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Unabhängiger ORF unverzichtbarer denn je

Udo Bachmair

( Rede gehalten bei der alternativen Medienenquete am 6.6.2018 in Wien )

Ich spreche hier als Verantwortlicher der Vereinigung für Medienkultur, besonders aber als langjähriger Moderator-und Redakteur des ORF, dem ich mich nach wie vor verbunden fühle.

Umso mehr betrachte ich die Entwicklung und die Vorgänge rund um das Unternehmen mit einiger Sorge.

Es sind nie da gewesene Angriffe und Untergriffe seitens einer Regierungspartei gegen unabhängige ORF-Journalisten und Journalistinnen zu registrieren.

>> Da werden allen Ernstes Journalistinnen und Journalisten generell der Lüge bezichtigt –

>> Da wird ein profunder TV-Moderator als „unbotmäßig“ an den Pranger gestellt –

>> Da wird ORF-Korrespondenten mit dem Hinauswurf gedroht –

Und das aus dem Munde von Vertretern einer Regierungspartei.

Das Gefühl, unter Druck zu stehen ist bei  ORF-KollegInnen und Kollegen deutlich gewachsen. Das bestätigen mir mehrere Gespräche.

Es ist nicht zu leugnen, dass die Politik bei Postenbesetzungen, öffentlichen Zurufen und versteckten Interventionen auch schon Jahre und Jahrzehnte zuvor beim ORF immer wieder eine Rolle gespielt hat.

Die nunmehrige Entwicklung hat jedoch eine neue äußerst zweifelhafte Qualität :

Es stellt sich nicht zuletzt die bange Frage:

Schreitet auch hierzulande eine mehr oder weniger schleichende Orbanisierung voran ?

Eine Entwicklung, die uns wegführt von Medienvielfalt  sowie von freiem und unabhängigem Journalismus ?

Vor diesem Hintergrund meine ich:

Ein unabhängiger Rundfunk ist unverzichtbarer denn je.

Natürlich kann und soll der Wert des Öffentlich-Rechtlichen neu diskutiert, teils auch neu definiert werden.

Das erscheint umso notwendiger im Umfeld einer Medienlandschaft, die geprägt ist von einem beispiellosen Konzentration an Boulevardmedien speziell im Osten unseres Landes.

Dem ORF und den Qualitätszeitungen kommt in dem Zusammenhang eine besondere Rolle zu. Auch als Gegengewicht zu all dem, was sich an höchst bedenklichen Inhalten in den sogenannten „Sozialen“ Medien abspielt. Hass und Hetze gegen Minderheiten, insbesondere gegen Flüchtlinge und Asylwerber.

Der ORF dagegen muss ein Hort sein für seriösen differenzierenden Qualitäts-Journalismus

Er kann die Rolle aber nur dann erfüllen, wenn von ihm und seinen Programmitarbeitern Druck genommen wird.

Und: Wenn auch seine Finanzierung gesichert ist.

Aus meiner Sicht sollte das bisherige Finanzierungsmodell erhalten bleiben, teils Werbeeinnahmen, teils Einnahmen über die Gebühren. Diese jedenfalls sollten von den jeweiligen Landesabgaben entschlackt werden.

Keinesfalls zu begrüßen wäre der Vorschlag, den ORF aus dem Bundesbudget zu finanzieren.

Das hätten die Regierungsparteien wohl gern. Denn dann müsste die ORF-Führung jährlich zum Finanzminister pilgern, um demütig die Sicherstellung der weiteren Finanzierung zu erbitten.

Erwartetes Wohlverhalten seitens des ORF verstünde sich in diesem Fall wohl von selbst. Auf der anderen Seite ein noch effektiverer Zugriff der Mächtigen auf das Unternehmen.

Der ORF muss allerdings die finanzielle Unterstützung im wahrsten Sinn des Wortes auch verdienen:

In erster Linie mit Qualität seiner Programme und journalistischer Glaubwürdigkeit.

Diese kann und sollte etwa auch in der außenpolitischen Berichterstattung gestärkt werden. Durch weniger Schlagseite bei so komplexen Causen wie etwa dem Ukraine-, Nahost oder Syrien-Konflikt.

Oder in der innenpolitischen Berichterstattung darauf zu achten, nicht der gespenstisch gut inszenierten Regierungspropaganda auf den Leim zu gehen.

Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk sollte bestrebt sein, seinen Kultur-und Informationsauftrag auch mit einer besseren Durchmischung auf die einzelnen Kanäle zu erfüllen. So wären sicher weitere Programmkorrekturen  von ORF 1 vonnöten. Damit kann der Kritik begegnet werden, dieser Kanal sei programmiert wie ein kommerzieller Privatsender.

Das heißt: Der ORF muss sich klar unterscheidbar machen.

Das gelingt zu 100 Prozent bei ORF 3 sowie bei Ö 1.

Und das soll so bleiben. Das soll nicht durch neue Zugriffsversuche auf den ORF gefährdet werden.

Verdeckt von der perfekten Inszenierung einer Medienenquete der Regierung dürften schon längst die Vorarbeiten für ein neues ORF-Gesetz begonnen haben.

Und es wäre naiv anzunehmen, dass nach der blau-schwarzen Einfärbung des Stiftungsrates der politische Einfluss auf den ORF dann nicht noch weiter verstärkt wird. Gewarnt sei vor dem Ziel, auch die oberste Führungsebene des ORF entsprechend zu verändern.

Vor diesem Hintergrund der Appell an die Regierung :

Lasst den ORF und seine Redaktionen in Ruhe arbeiten ! Hände weg vom ORF

 

 

Neue FPÖ-Attacken auf ORF-Journalisten

Ein Drittel der ORF-Korrespondenten feuern ?

Udo Bachmair

Einmal mehr bläst die FPÖ zum Angriff auf den ORF. Jüngster Anlass: Angeblich nicht objektive Berichterstattung über den Wahlausgang in Ungarn. Als Konsequenz daraus kündigt FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger an, man werde „von den Auslandskorrespondenten ein Drittel streichen, wenn sie sich nicht korrekt verhalten“. Außerdem wird  ORF-Redakteuren mit „Entlassung“ gedroht, sollten sie sich nicht an die Social-Media-Richtlinien halten. Kritiker sehen in diesen Äußerungen eine demokratiepolitisch bedenkliche Druckausübung auf Journalisten durch eine Regierungspartei.

Der wieder aufgeflammte Konflikt FPÖ / ORF verleiht der von der Vereinigung für Medienkultur veranstalteten  ORF-Podiumsdiskussion neue Aktualität. An der Veranstaltung am kommenden Mittwoch ( 18.4. ) im Presseclub Concordia treffen neben anderen  ORF-Generaldirektor Wrabetz  und FPÖ-Mediensprecher Jenewein aufeinander.  Weitere Details im Folgenden: :

Einladung zur Podiumsdiskussion:

Brauchen wir den ORF?

Der Disput um den Wert des Öffentlich-Rechtlichen

 Zeit: Mittwoch, 18. April 2018, 19 Uhr

 Ort: Presseclub Concordia, Bankgasse 8, 1010 Wien

 Am Podium:

Cornelia Breuß, Journalistin, Presseclub Concordia, RTR-Rundfunkbeirat

Corinna Drumm, Sprecherin des Verbandes Österreichischer Privatsender

Hans-Jörg Jenewein, Mediensprecher der FPÖ

Franz Küberl, Ex-Stiftungsrat des ORF

Golli Marboe, Journalist, Obmann des VsUM*

Alexander Wrabetz, Generaldirektor des ORF

Moderation:

Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur*

Nicht nur in Österreich, auch europaweit sind öffentlich-rechtliche Medien Gegenstand heftiger Debatten. Was macht den Mehrwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus? In diesem Zusammenhang wird immer wieder auch die Frage der Legitimität von Gebühren thematisiert. Der Disput speziell rund um den ORF wird nicht selten von Emotionen und Attacken auf das Unternehmen dominiert. Dabei ist nicht zuletzt aus demokratie- und medienpolitischen Gründen eine seriöse und sachliche Diskussion nötiger denn je.

Anmeldung erbeten unter: stifter@medienkultur.at

*Eine gemeinsame Veranstaltung des Vereins zur Förderung eines selbstbestimmten Umgangs mit Medien ( VsUM ) und der Vereinigung für Medienkultur