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Rezepte gegen Polarisierung

„Zukunftsfähige Demokratie. Wie kann unsere Gesellschaft entpolarisiert werden“ war der Titel einer Veranstaltung im Presseclub Concordia aus Anlass der Demokratiewoche.

Ilse Kleinschuster *

„Wie stellen wir uns mit demokratischen Mitteln den Herausforderungen der Klimakrise, der wachsenden sozialen Ungleichheit und der Migration? Wie können wir gemeinsam die gesellschaftliche Polarisierung überwinden? Was macht unsere Demokratie zukunftsfähig? Wie kann die Gesellschaft entpolarisiert werden?“ waren die im Mittelpunkt stehenden Fragen.

In den beiden einführenden Referaten erfuhr man, wie sehr jetzt an Gegenstrategien zu einem „autoritären Populismus“ gearbeitet werden müsse, wobei Maximilian Steinbein (Verfassungsblog und Autor) meinte, es läge die Herausforderung vor allem bei den Konservativen, dieser Polarisierung entgegenzuwirken. Es gälte jetzt Mehrheiten zu schmieden, Bürgerrechte zu stärken und die Emanzipation von Kommunen zu fördern.

Barbara Blaha vom Momentum Institut durchlief im Eiltempo all die möglichen Gründe für das Entstehen und Erstarken von Ohnmachtsgefühlen. Es sei diese Entwicklung kein Wunder, wenn Vertrauen ‚weggespart‘ werde.

Katharina Rogenhofer (Klimaforscherin, Kontext-Institut) entgegnete, es würde allerdings einer ‚stabilen Gesellschaft‘ schwer fallen, auf einem nicht-intakten Planeten leben zu müssen. Sie sprach sich daher für mehr Mitsprache, Mitdenken und vor allem vernünftiges „Zusammendenken“ aus. Freiheit und Sicherheit seien letztlich die besten Garanten für eine zukunftsfähige Gesellschaft.

Erich Fenninger (Direktor der Volkshilfe & Armutsforscher) sprach von einer aktuellen Zwischen-Zeit als einer „Zeit der Monster“. NGO-Bashing, Limitierung des Vertrauensindex, zunehmendes Außerachtlassen der Verwundbarkeit des Menschen, Vernachlässigung der Menschenrechte. Grundrechte müssen wieder eingefordert werden.

Last but not least war der Migrationsforscher Rainer Bauböck (Global Citizenship Observatory) am Wort. Er sprach von dem großen Dilemma, in dem die Welt-Gesellschaft sich befindet und er bedauerte, mit welcher Ignoranz die Politik Zukunftsfragen ausklammere – wodurch alle Strategie ohne Erfolg bleibe. Es herrschten Koalitionen in scheindemokratischer Legitimität. Man müsse daher die Demokratien aus der Unsichtbarkeit herausholen, öffentlich mehr Debatten führen, um gegebenenfalls Miss-Information besser orten zu können.

Natürlich gab’s auch hier wieder die Möglichkeit das Publikum zu Wort kommen zu lassen, und so konnte auch ich meine drängende Frage an Rainer Bauböck richten: Ob er sich vorstellen könne, dass autoritärer Populismus, der ja heute in einer globalisierten Welt, in der das Finanz- und Fiskalsystem außer Kontrolle geraten ist – nur mit Unterstützung der ‚parasitären Macht- und Besitzeliten‘ bestehen kann, durch die ‚Entstehung einer ökologischen Klasse‘ (wie von Bruno Latour und Nikolaj Schultz in einem Memorandum beschrieben) eingeschränkt werden könnte.

Die Antwort war für mich sehr befriedigend. Rainer Bauböck hat sich als Migrationsforscher offensichtlich mit den Gefahren, die das Weiterbestehen unserer Gesellschaft bedrohen, ausführlich beschäftigt – und ihm geht es nicht um Gefährdung der Integrität nationaler Gesellschaften, sondern, so hörte ich heraus, also letztlich nicht nur um Migration und das Wissen um die damit verbundenen Gefahren. Der Erfolg, so Bauböck, noch rechtzeitig vor dem Abgrund bremsen zu können, hänge von unserer Fähigkeit ab, grundsätzlichere Gefahren zu erkennen.

Klimawandel und Atomenergie, beides sei Ausdruck einer überheblichen menschlichen Zivilisationsentwicklung, so Bauböck. Es ginge jetzt aber vor allem und nicht (nur) um staatliche Souveränität, um Autonomie in internationalen Beziehungen im Handel und militärischen Strategien, sondern darum, pfleglich mit dem Boden umzugehen, den Planenten wieder bewohnbar zu machen. Eine allgemeine Übereinstimmung, wie diese widersprüchlichen Ziele zu erreichen wären, dazu fehle noch das Politikverständnis. Dieses wieder zu entwickeln erfordere einen Perspektivenwechsel. Ob das gelingt, ist fraglich, hänge aber sicher von der ökologischen Bewegung ab.

Ja, ich denke viel darüber nach und ich meine, die in letzter Zeit – primär durch mediale Berichterstattung – starke Bewirtschaftung von Angst ist eine antidemokratische Strategie, der wir etwas entgegensetzen sollten. Erinnern wir uns einfach öfter der guten Gefühle, die wir im Freundeskreis, in sozial-kulturellen Gemeinschaften oder einfach allein in der Natur hatten. In dieser Hinsicht werde ich jetzt versuchen, die Fragen zu beantworten.

* Gastautorin Ilse Kleinschuster ist besonders engagiertes Mitglied der Zivilgesellschaft

Appell zum Jahreswechsel: Menschenrechte zum Blühen bringen !

Meine Barbarazweige blühen! Es sind nur zwei Zweige von vieren, aber muss man nicht bescheiden werden in Zeiten wie diesen, wo Menschenrechte nicht mehr viel gelten? Ich nehm’s als gutes Zeichen für das neue Jahr!

Ilse Kleinschuster*

Zum einen sind es die Knospen, die Barbara Blaha mit ihren – Gedanken für eine gerechtere Gesellschaft – zum Blühen bringt – https://oe1.orf.at/player/20201227/621928

„MOMENTUM zeigt, was ist und was alles möglich wäre.“ Das von Barbara Blaha gegründete Momentum-Institut ist eine progressive Denkfabrik, die den Anspruch stellt, konkrete und realistische Vorschläge für eine nachhaltigere und gerechtere Gesellschaft zu erarbeiten.

Trotz gern geäußerter gegenteiliger Behauptungen ist unsere Gesellschaft geprägt und zerfurcht von Chancenungleichheiten und Ungerechtigkeiten: Einkommensscheren, Klassenjustiz, Diskriminierungen und Standesdünkel verhindern die Gleichberechtigung und gefährden dadurch auch den sozialen Frieden …

Unabhängig von parteipolitischen Erwägungen – aus der SPÖ ist die ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft 2007 aus Protest gegen das Festhalten an Studiengebühren ausgetreten – will Barbara Blaha eine Stimme für jene „Vielen“ sein, von denen sonst höchstens abstrakt die Rede ist? Ihre Aufgabe an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik sieht sie nicht nur darin, konkrete Schwachstellen unseres gesellschaftlichen Gefüges aufzuzeigen, sondern auch Lösungen, von denen am Ende alle profitieren.

In ihren heutigen Gedanken geht es Blaha ganz konkret u.a. um Klassenkampf und Reichenhass, leichte Zugänge zum Seeufer und schwere Klettersteige am Bildungsberg – und um den offenen Umgang mit geschlossenen sozialen Grenzen.

Zum anderen ist es ein Beitrag zu politischem Engagement im Krisenjahr 2020, auch von einer Barbara, Barbara Prainsack. Sie hat heuer ein sehr lesenswertes Buch zum Thema Bedingungslosen Grundeinkommen herausgebracht, dass seither schon viele öffentliche Diskussionen bereichert hat! Tja, und was wäre bedeutender im Verfolgen von moralischen Forderungen, die sich auf wichtige und sozial beeinflussbare Freiheiten beziehen, wenn wir die MENSCHENRECHTE zum Blühen bringen wollen!?! („VOM WERT DES MENSCHEN – Warum wir ein bedingungsloses Grundeinkommen brauchen“ – erschienen im Verlag Brandstätter)

• Ilse Kleinschuster im Dezember 2020. Die Autorin dieses Beitrags ist in der Zivilgesellschaft engagiert und aktives Mitglied der Vereinigung für Medienkultur.