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Und nach Gaza ?

Sigmund Freud hat den Zusammenhang von „Über-Ich“ und Tabu erkannt. Demnach besteht bzgl. der Haltung zu Israel bei vielen a priori eine „Stimmung“, eine Voreinstellung. So wagt in Medien und Politik Österreichs und Deutschlands niemand, den Aggressor Israel als Aggressor zu bezeichnen. Der Satz „Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch“ stammt von Theodor W. Adorno, 1949. „Und nach Gaza?“ fragt der Gastautor der folgenden Zeilen:

Michael Pand *

Ein namhafter deutscher Humanist (kein Humorist) schrieb mir im August:
„Lieber Michael Pand, der globalen Schrecknisse sind zu viele, als dass man alle mit gleicher Empathie und Empörung erfassen kann. Wir sind, ob wir wollen oder nicht, gnadenlos selektiv, jeder, von seinem Ort. Von diesem selektiven Hintergrund her gefragt: was zum Teufel habe ich mit den Palästinensern zu schaffen, einem Volk, dass sich eine Mörderbande zur Führung gewählt hat und das auch noch „Befreiungsbewegung“ nennt, ein Volk, das seit 1948 keine sich immer wieder bietende Gelegenheit ergriffen hat, um einen eigenen Staat, wie auch immer, zu schaffen, stattdessen auf Vernichtung Israels setzte und immer noch setzt. Ein Volk, das nichts zustande gebracht hat als sich zu vermehren und den überzähligen jungen Männer (Gunnar Heinsohn) Mord und Terror als Beschäftigung anbot. Nein, mit diesem Volk habe ich nichts zu schaffen. Viel mehr zu schaffen habe ich allerdings auf dem Hintergrund unserer deutschen Geschichte mit Israel und den Juden, was nicht erklärt werden muss. Gottlob, dass sie die Atomwaffe haben, das ist bei Lage der Dinge letztlich wohl doch ihre eigentliche Lebensversicherung. Dass man den jüdischen Religionsfaschisten im Westjordanland das Handwerk legen müsste, ist auch klar, aber wer soll es machen? Letztlich müssen es israelische Kräfte sein, die das besorgen. Druck wäre aber hilfreich. Freundliche Grüße aus Badenweiler im Markgräfler Land, Rüdiger Safranski.“

Prof. Dr. Safranski, 80 Jahre alt, ist ein sehr bekannter Essayist, auch Nietzsche-, Hölderlinforscher und erhielt insgesamt 21 Auszeichnungen, darunter den Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten für sein Lebenswerk. Hingegen der Verfasser dieser Zeilen, 70 Jahre, Schauspieler und Dokumentarfilmer, erhielt noch nie einen Preis oder Auszeichnung wenn man von einer Urkunde „Lebensretter“ für 50 Mal Blutspenden, inkl. Anstecknadel, erhalten vom Roten Kreuz Wien, absieht. „Blutspenden“ wäre das Stichwort welches mich zur Replik an Herrn Safranski und weiter bis nach Gaza überleitet.

Bei den Wiener Vorlesungen von Prof. Sloterdijk, -Safranski ist auch ein guter Freund des dt. Philosophen-, wurden wir Studierenden jahrelang zu „Ohren-Zeugen mit Verzückungsspitzen“. Als das „Elefantenweibchen“ namens Sloterdijk (Elefantenweibchen bringen immer nur Großes hervor) einer sehr heterogenen Zuhörergemeinde am Schillerplatz die großen Kulturelefanten Freud und Lacan, das „Über-Ich“, „Totem und Tabu“ de-konstruktivistisch, elegant-ironisch, als Vortragender vermittelte, konnten wir Sternstunden einer nicht-banalen, sinnvollen Rede als Ereignis in der Lebensmitte spüren. Es sollte daher, Maturaniveau vorausgesetzt, nicht verwundern, dass diese „Nachkriegsgeneration“, zu der Prof. Safranski (geb. 1945) gehört, in Deutschland genauso wie in Österreich, den Staat Israel zu ihrem persönlichen „Über-ich“ festlegte, – aus rein kulturell und selbstbestimmten, humanistischen Gründen. Ist diese individualistisch-psychische Operation im Gehirn und mit Bewusstsein einmal vollzogen, emergiert alle weitere Semantik, das Urteilsvermögen, Präferenzen, Protentionen (Erwartung des Kommenden) wie von selbst. Sigmund Freud, Begründer der Psychoanalyse aber auch einflussreicher Kulturtheoretiker machte die Mütter (!) sogar für den Autismus und die Neurosen ihrer Kinder verantwortlich. Safranski, 100 Jahre später, sieht sich historisch- kausal in „ Leihmütterlicher Verantwortung“ zu jenem auf Schreibtischen, in UN-Konferenzen gezeugten, autistischen Staatskind namens Israel,– mitten im Lande Palästina. Wo aber sonst kann sich große, uneingeschränkte, ewige Mutterliebe zu einem scheinbar ewigen Problemkind besser bewähren als beim Mutterschutz zum UN-Vorwurf Genozid? Doch war es Sloterdijk dem bei einer Hegel-Vorlesung der knappste Kommentar zur Geschichtsphilosophie gelang : „Geschichte ist ein Luder!“

Einer der Vorzüge das gesetzliche Pensionsalter zu erleben besteht in dem Umstand, auf die eigenen Bilder der Lebensgeschichte retrospektiv schauen zu können wie auf abgelegte Kleidungsstücke, die zur Kleidersammlung geschickt werden. In den 70iger Jahren, als wir Overland nach Indien reisten, war der Schah von Persien unser erklärtes Feindbild: eine Marionette des amerik. Imperialismus. Junge, eifrige Bürschchen, die zeitgemäß gegen den Vietnamkrieg, gegen den Schah und eo ipso als revolutionär „Links“ auftraten, engagierten sich bei den Maoisten ( z.B. Raimund Löw, ebenso Bandmitglieder der „Schmetterlinge“ reisten bis nach China). Der junge Rüdiger Safranski, jetzt emeritiert, gehörte damals zu den Gründungsmitgliedern der deutschen. maoistisch orientierten kommunistischen Partei. Ich selbst, damals keine 20 Jahre alt, höre mich noch heute „Amis raus aus Vietnam, Laos und Kambodscha“ auf der Mariahilferstraße skandieren. Doch wenn man nochmals 20 Jahre später im Foltergefängnis der Khmer Rouge in Phnom Penh steht, jetzt ein Museum, und die Fotos der 15.000 mit Elektroschocks zu Tode Gefolterten, die mit weit aufgerissenen Augen in die Kamera starren, mit eigenen Augen sieht, hört man eine Zweitstimme aus dem Inneren, die seit jeher als „Gewissen“ bekannt ist. Sie spricht (Sanskrit) : „Tat tvam asi“ Das bist du! (In mentaler Funktion wäre die aus dem Hinduismus stammende Formel unserem „Niemals Vergessen! zumindest ähnlich).

Bilder,- für sich selbst leer und neutral wie alle Dinge-, können als Zeichen inkarnieren, zumindest im weiten Land der Seele. Ihre spezifische Bedeutung wird erst in einer weiteren Bewusstseinsoperation später hinzu gefügt. Niemand konnte um 1975 wissen, was nach der gewünschten Niederlage der US-Armee, nach dem Abzug der Streitkräfte im neutralen Kambodscha passieren wird. Ebenso konnten die persischen Studenten, die in westlichen Unis studierten, nicht einmal ein Michel Foucault, absolut niemand ahnte oder wollte sich vorstellen in den 70iger Jahren was auf den Sturz des Schah im damals kulturell amerikanisierten Iran folgt. Der schiitische „Gottesstaat“, das Heilige von Gott versprochene Land, vielleicht eine Familienähnlichkeit ? „Geschichte ist ein Luder“, s.o.

Israel weiß genau warum es besser für sein Kriegsziel- die Vertreibung möglichst vieler Palästinenser- ist, möglichst keine internationalen Journalisten (Bildermacher) in Gaza arbeiten zu lassen. Auch der Vietnamkrieg, man weiß es postscriptum, wurde nicht von den weltweit protestierenden Studenten gestoppt, vielmehr durch die in Amerika ermüdend, jahrelang ausgestrahlten Kriegs- TV-Bilder in Nachrichtensendungen. Der vietnamesische Mönch Tich Quang Duc, der sich bereits 1963 in Saigon mit Benzin übergoss und sich selbst verbrannte, bewirkte damals gar nichts. Auch Jan Palach, der dasselbe in Prag 1968 wiederholte, konnte die russischen Panzer, die Niederschlagung des „Prager Frühling“ nicht aufhalten. Beide „Märtyrer“ ließen jedoch keine Zweifel über den Aggressor zurück.

Was könnte der Krieg Russlands in der Ukraine mit dem „Nahostkonflikt“ in einem medialen common sense gemeinsam haben? Eine „nur- historische, territoriale Sichtweise (Ukraine gehörte historisch fast immer zu Russland, Palästina ist das Land der Palästinenser) greift in einer Zeit wo die Welt aufgrund medialer Total- Vernetzung bereits zur Weltbühne geworden ist, viel zu kurz.

„Denn die einen sind im Dunkeln. Und die andern sind im Licht. Und man siehet die im Lichte Die im Dunkeln sieht man nicht (Bert Brecht). Weil das Wesentliche also für das Auge unsichtbar, ebenso die Welt im Ganzen unbeobachtbar bleibt (Luhmann) folgt im transzendentalen Sinne : Lang lebe Arafat !

* Gastautor Michael Pand ist Autor, Schauspieler und Dokufilmer. Er lebt in Hainburg in Niederösterreich.

Friedenstüchtig statt kriegstüchtig

Die Friedensdemonstration der „Initiative 18. Oktober“ in Wien stand unter der Devise „Für Frieden und Neutralität, für ein souveränes Österreich“. Im Folgenden der leicht gekürzte Text einer bei der Schlusskundgebung gehaltenen Rede von

Udo Bachmair

„Wir müssen kriegstüchtig werden“. Immer öfter, immer stärker hallt dieses Wort, diese Aufforderung durch Medien und Politik.
Neben anderen ausgerechnet auch ein prominenter Sozialdemokrat, ein sogenannter Sozialdemokrat, kann dies nicht oft genug bekräftigen nämlich Deutschlands Verteidigungsminister Pistorius.

Und an der Spitze der EU sind es vor allem Hardlinerinnen, die sich in Kriegsrhetorik ergehen – Kommissionspräsidentin von der Leyen und EU-Außenbeauftragte Kallas, angetrieben und angeheizt von Hardlinerinnen wie der FDP-Mandatarin Strack-Zimmermann. Nicht zu vergessen Ex-Außenministerin Bärbock von den Grünen, die sich einmal – man glaubt es heute kaum- als wesentlicher Teil der Friedensbewegung verstanden haben.

Kriegstüchtigkeit“ lautet also das Gebot. Mit unermüdlichen Waffenlieferungen an die Ukraine und Israel hat sich Europa gleichsam in den Kriegsmodus gestürzt. Hunderte von Milliarden Euro werden in die profitgeile Rüstungsindustrie gepumpt.

Um den Aufrüstungs-Wahnsinn den Menschen schmackhaft zu machen, spielen Medien eine besondere Rolle. Durch die ständige Wiederholung des Narrativs, ganz Europa sei durch das verhasste Feindbild Russland bedroht, soll die Bevölkerung sozusagen auch mental kriegstüchtig gemacht werden, geistig vorbereitet werden auf einen sogenannten NATO-Verteidigungs- bzw. Präventivkrieg gegen Russland.

Sinnvollere auszugebende Milliarden etwa für Soziales und für Bildung bleiben dabei auf der Strecke.

„Es herrscht Krieg. Es ist auch unser Krieg„. Mit diesen Worten hat der polnische Ministerpräsident Tusk Ende September beim „Warschauer Sicherheitsforum“ die Rüstungsaktien in die Höhe getrieben. Allzu viele Akteure in Politik und Medien stimmen ihm zu. Was ist das anderes als Kriegseuphorie, die westliche Gesellschaften zu erfassen droht oder bereits erfasst hat?

Der Militäranalyst und sogenannte Sicherheitsexperte Gady, Dauergast in ORF-Studios, erklärt zur Frage von Sicherheitsgarantien Europas für die Ukraine: „Das heißt gegen Russland in den Krieg zu ziehen..“ Kriegsrhetorik, die in ORF-Interviews weitgehend unwidersprochen bleibt.

„Nachrüstung“ statt Aufrüstung nennt es beschönigend etwa ÖVP-Verteidigungsministerin Tanner – sie spricht von Notwendigkeit der Nachrüstung zum „Schutz der Neutralität“. Für Neutralitätsfreunde und -freundinnen eine Propagandalüge.

Gerade die Neutralität kann als stabile Schutzgarantie für unser Land dienen, wenn sie, wie es der renommierte Politologe Heinz Gärtner so trefflich auf den Punkt bringt, wenn sie sich als glaubwürdig und nützlich erweist.

Österreichs Außen- und Neutralitätspolitik in den letzten Jahren ist diesbezüglich ihrer Aufgabe leider nicht nachgekommen, sie hat sich vor allem im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg und dem Gazakrieg fahrlässig ohne Wenn und Aber auf eine Seite gestellt. Während sie zurecht die Invasion Russlands in der Ukraine geißelt, steht Österreichs Regierung unter ÖVP-Kanzler Stocker unverbrüchlich auf Seiten Israels und der in Teilen rechtsextremen Regierung Netanjahu .

Kein Wort des Bedauerns zu den Kriegsverbrechen in Gaza etwa auch in einem Kurier-Interview mit Ex-Kanzler Kurz am 15.10. im Kurier. Eine gestraffte Entgegnung dazu von mir ist heute in der Samstagausgabe des Kurier erschienen :

Er ist nicht gerade für Differenzierungen bekannt, gilt er doch nicht gerade als Parade-Intellektueller: Ex-Kanzler und Geschäftsmann Sebastian Kurz. Er hat zwar die Brutalität des Terrorangriffs vom 7. Oktober zu Recht gegeißelt, jedoch kein Wort echten Bedauerns über Kriegsverbrechen oder das mutmaßliche Genozid am palästinensischen Volk in Gaza gefunden. Die apokalyptischen Bilder zu den hemmungslosen Zerstörungen sowie die mehr als 60.000 Toten, unter ihnen vor allem Frauen und Kinder, scheinen Kurz und seine antipalästinensischen Gesinnungskollegen kaum zu berühren. Dies offenbar geschuldet der unverbrüchlichen Nähe zu der in Teilen rechtsextremen Regierung unter Netanjahu. Dessen mögliche Verurteilung als Kriegsverbrecher würde wohl der vermeintlichen „linken Justiz“ zugeschrieben.“ (Auszug aus dem Leserbrief)

Im Gegensatz zur berechtigten klaren Verurteilung des brutalen Massakers vom 7. Oktober hat neben Kanzler Stocker auch Außenministerin Meinl-Reisinger nur ganz sanfte Kritik an der menschenverachtenden Vorgangsweise Israels in Gaza geäußert, kein deutliches Wort hingegen zu den unfassbaren Gräueln gegen die Zivilbevölkerung und gewaltigen Zerstörungen, die Israel den Palästinensern zugefügt hat – eine Schande!

Jedenfalls führt Österreich als neutraler Staat groteskerweise eine NATO-orientierte Außenpolitik, die dem Geist der Neutralität klar widerspricht. –
Österreich hat damit auch jede Chance verwirkt, wieder einmal als Mediator bei internationalen Konflikten zu fungieren, wie noch zu Zeiten des legendären Bruno Kreisky.

Auch heute noch wäre gerade Wien als UNO-Stadt, als Standort der OESZE, geradezu prädestiniert dafür, wieder Ort von Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen zu sein. Das hat diese Regierung, das haben aber auch schon Regierungen davor, leider verspielt.
Kommt verschärfend hinzu, dass Österreichs Außenministerin bei allen möglichen Gelegenheiten die Neutralität in Frage stellt. Sie provoziert damit immer wieder eine Diskussion über einen potentiellen NATO-Beitritt Österreichs

Eine Teilnahme an EU/NATO-Kriegsvorbereitungen wäre nicht nur ein klarer Widerspruch zur Neutralität, nein, sie wäre auch eine nicht zu unterschätzende Gefahr für unser Land.

Wehren wir uns, solange es noch nicht zu spät ist – Es lebe die Neutralität, es lebe der Frieden und ein souveränes Österreich!

Und vor allem: Nicht kriegstüchtig, sondern friedenstüchtig müssen wir werden im Sinne von

SI VIS PACEM PARA PACEM statt „Si vis pacem para bellum“

Propaganda statt Fakten

Sie war früher einmal auch für den ORF, konkret für die Ö1-Journale, eine gefragte Nahostkorrespondentin: Kristin Helberg. Sie scheint in Vergessenheit geraten zu sein oder entspricht einfach nicht dem gängigen medialen Kurs.. Auf Facebook hat Helberg nun ihre Sicht der unerträglichen Vorgänge in und um Gaza veröffentlicht. Ihr Bericht sei Ihnen nicht vorenthalten:

Kristin Helberg

Vor zwei Jahren – am 22. September 2023 – stand Ministerpräsident Netanjahu vor der UN-Vollversammlung mit einer Karte von „Israel vom Jordan bis zum Mittelmeer“. Heute wissen wir, wie ernst er es meinte. Dies ist zum Alptraum für die Palästinenser geworden. Und obwohl die Tatsachen offensichtlich sind, plappern deutsche Politiker noch immer israelische Propaganda nach:

“Wenn die Hamas die Geiseln freilässt und die Waffen niederlegt, ist der Krieg vorbei.”
Falsch, denn es geht nicht um die Geiseln oder die Hamas, sondern um Groß-Israel vom Jordan bis zum Mittelmeer.

“Die Lage in Gaza ist katastrophal, aber die Hamas ist schuld.”
Falsch, Israel konnte weder eine militärische Nutzung von Krankenhäusern noch die Beschlagnahmung humanitärer Hilfe durch Hamas beweisen.

“Es gibt keine Hungersnot in Gaza.”
Doch, denn ein paar volle Marktstände und ein funktionierendes Restaurant beweisen nicht, dass zwei Millionen Menschen genug zu essen haben.

“Israel verteidigt westliche Werte gegen islamistische Terroristen.”
Auch falsch, denn diese Regierung macht Israel gerade zu einer ethno-religiösen Autokratie, sie schränkt zivilgesellschaftliches Engagement ein, verfolgt Kritiker, unterdrückt Oppositionelle.

Abgesehen davon, dass sich deutsche Bundestagsabgeordnete mit solchen Aussagen vor den eigenen gut informierten Wählern (zwei Drittel befürworten parteiübergreifend Sanktionen gegen Israel), im Ausland und in Israel selbst lächerlich machen, entlarven sie damit auch einen tiefsitzenden Rassismus und ihre Unfähigkeit, Propaganda von Fakten zu unterscheiden. In Gaza steht nicht „Aussage gegen Aussage“, vielmehr werden die Verlautbarungen einer Kriegspartei seit 23 Monaten von unabhängigen Menschenrechtsorganisationen, internationalen Gerichten, UN-Ermittlern, israelischen Medien und sämtlichen humanitären Hilfsorganisationen widerlegt.

Statt Behauptungen israelischer Regierungsvertreter zu wiederholen, sollten deutsche Politiker ihnen zuhören, sie ernst nehmen und die Inhalte mit den Prinzipien des Grundgesetzes, der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts abgleichen. Netanjahus Regierung sagt offen, was sie vorhat: palästinensische Lebensgrundlagen in Gaza zerstören, möglichst viele Menschen vertreiben, das Gebiet wiederbesetzen und besiedeln, die Westbank annektieren, einen palästinensischen Staat verhindern, ein jüdisch-suprematistisches Groß-Israel schaffen. Übersetzt in internationales Recht heißt das: Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Genozid.

Ukraine und Gaza: EU-Doppelmoral

Osttimors Präsident Ramos Horta, selbst Träger des Friedensnobelpreises, würde diesen für die EU heute nicht mehr vorschlagen. Sie wandle sich zunehmend von der Friedens- zur Kriegsunion. Eine APA-Meldung dazu wurde hierzulande nur von wenigen Medien übernommen. Kurz aufgetaucht im ORF-Teletext, war sie bald wieder verschwunden..

Wolfgang Koppler *

Mit schonungsloser Offenheit kritisiert Osttimors Präsident Ramos-Horta die EU, wie man einer APA-Meldung vom 14.9. sowie entsprechenden Artikeln in den OÖN und SN entnehmen kann. Und übt bittere Selbstkritik, diese je für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen zu haben.

Es geht ihm vor allem um den Gazakrieg. Er findet die Gleichgültigkeit, gegenüber dem, was mit den Palästinensern passiert, ekelerregend und stellt eine Doppelmoral fest: Im Ukrainekrieg, den Ramos-Horta von Anfang an als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg verurteilt hat, seien laut Zahlen der UNO von Februar 2022 bis November 2024 2500 Kinder getötet oder verletzt worden, im Gazakrieg in einem ähnlichen Zeitraum von Oktober 2023 bis Mai 2025 bis 50000. Annalena Baerbock habe versucht, dafür Ausreden zu finden, und NATO-Generalsekretär Rutte habe gar die Völkerrechtswidrigkeit des israelischen Vorgehens bestritten. Er erklärt diese seltsame Zurückhaltung mit aus der Geschichte Europas entspringenden Schuldgefühlen. Spanien, welches das israelische Vorgehen von Anfang an dezidiert verurteilt hat, nimmt Ramos-Horta von seiner Kritik ausdrücklich aus.

Im Ukrainekrieg sieht Ramos-Horta auch eine Schuld des Westens durch die NATO-Osterweiterung. Wobei gerade ihm diesbezügliche Kritik zusteht, da er aufgrund der ebenfalls sensiblen geopolitischen Lage Osttimors Provokationen Indonesiens, Australiens oder gar Chinas und Indiens immer vermieden hat. Er sieht derzeit wenig Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges, da beide Seiten die Vorschläge der jeweils anderen ablehnen würden. Jeder würde Verlierer sein.

Und In Sachen Klimawandel sieht er primär den Westen in der Pflicht, von dem die industrielle Revolution schließlich ausgegangen sei.

Seinen Ausführungen ist wohl wenig hinzuzufügen. Aber sie zeigen, dass es dringend an der Zeit wäre, die europäische Nabelschau zu beenden. Und Politikern des globalen Südens vielleicht ein bisschen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Sie sehen die Dinge historisch unbelastet und daher möglicherweise objektiver.

Nachsatz: Vielleicht erklärt sich der Wechsel von Gleichgültigkeit und Aggressionsausbrüchen in unserer Geschichte aus dem Versuch, den Menschen in eine wie ein Uhrwerk funktionierende Maschine zu verwandeln.

www.nachrichten.at/politik/aussenpolitik/osttimors-praesident-ramos-horta-bereut-nobelpreis-fuer-eu;art391,4085433

* Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Gaza: Rückblick mit Entsetzen

Im jüngsten ZiB2-Studiogespräch ist Außenministerin Beate Meinl-Reisinger von Anchor Armin Wolf ziemlich in die Zange genommen worden. Der Grund: Ihre Unterschrift unter eine Erklärung von AußenministerInnen zu Gaza. Meinl-Reisinger musste sich für die Unterstützung einer ohnehin eher milden Kritik am barbarischen Vorgehen des israelischen Regimes rechtfertigen.

Shoura Zehetner-Hashemi *

Mitleid mit Spitzenpolitiker*innen ist eher nicht mein Fall, aber nach dem ZIB2 Interview mit Außenministerin Meinl-Reisinger war es fast soweit. Natürlich nur fast. Was ist passiert? Die österreichische Außenministerin hat, offenbar ohne tiefergehende koalitionsinterne Absprache, gemeinsam mit 27 anderen Aussenminister*innen einen realpolitisch relativ unwichtigen Brief unterzeichnet, in dem ein Ende des „Krieges“ in Gaza, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und das Zulassen humanitärer Hilfe gefordert wird. Im Grunde nicht mehr als das absolute Minimum während eines laufenden Völkermords.

Warum dann die Aufregung? Weil einige österreichische Medien, die seit 2 Jahren nicht in der Lage sind, den Mut zur journalistischen Wahrhaftigkeit aufzubringen, einen „Paradigmenwechsel“ oder sogar eine totale österreichische „Kursänderung“ in der Nahostpolitik in diesem völlig nichtssagenden Brief sehen. Und weil einer der Regierungspartner, die Österreichische Volkspartei, sich lieber an Deutschland orientiert hätte – einem jener Staaten, die den Brief gar nicht unterzeichnet haben, weil ihnen offenbar sogar die Forderung nach der Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu weit ging.

Natürlich gab es, wie immer, auch massive Kritik von der IKG und vom selbsternannten Schutzpatron Israels, Wolfgang Sobotka. Und da saß nun Beate Meinl-Reisinger und musste sich in der ZIB2 bei Armin Wolf dafür rechtfertigen, dass sie es gewagt hatte, diesen Brief zu unterschreiben. Es war, ehrlich gesagt, traurig mit anzusehen wie sie fast darum gebettelt hat, dass man ihr die Freundschaft zu und Solidarität mit Israel doch glauben möge.

Ich möchte in aller Klarheit daran erinnern, dass der israelische Staat aktuell einen Völkermord begeht und wir alle eines Tages auf Sendungen wie die heutige mit Entsetzen zurückblicken werden.

* Shoura Zehetner-Hashemi ist Generalsekretärin von Amnesty Österreich

Scheinheiligkeit nach dem Tod des Papstes

Vor wenigen Minuten hat Israels Regierung ein Kondolenzschreiben aus Anlass des Todes von Papst Franziskus wieder zurückgezogen. Der Grund: Die Kritik des verstorbenen Papstes an der brutalen Kriegsführung Israels gegen die palästinensische Bevölkerung von Gaza. Hingegen wird es vielfach als Scheinheiligkeit empfunden, dass ausgerechnet jene Politiker und Medien, die Franziskus für dessen „Linkstendenzen“ immer wieder kritisiert haben, nun in den Chor derjenigen einstimmen, die ihn würdigen.

Wolfgang Koppler*

Schon seltsam, wie man uns jetzt mit Nachrichten und Dokus zum plötzlichen, aber angesichts seines Gesundheitszustandes nicht ganz überraschenden Tod des Papstes überfüttert. Und sich in Scheinheiligkeit ergeht.

Während man zu seinen Lebzeiten jeden seiner Sätze auf die Goldwaage gelegt hat. Von den Attacken im Hinblick auf seine Haltung zum Ukrainekrieg ganz zu schweigen. Kritik an der Nato – unmöglich. Verhandlungen – ein Kniefall gegenüber dem Aggressor und völlig unmoralisch. Einige Journalisten und Politiker hätten sich wohl gewünscht, dass er die an die Ukraine gelieferten Panzer auch noch mit Weihwasser besprengen möge. Wie zur Zeit des 1. Weltkriegs, als lediglich eine Handvoll Intellektueller wie etwa Kraus und Zweig sich dem entgegenstellten. Als einsame Rufer in der militärischen Wüste.

Aber zurück zu Franziskus:
Eine Theologin meinte treffend, er hätte in keine Schublade gepasst. Am ehesten war er wohl eine Mischung aus einem Konservativen und einem Linkskatholiken. Und wollte die Kirche in gewisser Weise ein bisschen zum Urchristentum und damit zu ihren Wurzeln zurückführen. Und vor allen war er ein Mensch, der seine Grenzen kannte. Und jene der tief gespaltenen Kirche. Und so verzichtete er auf Machtworte und aktivierte die Basis durch den von ihm in Gang gesetzten synodalen Prozess, der nicht mehr so leicht aufzuhalten sein dürfte.

Heiligkeit oder gar Scheinheiligkeit war seine Sache nicht. Sodass er die Anrede „Heiliger Vater“ ablehnte und einen Journalisten, der solches versuchte, scherzhaft als „Heiliger Sohn“ titulierte. Befreiungstheologie im besten Sinne, die sich nicht nur gegen Ungerechtigkeit und Armut richtet, sondern auch gegen scheinheiligen Narzissmus und Selbstgefälligkeit. Und uns selbst befreien könnte.

Auch wir sollten unseren infantilen Narzissmus etwas mehr im Zaum halten. Journalisten, die stets mit dem Zeigefinger daherkommen, aber nicht bereit sind, etwas zu riskieren und für die eigene Überzeugung wenigstens gelegentlich gegen den Stachel zu löcken, tun den Medien nicht gut. Und unserer Gesellschaft schon gar nicht.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Ö1-Im Gespräch als Lichtblick

Selten, aber doch gibt es sie noch jenseits des medialen Mainstreams: Differenzierende Berichte und Analysen zu komplexen Themen wie zur dramatischen Lage in Gaza und dem Westjordanland. Beispiel dafür die journalistische Auswertung eines bemerkenswerten Referats der Nahostexpertin Francesca Albanese, die an der Universität Wien ein Referat gehalten hat sowie kürzlich in der Ö1-Reihe Im Gespräch interviewt worden ist.

Peter Öfferlbauer *

Die UN-Berichterstatterin für die besetzten Gebiete Westbank und Gaza Francesca Albanese sprach an der Uni Wien am 6.12., worüber u.a. DER STANDARD am 7.12. umfangreich berichtete und feststellte: So scharfe Kritik an der israelischen Kriegsführung in Gaza bekommt man in Wien selten öffentlich zu hören.

Die ORF stories berichten bereits 37 Minuten nach Beginn der in zwei weitere volle Hörsäle übertragenen Veranstaltung nur kurz und knapp und titeln: Kritik am Auftritt der UNO-Berichterstatterin... In früheren Zeiten hätte man wahrscheinlich auf Ö1 dazu ein Journalpanorama hören können, das ist mit dem heutigen, ziemlich undifferenzierten Mitstricken an der westlichen Konsensfabrik kaum zu erwarten.

Umso erfreulicher (auch für das für den ORF immer noch gültige Objektivitätsgebot), dass die Reihe Im Gespräch doch immer wieder Gäste mit erhellenden, weiteren Aspekten und Informationen bringt, wie man sie aus Wien eher selten öffentlich zu hören bekommt, so am 24. und 30.1. eben Francesca Albanese. Das ist in dieser von Peter Huemer begonnenen Sendereihe gute Tradition. Ich erinnere mich, dass damals zum Jugoslawienkrieg erstaunlich anderes zu hören war als aus den täglichen Sendungen. Hoffentlich gibt es noch viele solcher Lichtblicke!

• Gastautor Dr.Peter Öfferlbauer, ehemaliger AHS-Lehrer, ist Politik- und Medienanalyst und lebt in Wels

Verabschiedung von Fritz Edlinger

Fritz Edlinger ist vergangenen Freitag (17.1.2025) unter Teilnahme einer großen Trauergemeinde am Friedhof Wien-Neustift beigesetzt worden. Die von ihm verantwortete außenpolitische Zeitschrift INTERNATIONAL wird laut jüngsten Informationen dennoch weiter erscheinen.

Udo Bachmair

Zur Erinnerung: Fritz Edlinger, Herausgeber und Chefredakteur von INTERNATIONAL, Präsident der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, ist am 8. 12. 2024 völlig unerwartet verstorben. Der Tod des renommierten Journalisten und Publizisten hinterlässt in Österreichs Medienlandschaft und Politik eine kaum zu schließende Lücke.

Es ist ein Mensch mitten aus dem Leben gerissen worden, der sich mit großer Leidenschaft und unermesslicher Energie für Frieden und Solidarität eingesetzt hat. Seine Empathie für Notleidende galt insbesondere für das schwer geprüfte palästinensische Volk. Er prangerte das brutale Vorgehen Israels in Gaza offen als Kriegsverbrechen sowie als „Völkermord“ an. Ein Begriff, der von UNO-Kreisen über Amnesty International bis hin zu Medien außerhalb Österreichs und Deutschlands als eindeutig belegbar betrachtet wird.

Fritz Edlinger ist in Wort und Tat zudem für eine engagierte Neutralität Österreichs eingetreten. Er hat immer wieder vor einer drohenden Aushöhlung der Neutralität gewarnt. Als aktives Mitglied der von Ex-Botschafterin Gabriele Matzner angeführten „Initiative engagierte Neutralität“ ist er einer der zahlreichen Unterzeichner eines Appells an die österreichische Bundesregierung, diese möge sich auf eine Friedens- und Neutralitätspolitik besinnen, die es Österreich ermögliche, als Mediator in Konfliktfällen, Beispiele Nahost und Ukrainekrieg, zu fungieren.

Fritz Edlinger kann angesichts seines viel zu frühen Ablebens sein großes Engagement nicht mehr weiterführen. Jedoch bleibt ein kleiner Trost für seine hinterbliebenen Freundinnen und Freunde: Das hervorragende Magazin INTERNATIONAL, für das Fritz unermüdlich, gleichsam Tag und Nacht, gearbeitet hat, wird jüngsten Informationen zufolge weiter erscheinen.

INTERNATIONAL bleibt erhalten als „kritische und unabhängige außenpolitische Zeitschrift, die dem Nord-Süd-Dialog, der aktiven Neutralität, Friedensförderung und Multipolarität verpflichtet ist“, teilt der neue Chefredakteur des Blatts, der Historiker und Publizist Dieter Reinisch, mit.

Im Übrigen war Fritz Edlinger nicht nur ein persönlicher Freund, sondern auch ein Freund unserer Vereinigung für Medienkultur, die er auf verschiedenen Ebenen unterstützte.

In memoriam Fritz Edlinger

Fritz Edlinger ist in der Nacht auf Donnerstag völlig unerwartet verstorben. Der Tod des engagierten Nahostexperten und Chefredakteurs der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL hat eine große publizistische und politische Lücke aufgerissen.

Udo Bachmair

Fritz Edlinger ist von Freunden, zu denen auch ich mich zählen durfte, immer wieder darauf aufmerksam gemacht worden, kürzer zu treten und sich mehr zu schonen. Doch er hat sich davon nicht abhalten lassen. Er ist gleichsam Tag und Nacht mit nahezu übermenschlichem Einsatz seiner journalistischen und politischen Leidenschaft nachgegangen. Mit unermüdlich scheinender Energie widmete er sich seinen Lieblingsthemen Friedens- und Neutralitätspolitik sowie der Solidarität mit dem schwer in Mitleidenschaft gezogenen palästinensischen Volk.

In unseren zahlreichen Gesprächen, in denen ich auch seine positive menschliche Seite schätzen gelernt habe, hat er auch hin und wieder Dampf abgelassen über Dinge und Entwicklungen, die ihn immer wieder geärgert haben: So etwa darüber, dass jede noch so berechtigte Kritik am überschießend brutalen Vorgehen Israels in Gaza in Politik und Medien oft mit der Keule des Antisemitismus-Vorwurfs begegnet wird. Sorge bereitete ihm in jenen Fragen, die ihn besonders bewegten, auch seine eigene Partei, die SPÖ.

Fritz war enttäuscht, dass die Sozialdemokratie bzgl. Krieg und Frieden- betreffend die Ukraine und Gaza- ihren humanitären und brückenbauenden Grundwerten nicht gerecht werde. Die SPÖ habe sich unmissverständlich auf die Seite Israels gestellt, und sich auch im Ukrainekrieg einseitig zugunsten des ukrainischen Regimes und der NATO positioniert. Dabei wäre Österreich als neutraler Staat sowie als UNO-Standort prädestiniert dafür, wie zu Kreiskys Zeiten als Mediator zu fungieren und eine Bühne für Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen zu bieten.

Insgesamt war Fritz ein Optimist und ewig Hoffender, dass sich Humanität und Frieden letztlich doch durchsetzen mögen. Mit ihm verlieren wir einen unermüdlichen Kämpfer für ein neutrales Österreich, ein freies Palästina und ein tolerantes Miteinander. Auch ganz persönlich werde ich Fritz sehr vermissen. Was bleibt, sind Erinnerungen an Fritz als eine auch menschlich außergewöhnliche Persönlichkeit, an spannende Gespräche mit ihm, oft gespickt mit seinem ganz eigenen Humor.

Ja, und last but not least wird mir die besonders wertschätzende Haltung zueinander stets in Erinnerung bleiben.

Fritz Edlinger hat sich im Übrigen auch für unsere Vereinigung für Medienkultur verdient gemacht. Er war des Öfteren (Podiums-)Gast bei Veranstaltungen und Diskussionsrunden und hat Aufzeichnungen davon im Youtube-Kanal von INTERNATIONAL verbreitet. Auch dafür gebührt ihm Dank.

Neutralität in kriegerischen Zeiten

Gut besuchte Podiumsdiskussion in Wien unter Mitwirkung der Vereinigung für Medienkultur

Udo Bachmair

„Neutralität in Zeiten von Krisen und Kriegen“ war das Thema einer viel beachteten Podiumsdiskussion* im Kultur- und Veranstaltungszentrum Amerlinghaus in Wien. Veranstaltet wurde der Diskussionsabend von den Gewerkschaftern gegen Atomenergie und Krieg sowie der Vereinigung für Medienkultur.

Bemerkenswerterweise war im Wahlkampf für die NR-Wahl das Thema „Krieg 8nd Frieden“ sowie die Rolle der österreichischen Neutralität kaum ein Thema. Dabei wäre Österreich als neutraler Staat und UNO-Standort prädestiniert dafür, als diplomatischer Mediator und Initiator von Gesprächen zur Beendigung der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten aktiv zu werden. Doch eine einseitige Außenpolitik der schwarz-grünen Außenpolitik in den vergangenen Jahren – weit entfernt von Bruno Kreiskys nützlichen und erfolgreichen diplomatischen Aktivitäten – hat den Geist der Neutralität weitgehend untergraben.

Die Chance auf eine effektive friedensorientierte Außenpolitik ist ähnlich der Tatenlosigkeit der EU-Kommission sträflich vernachlässigt worden.
Darauf aufmerksam zu machen haben sich jüngst vor allem SPÖ-Chef Andi Babler und KPÖ-Vorsitzender Tobias Schweiger bemüht, allerdings weitgehend ignoriert von den heimischen Medien. Babler und Schweiger plädieren uneingeschränkt für die Sinnhaftigkeit und Aufrechterhaltung der Neutralität. Von Expertenseite sieht vor allem der renommierte Politikwissenschafter Heinz Gärtner die Neutralität Österreichs als Sicherheitsgarantie für unser Land.

Mitglieder der Initiative Engagierte Neutralität wie Bundesheer-General Günther Greindl, seinerzeit Oberbefehlshaber der österreichischen UNO-Truppe auf dem Golan, oder die beherzte Diplomatin und Ex-Botschafterin Gaby Matzner sowie der bei den Gewerkschaftern gegen Krieg besonders aktive Wilfried Leisch bekräftigten in der erwähnten Veranstaltung ihre klare Pro-Neutralitäts- und Anti-NATO-Position. Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur, gab u.a. zu bedenken, dass Politik und Medien nach der NR-Wahl Befürwortern eines NATO-Beitritt Österreichs mehr Raum für entsprechende Propaganda öffnen könnten.

Die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion im Amerlinghaus, genauer gesagt der Anfangsstatements, sind unter folgendem Link abrufbar:

www.youtube.com/watch?app=desktop&v=NixOIY2N8bQ