Archiv für den Monat: Juni 2022

Westliche Medien: Kritik

Sind westliche Medien einseitig in Berichten zum Ukrainekrieg?

Hans Högl

„Westliche Medien schreiben die Lage der Ukraine schön: Putin ist sterbenskrank, die russische Armee am Boden, die Ukraine könne den Krieg gegen die russische Invasionsarmee gewinnen:

In der Berichterstattung vieler Medien zeigt sich, dass die ukrainische Propaganda höchst erfolgreich auf den Westen eingewirkt hat. Ist die Berichterstattung westlicher Medien zu stark von Wunschdenken geprägt?“ Diese Aussage findet sich in nzz.online heute

Lob der Lehre

Zu starker Trend zu Studien?

Hans H ö g l

Ein längerer Beitrag in einem Qualitätsblatt berichtet, dass bestimmte Absolvent*innen (Historiker, Ethnologen, Soziologen) meist nur die Hälfte im Vergleich zu solchen anderer Studien verdienen. Dazu kommt, dass sie oft 30 Jahr alt werden, bis sie z.B. eine Dissertation abgeschlossen haben, und sie haben bis dahin noch nie ein Gehalt bezogen.

Ein höheres Gehalt als die oben Genannten – oft mit Halbtagsbeschäftigung – erhalten Personen mit Lehrabschluss, und dies zehn Jahre früher als Erstere. Und so staune ich, dass eine österreichische Regionalzeitung aus dem Salzkammergut,“Die Alpenpost“ den erfolgreichen Abschluss einer Lehre stark hervorhebt.

So heißt es in der letzten Ausgabe: Wir gratulieren. Marina….-LAP mit Auszeichnung. Marian S. aus Bad Aussee hat kürzlich die Lehrabschlussprüfung zur Köchin an der WKO in Graz mit Auszeichnung bestanden. Herzlichen Glückwunsch!

NB. Ich frage mich, ob es nicht ein Übermaß an Wertschätzung für das Studium gibt, andererseits Leute mit Berufsabschluss (so Handwerker) dringend gebraucht werden: Und deren Verdienstchancen können beträchtlich sein, man denke an Stundensätze von Installateuren. NB. In Österreich gibt es Lehre mit Matura.

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Haben wir immer noch nicht gelernt ?

Berichterstattung in vielen Medien, aber auch Äußerungen von Experten und Politikern zum Ukrainekrieg, sind derzeit von Phrasen und Parolen geprägt.

Wolfgang Koppler*

Putins „Militäroperation zur Entmilitarisierung und Denazifizierung“ oder auch die Drohung mit dem „Dritten Weltkrieg“ auf der einen Seite, „Kampf bis zum Ende, bis zur Vertreibung aller russischen Soldaten aus der Ukraine“ oder gar „bis zur Schwächung der russischen Armee, sodass sie niemand mehr angreifen kann“. Auch vom „totalen Krieg“ war schon die Rede. Selbst Experten reden von einem „Kampf der Werte“ oder fordern „noch mehr Waffen“. Das Wort „Vernunft“ hat man in dieser Debatte schon lange nicht mehr gehört. Putins Wahnsinn scheint so ansteckend zu sein wie das Coronavirus.

Sehen wir uns daher die Fakten hier und nun, soweit sie eruierbar sind, einmal an. Der gegenständliche Krieg wird nach der überwiegenden Mehrheit der Experten jedenfalls noch Monate dauern. Jeden Tag sterben hunderte Menschen, werden andere ihr Leben lang gezeichnet. Mehr als 20 Millionen Tonnen Getreide drohen zu verrotten. Die Infrastruktur eines ganzen Landes wird mehr und mehr zerstört. Von vielen anderen Folgen und Gefahren eines immer länger dauernden Kriegs ganz zu schweigen. Ein EU-Beitritt der Ukraine binnen kurzer Zeit ist nicht machbar. Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine stehen seit Monat still.

Man kann sich natürlich einfach dem Mainstream anschließen und sagen: Der Aggressor muss bestraft werden, das Gute muss siegen. Keine Verhandlungen mit Aggressoren. Dann soll man aber auch ehrlich sein und dazu sagen: Das kostet weitere zigtausende Tote und noch mehr Verletzte (was auch Selenski inzwischen eingestehen musste). Und Millionen Hungernde in zahlreichen Ländern. Und wahrscheinlich Unruhen und politische Verwerfungen, was ebenfalls Tote, Verletzte und weiteres Leid zur Folge hat.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass es auf westlicher Seite nur um Werte geht (was in der Politik ein Novum wäre und angesichts der geopolitischen Lage der Ukraine eher unwahrscheinlich ist), wurde bis jetzt nur nebulos mit „Menschenrechten“, „Freiheit“ und gar mit westlichen Werten operiert. Im Wesentlichen bedeutet dies im konkreten Fall „Gerechtigkeit um (fast) jeden Preis“. Nur den Weltkrieg wollen wir nicht, da die Verteidigung der Menschenrechte um den Preis einen Atomkriegs doch keinen Sinn mehr ergibt. Denn wenn alle tot sind, nützt uns die Gerechtigkeit nichts mehr.

Damit wären wir auf einmal bei den altmodischen Grundtugenden, insbesondere bei jenen, die meist und erst recht in Kriegszeiten unter den Teppich gekehrt werden: Weisheit und vor allem Mäßigung. Die eher langweilige Dame mit dem Krüglein hat – völlig unbemerkt und nolens volens – durch die Atombombe plötzlich wieder Bedeutung erlangt. Nennen wir es schlicht Verhältnismäßigkeit. Sonst wird aus Tapferkeit Verwegenheit und aus Gerechtigkeit Selbstgerechtigkeit. Und letztlich Wahnwitz, wie bei Michael Kohlhaas. Weil der Mensch, ob religiös oder nicht, kein Gott ist.

Bei der Opferung von zigtausenden oder hunderttausenden Menschen sind wir großzügiger als beim Risiko eines Atomkriegs. Das sind uns die Menschenrechte wert. Aber überlegen wir einmal, wie wir bei der Ahndung eines Verbrechens vorgehen: Riskieren wir etwa bei der Verfolgung eines Verbrechers hunderte Menschenleben ? Und was die Politik betrifft: Ist sie nicht die Kunst des Möglichen ? Liegt der Internationale Strafgerichtshof plötzlich in Brüssel und Washington ?

Es geht nicht um naiven Pazifismus. Aber wären nicht Verhandlungen etwa im Rahmen der zuletzt von Italien gemachten Vorschläge – unter Einsatz eines Gasembargos (um beiden Seiten die Ernsthaftigkeit des Westens vor Augen zu führen) – vernünftiger ? Ein solches Gasembargo bereitet uns doch deshalb solche Probleme, weil wir keine realistischen Ziele haben und deshalb davon ausgehen, dass es ad infinitum dauern müsste. Mit realistischen Verhandlungszielen könnte man aber wohl auch die Wirtschaft ins Boot holen.

Das Argument der Hardliner gegen Verhandlungen und Kompromisse ist immer das gleiche: Man müsse von weiteren Aggressionen abschrecken. Erstens sind Militärexperten durchwegs der Ansicht, dass die russische Armee an ihren Grenzen angelangt sei und weitere militärische Abenteuer eher unwahrscheinlich sind. Aber vor allem dürfte die so genannte „Dominotheorie“ durch die Ergebnisse der Kriege in Vietnam und Korea weitgehend widerlegt sein. Haben wir immer noch nicht gelernt ?

* Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Publizist und lebt in Wien

Russische Vermögen für Wiederaufbau?

Es bestehen Rechtshürden, um Oligarchen-Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine heranzuziehen.

Hans Högl ( Quelle NZZ-online vom 7.6.2022 )

Es wäre naheliegend, die im Westen eingefrorenen Vermögen der Oligarchen für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden. Ziemlich salopp brachte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell diesen Wunsch gegenüber der «Financial Times» zum Ausdruck. «Wir haben das Geld in unseren Taschen», sagte er vor einigen Wochen. Damit meinte er unter anderem die von der EU eingefrorenen russischen Privatvermögen. Doch so einfach geht das nicht. Denn die rechtlichen Hürden, um an diese Gelder zu gelangen, sind hoch.

Nach geltendem Schweizer Recht sind die Hürden für eine Konfiszierung gesperrter Vermögen hoch, solange keine gerichtlichen Schuldsprüche zu strafrechtlichen Delikten vorliegen. Das Embargogesetz scheint keine Handhabe für das Einziehen von Russland-Vermögen zu geben. Dabei ist die Schweiz ein bedeutender Hafen für lichtscheue Vermögen. Bis Ende April hatten die USA private russische Vermögenswerte von weniger als 2 Milliarden Dollar blockiert. Die Schweiz meldete dagegen das Drei- bis Vierfache.

Offenes Wort zur Literaturkritik

Immer die Gleichen treten auf. Überforderung bei Literaturkritik erscheint unverkennbar.

Hans Högl

Was die größten Herausforderungen und Probleme für die Literaturkritik heute sind, diese Frage beantwortete der Autor Stefan Gmündner. Angeregt wurde ich durch seinen Text in der Zeitschrift „Die Sichel“. Literatur u. Debatte Nr. 6 – Mai 2022. Dies führte mich zur Antwort in „volltext“.

Lesen kostet Zeit. Rezensieren erst recht. Im Schnitt bedarf eine Literaturkritik sechs Stunden Lese- und fünf Stunden Schreibzeit. Da konnte der Rezensent 2016, als der Beitrag geschrieben wurde, stolze 150 Euro entgegennehmen. Vielleicht sind es heute 2022 um die 200 €.

Noch der verrückteste Überzeugungstäter wird, was den Aufwand betrifft, hierbei die Kirche im Dorf oder den Hengst im Stall lassen. Der Zeitmangel bei Redakteuren und Freien schlägt auf die Qualität. In den meisten Printmedien wird klassischer Literaturkritik eher weniger Platz eingeräumt. Das führt zur fatalen Tendenz von Kurz- und Kürzest-Rezensionen….

Zunehmend wird sichtbar, dass viele Jurys, die Literatur fördern und finanzieren, mit immer denselben Kritikern besetzt werden. Und die gleichen treten im Fernsehen auf, und es bildet sich eine Konzentration auf einige wenige Namen, Netzwerke und Seilschaften, die zu einer Hermetik des Preis- und Stipendienwesens führen. Immer die gleichen Autoren werden ausgezeichnet oder finanziell unterstützt. Zudem lässt sich die Literaturkritik zunehmend durch eventbasierte Berichterstattung die Agenda diktieren.

Immer weniger Christinnen und Christen

Österreich: Die Zahl der Katholiken und Protestanten sinkt dramatisch, die der Muslime, Orthodoxen und Konfessionslosen hingegen steigt stark an.

Hans Högl – übernommen von „Ja- Die neue Kirchenzeitung“

6,9 Millionen Menschen in Österreich – also 77,6 Prozent der Bevölkerung – bekennen sich zu einer Religion, rund 2 Millionen (22,4 Prozent) fühlen sich keiner Glaubensgemeinschaft zugehörig. Dies sind Ergebnisse, welche die Statistik Austria im Auftrag des Bundeskanzleramts 2021 durchgeführt hat.

Rund 6,1 Millionen Männer und Frauen in Österreich bekannten sich 2021 zum Christentum, das entspricht einem Anteil von rund 68,2 Prozent an der Gesamtbevölkerung.

4,93 Millionen Personen (55 Prozent) waren laut Statistik Austria 2021 Mitglied der Römisch-katholischen Kirche, rund 340.300 Personen bzw. 3,8 Prozent waren evangelisch (A.B. und H.B). Zur Orthodoxen Kirche bekannten sich 436.700 Personen bzw. 4,9 Prozent der Bevölkerung. Dazu kommen noch die orientalisch-orthodoxen Christen…die knapp 20.000 Personen ausmachen, sowie die Altkatholische Kirche (ca. 4.700 Mitglieder), die Freikirchen (35.300 Mitglieder), die Methodistische Kirche (2.000 Mitglieder) oder die Neuapostolische Kirche (4.100 Mitglieder)….

745.600 Personen in Österreich (8,3 Prozent der Bevölkerung) fühlten sich dem Islam zugehörig, 26.600 (0,3 Prozent) dem Buddhismus und 10.100 (0,1 Prozent) dem Hinduismus. Für die Israelitische Religionsgesellschaft werden 5.400 Personen (0,1 Prozent) genannt.

Der Anteil der Konfessionslosen ..war in Wien mit über einem Drittel (34,1 Prozent) am höchsten, gefolgt von der Steiermark (22,6 Prozent) und Niederösterreich (20,5 Prozent). 17,9 Prozent der christlichen Bevölkerung Österreichs hat Migrationshintergrund, im Islam sind es 91,9 Prozent.

Veränderungen seit 1951: 1951 waren noch 89 Prozent der Bevölkerung Mitglied der Römisch-katholischen Kirche. 2001 waren es 73,6 Prozent. 2021 lag der Wert bei 55,2 Prozent. Während die Zahl der Bevölkerung evangelischen und altkatholischen Glaubens in diesem Zeitraum ebenfalls beständig abnahm, gab es eine signifikante Zunahme bei Angehörigen der orthodoxen Kirchen sowie des Islam.

Bekannten sich 1971 gerade einmal 22.300 Personen (0,3 Prozent der Bevölkerung) zum islamischen Glauben, waren es 2021 um rund 720.000 Personen mehr.

Ähnlich erhöhte sich die Zahl der orthodoxen Gläubigen in Österreich allein in den vergangenen 20 Jahren von 179.500 im Jahr 2001 bis 2021 auf 436.700. Für die Orientalisch-orthodoxe Kirche wurden keine entsprechenden Daten genannt.

Der Anteil der Bevölkerung ohne Religionsbekenntnis ist ebenfalls stark gestiegen. 1951 betrug die Zahl der Konfessionslosen 264.000 (3,8 Prozent), 2001 waren es 963.300 (12 Prozent) und 2021 eben knapp 2 Millionen (22,4 Prozent).