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Von Medienplattformen gegängelt?

Ob in Kaffeehäusern oder Öffis oder sonst wo beobachtet: Immer weniger bis gar keine Zeitungen werden mehr gelesen. Belegt auch von Studien, dass bis zu 40-jährige UserInnen Printmedien und auch traditionelle elektronische Medien weitgehend ignorieren. Junge Menschen sind stattdessen umso mehr im Internet unterwegs, sie geraten dort aber in neue mediale Abhängigkeiten. Und es stellen sich für sie u.a. die Fragen: „Pay Content versus Quality Content?“ oder „Wieviele Netflixe darf ein Online-Medium kosten?“:

Ilse Kleinschuster *

Plagt viele junge Menschen diese Frage, weil sie sich frei von medialer Zwangs-Berichterstattung bzw. – Unterhaltung fühlen wollen, weil sie die Fesseln eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks ablehnen, aber letztlich doch mit den Streaming-Diensten nicht ganz zurechtkommen?

Waren Online-Medien nicht zunächst einmal gratis und haben sie nicht erst im Lauf der Jahre Bezahl-Content im Mainstream fix etabliert?

Geht’s hier letztlich nicht auch um die Frage, inwieweit wir uns von den großen Medienplattformen gegängelt fühlen (sollten), wenn wir erkennen, wie sie uns reinlegen. Und was wohl eine Befreiung aus ihren Fängen kosten würde?!? Meredith Whittaker, Präsidentin von Signal, einer Non-Profit-Organisation, die nicht gewinnorientiert arbeitet, was kein Nice-to-have sei, wie sie sagt, sondern ein fundamentaler Teil der eigenen Integrität. Denn wäre dem nicht so, so müsste man laut Whittaker das gleiche Geschäftsmodell anwenden wie die meisten Großen der Branche: das Monetarisieren von persönlichen Daten. ttps://www.derstandard.at/story/3000000195689/signal-chefin-warum-vertrauen-wir-konzernen-die-bloss-an-ihre-aktionaere-denken

Diese Frage zur Integrität der medialen Plattformen und damit des gestörten Vertrauens in objektive Berichterstattung (sofern diese überhaupt objektiv sein kann) beschäftigt mich schon lange, aber jetzt umso mehr seit ich mit Werbung für das neue Online-Medium „JETZT“ förmlich überflutet werde. Brauch‘ ich das? – bis heute bin ich mir nicht ganz sicher. Warum soll ich Abonnentin werden von etwas was ich noch nicht kenne. Da unterstütze ich doch lieber das Team von „Unsere Zeitung – die Demokratische“, einer online-Zeitung, die sich 10 Jahre bewährt hat. Ich hoffe, es gibt sie noch länger!
Seit es ‚meine‘ „Wiener Zeitung“ nicht mehr in der Print Version gibt, kauf‘ ich mir abwechselnd eine von den gängigen Tageszeitungen in der Trafik. Hin und wieder leiste ich mir auch eine von der Sorte premium Qualität.

Am 6.6. 2025 ist das neue FEUILLETON herausgekommen – ich habe die Print-Version um 6 Euro in meiner Trafik erstanden und schätzte mich glücklich, gleich einen Artikel von Bernhard Baumgartner darin zu entdecken. Der Titel lautet: Wie viele Netflixe darf ein Online-Medium kosten? DIE STREAMING-DIENSTE haben die Realität von Pay-Content etabliert. Aber sie haben damit auch eine Grenze gesetzt. Diese liegt bei ihrem monatlichen Abopreis. https://feuilleton.online/sites/site0329/media/downloads/das_feuilleton_mediadaten_2025.pdf

Tja, ich liebe ihn, diesen Qualitätsjournalismus – und bin froh, dass es ihn noch gibt, diesen ‚premium‘ Journalismus, wie er einst in der gedruckten Wiener Zeitung üblich war, mit seinem Fokus auf intellektuellem, kreativ und witzig gestaltetem Journalismus abseits des üblichen Nachrichtengeschehens. Er hat mich in jungen Jahren als politischer Mensch geprägt. Und man darf nicht vergessen, dass seine Inhalte von Menschen erstellt werden, die davon leben müssen, d.h. dafür ein Gehalt wollen.

Hin und wieder gebe ich auch gerne mehr als 3 Euro für die Erste österreichische Boulevardzeitung, den AUGUSTIN, aus.

#Netflix, diesen Kanal hab‘ ich zwar (mein Enkel hat mich an- oder sagt man eingeschlossen), aber ich nutze ihn nicht. Mein TV-Bedarf ist vornehmlich gedeckt mit ORF, 3-Sat und ARTE.

Tagsüber höre ich gern Radio (ORF-Ö1). Vergangenen Donnerstag habe ich auf ORF-Ö1 ‚Doublecheck‘ gehört, da ist mir manches klarer geworden: „Die Gründung eines neuen Mediums in Österreich erfordert mehr als nur Mut. Die Bereitschaft für journalistische Inhalte zu zahlen, ist gering und das Vertrauen in die Branche lässt zu wünschen übrig. Gleichzeitig profitieren etablierte Medienunternehmen von großzügigen Förderungen und Inseratenschaltungen. Das Digitalmedium „JETZT“ ist dennoch überzeugt, dass es Bedarf für innovative Ansätze gibt. Derzeit werden Mitglieder gesucht, um den Start zu ermöglichen – ob dies gelingt, wenn man die Katze im Sack kaufen muss? Skepsis ist angebracht, insbesondere nach dem kürzlichen Aus des Medienprojekts „tageins“, das nach knapp zwei Jahren aufgeben musste. Konstruktiver, ruhiger Journalismus funktioniere einfach nicht. Doch es gibt auch positive Beispiele: Das inklusive Medium „andererseits“ beweist, dass Erfolg möglich ist, wenn Vision und Engagement stimmen. #doublecheck hat bei denen, die noch hoffen, und jenen, die die Hoffnung vorerst begraben mussten, nachgefragt.“ https://oe1.orf.at/player/20250605/797329/1749141503145

Also, soweit ist’s für mich jetzt klarer. Ich bin ja auch der Meinung, dass die Medienpolitik durch einen offenen Beteiligungsprozess gesteuert werden soll. Und ja, dieser sollte möglichst demokratisch sein, denn die Medien sind eine unabdingbare Notwendigkeit für das Funktionieren unserer Demokratie. Am funktional ‚bequemsten‘ scheint mir halt ein (gebührenpflichtiger) öffentlich-rechtlicher Rundfunk und eine öffentlich-rechtliche Tageszeitung – aber das ist wohl eine Utopie!

Nun, zumindest aber wünsche ich mir zunächst eine radikale Reform unseres derzeitigen ORF – ich unterstütze daher die Initiative zum offenen Online-Beteiligungsprozess „ORF 2032“ – www.unser-orf.at

* Gastautorin Ilse Kleinschuster ist Journalistin und aktives Mitglied der Zivilgesellschaft und der Vereinigung für Medienkultur

Nachlese zum Tag der Pressefreiheit

Am 3. Mai war der Welttag der Pressefreiheit. Österreich ist im Ranking ein paar Plätze nach vorne gerutscht. Ein ermutigendes Zeichen, wenngleich Österreich mit Platz 22 an den hohen Grad an Pressefreiheit in den skandinavischen Ländern bei weitem nicht herangerückt ist.

Ilse Kleinschuster *

Wenn „Medienvielfalt in Gefahr ist“ und „kritischer Journalismus stört“ – und wenn darüber in einer Tageszeitung mit relativ hoher Auflage ausführlich berichtet wird, dann kann doch nicht aller Tage Abend für den Journalismus sein. Siehe DerStandard.at/Wochenende

Was mich aber noch mehr beruhigt – bei allem Verständnis für die Aufgeregtheit um die Gefährdung der Pressefreiheit auch in unseren Breitengraden – ist die am vergangenen Samstag stattgefundene Verleihung des CONCORDIA-Preises an Armin Thurnher im Sitzungssaal des österreichischen Parlaments. Siehe unter: www.derstandard.at/story/3000000267978/fuer-die-freiheit-der-medien-kaempfen-concordia-preise-verliehen

Darüber hinaus freut es mich, dass dieser Preis des Presseclubs Concordia auch verliehen wurde an: Barbara Tóth (Falter) für ihre Aufarbeitung der publizistischen Hetzjagd auf die Journalistin Alexandra Föderl-Schmid, an die Journalisten Christof Mackinger und Johannes Greß für eine Reportage über die Sweatshop-Zustände hinter den Kulissen von Donau-Kreuzfahrten, erschienen im STANDARD.

Ich hoffe, dass die Verbesserung Österreichs im Ranking der Pressefreiheit um zehn Plätze nicht nur der Verschlechterung anderer Staaten zu verdanken ist. Es gibt mir grundsätzlich Vertrauen in unsere kritischen Medien, wenn ich höre, dass sich die Regierung jetzt stärker für medienpolitische Rahmenbedingungen einsetzten will und ich hoffe, dass sich der Journalismus bei uns nicht zu sehr von den Social-Media-Propagandaplattformen hertreiben lässt.

*Gastautorin Ilse Kleinschuster lebt als Journalistin und besonders engagiertes Mitglied der Zivilgesellschaft in Wien

Zuversicht für die Zukunft?

„Haben Sie noch Zuversicht für die Zukunft?“ lautete kürzlich in der Zukunftsbeilage der Tageszeitung STANDARD eine der Fragen an die Transformationsforscherin Maja Göpel.*

Ilse Kleinschuster **

Maja Göpel antwortet auf die Frage nach der Zukunft mit einem Zitat von Hanna Arendt: „Das Gute hat nie komplett gewonnen – aber das Böse auch nicht. Das sollten wir uns immer wieder in Erinnerung rufen. Während es in der Natur echte Kipppunkte gibt, von denen es kein kurzfristiges Zurück mehr gibt, gilt das für gesellschaftliche Entwicklungen nicht. Der soziale Wandel ist viel schneller möglich – und damit bleibt die Zukunft immer offen für Veränderung“.

Hat es Kipppunkte im öffentlichen Diskurs immer schon gegeben und kann (soll) ich zuversichtlich bleiben, dass sich auch diese – meiner Meinung nach für kommende Generationen nichts Gutes versprechende – „Zeitenwende“ durch eine starke, öffentliche Debatte sich noch zum Guten wenden lässt?!?
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Aktuell wird ja die politische Debatte primär in den USA von Menschen beherrscht, die aufgrund ihres Reichtums die Medien beherrschen. Es sind Menschen, die daran interessiert sind, dass Fake News, alternative Fakten und dreiste Lügen salonfähig werden und so zu Kipppunkten im öffentlichen Diskurs führen. In einer „Nachrichtenwüste“ wie den US-amerikanischen Staaten entwickeln sie sich schnell zu destruktiven Influencern in der Politik (z.B. Jeff Bezos, der vor vier Jahren Amazon gekauft hat, sich zunächst aus dem Redaktionellen herausgehalten hat, aber im Vorjahr dem Blatt eine Wahlempfehlung verboten hat). Diese Kipppunkte sind in den USA wohl annähernd erreicht. Europa sollte jetzt alles daransetzen, sich noch rechtzeitig dieser Gefährdung zu entziehen.

Es ist für viele Menschen schwer zu verstehen warum der Staat zum Feindbild der Populisten geworden ist. War es die zu starke Bevormundung „von oben“, vonseiten eines Beamtenapparats mit rechtsstaatlich organisierter Infrastruktur, die von der „ach so aufgeklärten Bürgerschaft“ als restriktiv empfunden worden ist? Da frage ich mich aber schon, beginnt Freiheit nicht mit der Anerkennung von Sein und Sollen? Fehlt es da nicht oft an Perspektivenwechsel, um einen Standpunkt zu finden, von dem aus wir die Erfüllung von zwei oder mehreren Werten erkennen können? Freiheit kann doch nicht nur bedeuten, dass die Regierung uns in Ruhe lässt, aber auch nicht, dass wir die Regierung einfach in Ruhe lassen. Tja, denn zumindest zu meiner Vorstellung von Freiheit gehört auch, für möglichst viele Menschen die Voraussetzung für Glück (wellbeing) zu schaffen.

Nun, der sogenannte Libertäre propagiert Rationalität. Wenn nun Libertäre und ihre Vasallen die wissenschaftliche Propaganda der Fossil-Oligarchen verbreiten, stellen sie sich damit nicht gegen jene Faktizität, wie sie bereits weltweit durch die durch den Klimawandel ausgelöste Katastrophen dokumentiert wird. Wenn nun Fakten (Tatsachen) nicht zählen, dann siegen „aufwieglerische Verbände“, was bedeutet, dass Tyrannen und Oligarchen immer gewinnen. Timothy Snyder sagt: „Um den wenigen Lügen etwas entgegenzusetzen, müssen wir letztlich Millionen kleiner Wahrheiten produzieren.“ (In: „Über Freiheit“, C.H.Beck)

Nun, ist es aber nicht so, dass Fakten sich von selbst dokumentieren, sondern dass Fakten uns brauchen, um von ihnen zu berichten. Mit uns meine ich Menschen, die genau wissen was Fakten bedeuten, nämlich dass diese Bedingungen für Freiheit sind. Wird mit dem Wort Faktizität (Wahrheitsfindung!) nicht ausgedrückt, dass es Arbeit gibt, die sozial sein muss, und zwar in dem Sinn, dass Gemeinschaften die Tatsachenermittlung für Einzelne möglich und attraktiv machen? Faktizität erfordert demnach Institutionen, allen voran für investigative Berichterstattung, konstruktiven Journalismus, kurz: Qualitätsmedien. Ich glaube, um den derzeitigen Veränderungsprozess infrage zu stellen und um der Krisensituation noch rechtzeitig Herr zu werden, braucht es vieler solcher Gemeinschaften.

Wir brauchen daher mehr unabhängige Gemeinschaften wie z.B. den Presseclub Concordia in Wien www.concordia.at, aber natürlich auch die Vereinigung für Medienkultur www.medienkultur.at.

Der Link zum Interview mit Maja Göpel :

https://www.derstandard.at/story/3000000255085/transformationsforscherin-goepel-populisten-haben-die-zukunft-fuer-sich-besetzt

** Gastautorin Ilse Kleinschuster ist Journalistin und engagiertes Mitglied der österreichischen Zivilgesellschaft

Ö1-Im Gespräch als Lichtblick

Selten, aber doch gibt es sie noch jenseits des medialen Mainstreams: Differenzierende Berichte und Analysen zu komplexen Themen wie zur dramatischen Lage in Gaza und dem Westjordanland. Beispiel dafür die journalistische Auswertung eines bemerkenswerten Referats der Nahostexpertin Francesca Albanese, die an der Universität Wien ein Referat gehalten hat sowie kürzlich in der Ö1-Reihe Im Gespräch interviewt worden ist.

Peter Öfferlbauer *

Die UN-Berichterstatterin für die besetzten Gebiete Westbank und Gaza Francesca Albanese sprach an der Uni Wien am 6.12., worüber u.a. DER STANDARD am 7.12. umfangreich berichtete und feststellte: So scharfe Kritik an der israelischen Kriegsführung in Gaza bekommt man in Wien selten öffentlich zu hören.

Die ORF stories berichten bereits 37 Minuten nach Beginn der in zwei weitere volle Hörsäle übertragenen Veranstaltung nur kurz und knapp und titeln: Kritik am Auftritt der UNO-Berichterstatterin... In früheren Zeiten hätte man wahrscheinlich auf Ö1 dazu ein Journalpanorama hören können, das ist mit dem heutigen, ziemlich undifferenzierten Mitstricken an der westlichen Konsensfabrik kaum zu erwarten.

Umso erfreulicher (auch für das für den ORF immer noch gültige Objektivitätsgebot), dass die Reihe Im Gespräch doch immer wieder Gäste mit erhellenden, weiteren Aspekten und Informationen bringt, wie man sie aus Wien eher selten öffentlich zu hören bekommt, so am 24. und 30.1. eben Francesca Albanese. Das ist in dieser von Peter Huemer begonnenen Sendereihe gute Tradition. Ich erinnere mich, dass damals zum Jugoslawienkrieg erstaunlich anderes zu hören war als aus den täglichen Sendungen. Hoffentlich gibt es noch viele solcher Lichtblicke!

• Gastautor Dr.Peter Öfferlbauer, ehemaliger AHS-Lehrer, ist Politik- und Medienanalyst und lebt in Wels

Propaganda für NATO-Beitritt

Zunehmend versuchen Befürworter eines NATO-Beitritts Österreichs an Einfluss zu gewinnen. Sie stellen die Neutralität als nutzlos und überholt dar.

Udo Bachmair

In Politik und Medien dominieren immer auffälliger Kriegshysterie, Verbreitung von Kriegsangst sowie die offensichtlich gewordene Selbstverständlichkeit einer immer hemmungsloseren Aufrüstung. Damit wachsen Tendenzen auch einer Militarisierung von Sprache, die Politik und Medien mehr und mehr durchfluten. Immer öfter ist von Krieg als alternativloser Notwendigkeit die Rede. Von Frieden, von Waffenstillstand, von Bemühungen zugunsten diplomatischer Konfliktbeilegung ist hingegen wenig bis gar nichts zu hören und zu lesen.

Bekanntlich beklagt die Spitze des Verteidigungsministeriums, dass Österreich und dessen Bundesheer nicht „kriegstauglich“ seien. Ein Begriff, der im Übrigen per se gegen den Geist der Neutralität verstößt. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wird wie jüngst in diversen Tageszeitungen wie dem Kurier und dem Standard verblüffend offen der Wunsch nach einem Beitritt Österreichs zur US-dominierten NATO geäußert. Die einen bemühen das Schimpfwort „Trittbrettfahrer“ für Österreich als neutralen Staat, andere wiederum lehnen die Neutralität als „gefährliche Folklore“ ab.

Dabei gibt es genug gute Gründe, an der Neutralität festzuhalten. So hat jüngst die „Initiative Engagierte Neutralität“ den Mehrwert der Neutralität abermals bekräftigt. Demnach verringert Neutralität das Risiko, in einen Krieg hineingezogen zu werden. Zudem könne ein neutraler Staat im Rahmen der Diplomatie sowie durch den Einsatz von Friedenstruppen, wie Österreich gezeigt hat, wichtige Beiträge für den internationalen Frieden leisten.

Das Engagement neutraler Staaten bedeutet für die Initiative aber „kein Abseitsstehen“, sondern bei Völkerrechtsverletzungen klar und eigenständig Stellung zu beziehen. Eine engagierte Neutralitätspolitik wäre laut dem Politologen und Sicherheitsexperten Heinz Gärtner eine „sehr gute Sicherheitsgarantie, wenn sie auf verschiedensten Ebenen glaubwürdig und nützlich ist“.

Ein NATO-Beitritt Österreichs würde der mittlerweile weitgehend isolierten und undiplomatisch einseitigen österreichischen Außenpolitik (Stichworte dazu Ukraine und Gaza) auch noch die letzten Möglichkeiten nehmen, friedenspolitische Aktivitäten zu setzen. Österreich als glaubwürdiger Mediator in Kriegs- und Konfliktsituationen hätte damit endgültig ausgedient. Ganz im Gegensatz zu Zeiten Bruno Kreiskys.

Implantate im Gehirn

Alter Hut als Horror-G`schicht

Hans Högl

Leute, die mich kennen, sehen mich quasi mit einer Zeitung in der Hand. Ja – daran ist vieles richtig. Es kann aber auch ein Buch sein. Mein Leben war kurven- und kontrastreich. Als zehnjähriger Bub lief ich zum Nachbarn, las dort ein volksnahes Tagblatt oder hörte den legendären Fußballreporter Edi Finger. Daheim konnte ich das nicht. Im kirchlichen Internat waren Medien kein Thema, höchstens so nebenbei negativ konnotiert. Es war 1961 – ein Jahr vor der Matura am altsprachlichen Gymnasium, dass wir zehn Minuten Radio-Kurznachrichten – gegen Ende einer Nachmittags- Studierzeit hören durften oder sollten. Wer Vorereignisse nicht kannte, vermochte anfangs die Nachrichten nicht einzuordnen. Ich erahnte bald die Macht der Medien, ihren Einfluss auf Menschen. So verwundert nicht mein Entschluss, die Welt des Heute gut zu verstehen und Soziologie und Publizistik zu studieren – nach der durchaus weltoffenen Theologie um 1965.

Hier verfasse ich vorsichtig einen Text – doch ich stehe dazu – als Mitglied in Publizisten-Verbänden. Vorausgeschickt – ich reihe mich nicht in die Medienschelte ein – manch` Gebildete verachten sie. Doch es gibt sie – hervorragende Medienangebote! Es gilt zu wählen – in der Überfülle.

Zum Kern der Sache: ich bin „baff“, Infos in einer Zeitschrift von Jahr 2021 zu entdecken, die vor kurzem 2024 als (verdeckte) Horrormeldung verkauft wurde: Implantate im Gehirn. Eine Horror-G`schicht für alle. Man suche nur die Einträge im Google. Doch manche Medienberichte lesen sich scheinbar nüchtern, bewirken aber wissentlich heftige Reaktionen. Siehe einen Leserkommentar im Wiener „Standard“: „Wenn man die Kommentare hier so liest – die standard‘ sche Gehirnwäsche mit bisherigen Anti-Elon-Musk Artikeln funktioniert, dazu brauchte es nicht mal einen Chip.“

Journalismus kann mit Wissenschaft nicht mithalten; doch im Blog der „Medienkultur“ sei nicht unerwähnt, dass über Gehirnimplantate b e r e i t s vor drei Jahren in verständlicher Sprache in der zu wenig verbreiteten Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“- im Juli 2021- ausführlich auf den Seiten 86-93 zu lesen war, und hintergründige Sachverhalte und Lebenschancen erklärt und Bedenken formuliert wurden. Zur Ehrenrettung sei gesagt: Der deutsche „Focus“ und öffentliche Rundfunkanstalten berichteten anlassbezogen kurz und relativ sachlich darüber. Doch dies alles erinnert mich an eine Bemerkung eines Stadt-Soziologen, dass Medien hinterherhinken. Wie in diesem Fall.

Karge Lesefrüchte in Samstags-News

Viel Zeitaufwand für wenig Bemerkenswertes

Hans Högl

Einen Haufen Zeitungsausschnitte warf ich ungelesen in den Papierkorb. Weniges darin interessierte mich. Immerhin: Zur Seite gelegt -für spätere Lektüre- habe ich 8 Seiten (!) des „Standards“ (10.6.23), wo es um die SPÖ und ihren neuen Chef Babler geht. Aufgehoben für spätere Tage, abwartend – wie dies nun weitergeht. Aber acht großformatige Seiten dazu, nein: das ist mir zu viel des Guten.

Mit Interesse las ich eine Reportage in der „Wiener Zeitung“ über Bablers Politik als Bürgermeister in Traiskirchen, wo er eine Menge Positiva für die Ortsbewohner durchgesetzt hat. Das war eine faire Reportage- auch oppositionelle Politiker kamen zu Wort.

In der katholischen Wochenzeitung „Die Furche“ überflog ich Vieles. Mich interessierte der Bericht über den steirischen Pfingstdialog. Vieles war bekannt; doch ein Absatz war im Detail inhaltsreich. Wirtschaftsprofessor Karl Rose schreibt über China: „Bei 37 von 44 untersuchten Technologien sei China derzeit führend.“ Umgekehrt: Die EU ist bei Seltenen Erden zu 90 -97 Prozent von China abhängig. Das ist doch frappant.

Nirgends fand ich – weder auf orf.news.at noch im „Standard“ noch in der „Wiener Zeitung“, was der eher linksorientierte Zürcher Tages-Anzeiger schrieb, nämlich dass ein Student den Mörder in Annecy an fortgesetzten Morden an unschuldigen Kindern hinderte. Der Student mit einem Rucksack unterwegs handelte instinktiv und ist gläubiger Katholik.

Für soviel Zeitaufwand ist dies eine magere Ausbeute.

Medienkampagne gegen Babler

Nicht zuletzt die Macht der Medien wird beim SPÖ-Parteitag in Linz den Ausschlag für Hans Peter Doskozil geben.

Udo Bachmair

Medien haben sich in den vergangenen Tagen voll auf Andreas Babler eingeschossen. Rechtzeitig vor dem Parteitag am Sonntag in Linz. Zur Freude Hans Peter Doskozils und seiner Anhänger. Sie können sich bereits siegessicher fühlen. Vor allem der Boulevard nützt teils aus dem Zusammenhang gerissene Zitate weidlich aus, um die Chancen des linken Kandidaten für den SPÖ-Vorsitz zu minimieren. Bemerkenswert, dass auch Zeitungen wie DER STANDARD eine undifferenziert einseitige Kampagne gegen Babler fahren.

„Ich bin ein Marxist“ ( hinsichtlich der theoretischen Grundlagen Marx-scher Gesellschaftskritik ) sowie „Natürlich bin ich kein Marxist, wenn man es so interpretiert“ ( auf die Frage, ob Babler die Diktatur des Proletariats anstrebt..): 2 Äußerungen, die nicht zwangsläufig im Widerspruch zueinander stehen müssen. Sie reichen jedoch für die veröffentlichte Meinung aus, Babler als ungeeignet für die Funktion des SPÖ-Vorsitzenden darzustellen.

Wieder einmal wird-voraussichtlich erneut erfolgreich-die alte Kommunismus-Keule ausgepackt. Wer die marxistische Theorie als hilfreich zur Erklärung ökonomischer und gesellschaftlicher Entwicklungen sieht, gilt in der intellektuell unterfordernden Debatte als Unterstützer des Stalinismus, der etliche Millionen Opfer gefordert hat. Argumente, dass strikt antikommunistische politische Systeme, wie der Nationalsozialismus sowie der Kapitalismus Abermillionen an Opfern verursacht haben, gelten freilich nicht. Ganz zu schweigen von der blutigen Geschichte des Kolonialismus.

Die Medienkampagne gegen Babler dürfte jedenfalls nicht ohne Auswirkung auf das Abstimmungsverhalten der Parteitagsdelegierten sein. Sollte Bablers Konkurrent Hans Peter Doskozil um den Parteivorsitz den Sieg davontragen, wäre dies auch ein weiterer Beleg für die Macht der Medien, die überwiegend Stimmung für Doskozil machen, dem man offenbar den brutalen Abschuss der Parteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner verzeiht. Dass Doskozil mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit eine Koalition mit der FPÖ auch auf Bundesebene eingehen wird bzw. würde, wird offenbar nicht bedacht.

Kommt hinzu, dass nun ein weiteres Zitat Bablers gegen ihn verwendet wird, nämlich seine kritischen, zugegeben übertriebenen Äußerungen zu EU und NATO. Unglücklich formulierte Aussagen, teils aus dem Zusammenhang gerissen, die für ziemliche Aufregung gesorgt und zu weiteren medialen Shitstorms gegen Babler geführt haben. Die Äußerung Bablers, die EU sei das aggressivste Militärbündnis, sei „dumm“, wie Natascha Strobl, Politologin und Babler-Unterstützerin, heute gegenüber dem STANDARD eingestand. Zumindest wurde damit eine Diskussion über die zunehmend militaristisch orientierte Rolle der EU angestoßen. Kritik an dieser muss jedenfalls erlaubt sein.

(Siehe dazu auch den Gastbeitrag von Wolfgang Koppler unter dem Titel „EU-Kritik verpönt“.)

Gewinner als Sieger

Die SPÖ hat bei der Kärntner Landtagswahl 9 Prozentpunkte eingebüßt, bleibt aber mit Abstand stärkste Partei. Leichte Gewinne von jeweils 1,6 Prozentpunkten verzeichnen ÖVP und FPÖ. Letztere jedoch gilt in fast allen Medien fälschlicherweise als „Wahlsiegerin“.

Franz Schlacher *

Als Anlass-Wechselwähler und phasenweise auch ideologisch, jedenfalls parteipolitisch „Ungebundener“ verspüre ich großes Unbehagen, wenn Redakteurinnen und Redakteure in mutmaßlich unabhängigen Print- und Online-Medien das politische Vokabel „Wahlsieger“ immer wieder strapazieren, aber den Fakten widersprechend verwenden. Belege finden sich in Qualitäts-Medien ebenso wie in Boulevard-Medien, regionalen Medien, etc.). Was ist das? Unbedachte, bestenfalls unbeabsichtigte, schlimmstenfalls jedoch beabsichtigte Partei-Propaganda? Harmloser Fertigteil-Journalismus im Mainstream-Jargon? Oder einfach superlativ-verliebter Schreib-Duktus? Was auch immer. Für mich als Medien-Konsument ist das jedenfalls eines: Falsch-Information! Und in ihrer Aufdringlichkeit gar nicht mehr harmlos.

Beispiele:

vienna.at

„Ergebnis steht fest: FPÖ ist der Wahlsieger in Niederösterreich
Die FPÖ legte stark zu und erreichte nach den 14,76 Prozent von 2018 nun 24,19 Prozent. Damit überholten die Freiheitlichen die SPÖ, die gut drei Prozentpunkte einbüßte.“

Die Presse 29.01.2023 um 21:31, von Ulrike Weiser

Das Ende der schwarzen Allmacht in Niederösterreich
„Die ÖVP braucht nun zum Regieren einen Partner. Der Wahlsieger FPÖ will nicht – bleibt nur der Wahlverlierer SPÖ.“

DER STANDARD Michael Völker 29.1.23

Der große Wahlsieger in Niederösterreich ist eindeutig die Freiheitliche Partei. Das hat weit über Niederösterreich hinaus Bedeutung.“

meinbezirk.at

Klarer Wahlsieger der Landtagswahl 2023 ist die FPÖ. In Wien sind die Gefühle ob der ersten Ergebnisse gemischt.

… Als klarer Wahlsieger geht die FPÖ mit Udo Landbauer hervor, die Partei kommt laut Hochrechnungen auf knapp 25 Prozent. Damit belegen die Blauen erstmals Platz zwei in Niederösterreich“. (Anm.: ein klarer Wahlsieger auf Platz zwei?)

Anm.: Laut Duden ist (wie zu erwarten) ein Sieger der Erste/der Beste. Beispiel: „Sie ging als Erste (als Siegerin) durchs Ziel.“

Georg Renner – kleinezeitung.at – Rubrik „Meinung“

„Die niederösterreichische Landtagswahl ist geschlagen, und im ehemals schwarzen Kernland überstrahlt ein beispielloser blauer Wahlsieg alle anderen Parteien.“

ORF ZIB2 – Armin Wolf – 5.3.2023 (Abend nach der Kärntner Landtagswahl)

„Außer der SPÖ haben heute alle gewonnen.“

Es ginge auch so: teilweise korrekt (faktisch, weniger stilistisch)

ORF ZIB2 – Armin Wolf – 5.3.2023

„Peter Kaiser hat nach 2 Wahlsiegen heute eine krachende Niederlage eingefahren“ –
„Außer der SPÖ haben heute alle gewonnen.“…

Übrigens: Armin Wolfs Kommentar zum Wahlergebnis in Kärnten, wonach Landeshauptmann Peter Kaiser „eine krachende Niederlage“ eingefahren habe, ist weder originell noch originär. Er ist eine Anleihe bei Dominik Nepp aus dessen Laudatio anlässlich der NÖ-Wahl: „Udo Landbauer hat einen sensationellen Erfolg für die FPÖ erreicht. Sowohl ÖVP als auch SPÖ wurden heute krachend abgewählt“.

Abschließend zwei Beispiele, wie es einfach UND korrekt ginge:

https://www.klick-kaernten.at/615542023/kaernten-hat-gewaehlt/
Margit Dietrich

„SPÖ: Ein erster Platz, der schmerzt

Gewinner der Wahl ist die SPÖ, die mit 38,9 Prozent die meisten Stimmen erhielt. Da dieses Ergebnis einem Verlust von 9,02 Prozent zur letzten Landtagswahl im Jahr 2018 entspricht, stellt sich das Wahlergebnis für die SPÖ als große Niederlage dar.“

faz.net – Stephan Löwenstein – 5.3.2023

Kärntens Wahlsieger Kaiser: Mit einem blauen Auge davongekommen ….“

* Mag. Franz Schlacher, langjähriger AHS-Lehrer, lebt in Neunkirchen. Er ist Vorstandsmitglied der Vereinigung für Medienkultur

Klima-Enthüllungen – Exxon (Esso)

Manipulation in Medien zu Klima-Enthüllungen!?

Hans Högl

Kürzlich wurde eine extreme Info-Manipulation bekannt. Allerdings nicht durch Medien, sondern von einem Erdölunternehmen. Der größte westliche Erdölkonzern Exxon (deren Tankstellen tragen den Namen Esso) wusste längst (seit 1977!) von gravierenden langfristigen Klimaänderungen, und das Unternehmen kannte alles überraschend genau. Dies wurde durch Forschungen bekannt und in sehr angesehen Wissenschaftsmagazin publiziert. „Die Öffentlichkeit erfuhr freilich nichts von dem internen Memo“, schreibt die als wirtschaftsfreundlich geltende Wiener „Presse“.

Im Sinne der Medienkultur war ich nun neugierig, wie österreichische Medien darüber berichteten, ob sie zum Beispiel das Publikum darüber gar nicht informierten und also uns kräfig manipulierten und uns diese Information unterschlugen. Oder war es anders? Ich durchsuchte dahingehend rasch einige der maßgeblichen Qualitätsmedien.

Üblicherweise und im Alltagsdiskurs ist gern und oft legitim von Manipulation der Medien die Rede. Es ist aber auch ein Faktum, dass es sich eine angesehene Zeitung kaum leisten kann, solche gravierenden Infos wie oben ihrem Publikum zu unterschlagen. Die Information darüber fand ich bestätigt im liberalen „Standard“ (online), ich fand diese Information in der sicherlich sehr finanzfreundlichen „Neuen Zürcher Zeitung“ und auch in der Zeitung „Die Presse“, die als konservativ und wirtschaftsfreundlich gilt (in diesem Fall am 13. Jänner 2022 im Feuilleton).

Trotz diverser, berechtigter Medienkritik sollten diese und ähnliche Infos genauer betrachtet und analysiert werden. Es wäre auch aussagen-analytisch komparativ zu studieren, welchen Stellenwert diese Enthüllungen in diversen Medien einnahmen (also wo? auf welcher Seite wurde dies publiziert? wie war der Wortlaut?). Dies erfordert allerdings eine genauere Analyse, die zeitaufwendig ist. Leider brachten uns Kontakte dazu mit dem Wiener Publizistikinstitut bisher noch keinen Erfolg, wo in Seminaren auch solche Vergleichsstudien durchgeführt werden.