Archiv der Kategorie: Medien und Bildung / Religion

Westliche Medien: Kritik

Sind westliche Medien einseitig in Berichten zum Ukrainekrieg?

Hans Högl

„Westliche Medien schreiben die Lage der Ukraine schön: Putin ist sterbenskrank, die russische Armee am Boden, die Ukraine könne den Krieg gegen die russische Invasionsarmee gewinnen:

In der Berichterstattung vieler Medien zeigt sich, dass die ukrainische Propaganda höchst erfolgreich auf den Westen eingewirkt hat. Ist die Berichterstattung westlicher Medien zu stark von Wunschdenken geprägt?“ Diese Aussage findet sich in nzz.online heute

Lob der Lehre

Zu starker Trend zu Studien?

Hans H ö g l

Ein längerer Beitrag in einem Qualitätsblatt berichtet, dass bestimmte Absolvent*innen (Historiker, Ethnologen, Soziologen) meist nur die Hälfte im Vergleich zu solchen anderer Studien verdienen. Dazu kommt, dass sie oft 30 Jahr alt werden, bis sie z.B. eine Dissertation abgeschlossen haben, und sie haben bis dahin noch nie ein Gehalt bezogen.

Ein höheres Gehalt als die oben Genannten – oft mit Halbtagsbeschäftigung – erhalten Personen mit Lehrabschluss, und dies zehn Jahre früher als Erstere. Und so staune ich, dass eine österreichische Regionalzeitung aus dem Salzkammergut,“Die Alpenpost“ den erfolgreichen Abschluss einer Lehre stark hervorhebt.

So heißt es in der letzten Ausgabe: Wir gratulieren. Marina….-LAP mit Auszeichnung. Marian S. aus Bad Aussee hat kürzlich die Lehrabschlussprüfung zur Köchin an der WKO in Graz mit Auszeichnung bestanden. Herzlichen Glückwunsch!

NB. Ich frage mich, ob es nicht ein Übermaß an Wertschätzung für das Studium gibt, andererseits Leute mit Berufsabschluss (so Handwerker) dringend gebraucht werden: Und deren Verdienstchancen können beträchtlich sein, man denke an Stundensätze von Installateuren. NB. In Österreich gibt es Lehre mit Matura.

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Haben wir immer noch nicht gelernt ?

Berichterstattung in vielen Medien, aber auch Äußerungen von Experten und Politikern zum Ukrainekrieg, sind derzeit von Phrasen und Parolen geprägt.

Wolfgang Koppler*

Putins „Militäroperation zur Entmilitarisierung und Denazifizierung“ oder auch die Drohung mit dem „Dritten Weltkrieg“ auf der einen Seite, „Kampf bis zum Ende, bis zur Vertreibung aller russischen Soldaten aus der Ukraine“ oder gar „bis zur Schwächung der russischen Armee, sodass sie niemand mehr angreifen kann“. Auch vom „totalen Krieg“ war schon die Rede. Selbst Experten reden von einem „Kampf der Werte“ oder fordern „noch mehr Waffen“. Das Wort „Vernunft“ hat man in dieser Debatte schon lange nicht mehr gehört. Putins Wahnsinn scheint so ansteckend zu sein wie das Coronavirus.

Sehen wir uns daher die Fakten hier und nun, soweit sie eruierbar sind, einmal an. Der gegenständliche Krieg wird nach der überwiegenden Mehrheit der Experten jedenfalls noch Monate dauern. Jeden Tag sterben hunderte Menschen, werden andere ihr Leben lang gezeichnet. Mehr als 20 Millionen Tonnen Getreide drohen zu verrotten. Die Infrastruktur eines ganzen Landes wird mehr und mehr zerstört. Von vielen anderen Folgen und Gefahren eines immer länger dauernden Kriegs ganz zu schweigen. Ein EU-Beitritt der Ukraine binnen kurzer Zeit ist nicht machbar. Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine stehen seit Monat still.

Man kann sich natürlich einfach dem Mainstream anschließen und sagen: Der Aggressor muss bestraft werden, das Gute muss siegen. Keine Verhandlungen mit Aggressoren. Dann soll man aber auch ehrlich sein und dazu sagen: Das kostet weitere zigtausende Tote und noch mehr Verletzte (was auch Selenski inzwischen eingestehen musste). Und Millionen Hungernde in zahlreichen Ländern. Und wahrscheinlich Unruhen und politische Verwerfungen, was ebenfalls Tote, Verletzte und weiteres Leid zur Folge hat.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass es auf westlicher Seite nur um Werte geht (was in der Politik ein Novum wäre und angesichts der geopolitischen Lage der Ukraine eher unwahrscheinlich ist), wurde bis jetzt nur nebulos mit „Menschenrechten“, „Freiheit“ und gar mit westlichen Werten operiert. Im Wesentlichen bedeutet dies im konkreten Fall „Gerechtigkeit um (fast) jeden Preis“. Nur den Weltkrieg wollen wir nicht, da die Verteidigung der Menschenrechte um den Preis einen Atomkriegs doch keinen Sinn mehr ergibt. Denn wenn alle tot sind, nützt uns die Gerechtigkeit nichts mehr.

Damit wären wir auf einmal bei den altmodischen Grundtugenden, insbesondere bei jenen, die meist und erst recht in Kriegszeiten unter den Teppich gekehrt werden: Weisheit und vor allem Mäßigung. Die eher langweilige Dame mit dem Krüglein hat – völlig unbemerkt und nolens volens – durch die Atombombe plötzlich wieder Bedeutung erlangt. Nennen wir es schlicht Verhältnismäßigkeit. Sonst wird aus Tapferkeit Verwegenheit und aus Gerechtigkeit Selbstgerechtigkeit. Und letztlich Wahnwitz, wie bei Michael Kohlhaas. Weil der Mensch, ob religiös oder nicht, kein Gott ist.

Bei der Opferung von zigtausenden oder hunderttausenden Menschen sind wir großzügiger als beim Risiko eines Atomkriegs. Das sind uns die Menschenrechte wert. Aber überlegen wir einmal, wie wir bei der Ahndung eines Verbrechens vorgehen: Riskieren wir etwa bei der Verfolgung eines Verbrechers hunderte Menschenleben ? Und was die Politik betrifft: Ist sie nicht die Kunst des Möglichen ? Liegt der Internationale Strafgerichtshof plötzlich in Brüssel und Washington ?

Es geht nicht um naiven Pazifismus. Aber wären nicht Verhandlungen etwa im Rahmen der zuletzt von Italien gemachten Vorschläge – unter Einsatz eines Gasembargos (um beiden Seiten die Ernsthaftigkeit des Westens vor Augen zu führen) – vernünftiger ? Ein solches Gasembargo bereitet uns doch deshalb solche Probleme, weil wir keine realistischen Ziele haben und deshalb davon ausgehen, dass es ad infinitum dauern müsste. Mit realistischen Verhandlungszielen könnte man aber wohl auch die Wirtschaft ins Boot holen.

Das Argument der Hardliner gegen Verhandlungen und Kompromisse ist immer das gleiche: Man müsse von weiteren Aggressionen abschrecken. Erstens sind Militärexperten durchwegs der Ansicht, dass die russische Armee an ihren Grenzen angelangt sei und weitere militärische Abenteuer eher unwahrscheinlich sind. Aber vor allem dürfte die so genannte „Dominotheorie“ durch die Ergebnisse der Kriege in Vietnam und Korea weitgehend widerlegt sein. Haben wir immer noch nicht gelernt ?

* Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Publizist und lebt in Wien

Offenes Wort zur Literaturkritik

Immer die Gleichen treten auf. Überforderung bei Literaturkritik erscheint unverkennbar.

Hans Högl

Was die größten Herausforderungen und Probleme für die Literaturkritik heute sind, diese Frage beantwortete der Autor Stefan Gmündner. Angeregt wurde ich durch seinen Text in der Zeitschrift „Die Sichel“. Literatur u. Debatte Nr. 6 – Mai 2022. Dies führte mich zur Antwort in „volltext“.

Lesen kostet Zeit. Rezensieren erst recht. Im Schnitt bedarf eine Literaturkritik sechs Stunden Lese- und fünf Stunden Schreibzeit. Da konnte der Rezensent 2016, als der Beitrag geschrieben wurde, stolze 150 Euro entgegennehmen. Vielleicht sind es heute 2022 um die 200 €.

Noch der verrückteste Überzeugungstäter wird, was den Aufwand betrifft, hierbei die Kirche im Dorf oder den Hengst im Stall lassen. Der Zeitmangel bei Redakteuren und Freien schlägt auf die Qualität. In den meisten Printmedien wird klassischer Literaturkritik eher weniger Platz eingeräumt. Das führt zur fatalen Tendenz von Kurz- und Kürzest-Rezensionen….

Zunehmend wird sichtbar, dass viele Jurys, die Literatur fördern und finanzieren, mit immer denselben Kritikern besetzt werden. Und die gleichen treten im Fernsehen auf, und es bildet sich eine Konzentration auf einige wenige Namen, Netzwerke und Seilschaften, die zu einer Hermetik des Preis- und Stipendienwesens führen. Immer die gleichen Autoren werden ausgezeichnet oder finanziell unterstützt. Zudem lässt sich die Literaturkritik zunehmend durch eventbasierte Berichterstattung die Agenda diktieren.

Immer weniger Christinnen und Christen

Österreich: Die Zahl der Katholiken und Protestanten sinkt dramatisch, die der Muslime, Orthodoxen und Konfessionslosen hingegen steigt stark an.

Hans Högl – übernommen von „Ja- Die neue Kirchenzeitung“

6,9 Millionen Menschen in Österreich – also 77,6 Prozent der Bevölkerung – bekennen sich zu einer Religion, rund 2 Millionen (22,4 Prozent) fühlen sich keiner Glaubensgemeinschaft zugehörig. Dies sind Ergebnisse, welche die Statistik Austria im Auftrag des Bundeskanzleramts 2021 durchgeführt hat.

Rund 6,1 Millionen Männer und Frauen in Österreich bekannten sich 2021 zum Christentum, das entspricht einem Anteil von rund 68,2 Prozent an der Gesamtbevölkerung.

4,93 Millionen Personen (55 Prozent) waren laut Statistik Austria 2021 Mitglied der Römisch-katholischen Kirche, rund 340.300 Personen bzw. 3,8 Prozent waren evangelisch (A.B. und H.B). Zur Orthodoxen Kirche bekannten sich 436.700 Personen bzw. 4,9 Prozent der Bevölkerung. Dazu kommen noch die orientalisch-orthodoxen Christen…die knapp 20.000 Personen ausmachen, sowie die Altkatholische Kirche (ca. 4.700 Mitglieder), die Freikirchen (35.300 Mitglieder), die Methodistische Kirche (2.000 Mitglieder) oder die Neuapostolische Kirche (4.100 Mitglieder)….

745.600 Personen in Österreich (8,3 Prozent der Bevölkerung) fühlten sich dem Islam zugehörig, 26.600 (0,3 Prozent) dem Buddhismus und 10.100 (0,1 Prozent) dem Hinduismus. Für die Israelitische Religionsgesellschaft werden 5.400 Personen (0,1 Prozent) genannt.

Der Anteil der Konfessionslosen ..war in Wien mit über einem Drittel (34,1 Prozent) am höchsten, gefolgt von der Steiermark (22,6 Prozent) und Niederösterreich (20,5 Prozent). 17,9 Prozent der christlichen Bevölkerung Österreichs hat Migrationshintergrund, im Islam sind es 91,9 Prozent.

Veränderungen seit 1951: 1951 waren noch 89 Prozent der Bevölkerung Mitglied der Römisch-katholischen Kirche. 2001 waren es 73,6 Prozent. 2021 lag der Wert bei 55,2 Prozent. Während die Zahl der Bevölkerung evangelischen und altkatholischen Glaubens in diesem Zeitraum ebenfalls beständig abnahm, gab es eine signifikante Zunahme bei Angehörigen der orthodoxen Kirchen sowie des Islam.

Bekannten sich 1971 gerade einmal 22.300 Personen (0,3 Prozent der Bevölkerung) zum islamischen Glauben, waren es 2021 um rund 720.000 Personen mehr.

Ähnlich erhöhte sich die Zahl der orthodoxen Gläubigen in Österreich allein in den vergangenen 20 Jahren von 179.500 im Jahr 2001 bis 2021 auf 436.700. Für die Orientalisch-orthodoxe Kirche wurden keine entsprechenden Daten genannt.

Der Anteil der Bevölkerung ohne Religionsbekenntnis ist ebenfalls stark gestiegen. 1951 betrug die Zahl der Konfessionslosen 264.000 (3,8 Prozent), 2001 waren es 963.300 (12 Prozent) und 2021 eben knapp 2 Millionen (22,4 Prozent).

Plastik-fressendes Enzym. Good News

„Stern“-Schnuppen

Hans Högl- Gute Nachrichten im Magazin „Stern“ (12.5.2022, S. 18)

1. Wissenschafter der Universität Texas haben ein Protein (Enzym) entwickelt, das Plastik frisst und zerfallen lässt.

2. In Norwegen nahm das erste vollelektrische Containerschiff den Testbetrieb auf. Das Schiff wird 2 Jahre auf kurzen Strecken unterwegs sein, mehr geben die Batterien noch nicht her. Trotzdem: revolutionär.

1945: Landkrimi und Wirren in Alpenfestung

Hans Högl. Buchrezension.
Günther Marchner (2022): Das Innere des Landes, Salzburg. (A. Pustet).

Am Rande des steirischen Salzkammergutes lebt der Verfasser, in einer Landschaft mit Namen „Hinter“-Berg. Doch er werkt beruflich in der Stadt. Diese Doppel-Bödigkeit durchströmt das Buch, das man nicht so schnell aus der Hand legt, es hat einen Krimi-Spannungsbogen und gleichzeitig erfahren wir von Schicksalen in den letzen Monaten des Zweiten Weltkrieges, von Nazi-Fluchten und -schätzen und dem bitteren Fall einer Erbgeschichte kleiner Leute.

Der Verfasser ist ein Ver-Führer. Erahnen die Leser:innen, dass er Fachhistoriker und Entwicklungsplaner ist? Flüssig, hintergründig und nicht unkritisch liest sich das Buch. Die gekonnt kurzen und verständlichen Sätzen fließen dahin, vertiefen quasi nebenbei Unbekanntes aus der Alpenfestung des Dritten Reiches. In der Erb- und Auswanderungsgeschichte bergen sich Wirren um 1945. Es ist eine Tief-Bohrung in diese prächtige Gegend mit einer Dreifaltigkeit von Bergen, Seen und Landschaft, doch anders als in „Sound of Music“.

Das Buch „Das Innere des Landes“ von Günther Marchner wurde kürzlich im Eike-Forum im Wolferlstall in Bad Mitterndorf mit Musikbegleitung von Toni Burger öffentlich präsentiert,und es wurde viel Interesse bekundet. Denn dem Autor gelingt es, in den Romankrimi geschickt Zeitgeschichtliches und Aktuelles eines reflektierenden Einheimischen einzuflechten.

Vordergründig haben wir eine spannende Story dazu, wie es einer Frau ergeht, die ein Haus erbt, das ursprünglich ihrem Mann gehörte, der in den letzen Kriegstagen 1945 stirbt. Dann trifft sie gerüchteweise das Wort Erbschleicherin… Sie wanderte nach Amerika aus, ihr Haus vermietet sie ohne Vertrag, und nach ihrem Tod sieht ihr Sohn John nach dem Rechten – bei einem Notar. Es blieb Einiges ungeklärt. Die Kriminalgeschichte hat eine doppelte Würze – das familiäre Drama und die einstürzende und sich neu eröffnende Welt um 1945.

Ein paar Texte zur Illustration:

Frau Gruber sitzt im Salettl und klärt John über Land und Leute auf. Sie: Ich bin hier aufgewachsen, aber eigentlich bin ich nicht von hier. Ich bin ländlich und zugleich städtisch, eine urbane Hexe. So lebe ich ..in einer Zwischenwelt. „Diese Gegend ist … eine merkwürdige Mischung aus bürgerlicher Urbanität und spielerischer Landromantik…“

Hier gibt es viel Eigensinniges, viele Spinner und Eigenbrötler, einen verbreiteten Widerstand gegen die unhinterfragte Übernahme alles Neuen (S. 43).

Ein Mann am Stammtisch meint: „In der Gegend wimmelt es von Historikern, akademischen, selbsternannten und volkstümlichen, Landschaftsverschönerern, Kritikern und Beschönigern, Aufdeckern und Zudeckern. Natürlich gibt es auch penible, wissenschaftlich geschulte Menschen mit kritischem Blick, die sich um mehr Transparenz zu den Leichen in den Kellern bemühen, lacht er.“ (S. 73)

Kriegslogik schlägt Friedenslogik

Ein heißer Krieg geht immer einher auch mit einem Informationskrieg, der sämtliche Friedensalternativen ausblendet. Kriegspropaganda betreiben alle Kriegsparteien. Besonders gut inszeniert sich dabei die Ukraine.

Udo Bachmair

Die regelmäßigen Auftritte des ukrainischen Präsidenten Selensky, einmal im Tarnanzug, jüngst festen Schrittes marschierend durch die Innenstadt von Kiew, einmal im Trainingsanzug vor einer großen ukrainischen Flagge, verfehlen ihre Wirkung nicht. Mit martialischen Worten appelliert er regelmäßig an den Westen, im Besonderen an die NATO, weitere schwere Waffen zu liefern. Die schon vor dem Angriffskrieg Russlands mit westlicher Hilfe aufgerüstete Ukraine kann auf weitere massive militärische Unterstützung hoffen. Ob das die Ukraine dem „Sieg“ näherbringt, bleibt fraglich.

Was den Informationskrieg betrifft, der jeden Krieg begleitet, ist aus westlicher Sicht, im Speziellen seitens der nahezu gleichgeschaltet wirkenden Medien, die moralische Siegerin klar ausgemacht: Es ist die Ukraine. Jenseits aller Objektivitätskriterien, die man sich als Medienkonsument gerade auch in der außenpolitischen Berichterstattung wünschen würde, dominiert klar einseitiger medialer Mainstream. Die Russen generell böse, die Ukrainer generell gut, so die Devise.

Vernebelt vom Schwarz/Weiß-Denken stellen westliche Medien Ergüsse ukrainischer Kriegspropaganda meist als Fakten dar, hingegen alles, was von russischer Seite kommt, als völlig unglaubwürdig und propagandistisch. Freilich ist es für journalistische Arbeit schwieriger denn je, auf seriöse Quellen zurückgreifen zu können, auch wenn ehrliche Absicht dazu besteht. Seriöse Quellen im Informationskrieg sind nämlich kaum zu orten. Aber es wäre zumindest wünschenswert, Quellen überhaupt anzugeben, was leider auch im ORF selten passiert.

Wenn ein Sprecher des rechtsradikalen Asow-Regiments etwa in der ZiB 1 auftritt, ohne dass eine interpretierende oder differenzierende Analyse dazu beigesteuert wird, ist dies unseriös. Oder wenn in TV-Diskussionsrunden ausschließlich Kriegs- und Militärlogik verbreitet wird, wie jüngst etwa in der ARD-Sendung „Hart, aber fair“, oder wenn in unausgewogen besetzten Diskussionsrunden wie etwa im ORF-Format „Im Zentrum“ antirussische Feindbildpflege dominiert, darf man sich nicht darüber wundern, dass Politik und Medien zunehmend an Glaubwürdigkeit einbüßen.

Was sollen die Menschen denn noch glauben, wenn Journalismus nicht mehr in der Lage zu sein scheint, zu differenzieren und die Interessenslage von allen Seiten eines Konflikts zu sehen und zu hinterfragen. Besonders krass tritt dieses Manko in einem so komplexen Fall wie dem Ukraine-Krieg zutage.

Dass es auch anders geht, beweist immer wieder der besonnene und sachorientierte ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der sich jenseits bloßer Kriegsrhetorik und wegen seiner nichtmartialischen und differenzierenden Analysen und Reportagen großes Lob verdient. Wehrschütz kann auf authentische Quellen vor Ort verweisen, die meisten Redaktionen westlicher Medien hingegen nicht, ihre Hauptquellen sind die großen US-nahen Agenturen, die nur eine Sicht der Welt repräsentieren. Auch das ORF-Büro in Moskau greift kaum auf andere Quellen zurück..

Schon Jahre vor dem Krieg haben westliche Medien und PolitikerInnen Russland beharrlich zu einem Feindbild mit aufgebaut. Dabei helfen einzelne Begriffe und Worte, wie sie auch in der sogenannten objektiven Nachrichtensprache verwendet werden. So fällt wahrscheinlich nur wenigen auf, dass Äußerungen von russischen Politikern durchgängig mit Prädikaten wie „behaupten“, „unterstellen“, etc. versehen werden. Wenn ein US- oder EU-Politiker eine Stellungnahme abgibt, lauten die Prädikate „betonen“, „bekräftigten“, „erklären“ etc. also positiv geladene Begriffe.

Abermals sei bekräftigt, dass ein Angriffskrieg im 21.Jahrhundert in Europa ein absolutes „No go“ sein sollte. Großmachtphantasien mit einem realen Krieg erzwingen zu wollen, ist menschenrechtlich und völkerrechtlich strikt abzulehnen. Krieg und Gewalt sind per se Verbrechen, besonders ein aggressiver militärischer Überfall. Das heißt aber nicht automatisch, dass nur der Aggressor Kriegsverbrechen begeht.

Die Ukraine sollte so rasch wie möglich friedliche Zustände erleben können. Doch beide Kriegsparteien bewegen sich nicht. Dies lässt vorerst keine Hoffnung auf eine Waffenruhe oder auf Friedensverhandlungen keimen. Das Heil ausschließlich in der Lieferung schwerer Waffen zu sehen, wie es etwa die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen oder bedauerlicherweise auch die früher antimilitaristischen Grünen bevorzugen, lässt jedenfalls weiter Öl ins Feuer gießen.

Natürlich soll hier nicht einem naiven Pazifismus das Wort geredet werden, allerdings einer von Friedensethik getragenen aktiven Friedenspolitik. Eine Politik, die auch Kompromissen Raum gibt. Eine primitive und ebenfalls naive Kriegslogik lässt ein sehnlichst erwartetes Kriegsende in noch weitere Ferne rücken.

ARTE: Supertipps für den Mai

Ärger übers Fernsehen? Das Arte-Magazin bringt ein Monatsprogramm. In Trafiken erhältlich.

Hans Högl – ARTE Medientipps für Mai 2022.

Kaiser Augustus (mit seiner Frau). Geschichtsdoku Samstag 7.5. 20:15 bis 5.6 auf Mediathek

China-Porträt einer Weltmacht. Die neue Welt des Xi Jinping Arte Die 10.5 20.15 bis 30.5.
Pulverfass Pazifik: Chinas Aufstieg zur Seemacht 21.50 – auf Mediathek bis 5.11.

Die Blechtrommel. Literaturverfilmung. So 15.5. 20.15

Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra. Il Traditore. Ein historischer Gerichtsprozess.
So 22.5. 20.15 Mediathek bis 28.5.

Europas Kontinent im Aufbruch
ab Die 31.5. 20.15 Uhr Mediathek bis 23.5.2023. 6- teilige Serie

Gelingt es Europa, sich neu zu erfinden? Die Suche nach einer nachhaltigen Landwirtschaft, Energiewende, Transportwesen, Migration, Digitalisierung.

Zwei Leben für Europa. Stresemann und Aristide Briand. Geschichtsdoku. Die 31.5. 23.45 bis 28.8.

Der Mann in Schatten-Jean Monnet wurde zum Vordenker des geeinten Europas Die 31.5. 00.45 bis 29.6.

Am 30. Mai sind es 30 Jahre, dass ARTE zum ersten Mal 1992 auf Sendung ging – gegründet von Helmut Kohl und Francois Mitterand – als Ausdruck deutsch-französischer Freundschaft. Probeheft des Arte- Magazins zu erhalten unter Tel. +49 40 5555 78 00 oder E-Mail abo @ arte-magazin.de

Angstgefühle und Panik in der Moderne

Die fulminante Edvard-Munch Ausstellung in der Albertina in Wien genießt große Aufmerksamkeit, im Besonderen das Bild „Der Schrei“. Es symbolisiert Angst- und Panik- Lebensgefühle auch in der Moderne – ob es um Klimaangst, Corona oder den Ukraine-Krieg geht.

Hans H ö g l

Das Bild „Der Schrei“ ist ein Extremausdruck von Angst, Panik, Schrecken. Nicht ein bestimmter Mensch zeigt das Entsetzen, sondern einer für alle. Ein Bild, aus der Lebensangst von Munch geboren, nimmt uns in die Existenzangst des Künstlers hinein. Hier revoltiert Munch gegen den Naturalismus und Impressionismus, und das Bild „Der Schrei“ wird Ikone des Expressionismus- gestaltet 1893 und 1910 – ein Sinnbild unserer letzten Jahrhunderte mit schrecklichen Katastrophen und Ängsten und zwar auch in einer säkularen, aufgeklärten Welt, die nun seit mehreren hundert Jahren die Welt dominiert.

Wer sich z.B. nicht nur mit den Verbrechen des Nazismus, sondern auch mit denen in Russlands Vergangenheit befasst, wie ich kürzlich, findet die Brutalität und Menschenverachtung – schon am Ende der Französischen Revolution und imitiert von Lenin in der Russischen Revolution und die systematisch geplanten Hungersnöte in der Ukraine um 1930 schon beim Lesen (!) unerträglich.

Warum dies so war, danach fragt der frühere Maoist und französische Spitzenhistoriker Stéphane Courtois in dem im deutschsprachigen Raum kaum rezipierten, beziehungsweise verdrängten Werk „Die Verbrechen des Kommunismus“ p. 793-825 (1998 Piper). Und wie die Mannschaft um Putin heute in der Ukraine werkt, ist ebenso bedenklich wie die Brutalität des Westens – so im Irak und Chile und Vietnam usw., obgleich sich der Westen so gern scheinheilig auf individuelle Menschenrechte beruft.

Im „Schrei“ wird der Mensch Symbolfigur für das Sich-Verlieren des Einzelnen im Ganzen: Die Urangst der Gesellschaft am Beginn der Moderne.

Edvard Munch hat die Angstattacke beschrieben: Ich ging den Weg entlang mit zwei Freunden. Die Sonne ging unter. Der Himmel wurde plötzlich rot. Ich stand zitternd vor Angst. Und ich fühlte einen lauten, unendlichen Schrei durch die Natur. So beschreibt es Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina. Das Interview findet sich im Massenblatt der „Krone“.

Die Ausstellung über das Werk von Munch ist in Wien bis 19. Juni zu sehen – in chronologischer Reihenfolge – vor allem das Spätwerk. Es werden auch thematisch ähnliche Werke anderer Künstler gezeigt – so von Andy Warhol, Miriam Cahn und Peter Doig.

NB. Auffällig ist: Ich habe drei Medien-Rezensionen vor mir. Das Bild „Der stumme Schrei“ ist zwar abgebildet, doch nirgends findet sich ein Hinweis, dass dieses Bild selbst nicht in Wien ausgestellt wird. Auf Nachfrage erfahre ich, dass es nicht entliehen wird.