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Aschenbrödel-Info: Über 100 Millionen Arme in der EU!

In einer Zeitung muss man alles lesen. Auch das Kleinste. Das schrieb der französische Präsident De Gaulle. Hier ein eklatanter Fall: Eine niedliche Kurzinfo über extrem Folgenreiches.

Hans Högl

Ich schätze die „Wiener Zeitung“, aber etwas war heute ärgerlich. Sehr. Ein kritischer Blick auf ihre Gestaltung, auf das Layout. Von US-Präsidentschaftskandidat Sanders handelt ein umfangreicher Bericht mit fünf großen Spalten und parallel dazu ein großes Foto. Sanders kämpft um seine letzte Chance. Das ist recht wichtig für die US-Amerikaner. Dann darunter: Die Tumulte im Hongkonger Parlament. Das ist recht wichtig für Hongkong! Auch diesen dreispaltigen Bericht unterstreicht ein Foto. Der Text zählt 43 Zeilen und ist wie folgender auf Seite fünf.

Dagegen ist ein für uns Europäer äußerst wichtiger Text winzig! Er hat nicht 43 Zeilen, sondern 12, also rund ein Viertel des Hongkong-Berichtes. Worum geht es? Auf 12 winzigen Zeilen und als völlig nebensächlich im Layout (ganz rechts unten) in der Rubrik „Kurz notiert“ auf Seite fünf heißt es mit einem niedlichen kleinen Titel: „Armut in der EU sinkt“.

Und dann geht aus dem völlig beiläufig platzierten Text hervor: Im Vorjahr waren 109,2 Millionen Menschen oder 21,7 Prozent (also jeder fünfte Mensch in der EU) von Armut betroffen. Und es gibt sogar einen Rückgang um 0,8 Prozent (das sind 2,7 Mio Menschen. Laut einer Eurostat-Aussendung war weiterhin Bulgarien mit 32,8 Prozent negativer Spitzenreiter. D.h. jede dritte Person in Bulgarien ist arm. Und das faßt die „Wiener Zeitung“ (17. Okt.) unter dem Titel „Armut in der EU sinkt“ zusammen. Es ist ein peinliches Eingeständnis, dass in der EU riesige soziale Probleme bestehen, die möglichst wenig bewusst werden sollen.

Nicht zufällig verachten Medienpraktiker das Publizistikstudium. Das hat gute Gründe. Eine wissenschaftliche Analyse schärfte meinen Blick für Irreführungen durch Medien. Dies war die Textanalyse in meiner Dissertation über die „Pentagon Papiere“ zum Vietnam-Krieg: Ich verglich dazu „Le Monde“ mit der „Frankfurter Allgemeinen“. So entdecke ich leichter inhaltliche Verzerrungen, aber auch Leser werden das bemerken. Keine Frage: Der euphemistische Titel „Armut in der EU sinkt“ soll so wenig wie möglich gelesen werden! Es gilt die Schliche der Chefredakteure zu durchschauen.

Wie Whistleblower verhindern?

Hans Högl

Es ist bedauerlich, dass so bedeutsame Nachrichten wie folgende zwar in Qualitätsblättern publiziert werden, aber in ihrer beiläufigen Platzierung und außerordentlichen Kürze nur dem geübten Auge auffallen:

Die EU-Kommission und das EU-Parlament wollen Whistleblower mit einer neuen Richtlinie schützen, aber Deutschland lehnt den Vorstoß für den Whistleblower-Schutz ab, zusammen mit anderen Ländern (Neue Zürcher Zeitung). Auch Österreich gesellt sich dazu: Demnach soll der Informant seine Botschaft z u e r s t seiner eigenen Firma oder Institution mitteilen, berichtet die „Wiener Zeitung“; aber 81 Prozent der befragten Europäer gaben an, beobachtete Korruption nicht gemeldet zu haben, denn sie befürchten Konsequenzen.

Ein fast vergessener Whistleblower ist Daniel Ellsberg. Er verriet im Juni 1971 die vertraulichen „Pentagon Papiere“. Diese enthielten interne US-Pläne und Gespräche auf höchster Ebene über die Vietnamkriegsführung. Ellsberg spielte diese Geheimdokumente „New York Times“ zu. Er riskierte eine sehr hohe Strafe. Aber damals entschied das US-Höchstgericht, dass das Volk ein Recht auf wahre Information hat.

Die Preisgabe dieser Dokumente trug zum Ende des Vietnamkrieges bei. Darin wurden unzählige Lügen der Kriegspropaganda „aufgeblättert“. Ähnliches wiederholte sich im Irakkrieg. Wer diese „Pentagon Papers“ als Buch liest, erfährt wie Politik auch heute wirklich fabriziert wird und dass Medienberichte gleichsam die Spitze eines Eisberges sind. Ich schrieb darüber meine Dissertation in Wien und verglich hierbei Berichte von „Le Monde“ und der „Frankfurter Allgemeinen“. Leider wurde meine Dissertation nicht publiziert.

FAZ mit ökologisch brisanter Information

Hans Högl

Ein Bekannter ermunterte mich, die Frankfurter Allgemeine zu lesen, insbesondere die Mittwoch-Ausgabe mit der Beilage Natur und Wissenschaft. Vorauszuschicken ist, dass die FAZ bekanntlich ein Naheverhältnis zur Finanz und Industrie hat, aber hohes Ansehen genießt. Doch wer erwartet von der FAZ eine ökologisch brisante Information? Eben darum findet diese auf unserem Blog der  Vereinigung für Medienkultur Beachtung und Hervorhebung.

Hier eine Kurzfassung des ausführlichen Beitrages „Auf diese Tiere können sie bauen“ vom 31. Oktober dieses Jahres. Konkret geht es um ein „umfassendes Insekten- und Vogelsterben“.

In Teilen Deutschlands sind in den letzten dreißig Jahren etwa drei Viertel der Wildbienen, Schmetterlinge, Fliegen und Käfer verlorengegangen. Darum muss von einer bedrohten Vielfalt gesprochen werden. Der Ausdruck Bienensterben wurde 2006 in den USA geprägt..

Warum es so wenige Vögel gibt, deutete eine Salzburger Biologin. Wenn ihre Anregungen umgesetzt würden, bedeutet dies einen massiven Umbruch  in der Landwirtschaft, vor allem in der Heuernte. Für die Landwirte ist die jetzt übliche Heuernte arbeitserleichternd, wenn sie das Heu maschinell in die großen Plastikballen binden. Diese Methode hat beträchtliche Folgen für die Insekten und Kleinsttiere, die sich auf der Wiese  befinden. Diese werden ebenfalls in die Plastik-Heuballen eingehüllt und gehen somit verloren und die Vögel haben darum viel weniger Futter.

 

 

Milliarden-Steuerbetrug in FAZ als Kleinst-Info

Hans H ö g l

In der  Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), der international angesehenen   Tageszeitung,  fand ich nur einen winzigen Einspalter darüber, dass  Selbstanzeigen von Steuerbetrügereien dem deutsche Staat Mehreinnahmen von 6 Milliarden eingebracht haben. In der  FAZ  werden die Mehreinnahmen extrem kurz und kommentarlos  dargestellt – und das am 20. April 2017  unter Kurze Meldungen, 5. Spalte rechts unten (wenig gelesen!), Seite 19 (also scheinbar unwichtig!) . Dadurch kränkt die  FAZ ihr Publikum  aus den wohlhabendsten Kreisen Deutschlands so minimal wie möglich. 

Ausführlicher ist das beim „Stern“: Seit der Staat systematisch Daten deutscher Steuersünder im Ausland aufkauft, hat sich die Zahl der Selbstanzeigen auf 116.293 erhöht. Die steuerlichen Mehreinnahmen belaufen sich seit 2010 auf sechs Milliarden Euro. Das ergab eine stern-Umfrage bei den 16 Länder-Finanzministerien.

Der Umfrage zufolge zeigten sich die meisten Steuerhinterzieher in Baden-Württemberg an: Es waren 31.514. Sie mussten rund 795 Millionen Euro nachzahlen. Die höchsten Mehreinnahmen wurden mit 1,191 Milliarden Euro allerdings in Bayern erzielt (bei 17.633 Selbstanzeigen). Auch im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen (1,182 Milliarden Euro) und am Bankenstandort Hessen (918 Millionen Euro) kam viel zusätzliches Geld zusammen. Überraschend hohe Nachzahlungen fielen zudem in Schleswig-Holstein an, wo bei nur 2107 Selbstanzeigen bis Ende Februar 2017 immerhin fast 386 Millionen Euro in die Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden flossen.

Geld auf der Straße verloren

Behalten oder abgeben? Was man nicht tun darf, wenn man Geld auf der Straße findet

„ZEIT“-Interview von Bundeskanzler Kern

Hans   H ö g l

Für Österreichs Medien ist es eigentlich ein Alarmschrei: Bundeskanzler Christian Kern gab der Frankfurter Allgemeinen ein wichtiges Interview, und in der letzten Ausgabe der Wochenzeitung Die ZEIT erschien am 20. Oktober sein langes Gespräch mit dem Chefredakteur der ZEIT, Giovanni di Lorenzo. Darin drückt sich indirekt Reserve zur Medienqualität in Österreich aus.

Das Gespräch in der ZEIT ist außerordentlich lesenswert – so zeigt es Hintergründe für die Erfolge von Populisten in diversen Ländern Europas auf. Der Artikel sollte Pflichtlektüre  nicht nur  jedes Österreichers sein – gleichgültig welcher politischen Ansicht.

NB. Die ZEIT erinnert im Österreich-Teil immer wieder an Landsleute,  die im Ausland erfolgreich sind und setzt damit einen Gegenakzent zur ostösterreichischen Raunzerei, der lamentatio Austriaca. Wo haben wir bisher erfahren, dass Josef Aschbacher, von Geburt Tiroler Bauernsohn, Direktor des Erdbeobachtungsprogrammes der Europäischen Weltraumbehörde (Esa) ist?

New Yorker Beziehungsgeflecht der Clinton-Familie

Überaus informativ war die Graphik über das Beziehungsgeflecht der Familie Bill und Hillary Clinton in New York. Zu finden in der Ausgabe am 13. Oktober im Wirtschaftsteil (!) mit dem Titel: Amerikas Aristokratie lässt wählen. Eindrucksvoll wird gezeigt, wie verflochten politische und wirtschaftliche US – Eliten sind: So hat die Clinton-Tochter Chelsea über Ihren Mann Investmentbanker Marc Mezvinsky Kontakt zu Goldman Sachs. Bill Clinton war in der Georgetown University in der gleichen Bruderschaft wie Robert Rubin, in der Kappa Kappa Psi. Rubin war Ex-Co-Chairman bei Goldman Sachs und Finanzminister unter Bill Clinton. Auch Henry Paulson, Finanzminister unter George W. Bush, war Studienkollege von Bill Clinton.