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Toleranz unter Religionen

Moslemische, caritative Gruppe hilft Erdbebenopfern in Türkei

Hans Högl

Jeden Sonntag bringt der ORF ab 7:05 auf Radio Ö-1 die Sendung “ Lebenskunst“. Erstaunt erfuhr ich von einer moslemischen, karitativen Gruppe in Wien, die im Erdbebengebiet in der Türkei, motiviert aus Erbarmen, wie es der Koran lehrt, Opfern hilft. Eine Helferin war über die Haltung dieser beeindruckt, welche Hilfgüter zurückwiesen und sagten: „Das haben wir schon, gebt es anderen.“ Sie rafften also nicht nicht möglichst viel an sich. Doch ihr Dank war groß, als sie ein Fieberthermometer erhielten. Wir dachten: Was ist denn schon ein Fieberthermometer!

Diese Sendung – unter Leitung von Doris Appel – ist ökumenisch geprägt, also in Toleranz zu diversen Religionen. Je nach Sonntag kommen zu Wort: Hindus, Buddhisten und sehr oft das Judentum. Heute gab es am Beginn ein Statement von Evangelischer Seite über den Sinn des Fastens. Diese weltanschauliche Breite ist lobenswert. Verdienstvoll ist auch Univ. Prof. Martin Jäggle, ein katholischer Theologe, der sich im Sinne des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit öfters zu Wort meldet.

Doch ich erinnere mich auch – mit etwas Bedauern – an persönliche Gespräche mit gebildeten Münchner Freunden, die regelmäßig die „Süddeutsche Zeitung“ lesen und vergleichbare Informationen über Österreich schwer annehmen können – so das Faktum, dass es in in Österreich seit Langem offiziell einen moslemischen Religionsunterricht gibt, und sie schütteln irrtiert den Kopf über das Faktum des osteuropäischen Einfallstors in Wien. Es ist bedauerlich, dass ein Qualitätsblatt wie die „Süddeutsche“ manchmal ein zu undifferenziertes Österreichbild verbreitet. Eine teilweise Korrektur wäre doch aus einem benachbarten Land zu erwarten.

Der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit ist seit 1956 im Aufbau des gegenseitigen Vertrauens zwischen Christen und Juden tätig. Das in Österreich einzigartige Forum aus Christen verschiedener Konfessionen und Vertretern der jüdischen Gemeinden unterstützt und begleitet die Kirchen u.a. durch Impulse für die Bildungsarbeit in Pfarrgemeinden und kirchliche Strukturen. Ziel ist es, festgefahrene Vorurteile und Feindbilder zu überwinden, alternative Modelle für den Umgang mit Konflikten anzubieten und die Gesprächs- und Streitkultur zwischen den Religionen sicherzustellen.

NB. Das „Österreichische Wörterbuch“ (Schulausgabe 40. Aufl. ) führt das Wort „ökumenisch“ nicht an.

Lösung für die Wiener Zeitung ?

Ist das Aus für die „Wiener Zeitung“ als Tagblatt tatsächlich bereits besiegelt? Zahlreiche Initiativen zum Erhalt dieses Qualitätsmediums haben bisher jedenfalls nichts gefruchtet.

Udo Bachmair

ÖVP-Medienministerin Raab und die grüne Mediensprecherin Blimlinger bleiben stur. Ihnen liegt nichts an der Weiterführung der Wiener Zeitung. Zahlreichen Bemühungen um den Fortbestand der ältesten Zeitung der Welt haben die beiden Politikerinnen der schwarz/grünen Koalition eine klare Absage erteilt. Ein auch demokratiepolitisches Armutszeugnis in einem Land, in dem es ohnehin nur mehr 13 gedruckte Tageszeitungen gibt. Statt der Wiener Zeitung soll es künftig bekanntlich eine vom Bundeskanzleramt abhängige „Journalistenschule“ geben, gleichsam eine verstaatlichte Journalistenausbildung.

Die Tore für Interventionen seien damit offen, sorgt sich etwa die engagierte Generalsekretärin des Presseclubs Concordia, Daniela Kraus, in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung :

„Ungeschützt vor Eigentümerinteressen ist nicht nur der Lehrbetrieb, sondern auch die Auswahl der Studierenden. Geboten wird dann eine „360 Grad“-Ausbildung, die Mitarbeit in der Content-Agentur der Mediengruppe inkludiert. Dort werden statt einer Tageszeitung „Contentleistungen“ für den Bund und Unternehmen des Bundes produziert. Es sei doch gut, meint die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger, wenn die Auszubildenden durch Praxisanschauung die Unterscheidung von PR und Journalismus lernen würden. Nebeneffekt: Die Ministerien, die sich bei der Wiener Zeitung ihre Agenturleistung kaufen, können gleich nützliche Kontakte zur nächsten Journalistengeneration knüpfen.“

Angesichts der ohnehin schon ausgedünnten österreichischen Medienlandschaft fordern zahlreiche Initiativen aus Kunst, Kultur, Publizistik, Bildung, Wissenschaft und Politik den Weiterbestand des mittlerweile als „Kultobjekt“ geltenden Qualitätsblattes. Die in Medienfragen als kaum kompetent wahrgenommene zuständige Ministerin schweigt dazu jedoch beharrlich..

„Definitiv nicht zu spät“ für die Rettung der Wiener Zeitung ist es für den renommierten Wiener Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell. In einem Interview für die heutige Ausgabe der Kronenzeitung äußert sich der Medienexperte optimistisch :

„Es gibt Wege, noch zu einer guten Lösung zu kommen“. Er persönlich kann sich als künftiges Modell eine öffentliche Stiftung vorstellen, „aber besser als beim ORF“.
Auf diese Weise ließe sich die „Wiener Zeitung“ in eine geordnete Unabhängigkeit überführen. „Man könnte ein journalistisches Versuchslabor aus der Zeitung machen, wo alle Herausforderungen, die unsere Zeiten bieten, in einem gesicherten Setting genommen werden, die Erkenntnisse dann allen zur Verfügung stehen“, so Hausjell, Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich und Präsidiumsmitglied der Vereinigung für Medienkultur.

Schottlands Größen im Fokus

Jenseits medialer Enge: Staunen über schottische Erfinder, Denker, Dichter

Hans Högl. Andere Reiseanalyse

Schottland-Reisende begegnen allerorten Kämpfen und Krisen der Schotten mit Engländern. Mir sagte ein Schotte: „Die berühmten Briten sind alle Schotten!“ Es lohnt, das zu hinterfragen, denn auch Medien feiern meist Landsleute. Dies gilt sogar für die als sozial-liberal gepriesene „Süddeutsche Zeitung“, die ausländische Ski-Größen herunterspielt – in eindeutig gepflegtem Spießertum. Ziel ist hier, ein xenophiler Blick auf ein anderes Land als auf das eigene. Karl Marx hatte wohl analog zum Britischen Empire eine weltweite Revolution im Sinn. Doch wer übersieht es? Das Handeln keiner UNO-Großmacht deckt sich mit globalem Gemeinwohl. Wir sehen auf Schottlands Größen, auf ein Land, das um Selbständigkeit ringt.

Zu schottischen Autoren: Vom Dichter Robert Burns stammen Gedichte (Lieder) wie „Auld Lang Syne“. Er war das älteste von sieben Farmer-Kindern. Sein Vater war erstaunlich belesen. Robert Louis Stevenson schrieb „Die Schatzinsel“ (1883) und „Dr Jekyll and Mr. Hyde“ (1886), Walter Scott gilt als Erfinder historischer Romane. – Sean Connery spielt den britischen Geheimagenten – und ist zentral im Film „Im Namen der Rose“. Seine Autobiographie lautet: „Mein Schottland, mein Leben“.

Schotten sind stolz auf ihre Erfindungen, Entdeckungen – von einer in Schottland geborenen oder stammenden Person. Manchmal sind es Nicht-Schotten, die im Land arbeiten. So wurde am Roslin Institute bei Edinburgh das Schaf Dolly geklont. 1748 schuf William Cullen an der Universität Glasgow die erste künstliche Kühlung, eine Vorstufe des Kühlschranks. Schon vor der industriellen Revolution waren Schotten führend bei Innovationen / Entdeckungen. So entspringt schottischem Einfallsreichtums die Dampfmaschine von James Watt (Patent um 1769). Alexander Graham Bell erfand 1876 das erste praktische Telefon. Der Taubstummenlehrer A. Graham Bell, in Edinburgh geboren, emigrierte nach Kanada. John Logie Bairds erfand das Fernsehen (1928). Alexander Fleming entdeckte 1922 das Penicillin und das Insulin und erhielt den Nobelpreis.

Berühmte Schotten aus Philosophie und Wirtschaft: Der empirisch denkende Philosoph David Hume beeinflusste Immanuel Kant, er wandte sich vom dominierenden Calvinismus ab, war Religionskritiker und starb 1776. Der Moralphilosoph Adam Smith schrieb über Vorteile des Freihandels und der industriellen Arbeitsteilung -so im Buch: „Über die Natur und Gründe des Reichtums der Nationen“ (1776) . Smith schöpfte Kenntnisse in Glasgow aus Gesprächen mit Tabacco-Lords. Sein Geburtsort ist Kirkcaldy. Die Tabacco-Lords waren auch Sklavenhändler. Smith kritisierte ihr Verhalten.

Vor dem Einsatz der ersten Spinnmaschine von James Hargreaves (1764) wurde in Heimarbeit gewoben. In der Baumwollfabrik Lanark Mills bei Glasgow lebten an die 2000 Menschen. Der schottische Fabrikant Robert Owen (1771-1858) beobachtete in der heruntergekommenen Siedlung miserable sanitäre Verhältnissen, Trunkensucht und Diebstahl.Seine Fabrik sollte anders sein als in Manchester: Jede Arbeiterfamilie bekam zwei Räume, die ärztliche Versorgung war gratis, es gab einen Kindergarten und eine Werkskantine, von Arbeitern selbst verwaltet (Peter Sager: Schottland, Kunstreiseführer). Owens Ansatz waren Reformen. Er hatte wirtschaftlichem Erfolg, was seine Kollegen nicht ahnten. Seine Versuche in den USA scheiterten. Dies verschlang fast sein ganzes Vermögen.

Andrew Carnegie ist in Dunfermline/ Schottland geboren, wurde mit 33 Jahren der Stahlkönig in den USA, starb 1919. Vgl. die Carnegie-Stiftung. Laut Calvinismus soll der Reiche, sein Besitztum zum Wohle aller wieder mit Sorgfalt verschenken. Eine Haltung, die in der Coranakrise Bill Gates nicht zugetraut wurde.

Tiefpunkt des Journalismus

Die jüngste ORF-Pressestunde haben Medienkritiker als journalistischen Tiefpunkt erlebt. Zu Gast war die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ). Dazu als Einleitung das folgende Zitat von Kleine Zeitung-Chefredakteur Patterer, das zunächst einmal keines Kommentars bedarf..

Zitat des Tages ( 6.2.2020) und Reaktionen.
(Ausgewählt von Udo Bachmair)

„Frau Bürgermeisterin, wir haben ja heute den-die selbe Anfahrt gehabt von Graz aus und Sie haben mich leider mit Ihrem rumänischen Flitzer auf den letzten Metern noch-noch abgefangen und überholt, ah, ich lebe selbst in der Stadt und jetzt hat man ja nach diesem Beben von-von Graz, wie es von den Medien bezeichnet worden ist, noch nicht allzu viel mitbekommen an größeren Veränderungen, ähm man, es ist auch noch viel unklar, was Sie mit dieser bürgerlichen Stadt denn eigentlich ähm vorhaben. Was man mitbekommen hat, war, dass Sie Eingriff in die Stilistik vorgenommen haben äh Sie haben zum Beispiel die Designmöbel Ihres Vorgängers äh weggeräumt und haben Ihre abgewohnten Ikeamöbel, was die steirischen Tischler nicht sehr gefreut hat, wie wir mitbekommen haben äh hingestellt mit der mit der Kinderspielecke, jetzt schätz ich Ihre Bescheidenheit, aber unterliegen Sie nicht einem einem Mißverständnis, was das Rollenbild betrifft, Sie sind jetzt nicht mehr die Sozialarbeiterin, Sie sind die Managerin der zweitgrößten Stadt in diesem Land, ist Ihnen das bewusst und nehmen Sie diese Rolle an überhaupt ?“

So leitete der Chefredakteur der Kleinen Zeitung, Patterer, die heutige ORF-Pressestunde mit Elke Kahr ein. Sie ist seit 3 Monaten Bürgermeisterin von Graz und hat sich weit über die Grenzen ihrer Partei, der KPÖ, einen positiven Namen als besonders engagierte und ehrliche Sozialpolitikerin gemacht.

Ein bisher im Zusammenhang mit einer ORF-Pressestunde bisher beispielloser Shitstorm hat in den Social Media als Reaktion auf eine Serie an extrem untergriffigen Fragen an Elke Kahr eingesetzt. Gemeinsamer Tenor der Reaktionen: Patterer und und die ORF-Redakteurin Claudia Dannhauser hätten ein jämmerliches Bild des österreichischen Journalismus gezeigt.

„Selbst auf wirklich dumme und feindliche Fragen gibt es g`scheite Antworten,“ schreibt etwa Martin Margulies. Und Franz Schnabl, nö. Landeshauptmannstv.(SPÖ) mutmaßt: „Das Ende der Ära Kurz muss für manche ja wirklich schmerzhaft sein, wenn man einer gewählten Bürgermeisterin derart arrogant und besserwisserisch begegnet“.

PR-Experte Rudi Fußi spricht von „Fehlleistung des ORF“ und auch Lukas Resetarits ortet einen „Tiefpunkt des österreichischen Journalismus“.

Die Journalistin Cathrin Kahlweit, Österreich-Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung, resumiert ebenfalls auf Twitter:

„Habe mir die Pressestunde angeschaut: Man kann von Elke Kahr viel lernen: cool bleiben, sachlich bleiben, bei sich bleiben, nicht auftrumpfen, nicht augenrollend verraten, was man denkt.“

Corona : Grundrechte in Quarantäne

Die Anti-Corona-Maßnahmen gehen mit spürbarer Einschränkung von Grundrechten einher. Die notwendige Diskussion darüber wird jedoch von der Aufregung über „Verschwörungstheoretiker“ überlagert.

Udo Bachmair

Der komplexen Thematik hat sich Heribert Prantl in seinem jüngsten Buch mit Leidenschaft und Sachverstand gewidmet. Es trägt den Titel „Not und Gebot: Grundrechte in Quarantäne“*. Der gelernte Richter Heribert Prantl war ein Vierteljahrhundert Ressortchef für Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung. Er hat dabei immer wieder mit Kommentaren und Analysen auch gegen den gängigen inhaltlichen Mainstream aufhorchen lassen.

In seinem jüngsten Werk gibt Prantl zu bedenken, dass in Corona-Zeiten eine Stimmung entstanden sei, die Grundrechte als Gefahr bezeichne. Gerade auch diesbezüglich käme den Medien eine besonders verantwortungsvolle Rolle zu. Es gelte heute, so der Autor, die Freiheit und mit ihr auch die Pressefreiheit unter der Gefahr des Corona-Virus zu verteidigen:

„Die Verteidigung besteht darin, die Grundrechte zu schützen-zu schützen davor, dass die Maßnahmen gegen das Virus von den Grundrechten nur noch die Hülle überlassen. Pressefreiheit besteht in der Warnung davor, dass Notgesetze einfach nur immer verlängert werden. Pressefreiheit ist dafür da, hemmungslos zu fragen und zu recherchieren, was die Verbote nützen und welche Schäden sie anrichten“.

Für Heribert Prantl ist klar: Unmut müsse ein Ventil haben, auch in Corona-Zeiten.

„Die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit ist so ein Ventil. Aber: Das, was aus dem Ventil herauskommt, darf nicht giftig sein. Es gibt Grenzen des Tolerablen. Die verlaufen dort, wo die Gewalt, die Volksverhetzung und die Gesundheitsgefährdung beginnen“.

Auszüge aus Heribert Prantls Buch „Not und Gebot: Grundrechte in Quarantäne“ – erschienen 2021 im C.-H.-Beck-Verlag.

Gesinnung unter Strafe stellen ?

Das sogenannte Antiterrorpaket als Spontanreaktion der Regierung auf den Wiener Terroranschlag ist in Medien und Politik durchaus umstritten. Im Visier der Kritik vor allem der geplante Straftatbestand in Bezug auf den schwammigen Begriff „Politischer Islam“.

Udo Bachmair

Das abscheuliche Attentat von Wien hat verständliche hochemotionale Debatten ausgelöst. In der ersten Emotion sind überschießende Reaktionen menschlich nachvollziehbar. In weiterer Folge jedoch wäre von besonnenen Politikern zu erwarten, nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen. Es ginge darum, nicht populistisch zu reagieren, sondern zu einem vernünftigen und sachlichen Diskurs beizutragen. Generell den nicht näher definierten „politischen Islam“ für Gewalttaten und Attentate verantwortlich zu machen, trägt wohl kaum zu einem zielführenden Diskurs bei.

Eine Debatte, die in heimischen Medien nur in Ansätzen geführt wird. Sowohl der Boulevard, als auch die meisten Qualitätszeitungen sowie die ZiB 1 des ORF stehen der Bundesregierung nahe. Sie beflügeln daher kaum eine kritische Diskussion über den Vorstoß von Kanzler Kurz, einen Straftatbestand „Politischer Islam“ einzuführen. Eine seriöse Aufbereitung von Ursachen sowie Vermeidung von „islamistisch motivierten“ Attentaten kommen dabei zu kurz. Diese Aufgabe haben deutsche Medien übernommen, für die der Plan Österreichs höchst kontraproduktiv ist.

Mit einem solchen Straftatbestand würde eine Gesinnung zum Delikt erklärt, lautet der Tenor der Kritik. So schreibt die Süddeutsche Zeitung:
„Österreichs Regierung will nicht ein Handeln unter Strafe stellen, sondern bloßes Denken. Dem stehen zu Recht nicht nur die österreichischen, sondern mit großer Klarheit auch insgesamt die europäischen Rechtstaatsprinzipien entgegen. Ein Staat, der Menschen allein wegen vermeintlicher Gedanken einsperrt, das ist eine Horrorvorstellung. Zumal es auch nicht wenige Befürworter von ‚politischem Islam‘ gibt, die auf gewaltfreie Mittel setzen, die Muslimbrüder zum Beispiel oder auch die meisten der sogenannten Salafisten.“

Der Autor des Kommentars, Ronen Steinke, fragt sich, warum denn mit dem Tatbestand „Politischer Islam“ nur ein „Sonderrecht gegen Muslime“ geschaffen werde. Da wäre doch ein Tatbestand „rechtsextreme Ansichten“ oder „frauenverachtende Ansichten“, ebenso konsequent.

Der Kommentator sieht im Plan von Sebastian Kurz zudem ein Geschenk: „Es ist ein Geschenk an die islamistischen Hassprediger selbst, die sich jetzt nicht nur gute Chancen auf eine Solidarisierung aller Muslime ausrechnen dürfen, die gemeinsam mit ihnen derart diskriminiert werden sollen. Sondern die außerdem dabei zusehen können, wie sich Österreichs offene Gesellschaft selbst beschädigt.“

Ähnlich sieht das Waslat Hasrat-Nazim von der Deutschen Welle. Sie meint, dass Österreichs Regierungschef mit seinem Vorhaben auch all jene Muslime verdächtige, die weder gewaltbereit noch radikal sind. Der Islamismus lasse sich eher bekämpfen, wenn man mit Muslimen auf Augenhöhe zusammenarbeitet.

Die Gesetzespläne für einen Tatbestand „Politischer Islam“ sind laut Ralf Leonhard von der deutschen Zeitung TAZ ein „Ablenkungsspiel“. „Selbst wenn das Gesetzespaket durchkommen sollte, der islamistische Attentäter von Anfang November hätte damit nicht aufgehalten werden können, wohl aber durch Ausschöpfen der bereits vorhandenen Mittel. Es liegt also nahe, dass die Regierung mit ihrem Aktionismus in erster Linie vom Behördenversagen ablenken will.“

Corona: Die Politik unter Druck der Medien?

Deutschland hat besonders drastische Anti-Corona-Maßnahmen gesetzt. Als Vorbild für Österreich. Eine heftige Debatte darüber ist entstanden, inwieweit die Medien einander in der Forderung immer härterer Maßnahmen überbieten.

Udo Bachmair

Von den Journalen über „Wien heute“ bis hin zur „ZiB2“. Es hat den Anschein, als würden ORF-Sendungen wie diese den Druck auf die Politik massiv verstärken. So werden als Gäste vorwiegend Virologen und Epidemologen ausgewählt, die sich in dieser Causa als Hardliner erweisen und einem harten Lockdown das Wort reden. Alternative Stimmen, die für Gelassenheit plädieren und Angst und Panik als schlechte Ratgeber anprangern, kommen kaum vor.

Während sich in Österreich in der Causa Corona weitgehende Apathie und Schicksalsergebenheit breitgemacht hat, ist in Deutschland bereits eine rege Diskussion darüber im Gange, wie sehr sich gerade in dieser Frage die Macht der Mainstream-Medien auf politische Entscheidungen auswirkt. Ausgelöst hat dort die Debatte eine umstrittene Analyse des Medienwissenschafters Stephan Russ- Mohl in der renommierten Süddeutschen Zeitung.

Russ Mohl zeigt sich besorgt um den „Overkill, mit dem Leitmedien, insbesondere das öffentlich-rechtliche Fernsehen, aber auch Zeitungen wie SZ oder FAZ, über die Pandemie berichten.“ Der Kommunikationsexperte weiter: „Nicht die Regierenden haben die Medien vor sich hergetrieben, wie das Verschwörungstheoretiker so gerne behaupten. Vielmehr haben die Medien mit ihrem grotesken Übersoll an Berichterstattung Handlungsdruck in Richtung Lockdown erzeugt, dem sich die Regierungen in Demokratien kaum entziehen konnten.“

Am Ende seines Textes empfiehlt der Medienwissenschafter „weniger Angstmache in den Medien„, die mittelfristig den News-Totalverweigerern Auftrieb geben werde.

Spiegel-Journalist Marius Mestermann kritisiert, Russ-Mohl differenziere nicht, ob es bei der großen Zahl an Berichten um das Infektionsgeschehen und andere direkt mit dem Virus verbundene Neuigkeiten gehe, oder z.B. all die sozialen Konsequenzen.
Der WDR-Journalist Stefan Fries schreibt auf Twitter: „Stephan Russ-Mohl behauptet, ‚die Medien‘ hätten den Menschen in der Corona-Pandemie Angst gemacht, liefert aber keinen richtigen Beleg dafür. Wenn es nur die Menge an Berichterstattung sein soll, wie er behauptet, ist das etwas dünn.“
Lob kommt hingegen vom Bayerischen Journalistenverband. Er bezeichnet den Beitrag von Russ-Mohl als interessant und sachlich. Im Folgenden der entsprechende Link :

https://www.sueddeutsche.de/medien/russ-mohl-gastbeitrag-corona-panikorchester-1.5075025

Nun: Gute Nachrichten im „Stern“

Hans Högl

Seit mehr als 10 Jahren setzte die „Vereinigung der Medienkultur“ – abgesehen von anderen Bemühungen – auch den Akzent auf Gute Nachrichten. Immerhin- wir haben es getan. Nun beobachte ich, dass auch das Magazin „Stern“ eine ganze Seite bringt mit neuen begrüßenswerten Fakten, so,  dass die Elektromobilität zugenommen hat.  „Der Spiegel“ tat dies schon früher. Sicherlich: Wir waren nicht der Grund dafür!

Während die „Süddeutsche Zeitung“- recht üblich für sie – sehr skeptisch war zur Beteiligung der Grünen an Österreichs Regierung, zeigt sich, dass diese sehr wohl positive Akzente setzen. So werden die Flüge von Salzburg nach Wien eingestellt,  und Österreichs grüner Gesundheitsminister Anschober macht seine Sache gut.

 

 

Österreich und Dänemark: Vorreiter in der Coronakrise

Hans Högl

Aus Schweizer Sicht gibt es gut fundierte, auch kritische Kommentare zu Österreich. Bemerkenswert ist es, wenn Österreich positiv hervorgehoben und somit bestätigt wird , dass die Grünen, nicht zuletzt Gesundheitsminister Anschober, mit der ÖVP gut zusammenarbeiten – und dies entgegen üblichen Vorbehalten z.B. von der „Süddeutschen Zeitung“.

Alle Parlamentarier Österreichs, auch von der Opposition, stimmten im Parlament gemeinsam mit den Regierungsparteien den Maßnahmen zur Corona-Krise zu. Sehr rasches Handeln war geboten. Kein Abgeordneter wollte die verfassungsmäßig garantierte Versammlungsfreiheit in Frage stellen. Dass sie vorübergehend eingeschränkt wurde, liegt in der Natur der Corona-Krise. Eine nachfolgende Präzisierung der Maßnahme sollte geprüft werden.

Zum heutigen NZZ-Online-Bericht:

Freizeitsportler müssen wissen: Wie sicher ist man beim Radfahren oder beim Joggen? Studien belegen, dass sich Coronaviren über die Atemluft weit über die empfohlenen zwei Meter Distanz hinaus verbreiten können. Für Velofahrer empfehlen Experten deshalb Abstände von 20 Metern beim Windschattenfahren. Läuft oder fährt man nebeneinander oder versetzt hintereinander, können die Abstände geringer sein. Welche Einflüsse Winde auf die Verbreitung der Viren haben, ist derzeit jedoch noch offen. 

Österreich und Dänemark lockern als Erste

So ist die Lage in Österreich: Bei der schrittweisen Lockerung ist Österreich ein Vorreiter. Kleine Läden haben bereits wieder geöffnet, die Innenstädte füllen sich langsam mit Leben. Noch hält man sich aber beim Einkauf zurück, die Umsätze liegen 50 Prozent unter normal. Die Lockerungen kamen für viele Unternehmen gerade noch rechtzeitig – nach Schätzungen hätte 40% des Kleinhandels nochmals zwei Wochen ohne Umsätze nicht überlebt. Und der NZZ-Korrespondent erkundet: Was kann die Schweiz vom Vorreiter Österreich lernen? Das ist doch bemerkenswert.

Darknet – meist nur negativ gesehen

Wien, 17.6. Vortrag des Autors Stefan Mey über „Darknet und Journalismus: Mythen, Fakten und Chancen“.Hans Högl. Bericht. 

Dieser Vortrag sah jenseits von Mythen darauf, was an diesem rätselhaften Ort passiert. Bei der Reise in die „digitale Unterwelt“ wird erläutert, was Darknet ist, wie es funktioniert, welche diversen „Seiten“ das Darknet hat, welche Chancen es für politische und journalistische Arbeit bietet.

Stefan Mey ist Experte für Darknet-Technologie. Er wohnt in Berlin. Besonders interessieren ihn digitale Gegenöffentlichkeiten und Alternativen zum „normalen“ Internet. Im Verlag C.H.Beck veröffentlichte er das Sachbuch: „Darknet: Waffen, Drogen, Whistleblower. Wie die digitale Unterwelt funktioniert.“
 
Das Darknet ist ein Ort für Drogengeschäfte und menschliche Abgründe. Das bestätigte der Autor. Es ist aber auch ein Schutzraum für AktivistInnen, Whistleblower und JournalistInnen. Dies war im Vortrag besonders überraschend; denn die Berliner Alternativzeitung TAZ, ferner die „Süddeutsche Zeitung“ und „New York Times“ publizieren in Darknet und sind offen für Whistleblower per Darknet.

Bei Darknet bleibt jene Person unerkannt und verdeckt, wenn sie Medien wichtige und heikle Mitteilungen macht. Bemerkenswert ist, dass z.B. Daniel Ellsberg, der 1971 die Pentagon Papers der „New York Times“ verraten hat, heute ein Portal mit dem Namen „Freedom of the Press Foundation“ nützt. Whistleblower verwenden Briefkästen im Darknet, denn auf normalen Wegen könnten sie im Internet identifiziert werden.

Weltweit gibt es 120.000 Darknet-Adressen und 4 Millionen Nutzer, davon 12.000 in Österreich. Und es gibt in Österreich pro Tag nur 300 Nutzer. Darknet ist also im Vergleich zu Facebook ein Nischenprodukt.

Nachdenklich stimmt die Information, dass Darknet von einem Informatiker der US-Marine entwickelt wurde und dass Darknet aus Töpfen der US-Regierung gefördert wird. Dies findet Stefan Mey „schräg“ und irritierend.

Eines ist für den Vortragenden klar: in Zeiten von umfassender Überwachung und Angriffen gegen journalistische Freiheiten braucht es das Darknet als digitales Gegenmodell. Sein Schluss-Satz lautete heute: „Ich bin froh, dass es Darknet gibt.“