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Ukraine-Krieg ohne Ende ?

Vernunft und Wahrheit sind in Kriegszeiten meist völlig außer Kraft gesetzt. Das zeigt auch der Krieg in der Ukraine, für den kein baldiges Ende in Aussicht steht..

Udo Bachmair

Kriegspropaganda auf beiden Seiten von Konfliktparteien vernebeln nicht nur Rationalität und Realität, sie trägt auch bei zu noch intensiverer Feindbildpflege, die einhergeht mit Hass und Gewalt. Lösungsansätze zur Beendigung eines Krieges rücken somit in noch weitere Ferne, ganz zu schweigen von vernünftiger Strategie.

Man kann von Ex-US-Außenminister Henry Kissinger halten, was man will, eines muss man ihm zugestehen: Er war einer versiertesten Strategen globaler Politik. Und er hat bereits 2014 vor einer extremen Ausweitung der Ukraine-Krise gewarnt, indem er auch den Westen nicht von Fehleinschätzungen freigesprochen hat.

Leider sind Kissingers Analysen und Warnungen 2014 zu wenig beachtet worden, auch nicht von der US-Administration. Umso mehr sei im Folgenden Kissingers prophetischer Artikel in Erinnerung gerufen, der am 6. März 2014 in der „Washington Post“ erschienen ist :

Wie die Ukraine-Krise endet
von Henry A. Kissinger

The Washington Post
March 6, 2014

In der öffentlichen Diskussion über die Ukraine dreht sich alles um Konfrontation. Aber wissen wir denn, wohin wir gehen? In meinem Leben habe ich vier Kriege erlebt, die mit großem Enthusiasmus und öffentlicher Unterstützung begonnen wurden, von denen wir alle nicht wussten, wie sie enden sollten, und aus drei davon haben wir uns einseitig zurück¬gezogen. Der Test für die Politik ist, wie sie endet, nicht wie sie beginnt.

Viel zu oft wird die ukrainische Frage als Showdown dargestellt: ob sich die Ukraine dem Osten oder dem Westen anschließt. Doch wenn die Ukraine überleben und gedeihen soll, darf sie nicht der Vorposten der einen Seite gegen die andere sein – sie sollte als Brücke zwischen beiden Seiten fungieren.

Russland muss akzeptieren, dass der Versuch, die Ukraine in einen Satellitenstatus zu zwingen und damit die Grenzen Russlands erneut zu verschieben, Moskau dazu verdammen würde, seine Geschichte der sich selbst erfüllenden Zyklen gegenseitigen Drucks mit Europa und den Vereinigten Staaten zu wiederholen.

Der Westen muss verstehen, dass die Ukraine für Russland niemals nur ein fremdes Land sein kann. Die russische Geschichte begann in der so genannten Kiewer Rus. Von dort aus verbreitete sich die russische Religion. Die Ukraine ist seit Jahrhunderten Teil Russlands, und die Geschichte der beiden Länder war schon vorher miteinander verflochten. Einige der wichtigsten Schlachten für die Freiheit Russlands, angefangen mit der Schlacht von Poltawa im Jahr 1709, wurden auf ukrainischem Boden geschlagen. Die Schwarzmeerflotte – Russ¬lands Machtmittel im Mittelmeer – ist langfristig in Sewastopol auf der Krim stationiert. Selbst so berühmte Dissidenten wie Alexander Solschenizyn und Joseph Brodsky betonten, dass die Ukraine ein integraler Bestandteil der russischen Geschichte und sogar Russlands sei.

Die Europäische Union muss erkennen, dass ihre bürokratische Schwerfälligkeit und die Unterordnung des strategischen Elements unter die Innenpolitik bei den Verhandlungen über die Beziehungen der Ukraine zu Europa dazu beigetragen haben, dass aus den Verhandlungen eine Krise wurde. Außenpolitik ist die Kunst, Prioritäten zu setzen.

Die Ukrainer sind das entscheidende Element. Sie leben in einem Land mit einer komplexen Geschichte und einer polyglotten Zusammensetzung. Der westliche Teil wurde 1939 in die Sowjetunion eingegliedert, als Stalin und Hitler die Beute aufteilten. Die Krim, deren Bevölkerung zu 60 Prozent russisch ist, wurde erst 1954 Teil der Ukraine, als Nikita Chruschtschow, ein gebürtiger Ukrainer, sie im Rahmen der 300-Jahr-Feier eines russischen Abkommens mit den Kosaken zusprach. Der Westen ist weitgehend katholisch, der Osten weitgehend russisch¬-orthodox. Im Westen wird Ukrainisch gesprochen, im Osten überwiegend Russisch. Jeder Versuch eines Flügels der Ukraine, den anderen zu dominieren – wie es in der Vergangenheit der Fall war – würde letztendlich zu einem Bürgerkrieg oder zum Auseinanderbrechen des Landes führen. Die Ukraine als Teil einer Ost-West-Konfrontation zu behandeln, würde jede Aussicht, Russland und den Westen – insbesondere Russland und Europa – in ein kooperatives internationales System zu bringen, für Jahrzehnte zunichte machen.

Die Ukraine ist erst seit 23 Jahren unabhängig; zuvor stand sie seit dem 14. Jahrhundert in irgendeiner Form unter Fremdherrschaft. Es überrascht nicht, dass ihre Führer die Kunst des Kompromisses nicht gelernt haben, noch weniger die der historischen Perspektive. Die Politik der Ukraine nach ihrer Unabhängigkeit zeigt deutlich, dass die Wurzel des Problems in den Bemühungen der ukrainischen Politiker liegt, widerspenstigen Teilen des Landes ihren Willen aufzuzwingen, erst von der einen, dann von der anderen Seite. Das ist der Kern des Konflikts zwischen Viktor Janukowitsch und seiner wichtigsten politischen Rivalin, Julia Timoschenko. Sie repräsentieren die beiden Flügel der Ukraine und waren nicht bereit, die Macht zu teilen. Eine kluge US-Politik gegenüber der Ukraine würde einen Weg suchen, wie die beiden Teile des Landes miteinander kooperieren können. Wir sollten eine Versöhnung anstreben, nicht die Vorherrschaft einer Fraktion.

Russland und der Westen, und am allerwenigsten die verschiedenen Fraktionen in der Ukraine, haben nicht nach diesem Prinzip gehandelt. Jeder hat die Situation verschlimmert. Russland wäre nicht in der Lage, eine militärische Lösung durchzusetzen, ohne sich in einer Zeit zu isolieren, in der viele seiner Grenzen bereits prekär sind. Für den Westen ist die Dämonisierung von Wladimir Putin keine Politik, sondern ein Alibi für das Fehlen einer Politik.

Putin sollte begreifen, dass eine Politik der militärischen Auferlegung ungeachtet seiner Missstände zu einem neuen Kalten Krieg führen würde. Die Vereinigten Staaten ihrerseits müssen vermeiden, Russland als einen Abweichler zu behandeln, dem man geduldig die von Washington aufgestellten Verhaltensregeln beibringen muss. Putin ist ein ernstzunehmender Stratege – unter den Prämissen der russischen Geschichte. Amerikanische Werte und Psychologie zu verstehen, ist nicht seine Stärke. Das Verständnis der russischen Geschichte und Psychologie war auch nicht die Stärke der US-Politiker.

Die führenden Politiker aller Seiten sollten sich wieder auf die Prüfung von Ergebnissen konzentrieren, anstatt sich in Posen zu ergehen. Hier ist meine Vorstellung von einem Ergebnis, das mit den Werten und Sicherheitsinteressen aller Seiten vereinbar ist:

1. Die Ukraine sollte das Recht haben, ihre wirtschaftlichen und politischen Beziehungen, auch zu Europa, frei zu wählen.
2. Die Ukraine sollte nicht der NATO beitreten, eine Position, die ich bereits vor sieben Jahren vertreten habe, als diese Frage das letzte Mal aufkam.
3. Die Ukraine sollte frei sein, eine Regierung zu bilden, die mit dem ausdrücklichen Willen ihres Volkes vereinbar ist.

Kluge ukrainische Führer würden sich dann für eine Politik der Versöhnung zwischen den verschiedenen Teilen ihres Landes entscheiden. Auf internationaler Ebene sollten sie eine Haltung einnehmen, die mit der Finnlands vergleichbar ist. Dieses Land lässt keinen Zweifel an seiner starken Unabhängigkeit aufkommen und arbeitet in den meisten Bereichen mit dem Westen zusammen, vermeidet aber sorgfältig eine institutionelle Feindschaft gegenüber Russland.

4. Es ist mit den Regeln der bestehenden Weltordnung unvereinbar, dass Russland die Krim annektiert. Es sollte jedoch möglich sein, die Beziehungen zwischen der Krim und der Ukraine auf eine weniger angespannte Grundlage zu stellen. Zu diesem Zweck würde Russland die Souveränität der Ukraine über die Krim anerkennen. Die Ukraine sollte die Autonomie der Krim durch Wahlen stärken, die im Beisein internationaler Beobachter abgehalten werden. Der Prozess würde auch die Beseitigung aller Unklarheiten über den Status der Schwarzmeerflotte in Sewastopol beinhalten.

Dies sind Grundsätze, keine Vorschriften. Wer sich in der Region auskennt, weiß, dass nicht alle von ihnen allen Parteien schmecken werden. Der Test ist nicht absolute Zufriedenheit, sondern ausgewogene Unzufriedenheit. Wenn eine Lösung, die auf diesen oder vergleichba¬ren Elementen beruht, nicht erreicht wird, wird sich das Abdriften in Richtung Konfrontation beschleunigen. Die Zeit dafür wird früh genug kommen.

Henry A. Kissinger was secretary of state from 1973 to 1977.
© 2014 Tribune Media Services

EU-Flüchtlingspolitik im Widerspruch zu christlichen Werten

Parteipolitische Vereinnahmung von Religion und Kirchen gehört weitgehend der Vergangenheit an. Sie sehen jedoch politische Mitverantwortung, wenn es um Humanität und Menschenrechte geht. Diese Art von Parteilichkeit ist positiv. Vor allem auch zugunsten einer humanen Flüchtlingspolitik.

Udo Bachmair

In dieser Frage hat der evangelisch-reformierte Superintendent Thomas Hennefeld in einem ökumenischen Gottesdienst keine Klarheit vermissen lassen. Seiner Erkenntnis nach ist die aktuelle EU-Flüchtlingspolitik mit dem Evangelium nicht vereinbar.

Die Europäische Union schließe etwa mit Libyen Verträge, wo Flüchtlinge in Lagern gefoltert würden. An den EU-Aussengrenzen -etwa in Kroatien- werde mit exzessiver Gewalt gegen Flüchtlinge vorgegangen.

Auch Menschen, die wegen ihrer Christlichen Überzeugung fliehen mussten, seien nicht sicher vor Rückschiebung in Länder, in denen ihnen Verfolgung und Tod drohe. Retter, die Ertrinkenden helfen wollten, würden kriminalisiert.

„Paulus hätte als Schiffbrüchiger vor Malta heute keine Chance gehabt“, betonte Hennefeld mit Bezug auf die biblische Apostelgeschichte, laut der Paulus mit 270 Gefährten vor Malta Schiffbruch erleidet.

( Quelle epd – Evangelischer Pressedienst www.evang.at )

Die „Krone“ im Visier

Udo Bachmair

Die Kronen Zeitung scheidet die Geister. Die Einen stürzen sich mit Leidenschaft auf jede neue Ausgabe dieses Massenblatts, nicht zuletzt, um sich mit neuen „Argumenten“ für den Stammtisch zu wappnen. Schwarz-Weiß-Malerei, Freund-Feind-Denken, an die Grenze des Faschistoiden gehende Glossen und einseitige Leserbriefe verhelfen zu jener Meinungshoheit, die offenbar dem vorherrschenden rechten Zeitgeist entspricht.

Die Anderen wiederum sorgt der nicht zu unterschätzende Einfluss der rechtspopulistisch durchsetzten Gazette. Der Hang zu einfachen Lösungen, Kriminalisierung von Asylwerbern und anderer Minderheiten, die Förderung autoritätshörigen Denkens werden, so die Kritiker, durch einschlägige „Kommentare“ begünstigt und bekräftigt. Für Humanität, Menschenrechte, Solidarität bleibe da kein Platz mehr.

Gefährlich erscheint vor diesem Hintergrund die Erosion des liberalen Rechtsstaates und die in bewusst einseitig ausgewählten Leser-Reaktionen zum Ausdruck gebrachte unverhohlene Schadenfreude über die verhasste Europäische Union. Dass demokratischer Rechtsstaat und die europäische Einigung eine einzigartig lange Phase der Stabilität und des Friedens beschert haben, bleibt unerwähnt. Es stellt sich da für viele die Frage: Errungenschaften wie diese lassen wir uns hierzulande und europaweit von populistischen Demagogen kaputtreden und in weiterer Folge auch kaputtmachen ? Eine Gegenbewegung täte not. Doch diese ist weit und breit nicht erkennbar.

Boulevardmedien wie die Kronenzeitung und das Krawallblatt Österreich tendieren dazu, alle jene Initiativen und NGOs ins Lächerliche zu ziehen, denen Hilfsbereitschaft und Menschenfreundlichkeit ehrliche Anliegen sind. Die erwähnte nötige Gegenbewegung müsste einhergehen mit Aufklärung über Rolle, Mechanismen und Absichten des Boulevards. Forderungen wie diese versucht etwa die verdienstvolle Rechercheplattform Dossier zu erfüllen. Sie hat sich als Schwerpunkt für die nächsten Monate zum Ziel gesetzt, nach „Heute“ und „Österreich“ nun die „Krone“ ins Visier zu nehmen. Die Recherche-Ergebnisse werden in einem Magazin zusammengefasst, das im April 2019, wenn die Kronen Zeitung ihr 60-Jahr-Jubiläum in der Ära Dichand begeht, erscheinen wird.

Näheres unter www.dossier.at

Für Bruno Kreisky war Richard Coudenhove-Kalergi würdig für den Nobelpreis

Hans H ö g l

Leserbrief zum „Standard-Beitrag“ über R. Coudenhove-Kalergi am 19. Oktober (Vgl. unten neue Ausstellung zu R. Coudenhove-Kalergi)

 Der Gastbeitrag im „Standard“ ist Impuls, sich mit diesem Visionär Europas näher zu befassen, der sich 50-Jahre für die Europa-Idee einsetzte, die Europa-Hymne und Europafahne anregte und den  Bruno Kreisky sehr schätzte. Übrigens: Bruno Kreisky war  Jugend-Funktionär der Paneuropäischen Union. Der „Standard-Beitrag“ bezieht sich auf die 30iger Jahre. Mein Beitrag in der  Zeitschrift „soziologie heute“ (April 2015)  „Richard Coudenhove. Pan-Europa versus Hitler“ macht deutlich, dass der „Standard“-Beitrag Coudenhove politisch unangemessen  punziert. Und dies aufzuzeigen, kann Aufgabe der“Medienkultur“ sein. 

 Lacy Milkovics (früher: Paneuropa- Generalsekretär)  nahm Stellung zum „Standard“-Beitrag: Coudenhove  begab sich 1933 erstmals zu Gesprächen mit Mussolini, der damals als der mächtigste Garant der Unabhängigkeit Österreichs galt. Er versuchte Mussolini für ein paneuropäisches Verteidigungssystem gegen die nationalsozialistische Gefahr zu gewinnen.  Nach vier Gesprächen  scheiterte die Initiative Coudenhoves, als sich Mussolini 1937 für die Achse Rom – Berlin entschied. Vgl. L. Milkovics / W. Pav: „50 Jahre Pan-Europa“ (1972).

RCK hatte auch Kontakte mit der SPÖ. Beim historischen Handschlag   von  Bruno Kreisky mit Otto von Habsburg 1972 sagte Kreisky zu Couden-hove: Eigentlich müssten Sie für die unermüdlichen Bemühungen den Friedensnobelpreis bekommen. „Ich glaube aber, es ist ehrenvoller, den Nobelpreis verdient, aber nicht erhalten zu haben, als ihn erhalten, aber nicht verdient zu haben“. So ORF-Chefredakteur Horst F. Mayer in einem Buch.

Eine AUSSTELLUNG UND ein FACHGESPRÄCH ÜBER  R. COUDENHOVE-KALERGI findet in der VHS Alsergrund – Galileigasse 8   1090 Wien am 8. November um 18:30  statt. Eröffnung durch Martina Malyar, Bezirksvorsteherin. Rund- gang durch die Ausstellung und anschließend ein Gespräch des Autors Dr. Walter Göhring  mit dem Zeitzeugen Lacy Milkovics, früher: Generalsekretär von Paneuropa. Moderation Karl Heinz Wingelmaier, Vorstandsmitglied der Vereinigung für Medienkultur.

Keine Anmeldung nötig, kein Beitrag. Ausstellungsdauer: 9.-15.Nov. werktags 9-21 Uhr.