Archiv für den Monat: Juli 2017

Bitte, eine kurze Antwort! Skandinavische Schulen

Hans Högl

„Bekanntlich schneiden die Länder Skandinaviens beim Pisa-Test sehr gut ab“, stellte unser junger Reiseleiter und Skandinavist fest und gab einen Impuls zur Schule in Norwegen, der hier vertieft wurde. Es zeigte sich,  dass unser Skandinavist  den Bildungsschock in Schweden nicht kannte und dass die Länder Skandinaviens im Pisatest  (stark) zurückfielen.  

Die Schule in Norwegen ist in 3  Stufen aufgeteilt. Sie beginnt mit der Volks (Grund)-Schule, sie heißt auf Norwegisch Barneskole und geht bis zur 7.Klasse. Die Lehrer vermitteln den Lernstoff im 1. Jahr relativ spielerisch. In den Schuljahren 2 -7 erhalten die Schüler diverse Kenntnisse –ähnlich wie bei uns. In diesen 7 Jahren gibt es keine Noten, sondern ausführliche verbale Beurteilungen. Ab der 8.Klasse gibt es Noten. Nach der Barneskole gehen die Schüler in die Sekundarstufe I. Reichen die Noten, geht man mit Ende der 10. Klasse in die gymnasiale Oberstufe oder berufliche Bildung und beendet diese nach drei Jahren.

Beim Schuldiskurs in Österreichs entsteht der Eindruck, als gäbe es in Nordeuropa überhaupt keine Noten und unterschwellig, als dürfe es sie  nicht geben. Verbale Beurteilungen sind auch nicht so beiläufig: Hier wird der gute Pädagoge Stärken und Schwächen und Potentiale der Schüler in Worte fassen. Dies ist aufwendig und birgt auch Probleme der Abstempelung. Ferner: In norwegischen Grundschulen sind höchstens 12 Kinder. Dies ist strukturell verschieden von Österreich. Für ausländische Kinder kann auch in einer Sondergruppe Norwegisch unterrichtet werden. Nicht immer bleiben also alle Kinder in der gleichen Klasse. Dies ist in Österreich für gewisse schulpolitische Positionen ein Tabu. Und dass Hochschüler pro Semester bis 500 norw. Kronen (rund 55 €) zahlen müssen und nicht alle ein Stipendium erlangen, sondern manche ein Darlehen aufnehmen müssen, ist ebenfalls bei uns weithin unbekannt.

Eine Recherche ergab im Gegensatz zu unserem Reiseleiter ein starkes Zurückfallen der  Länder Skandinaviens bei Pisa-Tests, auch in Norwegen. In Schweden saß der Schock ziemlich tief, so meldete Radio Schweden: Die Schule wurde in den 90-iger Jahren zugrunde reformiert. Die Einwanderung von Arbeitskräften und Flüchtlingen veränderten die schwedische Schule. Die Schüler wurden zu sehr sich selbst überlassen, es brauche mehr Anforderungen für Lehrer und frühere Noten, auch eine Schulinspektion wird eingeführt. Und das gemeinsame Lernen bis zur 9. Schulstufe führt nicht per sich zu mehr Chancengleichheit. Diese Informationen fand ich in Zeit online, Radio Schweden, in den OECD-Bildungsberichten selbst.

Solche Medienberichte fehlen bei uns. Zu oft heißt es im TV: „Bitte, sich kurz fassen!“. Dies führt zu verknappten, polarisierenden Alternativen „Noten oder keine Noten“. In „Spiegel-Online“ fand ich dazu Pro-und Kontraargumente. Das gibt eine Beurteilungsbasis für das Publikum und würde  den parteipolitischen Krampf in unserem Schuldiskurs entspannen. 

Sauna und Politiker-Skandal

Hans Högl – Reportage

Heute Samstag 10 Uhr in einer Wiener -Sauna in einem „Arbeiter“- Bezirk. Acht Männer warten auf den Aufguss. Das Licht leuchtet rot. Da platzt es aus einem älteren, wohlbeleibten Sauna-Mann  heraus – Sätze großer Empörung:  „Jetzt hat der Schaden (der Salzburger Bürgermeister) drei Jahre Haft bekommen und ein Jahr unbedingt. Aber der wird bald frei herumlaufen. Diese Gauner. Da verdienen diese Politiker 11-oder 12. 000 € und können immer noch nicht genug haben“.

Schweigen in der Männer-Runde und Zustimmung – nein: Da kommt halblaut, sanft gesagt ein Einwand von einem Mann der gleichen Vorstadt. Er leitete eine Schule im Bezirk, stammt aus dem gleichen Milieu und trifft sich hier regelmäßig mit alten Freunden. –

„Aber der Schaden hat sich nicht persönlich bereichert“. Da schweigen der erste Sprecher und die Runde. „Ja, und der Müllner, er war in NÖ Politiker, hat vor vielen Jahren Geld verschoben wie der Salzburger Bürgermeister. Persönlich hat er sich nicht bereichert, hat aber Gelder nicht zweckgebunden verwendet – für den Bau der Südstadt bei Mödling.“ Dann erinnere ich daran, dass die Kronen-Zeitung bei Politikern immer nur die Brutto- und nicht Netto-Bezüge anführt – nach Abzug der hohen Steuern und dass unser Sozialsystem recht gut ist und wer will, kann ja auswandern – nach Indien oder Amerika. Darauf ein anderer Saunabesucher auf einer höheren Sitzlage: „Erst wenn man im Ausland ist, erkennt man die Unterschiede“. Schweigen.

Kommentar: Der Fall zeigt, wie sich kleine Leute nur an riesigen Schlagzeilen und roten Übertiteln wie in der heutigen „Krone“ auf Seite 1 orientieren, ohne deren Text weiter hinten genauer gelesen oder verstanden zu haben. Oder  gar in einem angesehenen Blatt. Es wäre empfehlenswert, wenn sich Journalisten  von ihren Höhen fallweise in die intellektuellen Niederungen einer  Vorstadt-Sauna verirrten und sie nach einer Fahrt mit der U-6 am Gürtel aufsuchten. Keinen  Journalisten und keinen Politiker sah  ich je dort.

Zum Hintergrund: Heinz Schaden war seit 1999 Bürgermeister der Stadt Salzburg. Er wurde verurteilt, weil er Zinstauschgeschäfte (giftige Derivate) und somit einen Millionenverlust von der Stadt Salzburg auf das Land Salzburg verschob – in Einwilligung seiner SPÖ-Landes-Parteifreunde. Darum die Verurteilung wegen Veruntreuung am 28. Juli.  Alles das stimmt nachdenklich: Manche,  die Milliarden beim Hyposkandal zum Schaden der Republik verschoben, erfreuen sich hoher Positionen. Darum sind jetzt auch einige Printmedien ziemlich kleinlaut oder milde in der Beurteilung.

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Politik in Vorwahlzeiten

Manfried Welan (Gastbeitrag)

In dessen hintergründigem  und persönlichem  Buch „Ein Diener der 2. Republik“ fand ich, Hans Högl,  unter anderem d i e s e n  lesenswerten Text von bleibendem Wert – besonders aufschlussreich  in der Vorwahl-Zeit.

Politik ist ein „Prozess ohne Anfang und Ende, ein vielstimmiges, unendliches Gespräch über das Richtige und gleichzeitig ein Kampf um Macht. Als Poltiker lernte ich, wie wichtig es ist, am Laufenden zu bleiben und Gespräche am Laufenden zu halten.  Wenn Politik auch Theater ist, sind Politiker immer und überall Schauspieler, die versuchen, beim Publikum maximale Aufmerksamkeit zu erzielen. Als Lehrer betonte ich die großen „I“ in der Politik: Individuen, Interessen, Institutionen, Ideen, Ideologien.“ (S. 124).

 

 

Wir leben in einem Land, in dem…

Udo Bachmair

Wir leben in einem Land, das so manch seltsame Blüten treibt. Ein Land, dessen Medienlandschaft eine europaweit beispiellos hohe Konzentration an Boulevardblättern speziell im Großraum Wien aufweist. Ein Land, dessen politisches Spektrum links der Mitte nahezu völlig verwaist ist. Ein Land, das materiell zu den reichsten der Welt zählt, gleichzeitig aber die Zahl der Armen und Amutsgefähdeten in die 100.000e geht.

Ein Land, dessen Eigentümlichkeiten auch in der Innenpolitik zutage treten. Deren Implikationen interessierten NichtösterreicherInnen in allen Facetten verständlich zu machen, erscheint nicht immer ganz leicht. Zusätzlich wird der Wahlkampf für die bevorstehende Nationalratswahl wohl nur wenig zur Klärung der Widersprüchlichkeiten dieses an sich so schönen Landes beitragen.

Der Komplexität der Thematik hat sich die renommierte Journalistin Livia Klingl in einem treffenden Facebook-Kommentar angenähert, der Ihnen nicht verborgen sein soll:

wir leben in einem land, in dem die große mehrheit einigermaßen anständig ist – aber eine partei die umfragen anführt, die die totalüberwachung will.

ein land, in dem bis heute hunderttausende den bedürftigen helfen – aber eine partei vorne liegt, die diese hilfe nicht honoriert und die totalabschottung propagiert.

ein land, das auf dem drittsichersten platz in der statistik liegt, aber von der führenden partei dargestellt wird, als wäre es so gefährlich wie somalia.

ein land, dessen hauptstadt seit jahren die rankings der lebenswertesten städte anführt, aber von der umfragenstärksten partei dargestellt wird wie kibera, der größte slum afrikas.

ein land, in dem die große mehrheit arbeitet, aber eine partei vorne liegt, die tut als gäbe es nur sozialbetrüger.

ein land, in dem die armen immer mehr werden, aber eine partei führt, die so tut, als würde sich leistung zwingend lohnen und wer nichts erreicht, der ist eben selber schuld.

ein land, in dem die mehrheit eine erbschaftssteuer will, aber eine partei, die dauernd nach mehrheiten schielt, strikt gegen verteilungsgerechtigkeit ist.

ein land, in dem der chefdiplomat keine ausbildung hat, sodass er immer neue feinde findet, aber da kann man dann über die reaktionen aus dem ausland beleidigt sein und des österreichers liebste tätigkeit, den schulterschluss, üben.

diese logik wenn mir jemand erklären könnte!“

( Livia Klingl, 1998 – 2007 Außenpolitik-Chefin des KURIER )

Neuer OSZE-Chef: Österreich hat „sehr geschickt agiert“

Das  NZZ-Interview mit neuem Schweizer OSZE-Generalsekretär Thomas Greminger ist ein Medienschmankerl.  18.7.2017 NZZ. Hier gekürzt. Der Schweizer Diplomat Thomas Greminger äussert sich zu seiner Wahl, zum Ost-West-Konflikt und zur Rolle der USA.
Manager und Vermittler: Thomas Greminger wird neuer Generalsekretär der OSZE. (Bild: Simon Tanner / NZZ)
Thomas Greminger, Sie wurden von den OSZE-Mitgliedstaaten zum neuen Generalsekretär ernannt. Ist es Zufall, dass die Wahl auf einen Schweizer fiel?

Nein. In der jetzigen Lage, die durch solche Spannungen gekennzeichnet ist, war es sicher ein grosser Vorteil, wenn man ein unverdächtiges, neutrales Land repräsentiert, das weder in der EU noch in der Nato ist.

 Warum stimmte Russland am Schluss einer Besetzung durch vier westliche Vertreter zu? Greminger: Ich weiss es nicht. Es wurde natürlich sofort gemutmasst, dass es irgendeinen Deal mit Frankreich gebe. Umgekehrt muss man sagen: Der russische Aussenminister Lawrow hatte einen sensationellen Auftritt, indem er beim Ministertreffen mit seiner Zustimmung zum Paket diese Personalkrise löste. Das ist unbezahlbare PR! Vielleicht hat Frankreich Lawrow aber auch einfach davon überzeugen können, dass der Franzose Harlem Désir der richtige Mann ist und als Beauftragter für Medienfreiheit konsequent, aber ausgewogen handeln wird. Anzufügen ist, dass der österreichische Vorsitz sehr geschickt agiert hat.

Sind die Differenzen rund um die Besetzung dieser Posten symptomatisch für den Zustand der OSZE? Durchaus. Ebenso, dass sich die westlichen Staaten primär darum sorgten, die Führung der drei erwähnten Institutionen sicherzustellen, während die Staaten östlich von Wien dem Generalsekretariat viel mehr Bedeutung zumessen. Das ist ein Klassiker. Bei vielen Themen. Inwiefern hat sich dieser Ost-West-Konflikt verschärft?

Substanzielle Differenzen gab es bereits zuvor, aber die Ukraine-Krise beförderte ihn natürlich zusätzlich. Heute haben wir eine tiefgehende Vertrauenskrise. Es braucht unbedingt Fortschritte beim Ukraine-Konflikt.  Wenn das nicht gelingt, werden auch andere vertrauensbildende Massnahmen nur im Ansatz gelingen. Man muss sich aber auch der grundsätzlichen Frage der europäischen Sicherheit widmen. Die konventionelle Rüstungskontrolle zum Beispiel ist heute total blockiert, die vertrauens- und sicherheitsbildenden Massnahmen müssen dringend an die heutigen sicherheitspolitischen Bedürfnisse angepasst werden. Hinzu kommt die Wahrnehmung der Nato-Präsenz in den baltischen Staaten und der Grossmanöver der russischen Streitkräfte. Das gab es vor ein paar Jahren noch nicht. Da besteht die Gefahr von Missverständnissen. Plötzlich springt ein Funke – und entzündet ein Feuer. Der in Hamburg neu vereinbarte «Strukturierte Dialog» ist ein Anfang. Irgendwann muss er aber auch zu konkreten Massnahmen führen.

Auf den Lofoten. Zum Norwegen-Reisebericht in der „Presse“

Hans Högl

Gestern kam ich von den Lofoten zurück, und siehe da, ich finde heute in der „Presse vom Sonntag“ (23.7.17) einen Reisebericht darüber – mit Werbehinweisen für Skandinavien-Reisen. Unsere einwöchige Gruppenreise wurde begleitet von einem Absolventen der Skandinavistik. Ich selbst kenne die skandinavischen Nachbarländer und versuche, den „Presse“-Texte auf Richtigkeit abzuklopfen. Es besteht ja der Verdacht, dass Medien ihre Reiseberichte so frisieren, um Kunden für Reiseveranstalter zu gewinnen.

Die mir unbekannte Verfasserin Tina Stani listet sportliche Angebote auf, weist auf existierende Sandstrände hin; denn das überrascht angesichts felsiger, aufragender Inselberge. Und die für das Schwimmen kühle Wassertemperatur (12 Grad C.) wird genannt. Im sonst recht informativen Abschnitt über den Stockfisch passierte ein Druckfehler: Die Fischköpfe werden in Nigeria nicht zu Fischmehl verarbeitet, sondern es sollte richtig heißen: Die Köpfe der Trockenfische sind  als Delikatesse in Nigeria  beliebt,   o d e r sie werden zu Fischmehl verarbeitet.

Mit einem Sätzchen wird Landflucht angedeutet, nämlich dass Fischerhütten das Jahr über verlassen stehen, und nur sonst von Touristen bewohnt werden. Für einen Reisebericht in großformatigem Umfang, bei dem alleine die Fotos fast die Hälfte umfassen (die Werbehinweise inklusive), sind wohl nicht mehr Aussagen über soziale Probleme im Norden Norwegens zu erwarten. Das wird in der Reiseredaktion im Vorhinein festgelegt. In unserem Blog hier greifen wir noch auf, dass auch das reiche Norwegen soziale Probleme hat.

Der Presse-Bericht ist insgesamt recht informativ, stilistisch gelungen, die Fotos aussagekräftig, aber etwas unscharf.

 

 

 

Wahlkampf und Qualitätsjournalismus

Udo Bachmair

Nach einer kurzen Zeit innenpolitischer Sommerpause wird der Wahlkampf für die Nationalratswahl am 15. Oktober erneut an Fahrt aufnehmen. In Wahlkampfzeiten als Phasen politischer Unvernunft und polemischer Vereinfachungen wird sachlicher Disput auch dieses Mal Disput weitgehend auf der Strecke bleiben. Propagandasprüche und aufgepeitschte Emotionen werden wieder dominieren.

Dafür bietet sich wohl wieder am besten die Flüchtlingscausa an. Da haben einander schon im Vorwahlkampf Regierungsparteien und die rechtspopulistische Oppositionspartei mit einfachen Lösungen überboten. Das gilt vor allem für die Parole „Mittelmeerroute sperren“ als bisheriger propagandistischer „Höhepunkt“, blendend inszeniert vom Chef der „neuen Volkspartei“.

So hat es der voraussichtliche Wahlsieger geschafft, Liebkind des österreichischen Boulevards zu werden. Nicht mehr die xenophoben Freiheitlichen, nein, der Obmann einer früher christlichsozialen Partei hat sich die Themenführerschaft in der Flüchtlingsfrage erworben. Glaubwürdig für viele trotz mangelnder Lösungskompetenz.. Humanität oder Empathie spielen ohnehin keine Rolle mehr..

Welchen Beitrag kann und sollte nun guter und ernsthafter Journalismus leisten, damit auch in Wahlkampfzeiten ein Mindestmaß an Sachlichkeit und Differenzierung auch bei emotional besetzten Themenkomplexen erhalten bleibt. Boulevardblätter wie Kronenzeitung, Heute oder Österreich werden aus Profitgründen dazu kaum etwas beisteuern können oder wollen.

Gefordert sind daher umso mehr die Qualitätsmedien in diesem Land. ORF, Standard, Presse, Wiener Zeitung, Falter, Kleine Zeitung, Salzburger Nachrichten, Oberösterreichische Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, etc. kommen in Wahlkampfzeiten eine besondere Verantwortung zu. Als ein Vorbild für kritischen Journalismus im ORF gilt neben anderen (vor allem in Ö1) ZIB-„Anchor“ Armin Wolf.

Wolfs sollte es mehrere geben in unserer etwas ausgedünnten Medienlandschaft. Das wünscht sich auch der renommierte Medienwissenschafter Maximillian Gottschlich. Nach dessen Einschätzung zählen Wolfs politische Interviews zum Besten, was der ORF zu bieten hat. Wie sich Journalismus insgesamt neu orientieren könnte? Gottschlich dazu in einem Standard-Gespräch:

Inhalt muss wichtiger sein als Inszenierung. Zweitens reicht es nicht aus, Sachverhalte bloß zu beschrieben-sie müssen auch erklärt und in einen Kontext gesetzt werden. Drittens muss Journalismus differenzieren statt zu polarisieren.

Maximillian Gottschlich weiter :

Demokratie lebt nicht vom Kuschelkurs, sondern vom Widerspruch. Journalisten sind keine politischen Stichwortgeber. Sie sollten, so wie Armin Wolf, die Kunst des kontroversiellen Interviews beherrschen. Das ist die eigentlich Domäne des Qualitätsjournalismus, und darin hat er auch – allen Unkenrufen zum Trotz – Zukunft.

Bemerkenswerter Gesetzesantrag zur Stärkung der Zivilgesellschaft

Der em. Univ. Prof. Dr. Peter Weish informierte uns, die Vereinigung für Medienkultur,  von einem bemerkenswerten Antrag zur Stärkung der Zivilgesellschaft.
Siehe den Link zum Text:

Das Tragen von Dirndln faschistoid?

Hans H ö g l

Für  viele Grüne war es eine Zumutung, dass bei der Wahl von Van der Bellen das Wort Heimat einen positiven Klang bekam. Der Wahlkampfleiter begriff, dass es nicht klug ist, elementare, positive Haltungen zum eigenen Land in Frage zu stellen. Wir erleben auch den Enthusiasmus bei österreichischen Siegen im Skifahren, oder wenn Deutsche ihre Fußballerfolge feiern. Sicherlich: Manchmal entgleitet dies in Maßlosigkeit.

Und wenn es um tief verwurzeltes, altes Brauchtum geht, das im Nazismus missbraucht wurde, verdächtigt eine bestimmte Intelligentsia  dahinter das Fortwirken des Dritten Reiches.  Dies wird im Standard-Interview (10.7.17) der grünen Kärntner Landessprecherin Marion Mitsche (39, Psychologin) evident:

Seit der Wahl Alexander Van der Bellens bröselt es nur noch. Und dann noch der Rückzug von Peter Pilz! ….. Ich war immer eine Landessprecherin, die Dinge machen wollte. Ich habe gesehen, dass wir bei den Frauen eine Schwäche haben, da hab ich die Grünen Frauen in Kärnten gegründet. Das hat nicht allen gepasst. Ich wollte die Partei breiter aufstellen, bin auch auf Kirtage gegangen. Sie können sich nicht vorstellen, was los war, weil ich ein Dirndl angezogen habe. Ich habe mich auch sehr für Basisdemokratie eingesetzt.“

Und Marion Mitsche enthüllt nebenbei Seltsames: „Die Asylwerber, die mitgestimmt haben, wurden statutenkonform aufgenommen. Aber es geht darum, ob die Abstimmung ungültig war, weil einige von ihnen nicht Deutsch konnten. Es ist bezeugt, dass man ihnen auf den Abstimmungsgeräten zeigte, wo sie drücken sollen. Bei der Landesversammlung hatten wir Abstimmungsgeräte. Aber auch bei den Wahlkreiswahlen, wo man auf Papier abgestimmt hat, wurde mir aus Klagenfurt gemeldet, dass gezeigt wurde, wo sie ankreuzen sollen. Das wollten Menschen sogar eidesstattlich erklären“. „Konnten sie Englisch?“ Mitsche: „Manche nicht einmal das.“

Der Verfasser überlässt seinem Publikum den Kommentar.-Im Übrigen: In der Zeitschrift Falter  widerspricht  ein maßgeblicher Funktionär dieser Darstellung und betont, dass die mitstimmenden Asylanten die deutsche Sprache gut beherrschten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ausseerland als Beispiel entlarvender Regionalpolitik

Hans Högl

Den Connaisseur der Politik wird dieser Text langweilen, ich schreibe hier für den politischen Agnostiker –also den Zweifler, der mit Politik nicht zurechtkommt, nicht mit dem politischen Geschwafel und der nicht um das Spiel hinter der Bühne weiß. Wer meint, diese Politik-Agnostiker wären nur einfache Leute, irrt. Nein- sie finden sich auch unter Akademikern; denn höhere Bildung meidet Deutungen, die banal, aber sachgerecht sind.

Worte von Politikern sind oft wohlklingend, münden aber  reell manchmal in Taschen politischer Freunde und der eigenen Partei. Das spiegelt regionale Politik klarer als große  große Politik. Nun das Exempel dafür aus der regionalen Mitte Österreichs, aus dem Hintertal- nahe dem Ausseerland: Die letzte steirische SPÖ-ÖVP-Landesregierung legte kleinere Gemeinden zu größeren Einheiten zusammen. So gelangte die Großgemeinde über den Finanzausgleich zu  einem Mehr an finanziellen Mitteln. Eine grosso modo vernünftige Sache.

Der Fusion widersetzten sich im Hintertal die Orte Kainisch und Tauplitz, um  nicht Teil der Großgemeinde Bad Mitterndorf zu werden. Der Bürgermeister von Kainisch, Manfred Ritzinger, protestierte mit dramatischer Geste, gab öffentlich sein SPÖ-Parteibuch zurück. Nun: Bad Mitterndorf wurde dennoch Großgemeinde. Da kandidierte eben der angesehene Manfred Ritzinger mit einer Namensliste für die Großgemeinde Bad Mitterndorf und wurde Bürgermeister.

In dieser Funktion bedarf man finanzieller Landesmittel, aber  die Landespolitiker in Graz sahen in Ritzinger weniger eine Persönlichkeit, vielmehr einen Querkopf, und das Füllhorn aus dem Landesbudget floss nur spärlich für Mitterndorf. Da erlebte der Parteilose seine Grenze,  fasste einen Entschluss und schrieb kürzlich in offiziellen Mitteilungen: „Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern. Ich bin wieder der SPÖ beigetreten“. Und nun ist wieder alles in Butter für die Gemeinde. Es folgte ein groß inszenierten Besuch des Landeshauptmann-Stellvertreters (SPÖ), und nun sprudeln Förderungen und werden explizit aufgezählt. Diese Begebenheit ist ein Spiegelbild österreichischer Proporzpolitik.

Der Gemeindebericht zeigt ferner, mit wieviel Know How in der Gemeinde diverse Entscheide zu treffen sind. Wir brauchen die besten Leute für die Politik. Leider findet  der Boulevard selten ein gutes Haar an Politikern –  bei aller nötigen Kritik. Und  Nicht-Wähler haben keine Vorstellung, in welchem Ausmaß Politik ins Leben eingreift: in der Personalauswahl, der Wohnungsvergabe, im Kulturleben.

NB: Aus Bad Mitterndorf stammt Conchita Wurst, hier finden auf dem Kulm internationale Skiflug-Bewerbe statt, die Tauplitz ist für Skifahrer weithin bekannt.