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Wie Klimaskeptiker und Impfgegner überzeugen?

Warum ist das Widerlegen von »Fakten« so schwierig? Fakten, Fakten,nein.

Hans H ö g l

Folgenden Text entnahm ich dem Blog „Perspektive Daily“. Dessen Autoren versuchen als Team lösungsorientierten Journalismus – im Wissen, dass dies nur sehr partiell für Journalismus möglich ist. Aber die Branche könnte sich nach den bekannten W-Fragen zusätzlich erkunden, was denn jetzt nach all ihren Infos kommt oder kommen sollte?

Ich verweise hier auf das Buch von Maren Urner: Schluss mit dem täglichen Weltuntergang. Die Autorin hat ein Team für Ihr Anliegen geschaffen, das prinzipiell auch jenes der Vereinigung für Medienkultur ist oder sein könnte.

Nun ein Exempel, das ich kürzte: Den »Klimaskeptikern« fällt es so schwer, den Wissenschaftern zu glauben, weil schwer ist, fehlerhafte Annahmen zu widerlegen, wenn diese sich einmal in den Köpfen festgesetzt haben. Das wiederum hat 3 Gründe:

„1. Faktenbasiertes Argumentieren hilft nicht. …Neben der Diskussion zum Klimawandel ist der vermeintliche Konnex zwischen Impfungen und Autismus ein anderes Exempel.Obwohl es keine haltbaren wissenschaftlichen Studien zum Konnex gibt, lassen viel Eltern ihre Kinder aus Angst nicht mehr impfen – in den USA finden gar »Masern-Partys« statt, bei denen sich die Kinder gegenseitig anstecken.

Schuld an diesem Phänomen sind vor allem 2 Eigenschaften der menschlichen Psyche: Der sogenannte Bestätigungsfehler . …Davon kann sich keiner freimachen: Wir alle lassen uns schneller von Dingen überzeugen, wenn sie in unser Weltbild passen.

Hinzu kommt der Bumerang-Effekt: Wenn wir von einer Sache überzeugt sind und uns jemand vom Gegenteil zu überzeugen versucht, führt das häufig dazu, dass unsere ursprüngliche Überzeugung noch stärker wird – obwohl die Beweise dagegensprechen.

Je ideologisch aufgeladener und emotionaler eine Thematik, desto stärker ist der Effekt, dass wir nicht von unserem Irrglauben abrücken, egal was dagegenspricht. Bezogen auf das Impfbeispiel bedeutet das: Selbst nach soliden Studien…lassen viele Eltern ihre Kinder aus Angst nicht impfen. Warum? Weil die Gesundheit des eigenen Kindes ein hoch emotionales Thema ist; weil selbst bekannte Persönlichkeiten sich gegen Impfungen aussprechen; weil die emotionale Zugehörigkeit zu einer Gruppe, Glaubensrichtung, …häufig dazu führt, dass bestimmte Überzeugungen automatisch angenommen und nicht hinterfragt werden.

2. Das Wiederholen verstärkt Mythen: Wird eine Falschaussage 1 Mal genannt, glauben knapp 30% daran; nach einer 3-maligen Wiederholung sind es 40%. Auch hier ist der Bumerang-Effekt am Werk.

3. Wir brauchen Geschichten: Wir Menschen haben uns schon immer Geschichten erzählt..Bei Journalisten heißt das Storytelling. ….

Zur Schizophrenie der Klimaskeptiker ein Beispiel aus der Landwirtschaft. Landwirte werden weltweit Tag für Tag Zeugen davon, dass der Klimawandel uns und unsere Lebensmittelproduktion verändert. Dennoch legen einige Landwirte bei der Frage nach dem Klimawandel ein paradoxes Verhalten an den Tag, das sich nur damit erklären ließe, dass es 2 Arten des Klimawandels gäbe. Auf der einen Seite zeigen sie die klassischen Anzeichen des Klimaleugner-Störungssyndroms: »Ich glaube nicht an Klimawandel«, sagen sie mit stolzer, konservativer Brust. Auf der anderen Seite haben sie ihr Verhalten bereits in großem Stil an den bereits vorhandenen Klimawandel angepasst. Sei es durch den Einsatz bestimmter Ackerbau-Methoden oder durch das Abschließen zusätzlicher Versicherungen im Falle von Ernteausfällen. Unternehmen wie Monsanto…, äh Bayer, kaufen mittlerweile Unternehmen auf, die sich auf die Auswertung von Klimadaten spezialisieren. Die Daten helfen dabei, ortsspezifische Vorhersagen für Ernteerträge zu treffen. Warum tun sie das? Weil Landwirte ein großes Interesse dafür haben, was Klimaforscher über die Zukunft sagen.
….
Die 2 Dimensionen oder Lesarten des Klimawandels lassen sich vielleicht so zusammenfassen: Emotional und pragmatisch. Emotional: Das ist der Klimawandel, an den wir glauben – oder eben nicht, sozusagen die »emotionalisierte Erderwärmung«. Dabei spielt die Identifikation mit einer kulturellen Gruppe, zum Beispiel einer politischen Partei, eine wichtige Rolle. Dan Kahan spricht auch von »Stammesloyalitäten«.
Pragmatisch: Das ist der Klimawandel, der uns zum Handeln veranlasst, sei es in der Rolle als Landwirt, Politiker oder Verbraucher.
Wie kann es gelingen, beide Dimensionen des Klimawandels zu einem Konzept, das auf den besten aktuell verfügbaren wissenschaftlichen Daten begründet ist, zu verschmelzen? Und wie kann in den Köpfen der selbsternannten »Klimaskeptiker« die Erkenntnis reifen, dass sie sich in ihrem Verhalten längst zur pragmatischen Dimension des Klimawandels bekennen?“

Der Text in Perspektive Daily ist viel länger und muss es sein: Vgl. https://perspective-daily.de/article/89/probiere