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„Economist“ mit Österreichkritik

Wo seid Ihr gewesen, ihr werten JournalistInnen?

Hans Högl

Eine der wirklichen Leitmedien Europas ist die britische Zeitschrift „Economist“, in der hervorragende Köpfe aus Spitzenuniversitäten schreiben. Umso erstaunlicher finde ich, dass meines Wissens bei uns in Österreich auf einen kritischen Österreich-Beitrag darin nicht eingegangen wurde.

Es ist die Ausgabe „Economist“ vom 13. Mai 2023, Seite 25. Sie liegt u.a. im Café Ritter in Ottakring auf, einem ausgezeichneten Café mit einem sehr breiten Angebot an internationalen Zeitschriften wie „The New York Times“, „Le Monde“, selbstverständlich die NZZ und die „Süddeutsche“ und die „“Welt“, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dieses Café hat ein vergleichsweise breiteres und qualitativ höheres Zeitschriften-Angebot als adäquate Innenstadt-Lokale.

Hier zeigt sich wieder, wie Medien n a c h h i n k e n, wie schon der längst verstorbene Soziologe Erich Bodzenta zur Stadtforschung sagte, dass die sogenannten Arbeiterbezirke es schon längst nicht mehr in dieser Weise sind, wie sie als Klischees in Medien präsentiert werden. Bodzenta bezog sich auf die Verteilung der Bewohner. Dies zeigt sich in diesem sehr chic eingerichteten und gut besuchten Caféhaus, einer wunderbaren Einrichtung in Wien, um sich breit zu informieren.

Die Schweiz ist bedroht! Ja?

Negativliste überrascht selbst ein medienkundiges Publikum. Papiersäcke gehen aus!

Hans H ö g l

Im Vorstadtcafé Ritter las ich, dass in der wohlhabenden Schweiz und einer der besten Demokratien der Welt, im Journalismus oft von drohendem Untergang die Rede ist. Dazu eine Dame: Manche wollen gar nicht gute Nachrichten hören. Es ist ein Vorzug Wiener Cafés, dass eine Fülle von diversen Printmedien aufliegen. So findet sich u.a. im Ottakringer „Ritter“: „Le Monde“, die „Süddeutsche“, eine chinesische Zeitung, der „Economist“ und auch die „Weltwoche“. Sie steht der Schweizer SVP um Blocher nahe. Als weltoffener Leser fand ich darin (Nr. 24. 2022) eine Auflistung von drohendem Unheil für die Schweiz. Überall Schrecken. Überall Bedrohung:

„Es droht eine große Hungersnot“ schreibt „Der Blick“, eine Boulevardblatt wie die Zeitung „Österreich“ und die deutsche „Bild“)
„Es drohen Stromausfälle“ (Luzerner Zeitung)
„Es droht ein Chaos-Sommer“ (St. Gallener Tagblatt)
„Es droht schlechte Luft“ (Schweizer Radio)
„Es droht Abstieg“ (Neue Zürcher Zeitung)
„Es droht Versprödung“ (Tages-Anzeiger). Was es ist, wird gefragt. Wichtig: Es ist bedrohlich.
„Der Schweiz droht eine Abfallkrise“ (Sonntagszeitung)
„Der Schweiz droht ein Mangel an Arbeitskräften“ (Aargauer Zeitung)
„Der Schweiz drohen mehr Arbeitslose“ ( 20 Minuten)
„Der Schweiz drohen die Papiersäcke auszugehen“ (St. Gallener Tagblatt)

EU sieht sich von Moskau erniedrigt

Im Kreml knallen die Korken ALFA (Litauen)

Hans Högl hat Texte von euro-topics übernommen :

„Man sollte nicht vergessen, dass die EU dreimal so viele Einwohner und ein zehnmal so großes Bruttoinlandsprodukt hat wie Russland. Ungeachtet dessen benahm sich Borrell in Moskau wie ein Bettler. Er erlaubte dem Lügen-Großmeister Lawrow, die gemeinsame Pressekonferenz zu dominieren und nach seinem Plan verlaufen zu lassen. … Eine noch größere Erniedrigung erlebte Borrell, als Russland während seines Besuches drei EU-Diplomaten auswies. Auf dem Weg nach Hause bloggte Borrell zwar, die EU werde das ‚bedauernswerte‘ Verhalten Russlands sorgfältig analysieren. … Doch derweil redet in Deutschland der neue CDU-Chef Laschet davon, dass ein Streit mit Russland Nord Stream 2 nicht bedrohen sollte. Vom österreichischen Kanzler Kurz kommt Unterstützung. Moskau lässt die Knorken knallen.“

Fakten-Check laut Wikipedia: Auch nach dem Austritt Großbritanniens hat die EU27 mit etwa 446 Millionen Einwohnern rund drei(!) mal so viele Einwohner wie Russland.

LE MONDE (FR): Dialog ist nicht beabsichtigt
Der Besuch bringt immerhin Klarheit, resümiert Le Monde:

„Es ist eine richtige Ohrfeige – eine Demütigung für den ehemaligen spanischen Außenminister und Ausdruck der totalen Verachtung für sein Amt, dessen Schwäche hier hervorgehoben wird. … Indem er sich in einer Zeit extremer politischer Spannungen in Russland in die Höhle des Löwen begab, unterschätzte Josep Borrell den Zynismus des Regimes von Wladimir Putin und überschätzte seine eigene Fähigkeit, damit umzugehen. … Die Botschaft, die die russische Führung bei diesem desaströsen Besuch bekräftigte, ist, dass sie nicht die Absicht hat, sich auf einen Dialog mit der EU einzulassen. Für diejenigen, die noch Zweifel daran hatten, ist das jetzt klar.“

Aschenbrödel-Info: Über 100 Millionen Arme in der EU!

In einer Zeitung muss man alles lesen. Auch das Kleinste. Das schrieb der französische Präsident De Gaulle. Hier ein eklatanter Fall: Eine niedliche Kurzinfo über extrem Folgenreiches.

Hans Högl

Ich schätze die „Wiener Zeitung“, aber etwas war heute ärgerlich. Sehr. Ein kritischer Blick auf ihre Gestaltung, auf das Layout. Von US-Präsidentschaftskandidat Sanders handelt ein umfangreicher Bericht mit fünf großen Spalten und parallel dazu ein großes Foto. Sanders kämpft um seine letzte Chance. Das ist recht wichtig für die US-Amerikaner. Dann darunter: Die Tumulte im Hongkonger Parlament. Das ist recht wichtig für Hongkong! Auch diesen dreispaltigen Bericht unterstreicht ein Foto. Der Text zählt 43 Zeilen und ist wie folgender auf Seite fünf.

Dagegen ist ein für uns Europäer äußerst wichtiger Text winzig! Er hat nicht 43 Zeilen, sondern 12, also rund ein Viertel des Hongkong-Berichtes. Worum geht es? Auf 12 winzigen Zeilen und als völlig nebensächlich im Layout (ganz rechts unten) in der Rubrik „Kurz notiert“ auf Seite fünf heißt es mit einem niedlichen kleinen Titel: „Armut in der EU sinkt“.

Und dann geht aus dem völlig beiläufig platzierten Text hervor: Im Vorjahr waren 109,2 Millionen Menschen oder 21,7 Prozent (also jeder fünfte Mensch in der EU) von Armut betroffen. Und es gibt sogar einen Rückgang um 0,8 Prozent (das sind 2,7 Mio Menschen. Laut einer Eurostat-Aussendung war weiterhin Bulgarien mit 32,8 Prozent negativer Spitzenreiter. D.h. jede dritte Person in Bulgarien ist arm. Und das faßt die „Wiener Zeitung“ (17. Okt.) unter dem Titel „Armut in der EU sinkt“ zusammen. Es ist ein peinliches Eingeständnis, dass in der EU riesige soziale Probleme bestehen, die möglichst wenig bewusst werden sollen.

Nicht zufällig verachten Medienpraktiker das Publizistikstudium. Das hat gute Gründe. Eine wissenschaftliche Analyse schärfte meinen Blick für Irreführungen durch Medien. Dies war die Textanalyse in meiner Dissertation über die „Pentagon Papiere“ zum Vietnam-Krieg: Ich verglich dazu „Le Monde“ mit der „Frankfurter Allgemeinen“. So entdecke ich leichter inhaltliche Verzerrungen, aber auch Leser werden das bemerken. Keine Frage: Der euphemistische Titel „Armut in der EU sinkt“ soll so wenig wie möglich gelesen werden! Es gilt die Schliche der Chefredakteure zu durchschauen.

Wirtschaft denkt kurzfristig

Hans Högl

Die „Neue Zürcher“ ist zweifellos neben „Le Monde“ und „The Guardian“ und einer Reihe ausgezeichneter deutscher Blätter eine der besten in Europa. Dass sie in Deutschland kaum wahrgenommen wird, erstaunt. Auch die Sendung „Diagonal“ vom Kultursender Ö 1 drückte gegenüber der „Neuen Zürcher“ ihre Hochschätzung aus. Sie hat eines der besten Korrespondentennetze in Europa, sie bietet eine unglaubliche Detailvielfalt und versucht, korrekt zu sein – auch gegenüber Österreich ist sie differenziert kritisch. Ihr redaktionelle Hauptrichtung ist grundsätzlich sehr wirtschaftsliberal. Dass dies aber auch nicht immer zutrifft, zeigt der folgende Beitrag unten. In diesem Sinne ist es bedenklich, alle Medien von vornherein zu katalogisieren. So sagte mir ein als links geltender Publizistikprofessor, er hebe sich jede Nummer der „Neuen Zürcher“ auf.

«In der Wirtschaft wird so kurzfristig gedacht, oft sehr egoistisch», sagt der Milliardär Hansjörg Wyss. Hansjörg Wyss ist ein unkonventioneller Grüner. Er schützt ganze Landstriche als Wildnis und plädiert für CO2-Steuern sowie Atomstrom. 20.4.2019

Wie Whistleblower verhindern?

Hans Högl

Es ist bedauerlich, dass so bedeutsame Nachrichten wie folgende zwar in Qualitätsblättern publiziert werden, aber in ihrer beiläufigen Platzierung und außerordentlichen Kürze nur dem geübten Auge auffallen:

Die EU-Kommission und das EU-Parlament wollen Whistleblower mit einer neuen Richtlinie schützen, aber Deutschland lehnt den Vorstoß für den Whistleblower-Schutz ab, zusammen mit anderen Ländern (Neue Zürcher Zeitung). Auch Österreich gesellt sich dazu: Demnach soll der Informant seine Botschaft z u e r s t seiner eigenen Firma oder Institution mitteilen, berichtet die „Wiener Zeitung“; aber 81 Prozent der befragten Europäer gaben an, beobachtete Korruption nicht gemeldet zu haben, denn sie befürchten Konsequenzen.

Ein fast vergessener Whistleblower ist Daniel Ellsberg. Er verriet im Juni 1971 die vertraulichen „Pentagon Papiere“. Diese enthielten interne US-Pläne und Gespräche auf höchster Ebene über die Vietnamkriegsführung. Ellsberg spielte diese Geheimdokumente „New York Times“ zu. Er riskierte eine sehr hohe Strafe. Aber damals entschied das US-Höchstgericht, dass das Volk ein Recht auf wahre Information hat.

Die Preisgabe dieser Dokumente trug zum Ende des Vietnamkrieges bei. Darin wurden unzählige Lügen der Kriegspropaganda „aufgeblättert“. Ähnliches wiederholte sich im Irakkrieg. Wer diese „Pentagon Papers“ als Buch liest, erfährt wie Politik auch heute wirklich fabriziert wird und dass Medienberichte gleichsam die Spitze eines Eisberges sind. Ich schrieb darüber meine Dissertation in Wien und verglich hierbei Berichte von „Le Monde“ und der „Frankfurter Allgemeinen“. Leider wurde meine Dissertation nicht publiziert.

Conchita hilf uns!

Hans Högl. Reportage

Zur abendlichen Saunarunde treffen sich je die Gleichen. Großstädter pflegen mehr an Tradition, als es den Anschein hat. Manche in der Sauna finden Gespräche störend. Ein Manager sieht bis in die späten Nachtstunden TV-Dokus diverser Ländern, und regt Gespräche an. Er reist häufig in arabische Länder und scheut nicht, zu erzählen, wie Aufträge per Bestechung ergattert werden. Das ist bei US-Firmen nicht anders oder doch: Die eigenen Leute, die „Amis“ verbrennen sich damit nicht die Finger, da schicken sie lieber Einheimische los. In der Runde ist auch ein Techniker, der uns bei PC-Fragen berät. Und ein kurzbeiniger Senior schleppt seinen fülligen Unterleib und schnaubt beim Erzählen von Anekdoten; denn er lenkte das Taxi eines Wiener Politikers.

Ein seltenes Exemplar ist ein Auto-Mechaniker: Für ihn brachte Kreisky die Wende, da verdiente er  endlich besser. Sein Haus ist jenseits der Donau in einem sozialen Brennpunkt. Er werkte früher in der Schweiz und in Afrika, er kann Französisch und liest fallweise das linksliberale Weltblatt Le Monde und regelmäßig die Wochenzeitung DIE ZEIT, die er seit Jahren stapelt. So zählt er zu jenem Drittel der ZEIT-Leser, die keine Akademiker sind.

Schon vor Jahren gab er mir einen Le Monde-Beitrag mit Worten der Verwunderung, dass sich Le Monde nicht scheut den Islam zu kritisieren, während er bis dato nichts dergleichen in Wiener Medien fand. „Ich kenn´ nur eine deutsche Zeitung, die anders schreibt als alle anderen, das ist die Schweizer Weltwoche.“

Heute griff ich Wiener Café Sperl nach diesem Magazin und las den Essay mit dem Titel: „Sind die Schweizer so unfreundlich?“, wie der Spiegel einmal schrieb. Der Beitrag vergleicht die Freundlichkeit in Österreichs und im Schweizer Gastgewerbe. Österreichs Tourismus sei mit der höfisch geprägten Gastlichkeit erfolgreicher. Beiläufig bringt die Weltwoche ein Medienschmankerl: wie Passagiere in der Londoner U-Bahn und in der britischen Eisenbahn angeredet werden- nämlich nicht mehr „Ladies and Gentlemen“. Das würde das dritte Geschlecht, die Transgender, beleidigen. Demzufolge lautet die Anrede an die Fahrgäste „Hello everyone“.

Ja, liebe Conchita, Du bist näher an der Sache, bring uns Österreichern doch eine progressivere Begrüßung bei. Da lob ich mir Indien, wo Transgender angeblich schon in Gesetzen Eingang gefunden hat.

 

 

Ziele von Macron. Rede in Versailles

Le Monde.fr avec AFP | 03.07.2017 

Der Präsident der Republik sprach in Versailles über seine  Prioritäten vor dem Kongress und Senat. Er plant eine Reduktion der Zahl der Parlamentarier. Zur Zeit gibt es  577 Kongressabgeordnete und 348 Senatoren.  Durch eine Reduktion würde  die Arbeit flüssiger und das Parlament arbeite besser. C’est un Parlement qui travaille mieux », a-t-il justifié. Actuellement, 577 élus siègent à l’Assemblée nationale, 348 au Sénat.

Es soll weniger Gesetze geben,  unnötige sind abzuschaffen. Diese Anliegen hat Macron schon im Laufe der Präsidentschaftswahl angekündigt.

  • Discours annuel devant le Congrès:  Macron kündigte an, er werde sich jedes Jahr in einer Rede an den Kongress wenden.
  • Ferner sei das Petitionsrecht zu verbessern, damit die Wähler eine größere Chance finden, sich direkt auszudrücken. 
  • Le chef de l’Etat a également dit qu’il n’était pas opposé à un recours au référendum pour valider ces réformes des institutions.
  • Hiermit bringt Macron zum Ausdruck, dass er auch auf Referenden zurück zugreifen denkt,  um  seine Reformen der Institutionen bestätigen zu lassen. 

Ferner betont Macron, dass die Minister verantwortlich bleiben für ihre Aktionen. Selon le président de la République, « les ministres eux-mêmes doivent rester comptables de leurs actions ». (Übersetzung: Hans Högl)

 

 

 

Medienkritik – Rudeljournalismus. Analyse

Hans H ö g l

In den USA wurden viele Feld-Reporter eingespart, und die Anzahl von Online-Journalisten aufgestockt. Damit fehlen den Redaktionen die Außenantennen. Es gibt einen Verlust an Volksnähe und Kontakt zu den „kleinen Leuten“. Die Reporter saßen früher selten in den Büros, trieben sich in den Polizeistationen und vor den Gerichten herum und in Bars und Bahnhöfen. Dass der Großteil der ORF-Journalisten in Zukunft auf dem entlegenen Wiener Küniglberg tätig sein wird, verheißt nichts Gutes. Und in den Berichten der Außenpolitik wird man sich noch mehr – abgesehen von den wenigen Korrespondenten – vorwiegend mit angelsächsischen Agenturmeldungen eindecken und Erfahrungsberichte nicht zur Kenntnis nehmen. Ähnliches berichtete gestern ein Schweizer Paar in einem Vortrag über ihre kürzliche Reise in Syrien in Wien 9 im Festsaal der Caritas Sociales. Für ihren in vielen Punkten überraschenden Augenzeugenbericht interessierte sich nur eine einzige kleine Schweizer Zeitschrift.

Ich habe mich hier von den Magazinen Stern und der Schweizer Weltwoche anregen lassen. Zur Weltwoche sagte mir ein Saunafreund: Das ist das einzige Magazin, das sich von allen anderen abhebt. Dieser Automechaniker arbeitete früher in der Schweiz und bei einer Firma in Westafrika, hat ein ZEIT-Abo und wundert sich schon seit Längerem, dass Le Monde, das Pariser Weltblatt (der Handwerker liest auch französische Blätter) als einzige wagte, den Islam zu kritisieren.

Mir ist es wichtig, mich fallweise mit Medien auseinander zu setzten, deren Ansichten ich nicht teile, die mir gegen den Strich gehen. Die Sozialpsychologie nennt dies Bereitschaft zur kognitiven Dissonanz.

Nur so sind die Echoräume wie in Face Book zu vermeiden. Ein Leserbrief nennt es Fake-Book, denn die Falschmeldung, der Papst habe für Donald Trump eine Wahlempfehlung abgegeben, wurde millionenfach abgerufen.