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Initiative Engagierte Neutralität

In Politik und Medien sind Tendenzen zu registrieren, die auf eine Aushöhlung der Neutralität Österreichs hinauslaufen. Diese wird in manchen Kommentaren und politischen Stellungnahmen als überholt und nicht mehr sinnvoll bezeichnet. Eine neue Initiative will nun dagegenhalten.

Udo Bachmair

„Initiative Engagierte Neutralität“ nennt sich eine neue Gruppe, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Bedeutung und Nützlichkeit der immerwährenden Neutralität gerade in krisenhaften Zeiten wie diesen zu betonen und zu bekräftigen.

Im Vorfeld des Nationalfeiertages am 26. Oktober, dem Jahrestag der Unterzeichnung des Neutralitätsgesetzes, fordert die Initiative in einem Appell Bundesregierung und Parlament dazu auf, die Neutralität zu wahren und für eine engagierte Friedenspolitik zu nutzen.

Details des Appells werden in einer Pressekonferenz am Montag, 23.11. ab 10.30 Uhr im Presseclub Concordia präsentiert. JournalistInnen aus dem Bereich der Vereinigung für Medienkultur sind dazu natürlich ebenfalls eingeladen.

Podiumsteilnehmer der Pressekonferenz sind Ex-Botschafterin Gaby Matzner, der frühere Sozialminister Erwin Buchinger, der Politikwissenschaftler Heinz Gärtner, Bundesheergeneral i. R. Günther Greindl sowie Ex-NR-Abg. und Diplomat Wendelin Ettmayer. Moderiert wird die PK von Udo Bachmair, Ex-ORF-Journalist und Präsident der Vereinigung für Medienkultur.

Dem Appell haben sich bereits zahlreiche namhafte Persönlichkeiten angeschlossen, unter ihnen Christoph Leitl, Karl Blecha, Peter Jankowitsch, Irmtraut Karlsson, Heinrich Keller, Andrea Komlosy, Ali Kohlbacher, Ferdinand Lacina, Erwin Lanc, Fritz Edlinger, Alfred Noll, Madeleine Petrovic, Emmerich Talos, Adalbert Krims, Renata Schmidtkunz, Manfried Rauchensteiner, Peter Diem und viele andere mehr.

ORF-Glaubwürdigkeit

Diverse Unterstellungen, ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz würde einseitig berichten, sind unhaltbar. Seine Beiträge aus der Ukraine sind überwiegend positive Beispiele für differenzierenden Qualitätsjournalismus.

Udo Bachmair

Die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird weniger durch einen einmaligen Fehler eines insgesamt verdienstvollen Korrespondenten erschüttert, als vielmehr durch den Mangel an journalistischem Bemühen, den vom ORF-Gesetz auferlegten Objektivitätskriterien auch in der außenpolitischen Berichterstattung gerecht zu werden. Im Gegensatz zu manchen anderen Kollegen erfüllt Christian Wehrschütz diese Aufgabe auf vorbildliche Weise.

Er ist ein Journalist, der penibel recherchiert, sich bei Menschen vor Ort kundig macht, nicht nur (westliche) Agenturen abkupfert. Er ist einer, der sich ernsthaft bemüht, differenzierend beide Seiten eines Konflikts zu sehen. Auch in der komplexen Causa Ukrainekrieg erweist sich die Fähigkeit von Christian Wehrschütz, ein ausgewogenes Bild über Vorgänge und Entwicklung dieses unheilvollen Krieges zu vermitteln. Bisher schon einige Male unter Einsatz seines Lebens..

Wehrschütz geht wie alle, die nicht eine Schwarz/Weiß-Malerei und ein plattes Freund/Feind-Denken pflegen, davon aus, dass im Kriegsfall beide Kriegsparteien Kriegspropaganda betreiben, demnach auch die ukrainische Seite. Dies auszusprechen, oder auch Fehlentwicklungen in der Ukraine, wie Korruption, auszusprechen, reicht für viele bereits als Beleg, die profunden Beiträge von Christian Wehrschütz‘ als einseitig prorussische zu brandmarken.

Auch wenn es auf politischer Ebene nun vor allem die NEOS sind, ORF-intern Kollegen oder eine ehemalige Korrespondentin, die gegen Wehrschütz Stimmung machen, erscheint Eines sicher: Christian Wehrschütz wird, wie ich ihn kenne, trotz aller Attacken und Unterstellungen, seine seriöse journalistische Arbeit unbeirrt fortsetzen. Das kann letztlich die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur stärken.

Dieser Beitrag von Udo Bachmair ist auch in der heutigen Ausgabe der Zeitung Die Presse erschienen.

Mainstream-Medien auf NATO-Linie ?

Immer deutlicher wird offenbar, dass österreichische Medien zunehmend auf kritischen Kurs gegenüber unserer Neutralität einschwenken bzw. bereits eingeschwenkt sind.

Fritz Edlinger *

Die Berichterstattung mancher österreichischer Medien über die von rund 70% der heimischen Bevölkerung geschätzten immerwährenden Neutralität lässt zunehmend Zweifel an den Absichten mancher Herausgeber und ihrer Journalisten entstehen. Vor allem die überregionalen Zeitungen – ich meine hier vor allem Kurier, Standard und Presse – bombardieren ihre Leserinnen und Leser mit neutralitätskritischen Analysen und Interviews.

Ganz zufällig haben sowohl der Kurier als auch der Standard elendslange Interviews mit dem als NATO-Propagandisten bekannten US-Professor Timothy Snyder veröffentlicht, der nicht nur die NATO-Ukraine-Politik ohne weitere Wenn und Aber unterstützt, sondern der sich auch noch die Freiheit nimmt, Österreich darauf hinzuweisen, dass seine Neutralität seit langem nicht mehr zeitgemäß sei.

Den sprichwörtlichen Vogel hat allerdings der langjährige ORF-Auslandskorrespondent und regelmäßiger Falter-Kommentator Raimund Löw, der in seinem Kommentar im Falter die Demolierung der Neutralität konstatiert und empfiehlt, dass sich Österreich ebenfalls dem „Schutz der NATO“ anvertrauen soll. Im ebenfalls einmal linksliberal positionierten Standard liest man es ähnlich. Die Zeitenwende hat ganz offensichtlich in den Hirnen vieler Menschen, vor allem auch solcher in Politik und Medien tätigen, zu einer radikalen Bewusstseins- und Meinungsveränderung geführt. Die deutsche Außenministerin ist da offensichtlich kein Einzelfall.

Dass Hopfen und Malz noch nicht gänzlich verloren sind, beweisen einige mutige Autoren, wie unser langjähriges Redaktionsmitglied Prof. Heinz Gärtner (siehe sein aktuelles Interview in der deutschen Zeitschrift Die Zeit und auch eines im Schweizer Rundfunk). Auch ein langes Interview mit Prof. Dieter Segert (übrigens ebenfalls Autor in der aktuellen Ausgabe von INTERNATIONAL) in den Salzburger Nachrichten zeigt, dass es doch noch nachdenkliche und friedenswillige Menschen gibt. Der langjährige ORF-Redakteur Udo Bachmair gehört ohne Zweifel ebenfalls zu dieser Gruppe, wie sein Kommentar in der Internet-Zeitschrift „Unsere Zeitung“ (siehe Link) beweist. Offensichtlich verbreiten sich gewisse meinungsändernde Viren in bestimmten – zumeist großstädtischen Blasen – stärker als in periphereren Milieus.

Ich möchte abschließend nochmals auf einige unserer jüngsten Videos zu Fragen der Neutralität und der Friedenspolitik verweisen. Wir werden weiterhin derartige nationale und internationale Positionen verbreiten, um die Möglichkeit zu geben, sich auch Informationen zu besorgen, die man in den meisten der heimischen Mainstreammedien kaum mehr findet. Dass Meinungsfreiheit und Pluralismus zu den Grundsäulen unserer „freiheitlich-demokratischen“ Grundordnung zählen, scheint immer weniger Menschen bewusst zu sein. Zumindest bei jenen, welche privilegierte Zugänge zu Medien haben.

Links:

www.international.or.at

www.unsere-zeitung.at/2023/07/15/neutralitaet-ade/

www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/hat-die-neutralitaet-ausgedient?partId=12417424

Die Zeit: „Diese Raketen sind nicht nur ein Schutz“- Prof. Heinz Gärtner

* Fritz Edlinger ist Herausgeber und Chefredakteur der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL. Der Text ist aus dessen Newsletter entnommen.

Medialer Trauertag 30.6.2023

Das Aus für die Wiener Zeitung steht unmittelbar bevor. Morgen erscheint die letzte Printausgabe der ältesten Tageszeitung der Welt. Hoffnung auf Weiterbestand muss begraben werden.

Udo Bachmair

Die renommierte „Wiener Zeitung“ ist Geschichte. Alle Appelle und Initiativen zur Rettung des zum Kulturgut gewordenen Qualitätsblattes haben offenbar nichts gefruchtet. ÖVP und Grüne, vertreten durch Medienministerin Susanne Raab und Mediensprecherin Eva Blimlinger haben der Zeitung den Todesstoß versetzt. Der 30. Juni 2022 wird als medialer Trauertag in die Geschichte erbärmlicher Medienpolitik hierzulande eingehen.

Dass die Regierungspartei ÖVP an der Zerstörung der Wiener Zeitung festhalten würde, war nicht weiter überraschend. Sie hat ihren Machtanspruch und ihre Einflussversuche auf Medien während der Kurz-Ära massiv erweitert. Dass aber auch die Grünen, früher leidenschaftliche Fürsprecher von Qualitätsmedien und Medienvielfalt stur geblieben sind, erscheint rätselhaft. Ihre Mittäterschaft am Tod der Wiener Zeitung ist für Politstrategen völlig unverständlich. Vergrämen sie damit doch einen Großteil des bisher durchaus grünaffinen Medien- und Kulturbereichs.

Auch seitens des Bundespräsidenten, dem eine gesunde Medienlandschaft mit Medienvielfalt und Qualitätsjournalismus allein schon aus demokratiepolitischen Gründen ein Anliegen ist bzw. sein sollte, hat es an Unterstützung gemangelt, die älteste Zeitung der Welt am Leben zu erhalten. Der Vorwurf an ihn lautet, die Regierung nicht auf die vorhandenen Alternativangebote zur Weiterführung der Zeitung verwiesen zu haben.

Ungehört verhallt ist übrigens jener Brief, den der legendäre Hugo Portisch gemeinsam mit Heinz Nussbaumer vor 4 Jahren veröffentlicht hat. Darin heißt es unter anderem:

In einer Zeit, in der Qualitätsmedien weltweit einen Überlebenskampf gegen Banalität und Trivialisierung führen müssen – und ihn zu oft auch verlieren –, ist jede Würdigung und Auszeichnung für diese aus vielen Gründen außergewöhnliche österreichische Zeitung ein wichtiger Beitrag, um das Fortbestehen der Wiener Zeitung auch in Zukunft abzusichern.
Diese Hoffnung muss nun begraben werden. Ein möglicher Lichtblick jedoch besteht darin, dass bei einer neuen Regierung nach der nächsten Nationalratswahl die Wiener Zeitung eine Chance auf Wiederauferstehung hat.

Kriegsrhetorik statt Friedensbemühungen

Westliche Medien und Politik plädieren überwiegend für ausschließlich militärische Lösungen, für den Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld. Wie Medien darüber berichten, gleicht sich oft in erstaunlicher Weise.

Udo Bachmair *

Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist absolut zu verurteilen. Es ist und bleibt unfassbar, dass eine Aggression dieser Art in Europa auch in diesem Jahrhundert noch stattfinden würde. Ein Schlag ins Gesicht jenes zivilisatorischen Fortschritts, den viele bis vor gut einem Jahr in Europa noch als existent und erreicht betrachtet hatte. Krieg ist per se ein Verbrechen.

Das heißt jedoch nicht, die Vorgeschichte des aktuellen Krieges, Kriegspropaganda, Sinnhaftigkeit sogenannter Militärlogik sowie vor allem Friedenschancen auszublenden. Besonderes Interesse gebührt dabei der Rolle der Medien und deren Verantwortung. Viele von ihnen haben sich von Differenzierung und damit auch von Qualitätsjournalismus verabschiedet. Vor allem deutsche, aber auch österreichische Medien gefallen sich vielfach darin, jene Kräfte in Politik und Medien, die auf Verhandlungen und Friedenskonzepte drängen, als naiv, nicht empathisch, als Putins Trolle, etc. abzuqualifizieren. Jene, die dringend für ein Ende der Lieferung schwerer Waffen appellieren, bevor die Lage weiter eskaliert, gelten als Realisten.

Im Grunde sind es zwei polarisierende Positionen, die den Disput rund um den Ukraine-Krieg dominieren : Einerseits die Überzeugung, ein Ende des Krieges sei nur durch einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld erreichbar. Andererseits die Annahme, der Krieg und weiteres Leid könnten bald nur dadurch beendet werden, dass endlich auch diplomatische Bemühungen mit Aussicht auf eine Friedenslösung sichtbar werden. Letztere Position wird von Medien und Politik im Westen mehrheitlich nicht geteilt. Im Gegenteil: Jene Menschen, die leidenschaftlich für Frieden ohne weitere schwere Waffen demonstrieren, werden als „Friedensschwurbler“, als moralisch verkommen, als Befürworter eines „Diktatfriedens“ bzw. eines „Friedensdiktats“ verunglimpft. „Putinversteher“ oder „Russlandversteher“ gelten ohnehin als Schimpfwörter schlechthin.

Wortführerinnen der Kriegsrhetorik ist die als Hardlinerin auch über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt gewordene FDP-Abgeordnete Strack-Zimmermann sowie überraschenderweise auch die grüne Außenministerin Bärbock. Ausgerechnet die Grünen, die sich früher noch als parlamentarischer Arm der Friedensbewegung verstanden haben, ergehen sich nun in militaristischer Ideologie. Bühne bieten ihnen bemerkenswerterweise vor allem die öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF, die wie hierzulande der ORF auch in der außenpolitischen Berichterstattung zur Ausgewogenheit verpflichtet wären. Sendungen wie „Hart aber fair“ oder „Maischberger“ oder „Anne Will“, lassen zumeist jene Podiumsgäste, die differenzierend und deeskalierend argumentieren, kaum zu Wort kommen oder werden erst gar nicht eingeladen. Auch der ORF hat sich über weite Strecken in den Mainstream eingeklinkt, Gegenpositionen zu Kriegslogik und antirussischer Feindbildpflege erscheinen weitgehend unerwünscht. Seriöse Politologen, wie Heinz Gärtner, oder engagierte Friedensforscher wie Werner Wintersteiner oder Thomas Roithner, werden selten oder nicht mehr als Studiogäste befragt.

Besonders Boulevardmedien scheinen einander in Kriegsrhetorik und Dämonisierung Russlands zu überbieten. Im Gegensatz zu Wladimir Putin wird der Präsident der Ukraine, Staatschef eines wie Russland autokratischen und korrupten Staates, im Westen zum Helden und lupenreinen Demokraten stilisiert, für den „wir“ Krieg führen.„Wir führen Krieg gegen Russland“ ließ die deutsche Außenministerin im Europarat ja ihrer wenig diplomatischen Haltung freien Lauf..

Mehrere Untersuchungen belegen mittlerweile überwiegende Einseitigkeit der meisten deutschen Leitmedien, ein Befund, der wahrscheinlich auch auf Österreich übertragbar ist. So hat „Cicero-Magazin für politische Kultur“ eine Studie veröffentlicht, die fehlende Meinungsvielfalt in der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg ortet : www.cicero.de/aussenpolitik/studie-zur-berichterstattung
Auch die deutsche Otto-Brenner-Stiftung belegt, dass die Medien „überwiegend“ für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine plädieren: www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/publikationen.
Auffallend ist dabei das Auseinanderklaffen zwischen der Meinung der Bevölkerung und der medial veröffentlichten Meinung. Umfragen zufolge sind mittlerweile mehr als 50 Prozent der Befragten gegen die weitere Lieferung schwerer Waffen ins Kriegsgebiet.

Vernebelt vom Schwarz/Weiß-Denken und dem Festhalten an einem starren Freund/Feind-Schema stellen westliche Medien ukrainische Quellen meist als ernstzunehmend dar. Von russischer Seite kommende Meldungen werden als unglaubwürdig und propagandistisch bezeichnet. Auch beim Konsum von ORF-Nachrichtensendungen bleibt als Botschaft nicht selten der Eindruck hängen, dass ukrainische „Informationspolitik“ als faktenbasiert vermittelt wird, Russland hingegen würde bloß mit Fakes und Propaganda agieren.

Dass es auch differenzierend geht, beweist immer wieder der besonnene und sachorientierte ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der sich jenseits bloßer Kriegsrhetorik und wegen seiner differenzierenden Wortwahl große Wertschätzung erworben hat. Wehrschütz kann auf authentische Quellen vor Ort verweisen, die meisten Redaktionen westlicher Medien können dies nicht. Deren Hauptquellen sind die großen US-nahen Agenturen, die nur eine Seite geopolitischer Weltsicht repräsentieren. Wehrschütz hat in einer gut besuchten Podiumsdiskussion der Vereinigung für Medienkultur von der „Demut des Nichtwissens“ gesprochen. D. h. es ist journalistisch durchaus korrekt, zuzugeben, dass mangels seriöser Quellen oft keine entsprechende Einschätzung eines bestimmten Sachverhalts ergeben kann.

Schon Jahre vor dem Krieg haben westliche Medien und PolitikerInnen Russland beharrlich zu einem Feindbild mit aufgebaut. Dabei helfen einzelne Begriffe und Worte, wie sie auch in Nachrichtensprache verwendet werden. So fällt auf, dass Äußerungen russischer Politiker meist mit Prädikaten wie „behaupten“, „unterstellen“, etc. versehen werden. Wenn ein US- , NATO- oder EU-Politiker eine Stellungnahme abgibt, lauten die Prädikate „betonen“, „bekräftigten“, „erklären“ etc.. Diese werden bewusst, aber oft auch unbewusst bzw. automatisiert und verinnerlicht als positiv geladene Begriffe gesetzt.

Wie ist nun die inhaltlich weitgehende Angleichung in der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg zu erklären ? Sind die JournalistInnen Opfer staatlich gelenkter Manipulation ? Im Buch „Die vierte Gewalt“ von Richard David Precht und Harald Welzer findet sich dazu eine interessante These: In den Medien gebe es „ganz eigene Echokammern einer Szene, die vor allem darauf blickt, was der jeweils andere gerade sagt oder schriebt, ängstlich darauf bedacht, bloß nicht zu sehr davon abzuweichen.“ Ein Konformismus, der auf Kosten von Qualitätsjournalismus geht und nicht zuletzt auch demokratiepolitisch bedenklich ist. Vor diesem Hintergrund machen Medien zunehmend Politik bzw. treiben die Politik vor sich her Ein Beispiel dafür der starke mediale Druck auf den deutschen Kanzler Scholz. Der hat mit dazu beigetragen, dass sich dessen zunächst eher besonnene Haltung zur Lieferung von Kampfpanzern nachhaltig gewandelt hat.

Der Irak-Krieg im Jahr 2003 war ebenfalls ein Angriffskrieg, damals ausgeführt von den USA. Nur durfte man damals diese Bezeichnung in Moderationen nicht verwenden, wie es der Autor dieser Analyse als früherer ORF-Redakteur selbst erlebt hat. Zudem sind damals völkerrechtswidrige Aspekte weitgehend ausgeblendet worden. Auch im Zusammengang mit den weiteren von NATO und den USA geführten Kriegen.

Solange der Westen sich nicht auch in die geopolitische Interessenslage Russlands hineindenken kann, Stichwort dazu die NATO-Erweiterung, so lange werden keine effektiven Friedensschritte zu erwarten sein. Leider sind auch aufseiten Russlands keine Friedenssignale zu vernehmen, Putin verharrt in seiner seltsam historisch basierten imperialistischen „Kriegslogik“. Das muss allerdings nicht so bleiben. Auch der Westen, allen voran die EU, sollten nicht auf Dauer an militaristischer Ideologie im Zusammenhang mit diesem Krieg festhalten. Gefordert wären diesbezüglich vor allem auch die Medien.

Es gilt einer von Friedensethik getragenen aktiven Friedenspolitik das Wort zu reden, die auch Kompromissen Raum geben müsste. Weiter aufheizende Kriegsrhetorik sowie fortgesetzte Feindbildpflege lassen ein sehnlichst erwartetes Kriegsende in noch weitere Ferne rücken.

• Dieser Beitrag von Udo Bachmair ist in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Spinnrad“ des Österreichischen Versöhnungsbundes erschienen

Wiener Zeitung : 1703 – 2023

Es war zu befürchten: Die Bundesregierung bestehend aus ÖVP und Grünen hat dem traditionellen Qualitätsblatt nun endgültig den Garaus gemacht.

Udo Bachmair

Trotz aller verzweifelter, aber auch hoffnungsfroher Rufe nach Rettung der Wiener Zeitung hat der Nationalrat mit den Stimmen auch der Grünen allen Ernstes diesem Qualitätsblatt den Todesstoß versetzt. Die Printausgabe der ältesten Zeitung der Welt, als Aushängeschild des Qualitätsjournalismus hierzulande längst bereits zum Kulturgut geworden, wird per Jahresmitte eingestellt.

„Eine Schande“, „ÖVP und Grüne Kulturbanausen“, „Krone-Abo für Frau Blimlinger“- so einige der Losungen auf Transparenten, die bei einem Demonstrationszug zahlreicher Menschen durch die Wiener Innenstadt mit Ziel Bundeskanzleramt mitgeführt worden sind. Doch alle Aufrufe, alle Initiativen haben nichts gefruchtet.

Dass die große Regierungspartei ÖVP an der Zerstörung der Wiener Zeitung festhalten würde, war nicht weiter überraschend. Sie hat ihren Machtanspruch und ihre Einflussversuche auf Medien spätestens seit der Kurz-Ära massiv erweitert. Dass aber auch die Grünen, früher leidenschaftliche Fürsprecher von Qualitätsmedien und Medienvielfalt stur geblieben sind, erscheint rätselhaft.

Die Mittäterschaft der Grünen am Tod der Wiener Zeitung, vor allem in Person der Mediensprecherin Eva Blimlinger, ist für Politstrategen völlig unverständlich. Vergrämen sie damit doch einen Großteil des bisher durchaus grünaffinen Medien- und Kulturbereichs. Sie wollen und können nicht begreifen, dass sie damit auch Multiplikatoren verärgern und für sie wichtige Wählerstimmen verlieren werden.

Mit engagierten Redebeiträgen pro Erhalt der Wiener Zeitung sind heute im Parlament hingegen Spitzenvertreterinnen von SPÖ, FPÖ und NEOS aufgetreten. Mit ähnlichen Begriffen und Argumenten, die schon bei der Demo vor dem Kanzleramt geäußert worden waren. Von Skandal, von Wahnsinn, von einem demokratiepolitisch besonders bedenklichen Ereignis, etc. war da die Rede.

Die SPÖ-Abgeordneten hielten demonstrativ Exemplare der heutigen Ausgabe der Wiener Zeitung mit der „Todesanzeige“ als Schlagzeile „1703 – 2023“ in Händen.

Besonders hart auch gegen seine eigene Partei, der ÖVP, ins Gericht gegangen war bei der Demo auf dem Ballhausplatz Ex-EU-Kommissar Franz Fischler: „Woher nehmen sich die ahnungsvollen Leuchten des Politikgewerbes, Medienministerin Raab und Frau Blimlinger, das Recht und die Frechheit, dieser 320 Jahre alten Institution den Garaus zu machen?“.

Auch der bekannte Medienwissenschafter (und Vizepräsident der Vereinigung für Medienkultur) Fritz Hausjell sprach vor den Demonstranten von einem „fatalen Schritt für die Demokratie, nicht zuletzt in Anbetracht der Nachrichten über Message Control und Inseratenkorruption.“ Der Chef der IG Autoren, Gerhard Ruiss, sorgte für einen optimistischen Demo-Ausklang : „Wir geben nicht auf!“

ORF-Orchester vor dem Aus ?

Lässt die Regierung nach der Wiener Zeitung nun auch das hervorragende ORF-Radiosinfonieorchester (RSO) im Stich ?

Udo Bachmair

Roland Weißmann, seines Zeichens Generaldirektor des größten heimischen Medienkonzerns, musste kürzlich zum Rapport. ÖVP-Medienministerin Susanne Raab machte ihm dabei unmissverständlich klar, dass der ORF weitere hunderte Millionen einsparen müsse. Für manche auch bisher durchaus erfolgreiche Bereiche des Unternehmens eine Existenzfrage.
So drohen personelle Einschnitte u.a. auch in den so wichtigen TV- und Radioinformationsbereichen des ORF, nicht zuletzt auch programmliche Einschränkungen im bewährten Kultur- und Informationssender Ö 1.

Gilt das Ende des ORF-TV-Sport-Kanals als bereits fix, wofür sich angesichts des extrem ausufernden Sportbudgets durchaus Verständnis aufbringen lässt, so besteht noch geringe Hoffnung, dass das renommierte ORF-Sinfonieorchester eine Überlebenschance erhält. Doch die Frage bleibt vorerst offen, ob dem RSO ein Schicksal der Wiener Zeitung erspart bleibt. Das wäre für die Kulturnation Österreich wohl eine erbärmlich kleingeistige Entwicklung, sind sich empörte Kultur- und MedienbeobachterInnen einig.

Der Kultur- und Musikbereich ist bzw. war traditionell eher grünaffin. Dies dürfte spätestens nach der unermüdlichen Beharrlichkeit der grünen Mediensprecherin Eva Blimlinger, die mittlerweile als Kultobjekt geltende Wiener Zeitung bedenkenlos fallen zu lassen, nur mehr eingeschränkt der Fall sein. Sollten die Grünen sich auch in der Causa RSO zurückhaltend zeigen, würde dies in der Kultur- und Medienbranche auf höchstes Unverständnis stoßen.

Die grüne Mediensprecherin Blimlinger dürfte jedoch in Sachen RSO mittlerweile eines Besseren belehrt worden sein. In einigen Medien wird sie heute mit dem Satz zitiert: “ Das Radiosinfonieorchester ist für den Kulturstandort Österreich unersetzbar“. Hoffnung keimt also auf für den hervorragenden Klangkörper.

Jetzt gilt es „nur“ noch, den großen Koalitionspartner zu überzeugen und nicht zuletzt auch ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Diesem scheint bis dato nicht bewusst zu sein, dass er mit dem RSO auch einen nicht unwesentlichen Teil des öffentlich-rechtlichen Kulturauftrags des ORF opfern würde. Ihm wäre mehr Selbstbewusstsein gegenüber den Regierungsparteien zu wünschen.

Jedenfalls läuft der Countdown für die Entscheidung über das ORF-Orchester: Am 23. März will bzw. muss der ÖVP-dominierte ORF-Stiftungsrat die geforderten Sparmaßnahmen absegnen.

Eine Petition für den Erhalt des RSO können Sie über folgenden Link unterzeichnen :

mein.aufstehn.at/petitions/sos-rso-rettet-das-radiosymphonieorchester-wien

Reizthema Ukrainekrieg und Medien

Das große Interesse an der jüngsten Podiumsdiskussion zu dieser Causa hat die Erwartungen weit übertroffen. Um die 800 Zugriffe auf den nun auch auf Youtube abrufbaren Mitschnitt werden mittlerweile registriert.

Udo Bachmair

„Der Krieg gegen die Ukraine und die Berichterstattung westlicher Medien“. Das war Thema einer vielbeachteten Podiums- und Publikumsdiskussion kürzlich im Presseclub Concordia in Wien. Der rege Diskussionsabend, veranstaltet von der Vereinigung für Medienkultur, hat gezeigt, wie groß der Unmut über außenpolitische Berichterstattung mit Schlagseite in den meisten unserer Medien ist.

Ein Krieg geht immer einher auch mit einem Informationskrieg, beide Kriegsparteien betreiben Kriegspropaganda, lauteten zwei der Grundthesen der Veranstaltung. Medien spielen dabei eine wichtige und verantwortungsvolle Rolle, sie machen aber mitunter selbst Politik und üben sich in Kriegs-statt in Friedensrhetorik. Beispiel der beharrliche auch mediale Druck auf den deutschen Kanzler Scholz, endlich weitere schwere Waffen an die Ukraine zu liefern.

Besondere Aufmerksamkeit schenkte das Publikum auch einem Live-Gespräch mit ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der mit seiner sachlichen und differenzierenden Berichterstattung für engagierten Qualitätsjournalismus steht.

Die Aufzeichnung des Diskussionsabend ist auf Initiative von Fritz Edlinger, des Herausgebers der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL, nun also auch auf Youtube abrufbar.

Hier der Link : https://www.youtube.com/watch?v=WDSUw-3k7PI

Gruß zum Jahreswechsel 2022/2023

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde der Vereinigung für Medienkultur !

Auf diesem Wege Ihnen / Dir viel Glück, Gesundheit und Erfolg für 2023 ! !

Besuchen Sie uns auch 2023 auf unserer Website www.medienkultur.at , wo Sie wieder zahlreiche Kommentare und Analysen zum Themenfeld Politik und Medien unter besonderer Berücksichtigung von Medienkritik und Medienpolitik finden können.

Es ist gelungen, auch weitere Gastautoren zu gewinnen, die eine gute Ergänzung zu den Stammautoren Hans Högl und Udo Bachmair darstellen. Wir planen, 2023 den Stab an AutorInnen weiter auszubauen, der vermehrt auch Studierende vorwiegend aus den Bereichen Publizistik/Kommunikationstheorie und Politikwissenschaft umfassen soll.

In unserer Hauptversammlung am 13. Dezember 2022 ist ein bemerkenswerter personeller Zugang beschlossen worden. Dabei ist Univ. Prof. Dr. Fritz Hausjell einstimmig ins Präsidium der Vereinigung für Medienkultur gewählt worden. Der renommierte Publizistik- und Kommunikationswissenschafter übt damit die Funktion eines der beiden Vizepräsidenten der Vereinigung aus.

Die nächste größere Veranstaltung unserer Vereinigung ist eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung :

Wo: Presseclub Concordia, Bankgasse 8, A-1010 Wien

Wann: 24. Jänner 2023 Beginn: 18.30 Uhr

Thema: Westliche Medien und der Ukraine-Krieg.

Als Diskussionsteilnehmer bereits fix sind der journalistisch vorbildliche ORF-Korrespondent Mag. Christian Wehrschütz, der renommierte Politikwissenschaftler Prof. Dr. Heinz Gärtner sowie der engagierte Friedensforscher Prof.Dr. Werner Wintersteiner.

Anmeldung unter stifter@medienkultur.at Herzlich willkommen !

2023 werden uns zusätzliche Kosten dadurch erwachsen, dass der Presseclub für Veranstaltungen seine Räumlichkeiten nicht mehr gratis zur Verfügung stellt. Auch in diesem Zusammenhang möchten wir Sie / Euch an den Mitgliedsbeitrag erinnern.*Sollte dessen Begleichung schon erfolgt sein, ein herzliches Dankeschön! Wenn nicht, bitte untenstehende Daten beachten:

*Erste Bank IBAN AT 31 2011 1300 0310 1325 ( Vereinigung für Medienkultur )

Mit Dank und einem PROSIT NEUJAHR

Udo Bachmair (namens der Vereinigung für Medienkultur)

Journalistische Einseitigkeit inakzeptabel

Die Frage, ob und wie einseitig unsere Medien über den Ukraine-Krieg berichten, war Gegenstand einer bemerkenswerten Diskussionsrunde jüngst in „Links.Rechts.Mitte“ von Servus TV.

Udo Bachmair

Ist es gerechtfertigt, dass sich Journalisten auf eine Seite schlagen, nämlich auf die der Ukraine ? Fehlt es unseren Medien an Distanz ? Zwei der Fragen im Diskussionsformat „Links.Rechts.Mitte.“jüngst in Servus TV.

Gleich zu Beginn der Debatte stellte die TAZ-Journalistin Ulrike Herrmann klar . „Russland ist unser Feind“. Daher trete sie auch für die mediale Unterstützung der Ukraine ein. Russland habe sämtliche Verträge gebrochen ( Kopfschütteln bei den Mitdiskutanten Christian Wehrschütz und der Historikerin Andrea Komlosy ) und sei zweifellos imperialistisch.

„Bei allem Leid“, entgegnete der besonders engagierte ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, seien Einseitigkeit und Parteilichkeit in der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg „völlig inakzeptabel“. Er habe den Eindruck, dass vor allem deutschsprachige Medien „in einem Gut/Böse-Schema sind“.

Wie Wehrschütz verurteilten auch die anderen Studiogäste den Krieg Russlands gegen die Ukraine. So auch Franz Schellhorn von der liberalkonservativen Agenda Austria. Er gab jedoch zu bedenken, dass wir weiterhin von russischen Rohstoffen abhängig seien.

Die Historikerin Andrea Komlosy fand es bedenklich, dass wir so tun, als würden wir selber Krieg gegen Russland führen. „Wir dürfen nicht länger einseitig eine Seite unterstützen“, sagte sie. Der Krieg müsse gestoppt werden, „die westlichen Waffenlieferungen schüren ihn aber“.

Christian Wehrschütz, bezüglich differenzierender Berichterstattung aus dem Kriegsgebiet ein Vorbild für Qualitätsjournalismus, wünscht sich von seinen JournalistenkollegInnen „mehr rationalistische und weniger moralisierende Berichterstattung“. Westliche Medien würden „viele Grautöne außer acht lassen“, fügte Wehrschütz hinzu. So sei etwa die Tatsache, dass Supermachtinteressen eine große Rolle spielen, unterbelichtet. Das sei keine Rechtfertigung für einen Angriffskrieg, aber er gibt zu bedenken:

„Gut oder Böse gibt es in der Politik nur selten“.

Ein Veranstaltungstipp:

Um westliche Berichterstattung am Beispiel des Ukraine-Kriegs geht es auch in einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion u.a. mit Heinz Gärtner und Christian Wehrschütz (angefragt) am

24. Jänner ab 18.30 Uhr im Presseclub Concordia, Bankgasse 8, A-1010 Wien

Moderation : Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur