Archiv für den Monat: April 2025

Scheinheiligkeit nach dem Tod des Papstes

Vor wenigen Minuten hat Israels Regierung ein Kondolenzschreiben aus Anlass des Todes von Papst Franziskus wieder zurückgezogen. Der Grund: Die Kritik des verstorbenen Papstes an der brutalen Kriegsführung Israels gegen die palästinensische Bevölkerung von Gaza. Hingegen wird es vielfach als Scheinheiligkeit empfunden, dass ausgerechnet jene Politiker und Medien, die Franziskus für dessen „Linkstendenzen“ immer wieder kritisiert haben, nun in den Chor derjenigen einstimmen, die ihn würdigen.

Wolfgang Koppler*

Schon seltsam, wie man uns jetzt mit Nachrichten und Dokus zum plötzlichen, aber angesichts seines Gesundheitszustandes nicht ganz überraschenden Tod des Papstes überfüttert. Und sich in Scheinheiligkeit ergeht.

Während man zu seinen Lebzeiten jeden seiner Sätze auf die Goldwaage gelegt hat. Von den Attacken im Hinblick auf seine Haltung zum Ukrainekrieg ganz zu schweigen. Kritik an der Nato – unmöglich. Verhandlungen – ein Kniefall gegenüber dem Aggressor und völlig unmoralisch. Einige Journalisten und Politiker hätten sich wohl gewünscht, dass er die an die Ukraine gelieferten Panzer auch noch mit Weihwasser besprengen möge. Wie zur Zeit des 1. Weltkriegs, als lediglich eine Handvoll Intellektueller wie etwa Kraus und Zweig sich dem entgegenstellten. Als einsame Rufer in der militärischen Wüste.

Aber zurück zu Franziskus:
Eine Theologin meinte treffend, er hätte in keine Schublade gepasst. Am ehesten war er wohl eine Mischung aus einem Konservativen und einem Linkskatholiken. Und wollte die Kirche in gewisser Weise ein bisschen zum Urchristentum und damit zu ihren Wurzeln zurückführen. Und vor allen war er ein Mensch, der seine Grenzen kannte. Und jene der tief gespaltenen Kirche. Und so verzichtete er auf Machtworte und aktivierte die Basis durch den von ihm in Gang gesetzten synodalen Prozess, der nicht mehr so leicht aufzuhalten sein dürfte.

Heiligkeit oder gar Scheinheiligkeit war seine Sache nicht. Sodass er die Anrede „Heiliger Vater“ ablehnte und einen Journalisten, der solches versuchte, scherzhaft als „Heiliger Sohn“ titulierte. Befreiungstheologie im besten Sinne, die sich nicht nur gegen Ungerechtigkeit und Armut richtet, sondern auch gegen scheinheiligen Narzissmus und Selbstgefälligkeit. Und uns selbst befreien könnte.

Auch wir sollten unseren infantilen Narzissmus etwas mehr im Zaum halten. Journalisten, die stets mit dem Zeigefinger daherkommen, aber nicht bereit sind, etwas zu riskieren und für die eigene Überzeugung wenigstens gelegentlich gegen den Stachel zu löcken, tun den Medien nicht gut. Und unserer Gesellschaft schon gar nicht.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Mediale Russophobie

Wenn es um Russland geht, ist es bereits lange Tradition westlicher Medien, Feindbildpflege zu betreiben und Bedrohungsszenarien zu entwickeln.

Wolfgang Koppler *

Schon seltsam. Da wird in mehreren Zeitungen – von der Presse bis zur Krone – die Meldung lanciert, dass Russland Atomwaffen im All einsetzen und Satelliten zerstören könne- Und so die allgemeine Hysterie auf die Spitze getrieben. Denn offenbar reicht es nicht mehr, einen Angriff auf einen NATO-Staat (vom Baltikum bis zu Schweden) aufgrund nebuloser Geheimdienstberichte zu prophezeien, wie es „renommierte Experten“ in „Qualitätsmedien“ tun. Obwohl selbst Raphaela Schaidreiter in der ZiB vor Kurzem zugeben musste, dass man damit anscheinend vielmehr Stimmung für die Aufrüstung machen will.

Anderseits wird der schlimmste Einbruch von Russlands Wirtschaft seit 2009 aufgrund sinkender Ölpreise und ausbleibender Investitionen gemeldet. Wie soll ein Land mit einer derart maroden Wirtschaft Atomkrieg im All betreiben. Das kommt davon, wenn man Russland zugleich als rückständig und gefährlich darstellt. Man sollte es vielleicht mit den Feindbildern nicht allzusehr übertreiben. Sonst bleibt die Logik auf der Strecke. Und man wird völlig unglaubwürdig.

Aber genauso war es mit der Darstellung der Sowjetunion in den Medien der 80-er Jahre. Einerseits wurde die Gefahr eines Überfalls auf Westeuropa beschworen, anderseits zeigten Berichte über die sowjetische Mangelwirtschaft, dass daran irgendetwas nicht stimmen konnte. Und der Fall der Mauer 1989 zeigte, dass Letzteres der Fall war. Der allgemeine Jubel machte dann allerdings schnell Ernüchterung Platz. Insbesondere angesichts der Finanzkrise 2008.

Die Geschichte scheint sich zu wiederholen…

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist in Wien

www.msn.com/de-at/nachrichten/other/russland-könnte-atomwaffen-im-all-einsetzen

Keine Chance mehr für die Wiener Zeitung

Das Ende der Wiener Zeitung im Jahr 2023 bleibt auch noch heute ein schmerzlicher Verlust an Qualitätsjournalismus in unserem Land. Ein jüngster Vorstoß aus der Zivilgesellschaft mit dem Ziel, das traditionsreiche Blatt wieder zum Leben zu erwecken, hat sich als erfolglos erwiesen.

Udo Bachmair

Es war Ende Juni 2023. Die älteste Tageszeitung der Welt, die „Wiener Zeitung“ erschien das letzte Mal in gedruckter Form. Der damaligen schwarz/grünen Bundesregierung war es vorbehalten, dieses renommierte Blatt endgültig zu Grabe zu tragen. Allen Protesten zum Trotz, die die Zeitung als außergewöhnliches Kulturgut erhalten wissen wollten. Die ÖVP-Regierungspartei und ihre Medienministerin blieben hart.

Besonders unverständlich war die unerbittliche Haltung der damaligen grünen Kultursprecherin Eva Blimlinger. In einem Gespräch erklärte sie mir gegenüber: „Dieses Blattl hat eine zu geringe Auflage, es rechnet sich nicht, wir wollen es nicht mit Millionen durchfüttern“. Meinen Hinweis, dass auch grüne Parteikollegen von ihr einen Appell pro Wiener Zeitung unterschrieben hatten, konterte Frau Blimlinger mit der Aussage: „Die haben keine Ahnung von dieser Sache“.

Ferne Hoffnung keimte auf, als unmittelbar nach der Einstellung der Wiener Zeitung der damals neue SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler gegenüber dem Kurier* Folgendes zur Causa erklärte:
„Dieses kaltschnäuzige Aus für eine Tageszeitung, die der Republik – also uns allen -gehört, die sich dem unaufgeregten Qualitätsjournalismus verschrieben hat, ist ein medienpolitischer Skandal, den ich nicht akzeptieren kann und werde.“

Und Babler weiter: „Wenn wir wieder in Regierungsverantwortung sind, dann werden wir jedenfalls Mittel und Wege suchen, um die Wiener Zeitung als gedruckte Tageszeitung zurückzuholen“.

Nun also ist die SPÖ wieder in Regierungsverantwortung und Andreas Babler nicht nur Vizekanzler, sondern auch Medienminister. Das nahm Ilse Kleinschuster, engagiertes Mitglied der Zivilgesellschaft und unserer Vereinigung für Medienkultur zum Anlass, einen Brief an Babler zu schreiben, um diesen an die damalige Aussage zu erinnern:

„Ich habe mir am 23.3. mit großer Sympathie die ORF – Pressestunde mit unserem neuen Bundesvizekanzler Herrn Babler angehört. Seine Stellungnahme in Bezug auf den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk habe ich gut gefunden und hoffe, dass es ihm gelingen wird, den österreichischen. Rundfunk in dessen derzeitigen, steuerfinanzierten Form zu erhalten.
Was von den Journalisten leider nicht nachgefragt worden ist und was auch nicht im Regierungsprogramm steht, ist die Frage nach der Wiener Zeitung‘. Wird Babler sein vor zwei Jahren gegebenes Versprechen die Wiener Zeitung als gedruckte Zeitung zurückzuholen, einlösen können?“

Eine Antwort aus der SPÖ kam prompt:

„Vielen Dank für Ihr E-Mail und Ihre freundlichen Worte. Wir haben Ihr Schreiben umgehend an das Kabinett des Herrn Vizekanzlers weitergeleitet und wurden gebeten, Ihnen direkt zu antworten. Der Herr Vizekanzler betonte, dass die Einstellung der Wiener Zeitung ein großer Verlust gewesen sei und er dazu auch klar Stellung bezogen habe. Es sei wahnsinnig schade, dass es sie in ihrer bisherigen Form nicht mehr gebe. Leider sei mit der damaligen Entscheidung auch die gesamte Struktur der Printausgabe zerschlagen worden, sodass eine direkte Rückkehr nicht ohne Weiteres möglich sei. Eine Wiederbelebung in gedruckter Form stehe zudem nicht mehr im Regierungsübereinkommen und sei – so sehr er es sich auch wünschen würde – unter den aktuellen Gegebenheiten leider sehr unwahrscheinlich.“

Eine freundliche Antwort. Aber inhaltlich natürlich enttäuschend, nicht nur für Ilse Kleinschuster, denn der anfangs fernen Hoffnung ist offenbar somit die letzte Wahrscheinlichkeit genommen worden, dass das Kulturgut Wiener Zeitung jemals wieder in gedruckter Form das Licht der Welt erblicken könnte. Trotz bekundeten guten Willens seitens des Medienministers.

• https://kurier.at/kultur/medien/spoe-chef-babler-will-wege-suchen-die-wiener-zeitung-zurueckzuholen/402504951