizität“ Hofers ? Eine Frage, die angesichts des großen Zuspruchs und Positivwirkung seiner TV-Auftritte eher mit Nein beantwortet werden muss. Hofer kommt im Fernsehen für viele „sympathisch rüber“. Mit seinem Dauerlächeln auch bei Angriffen, seiner aufrechten Körperhaltung, seiner gemäßigt klingenden Sprache, kann er, so der Verdacht, wahre Absichten gut tarnen. Immer wiederkehrende Sätze des Strache-Kandidaten, wie „ich rede ehrlich und klar“ erscheinen da ziemlich relativiert..

„Bisher ist es Van der Bellen im Wahlkampf insgesamt nicht gelungen, Hofers Techniken erkennbar zu entlarven“, so Kommunikationstrainerin Tatjana Lackner gegenüber dem KURIER. Noch mache Van der Bellen den Fehler, in Hofers Falle zu tappen. Der „Wolf im Schafspelz“ erscheint jedenfalls bestens vertraut mit den Grundsätzen von Rhetorik und Körpersprache. Wird Hofer mit einem unangenehmen Thema konfrontiert, lenkt er ab mit persönlichen Attacken. Beispiel„ Sie sind heute so aggressiv, Herr Dr.“ (Puls 4-Duell).

Zum Thema ist heute im STANDARD unter dem Titel „Beiträge zur Aufklärung“ ein Kurzkommentar von mir erschienen. Hier dessen Wortlaut:

„Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“ – diese Worte Norbert Hofers klingen nachhaltig bedrohlich im Ohr. Umso wichtiger sind STANDARD-Analysen, die sich um Aufklärung rund um die Staatsumbau-Pläne der FPÖ bemühen. Lob gezollt sei dafür vor allem Hans Rauscher und Gerfried Sperl. Sie warnen immer wieder vor Gefahren einer Dritten Republik mit einem Präsidialsystem und autoritären Elementen.

Es läuten tatsächlich die Alarmglocken, wenn nun ein Bundespräsidentschaftskandidat entsprechende Machtfantasien hegt. Kritik an großkoalitionären Fehlentwicklungen ist berechtigt. Die Zweite Republik insgesamt ist jedoch ein historisch unbestrittenes Erfolgsmodell. Sie zu gefährden und unser Land einer unsicheren Zukunft auszusetzen, wäre fahrlässig und verantwortungslos.

Sollten sich entsprechende Pläne hinter dem freundlichen Gesicht des perfekt gecoachten Strache-Vertrauten verbergen und einer größeren Öffentlichkeit bekannt werden, wäre Van der Bellen der Sieg sicher. Doch mit einer geschickt verschleiernden Wahlkampfstrategie gepaart mit (NLP-) Manipulations-Tricks des Ex-Kommunikationstrainers Hofer könnte es der FPÖ-Kandidat knapp schaffen.

Danach soll nur niemand sagen, von möglichen Folgen einer FPÖ-Machtübernahme nichts gewusst zu haben.

Der STANDARD leistet in dieser Causa jedenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung und auch zur Medienkultur in unserem Land.

(Udo Bachmair – Leserbrief DER STANDARD 13.5.2016)