Archiv für den Monat: August 2022

Neutralität und fremde Militärtransporte/Militärische Selbstverteidigung

Hans Högl

Lob für die Grazer „Kleine Zeitung“ für zwei bemerkenswerte Beiträge, bereits am 16.8.2022.

In einer Kurznotiz heißt es, dass ausländische Militärtransporte Österreich durchquerten – laut Zahlen aus dem Verteidigungsministerium. Damit sei unsere Neutralität „massiv“ beschädigt worden, betonte der FPÖ-Hofburgkandidat Walter Rosenkranz. Man muss kein Freund dieses Herren sein, aber der Militärtransport ist außerordentlich bemerkenswert, und es gilt zu erwägen, was Österreich in praxi unter Neutralität versteht.

In einem 2. Beitrag wird der grüne Vizekanzler Werner Kogler gefragt: „Würden Sie zur Verteidigung Österreichs zur Waffe greifen ?“Ohne Umschweife sagt Kogler: „Ja!“ und betont: „Stell Dir vor, es ist Frieden, und einer macht alles hin.“

Sehr energisch verteidigte Kogler die Sanktionen gegen Russland und die Unterstützung der Ukraine: „Ja, alle wollen Frieden. Aber das kann nicht bedeuten, dass die Ukraine dem Untergang geweiht wird!“ Man müsse sie unterstützen.

NB. Daraus wird ersichtlich, dass eine grüne Partei, deren Anfänge wohl intensiv im Studentischen liegen, anders argumentiert, als eine grüne Partei mit Regierungsverantwortung. Hier sind die Zielpublika doch sehr verschieden.

Zum öffentlichen Diskurs

Wir brauchen den öffentlichen Intellektuellen ohne Öffentlichkeitssucht!

Peter Strasser: em. Grazer Univ.Prof. (Hans Högl- Resumé eines Beitrages)

Eine pluralistische Demokratie mit ihren Routinen und ihren Blickverengungen braucht kluge und kritische Stimmen, welche die Öffentlichkeit aufrütteln. Leider gibt es zu viele Skandalbewirtschafter und Selbstdarsteller.

Die pluralistische Demokratie hat ihre Lobby, ihre Korruption, ihre nationale Blickverengung und geistig weiße Flecken, die von quotenabhängigen Massenmedien kaum aufgegriffen werden. Darum bedarf es intelligenter Stimmen, die nicht am Mainstream orientiert sind, wohl aber am sachverständigen Kommentar.

Im Verlag Sonderzahl erschien Peter Strassers Buch „Eine Hölle voller Wunder. Spätes Philosophieren“ (2021)

Unglaubwürdige Ökologie-Appelle

Pro Medien-Ökologie! Leserkritik

Hans Högl

Ein Leser der steirischen „Kleinen Zeitung“ findet die Redaktion unglaubwürdig, weil sie sich zum einen über den von Menschen mitverursachten Klimawandel entsetzt, aber zum anderen seitenweise über Motorsport berichtet oder Flüge anbietet….

Medien sind voll von Ökologie und Forderungen, die sich daraus ergeben. Es wird die Apokalypse heraufbeschworen, wenn nichts geschieht. Doch wie ernst meinen es Medien wirklich? Gilt eine ökologische Ethik der (Medien) Organisationen nicht ebenso wie eine solche für Individuen? Sind Organisationen und Unternehmen nicht in einem höheren Ausmaß ökologisch gefordert als Einzelne?

Doch Medien drücken sich um diese Frage. Die Motorsportseiten werden von vielen gelesen. Den Lesern dieser Seiten ökologische Tipps zu geben, ist noch keinem Medium eingefallen, auch nicht der steirischen „Kleinen Zeitung“, wo es doch bei Zeltweg den Österreichring gibt. Es wäre endlich an der Zeit, ökologische Forderungen in einen Gesamtkontext zu stellen, wo viele Aspekte zu beachten sind. Dies hat kürzlich der ehemalige österr. Notenbankdirektor Dr. Ewald Nowotny in der „Wiener Zeitung“ sehr klug dargelegt.

Zurück zum Ausgangspunkt. Ein Leser der Kleinen Zeitung nennt diese unglaubwürdig, weil sie u.a. sehr ausführlich über den Motorsport, die Formel I, berichtet. Immerhin: die „Kleine Zeitung“ druckte den kritischen Leserbrief am 28.8.2022 ab und ein Redaktionsmitglied antwortete darauf, ohne recht zu überzeugen.

Woran sich Medienqualität misst

Impuls zu dialektischem Denkprozess als Qualitätskriterium

Hans Högl

Ein Schweizer Leserbrief bringt es auf den Punkt, worin die Qualität einer Zeitung (oder einer Plattform) besteht, nämlich nicht darin, dass der Leser/die Leserin sich in Meinungen und Standpunkten wiedererkennt, sondern dass die Lektüre einen Denkprozess in Gang zu setzen vermag. Insofern dies gelingt, wird das Interesse der Lesenden gewahrt. (NZZ 10.8.2022)

Alexander Dugin – Ideengeber für Putin

Alexander Dugin – eine ideelle Bezugsperson für Putin

Hans Högl:
Resumé aus einem Text des Wiener sozial-liberalen „Standards“ (12.3.2022).

Es ist schon zutreffend, dass westliche Medien im Ukrainekrieg nicht immer ausgewogen berichten. Doch gewisse Fakten sollen nicht übersehen werden. In einer Fülle von Russlandartikeln blieb ein „Standard“-Beitrag vom 12.3.2022 besonders aktuell: Der Titel lautet „Russlands falsche Propheten“. Neben Iljin (1883-1954) wird Alexander Dugin angeführt, dessen Tochter kürzlich ermordet wurde. Dugin ist eine Bezugsgröße für Putin.

Der „Standard-Beitrag “ beschreibt Dugin so: „Dugin pfeift auf Errungenschaften wie die universelle Geltung der Menschenrechte, auf Liberalismus und individuelle Freiheit. Dieser Mann, in den 1990igern noch Vorsitzender der Nationalbolschewistischen Partei, lehnt strikt alle Globalismen ab. Er plädiert stattdessen für die Wiederherstellung alter Größe und nimmt dafür Krieg und Gewalt in Kauf und stützt sich auf die Idee des „Eurasismus“.

Dugin: Wider postmoderne Werte und freien Markt können nur „revolutionärer Faschismus“ den Funken zum Überspringen bringen. Kein Wunder, dass Dugin die Ukraine als „Vorposten des Westens“ in ihrer jetzigen Form nicht akzeptiert. Das Wort von den „Kriegstreibern“ in Kiew hat Wladimir Putin bei Dugin entlehnt.

Putin stütze sich auch auf Thesen von Iwan Iljin (1883-1954), wonach die Demokratie nach westlichem Muster schädlich für Russland sei und durch eine „erzieherische und wiedergebärende Diktatur“(!) ersetzt werden sollte (Wiener Zeitung 10. Aug.2022, S. 16 (ein Beitrag von Otmar Lahodynsky, Ehrenpräsident von Association European Journalists (AEJ).

Medientipps für Ende August

Seltener Arte-Monatsüberblick

Hans Högl

Warum bringe ich diese Medientipps? Wer hat denn schon einen Monatsüberblick, verfügt über das Arte-Magazin? Arte ist wahrlich ein ausgezeichneter Minderheiten-Sender! Viele Privat-TV-Sender sind ja überflüssig.-Ich weise auf Beiträge hin-entweder außergewöhnlich in der Qualität (den Gandhi-Film-sah ich zweimal!) oder in der Thematik. Meist triefen Medien an unverdaulicher Negativität. So schrieb ich einem Katastrophisten, ob ich mich alle 14 Tage oder nur einmal im Monat umbringen soll.

Biografischer „Gandhi“- Film in ARTE am Do 18.8. ab 13:50.. Es lohnt ihn nach zusehen.

Gandhi war gegen nur passiven Widerstand. Er bejahte es, Macht zu provozieren- so im Salzmarsch, war aber gegen die Gewalt des Zurückschlagens. In seinem Heimatort waren Hindus und Christen und Moslems und Juden alle gleich. Gandhi wollte Indien von GB befreien, aber auch die indischen Frauen und die Unberührbaren.

Dürre – Themenabend: Die 16.8, ab 20:15 Nachsehen.
Bornholm lebt grün. Eine dänische Insel als Vorbild. 19.8 um 19:40.

Die Sendung „Stadt Land Kunst“ verknüpft sehr gelungen Länderkunde mit Belletristik z.B. am 24.8,. um 13:00. Großartig sind je die 15 Minuten Ländergeografie: „Mit offenen Karten“ -/strong>

Einige werden den Hinweis auf den Gulag nicht mögen. Ich denke: Dies ist ein unleugbares Faktum. Themenabend des sowjetischen „Gulag“ : Die 23.8. ab 20:15

Schulgeschichten. In Arte 25.8. ab 20:15. Die Schule prägt uns fürs Leben. Deutsche und französische Prominente sprechen darüber.

Friedensbemühungen sinnlos ?

Sind Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs unrealistisch ? Nein, sagt allerdings nur eine Minderheit von JournalistInnen in westlichen Medien. Die EU lässt jegliche Vermittlungsbemühungen vermissen und überlässt Erdogan die Rolle eines Vermittlers.

Wolfgang Koppler *

Donnerstag Abend ORF-ZiB2. Wieder einmal ein markiger Ausspruch Selenskyjs anlässlich des Treffens mit Erdogan und Guterres in Lwiw: „Zuerst müssen sie unser Land verlassen und dann sehen wir weiter.“

Was wird bis dahin wohl geschehen? Jedenfalls einige Zigtausend Tote mehr. Weitere Zerstörungen. Möglicherweise auch ein neues Tschernobyl (wobei es egal ist, ob das Kraftwerk versehentlich oder absichtlich von Raketen getroffen wird, die Wirkung ist dieselbe). Und immer mehr Hunger. Die Welt besteht nämlich nicht nur aus Europa. Aber das fällt nur Guterres auf.

Am Ende des Beitrags endlich einmal klare Worte von Claudia Lind: „So lässt der ukrainische Präsident den Bemühungen Erdogans um eine friedliche Lösung wenig Spielraum“. Warum darf derart Selbstverständliches in unseren Medien kaum ausgesprochen werden ? Selenskyj mag zwar kein Nationalist sein. Ein Schauspieler ist er jedenfalls. Mit bemerkenswertem Hang zur Selbstdarstellung und offenbar wenig Interesse an Menschenleben.

Was Letzteres betrifft, ähnelt er mehr und mehr Putin. Aber vielleicht könnten Einsicht und Interessen die beiden doch zu Verhandlungen bewegen. Gerade angesichts des auf beiden Seiten fest gefahrenen Kriegs. Wie hat Christian Wehrschütz gesagt ? Verhandlungen sind das einzig Realistische. Vielleicht traut sich doch einmal ein Journalist wenigstens im Archiv nachzusehen. Bis zur Befreiung von Kiew war das nämlich auch die Devise der ukrainischen Führung: Jeder Krieg endet durch eine Vereinbarung.

Und jenen Journalisten, die das als unrealistisch erachten: Auch das Getreideabkommen wurde zunächst mit Skepsis aufgenommen. Und das vom Moskauer Korrespondenten wieder einmal bemühte Wort vom „Diktatfrieden“ lasst bitte einmal beiseite. Dieses Wort hat nämlich im 20. Jahrhundert schon ziemlich viel Unfrieden gestiftet. Es mangelt derzeit weder an Solidarität noch an Waffenlieferungen. Sehr wohl aber an Vernunft.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist und lebt in Wien

Schottlands Größen im Fokus

Jenseits medialer Enge: Staunen über schottische Erfinder, Denker, Dichter

Hans Högl. Andere Reiseanalyse

Schottland-Reisende begegnen allerorten Kämpfen und Krisen der Schotten mit Engländern. Mir sagte ein Schotte: „Die berühmten Briten sind alle Schotten!“ Es lohnt, das zu hinterfragen, denn auch Medien feiern meist Landsleute. Dies gilt sogar für die als sozial-liberal gepriesene „Süddeutsche Zeitung“, die ausländische Ski-Größen herunterspielt – in eindeutig gepflegtem Spießertum. Ziel ist hier, ein xenophiler Blick auf ein anderes Land als auf das eigene. Karl Marx hatte wohl analog zum Britischen Empire eine weltweite Revolution im Sinn. Doch wer übersieht es? Das Handeln keiner UNO-Großmacht deckt sich mit globalem Gemeinwohl. Wir sehen auf Schottlands Größen, auf ein Land, das um Selbständigkeit ringt.

Zu schottischen Autoren: Vom Dichter Robert Burns stammen Gedichte (Lieder) wie „Auld Lang Syne“. Er war das älteste von sieben Farmer-Kindern. Sein Vater war erstaunlich belesen. Robert Louis Stevenson schrieb „Die Schatzinsel“ (1883) und „Dr Jekyll and Mr. Hyde“ (1886), Walter Scott gilt als Erfinder historischer Romane. – Sean Connery spielt den britischen Geheimagenten – und ist zentral im Film „Im Namen der Rose“. Seine Autobiographie lautet: „Mein Schottland, mein Leben“.

Schotten sind stolz auf ihre Erfindungen, Entdeckungen – von einer in Schottland geborenen oder stammenden Person. Manchmal sind es Nicht-Schotten, die im Land arbeiten. So wurde am Roslin Institute bei Edinburgh das Schaf Dolly geklont. 1748 schuf William Cullen an der Universität Glasgow die erste künstliche Kühlung, eine Vorstufe des Kühlschranks. Schon vor der industriellen Revolution waren Schotten führend bei Innovationen / Entdeckungen. So entspringt schottischem Einfallsreichtums die Dampfmaschine von James Watt (Patent um 1769). Alexander Graham Bell erfand 1876 das erste praktische Telefon. Der Taubstummenlehrer A. Graham Bell, in Edinburgh geboren, emigrierte nach Kanada. John Logie Bairds erfand das Fernsehen (1928). Alexander Fleming entdeckte 1922 das Penicillin und das Insulin und erhielt den Nobelpreis.

Berühmte Schotten aus Philosophie und Wirtschaft: Der empirisch denkende Philosoph David Hume beeinflusste Immanuel Kant, er wandte sich vom dominierenden Calvinismus ab, war Religionskritiker und starb 1776. Der Moralphilosoph Adam Smith schrieb über Vorteile des Freihandels und der industriellen Arbeitsteilung -so im Buch: „Über die Natur und Gründe des Reichtums der Nationen“ (1776) . Smith schöpfte Kenntnisse in Glasgow aus Gesprächen mit Tabacco-Lords. Sein Geburtsort ist Kirkcaldy. Die Tabacco-Lords waren auch Sklavenhändler. Smith kritisierte ihr Verhalten.

Vor dem Einsatz der ersten Spinnmaschine von James Hargreaves (1764) wurde in Heimarbeit gewoben. In der Baumwollfabrik Lanark Mills bei Glasgow lebten an die 2000 Menschen. Der schottische Fabrikant Robert Owen (1771-1858) beobachtete in der heruntergekommenen Siedlung miserable sanitäre Verhältnissen, Trunkensucht und Diebstahl.Seine Fabrik sollte anders sein als in Manchester: Jede Arbeiterfamilie bekam zwei Räume, die ärztliche Versorgung war gratis, es gab einen Kindergarten und eine Werkskantine, von Arbeitern selbst verwaltet (Peter Sager: Schottland, Kunstreiseführer). Owens Ansatz waren Reformen. Er hatte wirtschaftlichem Erfolg, was seine Kollegen nicht ahnten. Seine Versuche in den USA scheiterten. Dies verschlang fast sein ganzes Vermögen.

Andrew Carnegie ist in Dunfermline/ Schottland geboren, wurde mit 33 Jahren der Stahlkönig in den USA, starb 1919. Vgl. die Carnegie-Stiftung. Laut Calvinismus soll der Reiche, sein Besitztum zum Wohle aller wieder mit Sorgfalt verschenken. Eine Haltung, die in der Coranakrise Bill Gates nicht zugetraut wurde.

Loch Ness – eine Zeitungsente!?

Das Wichtigste einer Schottlandreise?

Hans Högl

Zurück von einer 11-tägigen Schottlandreise, stellte sich die Frage nach Informationen mit Bezug zum Blog Medienkultur. Mir fiel auf, dass auf dem Flughafen in Edinburgh in einem großen Fachgeschäft ein einziges deutsch-sprachiges Magazin vorhanden war: eine Nummer von „Stern“.

Doch nun zu „Nessie“. Eine Schottlandreise darf nicht missen, die Stelle zu besuchen, wo vielleicht diese Ungeheuer gesichtet wurde.. „Loch“ – das sind zahllose schottische Seen, die in der Eiszeit entstanden sind – wie auch die Seen im Salzkammergut oder die Seen in Schweden und die Gewässer im Umfeld von Berlin.

In Kreuzworträtseln taucht oft die Frage nach einem schottischen See auf, verbunden mit dem Hinweis „Loch…“. Selbst wenig ambitionierte Rätselfreunde werden ohne zu zögern „Ness“ in die Kästchen schreiben.

Im Jahre 565 wandelte der irische Missionar Columba an den Gestaden von Loch Ness: Da tauchte urplötzlich aus den Fluten – so seine Worte – ein Wassermonster auf. 1368 Jahre blieb das Monster ungesichtet. Keine Sage schilderte seine grausamen Taten. 1971 sah ein Benediktinerpater von der am See gelegenen Abtei Fort Augustus eine starke Bewegung im Wasser und dann erschien ein schwarzer Hals, etwa 15 cm im Durchmesser und zwei Meter lang. Es sei ein Tier gewesen. Es gäbe sogar von einem schauerlichen Wesen Fotos… Wie auch immer!

Unsere Reiseführerin, eine ausgebildete Anglistin, berichtete, dass heute 20.0000 (!) Menschen von der Legende des Monsters Ness leben. Ein Zeichen dafür, was Legenden und Vermutungen bewirken. Selbst Schifftouren werden angeboten. Bei den Theorien über die Existenz von Nessie kommt man schon ins Grübeln, meint Matthias Eickhoff im Dumont-Reisestaschenbuch. Die meisten Fachleute meinen, das Monster Ness sei eine Zeitungsente.