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ORF: Aus für Karim El-Gawhary

Nun erscheint es fix. Der ORF verzichtet auf einen seiner profiliertesten Korrespondenten. Er verlängert nicht mehr den Vertrag von Karim El-Gawhari. Er schickt einen besonders renommierten und hervorragenden Journalisten in die Wüste, der sich mit viel Sachverstand und Empathie beim Publikum äußerst beliebt gemacht hat. Damit entsteht der Eindruck, dass ausgerechnet der zur Ausgewogenheit verpflichtete Öffentlich-Rechtliche Rundfunk dem Druck von Kräften in diesem Land weicht, die differenzierende Nahostberichterstattung ablehnen und Ohne Wenn und Aber hinter Israels rechtsextremem Kriegskabinett stehen (Mod-Text Udo Bachmair).

Adalbert Krims *

Ich bin hin- und hergerissen zwischen Wut, Trauer und Ratlosigkeit. Bis zuletzt hatte ich gehofft, dass der ORF vor der Kampagne gegen Karim El-Gawhary NICHT in die Knie gehen wird! Nun lese ich aber (ausgerechnet!) in der KRONE, dass die Entscheidung gefallen sein soll. Karims Vertrag mit dem ORF, der Mitte 1926 ausläuft, wird NICHT verlängert. Er hat fast 35 Jahre für den ORF berichtet und leitete seit 2004 (also seit über 21 Jahren!) das ORF-Büro in Kairo für die gesamte arabische Welt. Er wurde seither mit vielen Journalistenpreisen ausgezeichnet – u. a. auch 4mal als „Journalist des Jahres“. 2023 verlieh ihm der Bundespräsident das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

Karim stand Jahrzehnte für einen engagierten, aber faktenorientierten und fairen Journalismus. Immer wenn sich im Nahen Osten Konflikte mit Israel zuspitzten, nahmen auch die Kritik – und die Interventionen – gegen ihn im ORF zu. Sogar Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde bezichtigten ihn öffentlich, Hisbollah- oder Hamas-Sympathisant zu sein. Seine Berichte über den Gaza-Krieg in den letzten 2 Jahren haben dann aber zur offenen Forderung nach Ablösung El-Gawharys geführt, sowohl öffentlich in den social media wie auch „diskret“ durch Interventionen bei der ORF-Führung.

Was jetzt noch besonders absurd ist: Man will das Büro in Kairo überhaupt schließen und die gesamte Nahostberichterstattung (also auch über den arabischen Raum) vom Israel-Büro des ORF machen lassen. Damit ist ja auch eine klare politische Botschaft verbunden – der ORF (wie leider auch die österreichische Bundesregierung) stellt sich hier klar auf EINE Seite. Übrigens wurde Nikolaus Wildner vom ORF-Büro in Tel Aviv erst vor wenigen Wochen mit dem Arik-Brauer-Preis „für faire und fundierte Nahost-Berichterstattung“ ausgezeichnet. Was so schön „objektiv“ klingt, sieht etwas anders aus, wenn man weiß, wer diesen Preis stiftet: Nämlich der „Nahost-Thinktank“ mena-watch, der gerade in Österreich eine wichtige Rolle bei der Verbreitung „pro-israelischer Narrative“ spielt (um es vorsichtig auszudrücken)

https://www.krone.at/3991480
https://www.derstandard.at/story/3000000301334/orf-soll-sich-laut-bericht-von-karim-el-gawhary-trennen
https://www.heute.at/s/tv-hammer-orf-star-muss-nach-35-jahren-gehen-120150897

* Adalbert Krims, langjähriger ORF-Redakteur, nun freier Journalist, lebt als engagierter Politik- und Medienexperte in Wien

Vormarsch von Demokratie und Pressefreiheit gestoppt ?

Und wieder ist er „Journalist des Jahres“ geworden: Armin Wolf. Das Branchenmagazin „Der Journalist“ hat ihn erneut für sein journalistisches Engagement geehrt.

Udo Bachmair

„Wir durften uns jahrzehntelang sicher fühlen. Auf der richtigen Seite, auf der von Demokratie und Freiheit. Doch dieser Vormarsch scheint zum ersten Mal in moderner Zeit gestoppt“. Mit dieser Einschätzung eröffnete Claus Kleber, „Anchorman“ des ZDF-„Heute Journal“, seine Laudatio auf Preisträger Armin Wolf.

„Wenn wir nicht höllisch aufpassen, wird die Abkehr von freiheitlicher Ordnung ein bestimmendes Phänomen des 21. Jahrhunderts“, so Claus Kleber.

Angesichts dieses Befunds ist in Zeiten wie diesen kritischer Journalismus nötiger denn je. Und den verkörpern Journalisten wie Armin Wolf für viele auf vorbildliche Weise.

Wolfs Erwiderung auf die Laudatio geriet zu einer neuerlichen Kritik an der Medienpolitik. Diese sei vor allem mit Köpfen beschäftigt. So werde ein neuer künftiger ORF-Vorstand türkis/blau eingefärbt sein. Ein Aus für den bisherigen ORF-Generals Alexander Wrabetz, der den ORF-Redaktionen bisher einen vergleichsweise großen journalistischen Spielraum zugestanden hat.

Der ausgezeichnete ZIB 2-Präsentator kritisierte auch die öffentlichen Attacken auf ORF-Journalisten vor allem seitens der FPÖ. Wolf zu den Einschüchterungsversuchen gegen kritische Journalisten: „ Da zeigt sich tatsächlich ein elementares Problem im Verständnis, was Pressefreiheit ist und von der verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit des ORF“.

Es gilt als wahrscheinlich, dass im Zuge des neuen ORF-Gesetzes, das noch bis zum Sommer das Licht der Öffentlichkeit erblicken soll, auch weitere regierungsnahe personalpolitische Maßnahmen getroffen werden. Von einer „Orbanisierung“ ist allerdings bisher (noch) nicht die Rede sein.