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Welt der Familie. Romantipp. J. Franzen: Die Korrekturen

Hans Högl: Leben mit dem  Roman. Rezension

Erfahrene Journalisten empfehlen Berufsnovizen, gehobene Literatur zu lesen. Auch Belletristik ist potentiell Medienkultur. Gibt es moderne Bücher, die den verblichenen Titel "Klassiker" verdienen? fragt ein Beitrag in der niveauvollen Monatszeitschrift "Datum" und nennt den Roman "Die Korrekturen" von Jonathan Franzen, erschienen 2001.

Meist lese ich sozio-politische Texte. Von „Korrekturen“ ließ ich nicht mehr los, griff immer wieder danach. Wo bin ich jetzt ? fragte ich mich des öfteren, denn die Sequenzen von Ort und Zeit sind mit Raffinement konzipiert. In der Mitte des inneren und äußeren Geschehens ist eine „reale“ Familienwelt: ein alt gewordenes Ehepaar, ein sturer, seniler Typ eines Ingenieurs, eine rüstige, gern keppelnde Frau, und wir tauchen ein in das moderne Leben der zwei Söhne und der Tochter und wie geschickt sie ihre Lebenswelt vor den Eltern kaschieren. Sie sind besten Alters. Und die fünf Charaktere sind überaus verschieden.

Die Grundierung des Romans -amerikanische Mittelklasse- ist Westeuropäern näher als vermutet. Der Spannungsbogen gipfelt im familiären Weihnachtsfest. Der Roman hat eine sprachlich-geschliffene Klinge, die deutsche Übersetzung ist überaus gelungen.

Wort-Schmankerl aus „Korrekturen“

-Der schlafende Alfred (Vater) war eine „Symphonie aus Schnarchen, Schnaufern und Röchlern“. – (Tochter) Denis hatte vom Vater „den einschüchternden Gestus moralischer Autorität“.

– Mutter Enid wünscht einen Schwiegersohn mit adrettem Haarschnitt, aus einer traditionbewussten Familie stammend und unverdorben trotz der unsäglichen Unterhaltungsidustrie. Sie stellt dem Gegenüber Fragen, um in Antworten „mögliche Subtexte und versteckte Erwartungen“ zu erkunden.

– (Sohn) Chip häuft Preise und Stipendien auf, die „im akademischen Königreich die gültige Währung“ haben (Er verlor aber seine Lehrtätigkeit…. und kam auf Abwege).

-„Genug, genug. Was andere machen ist mir schnurz“ sagt (Vater) Alfred zu seinem Sohn Gary, der für das technisches Patent seines Vaters von einer Firma wesentlich mehr herausholen will, als ein Firmennotar dafür anbietet.

 

Wertvolle Werbung?

Dr. Werner Slupetzky

Leserbrief an die Wochenzeitung DIE FURCHE

So schön die Licht- und Hoffnungsgebende Weihnachtsausgabe der FURCHE 51/52 f ist, eine Seite, die Seite 7 hat mich getroffen, ja erschreckt. Sie ist mir die Feiertage nicht aus dem Kopf und Sinn gegangen. Immer wieder habe ich diese „dunkle“ Seite aufgeschlagen. Schwarz wie eine Todesanzeige, eine verwirrende Spirale aus dem 100e mal hin gestempelten Wort, das im Zentrum des Tornados steht: „Vermehrt Schönes!“. Du ich, wie? Schönes kann man durch noch so viele „geklonte“ Worte nicht vermehren, sondern durch ansprechend gestaltete und klare, ehrliche Botschaften. Ich möchte dem Auftraggeber nichts „Böses“ unterstellen, aber es klingt eher nach, „vermehrt euer Geld, dann wird es schön und euer Leben hat mehr WERT“.

Es scheint heute in der Werbewirtschaft ein Missbrauch der Worte Einzug gehalten zu haben. Der Sinngehalt wertvoller Begriffe wird wie gewohnt gebraucht, dabei aber schleichend und unbemerkt eine verfälschte Botschaft transportiert. (z.B. „Die gute Nachricht“….Werbung für Hautcreme). Es ist an der Zeit, ein „WörterWeltKulturerbe“ einzuführen und eine „Wei(ss)e Liste der ethisch geschützten Worte und Begriffe zu definieren, ein ABC der „Werte Worte“.