Archiv für den Monat: Mai 2025

„Klare Haltung“?

Österreichs Politik und Medien halten sich bzgl. Kritik an Israels überschießender militärischer Gewalt in Gaza sowie den Plänen zur Vertreibung von Palästinenserinnen und Palästinensern auffallend zurück. Nach einem Appell von Altbundespräsident Heinz Fischer hat Österreichs Regierung endlich eine Stellungnahme abgegeben, verbunden jedoch mit einer eher verhaltenen Ermahnung der israelischen Führung.

Udo Bachmair *

Israels rechtsextreme Regierung setzt den Angriffskrieg gegen Gaza unvermindert fort. Mehr als 50.000 Palästinenser und Palästinenserinnen, unter ihnen zahlreiche Kinder, sind bereits Opfer des brutalen Vorgehens des Netanjahu-Regimes geworden. Ganz zu schweigen von der unendlichen Zahl an Verletzten und Verkrüppelten. Manche Medien und politische Akteure außerhalb Österreichs und Deutschlands sprechen offen und unverblümt von Völkermord.

Völlig anders Österreichs Regierung: Sie hat sich nach langer Zeit des Zuschauens und einseitiger Parteinahme nun zu eher sanfter Kritik an Israels Führung durchgerungen: Netanjahu möge doch so nett sein, geht da sinngemäß hervor, das Völkerrecht zu beachten, dem etwa die geplante „Umsiedelung“ (beschönigendes Wort für „Vertreibung“) widerspreche. Eine im Vergleich zu anderen EU-Staaten übervorsichtige Kritik an der gewalttriefenden und menschenverachtenden Politik des israelischen „Kriegskabinetts“.

Österreichs Regierung habe mit dieser Kritik eine „klare Haltung“ gezeigt, lässt Außenministerin Beate Meinl-Reisinger verlauten. Doch eine klare Haltung, auch Israel zu verurteilen für seine Gräueltaten und nicht nur die Hamas, sieht wohl anders aus. Einem potentiellen Kriegsverbrecher mit solcher Zurückhaltung zu begegnen, spricht ebenfalls für sich. Kommt hinzu, dass es erst des Appells von Altbundespräsident Heinz Fischer bedurft hatte, dass die Regierung sich überhaupt mit deren „klarer Haltung“ zu Wort meldete.

Ein Trauerspiel bzw. Armseligkeit einer österreichischen Außenpolitik, deren Selbstverständnis sich bereits seit Jahren wegbewegt von einer aktiven Friedens- und Neutralitätspolitik.

* Der Kurzkommentar von Udo Bachmair ist wortgleich, allerdings mit dem Titel „Trauerspiel einer österreichischen Außenpolitik“, heute auch in der Tageszeitung „Die Presse“ erschienen. Eine längere Fassung findet sich in der Internetzeitung „Unsere Zeitung-die Demokratische“

Nachlese zum Tag der Pressefreiheit

Am 3. Mai war der Welttag der Pressefreiheit. Österreich ist im Ranking ein paar Plätze nach vorne gerutscht. Ein ermutigendes Zeichen, wenngleich Österreich mit Platz 22 an den hohen Grad an Pressefreiheit in den skandinavischen Ländern bei weitem nicht herangerückt ist.

Ilse Kleinschuster *

Wenn „Medienvielfalt in Gefahr ist“ und „kritischer Journalismus stört“ – und wenn darüber in einer Tageszeitung mit relativ hoher Auflage ausführlich berichtet wird, dann kann doch nicht aller Tage Abend für den Journalismus sein. Siehe DerStandard.at/Wochenende

Was mich aber noch mehr beruhigt – bei allem Verständnis für die Aufgeregtheit um die Gefährdung der Pressefreiheit auch in unseren Breitengraden – ist die am vergangenen Samstag stattgefundene Verleihung des CONCORDIA-Preises an Armin Thurnher im Sitzungssaal des österreichischen Parlaments. Siehe unter: www.derstandard.at/story/3000000267978/fuer-die-freiheit-der-medien-kaempfen-concordia-preise-verliehen

Darüber hinaus freut es mich, dass dieser Preis des Presseclubs Concordia auch verliehen wurde an: Barbara Tóth (Falter) für ihre Aufarbeitung der publizistischen Hetzjagd auf die Journalistin Alexandra Föderl-Schmid, an die Journalisten Christof Mackinger und Johannes Greß für eine Reportage über die Sweatshop-Zustände hinter den Kulissen von Donau-Kreuzfahrten, erschienen im STANDARD.

Ich hoffe, dass die Verbesserung Österreichs im Ranking der Pressefreiheit um zehn Plätze nicht nur der Verschlechterung anderer Staaten zu verdanken ist. Es gibt mir grundsätzlich Vertrauen in unsere kritischen Medien, wenn ich höre, dass sich die Regierung jetzt stärker für medienpolitische Rahmenbedingungen einsetzten will und ich hoffe, dass sich der Journalismus bei uns nicht zu sehr von den Social-Media-Propagandaplattformen hertreiben lässt.

*Gastautorin Ilse Kleinschuster lebt als Journalistin und besonders engagiertes Mitglied der Zivilgesellschaft in Wien