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Indische Stimme der Vernunft

Das Interview jüngst in der ORF-Sendung ZiB-2 mit dem indischen Außenminister zeigt, dass es auch besonnene Stimmen rund um den russischen Krieg gegen die Ukraine gibt.

Wolfgang Koppler *

Eine Stimme der Vernunft nannte ihn Außenminister Schallenberg. Zu Recht, wie das gestrige ZiB2-Interview mit dem indischen Außenminister Vaishankar zeigte. Leider ging diese Stimme fast völlig unter und beschäftigten sich vor allem die Qualitätsmedien mehr mit dem Migrationspakt als mit Vaishankars Äußerungen zum Ukrainekrieg. Und das obwohl Indien seit kurzem den Vorsitz der G20 innehat und dessen Vermittlerrolle sogar von Selenskyj anerkannt wurde.

Zu Beginn des Interviews wurde Vaishankar gefragt, weshalb Indien den russischen Angriffskrieg nicht verurteilt und eine neutrale Position eingenommen hätte. Vaishankar verwies darauf, dass er genauso gut nach der Haltung des Westens in anderen Kriegen fragen könnte und darauf wohl ein langes Schweigen als Antwort erhielte (er nannte zwar etwa den Irakkrieg nicht konkret, aber unwillkürlich musste ich an eine Kriegsreporterin denken, die sich im Irakkrieg über die Friedensaktivisten lustig machte, die vor dem Bombenhagel Bagdad verließen. Zur Völkerrechtswidrigkeit des Irakkriegs mit seinen erfundenen Kriegsgründen hat man später nicht sehr viel von ihr gehört).

In der Folge betonte Vaishankar die Wichtigkeit einer von Interessen gelenkten Außenpolitik und vor allem die Bedeutung der Diplomatie. Und erwähnte in einem Nebensatz, dass ja auch die ukrainische Führung selbst in den ersten Kriegsmonaten intensiv verhandelt hätte. Kein Journalist traut sich das heute zu erwähnen. Dabei konnte man das damalige Motto der ukrainischen Führung überall nachlesen: Jeder Krieg endet durch eine Vereinbarung. Nach der Befreiung von Kiew war davon nicht mehr die Rede.

Und am Ende des Interviews dann einige Wirtschaftsdaten: Das Pro-Kopf-Einkommen in Europa: 60.000 Dollar. Jenes in Indien 2.000 Dollar. Energiepreise, die sich während des Kriegs auch durch die verstärkte europäische Nachfrage im Nahen Osten vervielfachten. Aber ein Land mit einem beachtlichen Potential. Dessen Stimme wohl auch in der UNO einmal mehr Gewicht erhalten wird. Hoffentlich.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Presseclub drängt auf Rettung der Wiener Zeitung

Die Zukunft der Wiener Zeitung, der ältesten noch bestehenden Tageszeitung der Welt, steht auf der Kippe. Neben zahlreichen Spitzenpolitiker*innen appelliert auch der Presseclub Concordia an die Regierung, das renommierte Blatt am Leben zu erhalten.

Udo Bachmair

Wie bereits auch in mehreren Beiträgen der Vereinigung für Medienkultur berichtet, steht die Wiener Zeitung vor dem Aus. Die türkis-grüne Bundesregierung zeigt bisher kein Interesse, das republikeigene, aber dennoch als unabhängig geltende Qualitätsblatt zu erhalten. Sie ist nicht bereit, finanziellen Ausgleich für jenen Verlust zu leisten, der durch die geplante Abschaffung der amtlichen Pflichtinserate entsteht.

Es gehe nun darum, das Ende einer „Stimme der Vernunft und der Anständigkeit „zu verhindern, erklärte Concordia-Präsident Andreas Koller kürzlich in einer Online-Pressekonferenz. Er schlägt eine Treuhandgesellschaft vor, an die die Republik die Eigentümerschaft überträgt. Sie solle beauftragt werden, ein „nachhaltiges Geschäftsmodell samt neuem Eigentümer aufzustellen.“

Der Presseclub verlangt gleichzeitig von der Republik, finanzielle Einbußen aus Pflichtinseraten und sonstigen bisherigen öffentlichen Aufwendungen in voller Höhe zu kompensieren – und zwar für mindestens drei Jahre. .

„Ich kann mir schon vorstellen, dass viele in der Regierung gerne eine Verlautbarungsplattform statt kritischer Medien hätten. Aber da spielt die Concordia nicht mit“, betonte Koller

Concordia-Generalsekretärin Daniela Kraus erklärte, dass „gerade für einen kleinen Markt wie Österreich Medienvielfalt extrem wichtig“ sei. Die „Wiener Zeitung“ sei eine „Stimme der Vernunft im Wirrwarr der Netzwerkmeinungen“ und zudem äußerst relevant für die Arbeitsplatzsituation am Medienmarkt.