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Afrika medial unterbelichtet

Ein leider sträflich vernachlässigtes Thema im ORF ist Afrika, wenn man man von den leider nur selten ausgestrahlten Beiträgen der engagierten ORF-Korrespondentin Margit Maximilians absieht.

Wolfgang Koppler *

Da muss man schon einmal auf andere Sender ausweichen. Der Pragmaticus mit Moderator Roger Köppel von der Zürcher Weltwoche widmete sich am Sonntag Abend auf ServusTV mit interessanten Interviewpartnern dem in den nächsten Jahrzehnten schon von der Bevölkerungsentwicklung, aber auch von den Rohstoffen her immer bedeutsamer werdenden Kontinent. Und den Fehlern, die Europa auch in der postkolonialen Ära hier immer wieder passiert sind. Etwa der Zwang zur Öffnung afrikanischer Märkte, um diese mit eigenen Waren zu überschwemmen. Und die lokalen Märkte zu ruinieren. Stichwort: Subventionierte Lebensmittel aus der EU.

Oder eine Entwicklungshilfe, die einfach Schulen oder Krankenhäuser hinstellte mit fix und fertig importierter Ausstattung, die dann sehr rasch verschwand. Wie ein ehemaliger deutscher Botschafter feststellte. Hier zeigte der am Ende der Sendung zu Wort gekommene österreichische Entwicklungshelfer Ablinger von der auf privater Basis arbeitenden ICEP., dass vor allem Mikrokredite einen sehr günstigen Effekt haben: Menschen erhalten Startkapital als Kleinunternehmer, stellen andere an, bilden sie aus und auf diese Weise multipliziert sich die Starthilfe über ihre Familien und die ihrer Mitarbeiter. Darin war er sich sogar mit dem eher skeptischen Exbotschafter Seitz einig.

Was wie wirtschaftliche Kooperation im Großen betrifft, hinkt Europa – wie schon so oft – China hinterher. Zumal China vor allem in Rohstoffförderung investiert und Kredite und Infrastrukturprojekte im Paket anbietet. Wobei die Weiterverarbeitung natürlich bei chinesischen Unternehmen bleibt. Europa könnte sich hier vielleicht als besserer Partner anbieten, indem es sich etwas mehr auf die afrikanische Wirtschaft schaut – was ja angesichts der Migrationsthematik auch im eigenen Interesse wäre. Aber auch hier bleibt es bei Visionen: Wie dem in Deutschland schon lange diskutierten und auch von Kreisky vorgeschlagenen Marshallplan für Afrika.

Interessant auch, wie unterschiedlich sich die Situation in den mehr als 50 afrikanischen Ländern gestaltet. Während etwa Ghana und Kenia eine relativ positive wirtschaftliche und politische Entwicklung aufweisen, herrscht im Sudan Bürgerkrieg und auch im übrigen Sahel weitgehend Elend. Faktum ist jedenfalls: Afrikas Bevölkerung weist ein Durchschnittsalter von 25 auf, Europa eines von 47 Jahren. Und angesichts der europäischen Überalterung wird geregelte Migration immer wichtiger.

Fazit: Ein hochinteressanter Beitrag zu einem sonst in den Medien eher stiefmütterlich behandelten Thema. Einziger Wermutstropfen: Die gerade in Afrika sich immer stärker auswirkende Klimakrise wurde eher stiefmütterlich behandelt und nur im Rahmen der in den nächsten Jahren wohl zunehmend erforderlichen Katastrophenhilfe behandelt. Das kann aber das Problem zunehmender Dürren einerseits und Überschwemmungen anderseits bei steigenden Bevölkerungszahlen wohl nicht lösen. Trotzdem: Der Grundgedanke, dass Afrika auf eigenen Beinen steht und vor allem die Selbsthilfe zu fördern ist, scheint bestechend.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Kriegsrhetorik und Aufrüstungshysterie

Und wieder einmal eine ORF-Podiumsdiskussion mit Schlagseite. Einmal mehr war eine Runde zu Krieg und Frieden einseitig zusammengesetzt. Drei gegen Einen : Drei mit Kriegsrhetorik, ein einziger hingegen, der in der TV-Sendung „Das Gespräch“ für Diplomatie und Waffenstillstandsverhandlungen plädierte. Dabei wäre der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in außenpolitischen Fragen zur Ausgewogenheit verpflichtet.

Wolfgang Koppler *

Die gestrige Diskussionsrunde „Das Gespräch“ in ORF2 bewies wieder einmal, dass man – ebenso wie im Vorgängerformat „Im Zentrum“ – vor einer ausgewogenen Gästeliste bei heiklen Themen eher zurückscheut. Mag sein, dass auch noch andere zur Diskussion geladen waren – aber man rechnete – wie auch in anderen Fällen – wohl nicht mit ihrem Kommen. Faktum ist, dass beim Thema „Europäische Aufrüstung“ wieder einmal drei weitgehend übereinstimmende Diskutanten den Brüsseler Mainstream vertraten und nur einer tapfer dagegenhalten dürfte.

Wobei man Diskussionsleiter Tobias Pötzelsberger zugestehen muss, dass er sich selbst um Objektivität bemühte und von seinen persönlichen Erfahrungen aus seinem Politologiestudium erzählte, in dem noch vom „Friedensprojekt Europa“ die Rede war. Klar, dass die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des EU-Parlaments Strack Zimmermann ebenso wie Franz Stefan Gady und ein Vertreter des Bundesheeres mit den Versatzstücken aus dem Kalten Krieg (auf den mehrmals Bezug genommen wurde) antworteten: Frieden durch Stärke.

Wie die geplanten 800 Milliarden für die Aufrüstung zu finanzieren wären und welche Auswirkungen dies auf unsere Gesellschaft als auch auf den globalen Süden hat, wenn wieder einmal Gelder in die Rüstung fließen, mit denen man das Elend, aber auch gesellschaftliche Spannungen und vielleicht auch Terror- und Kriegsgefahr wesentlich effektiver mindern kann. davon war weniger die Rede.

Dafür wurde die Gefahr eines russischen Überfalls auf das Baltikum beschworen, wobei Gady sich auch eher kryptisch auf Geheimdienstinformationen bezog und vor allem auf den nachlassenden Schutz der USA. Dass die US-Kriege der letzten Jahrzehnte eher weniger zur allgemeinen Sicherheitslage beigetragen haben als zu deren Verbesserung, blieb natürlich unerwähnt. Immerhin gestand man zu, dass auch die Diplomatie eine gewisse Rolle spielen müsse – aber natürlich erst nach einer gewaltigen Erhöhung der Militärbudgets.

Der durchaus differenziert argumentierende Chefredakteur der Zürcher „Weltwoche“, Roger Köppel, konnte sich da nur selten Gehör verschaffen und wurde von Strack-Zimmermann auch noch der Verharmlosung Putins verdächtigt. Man kennt das schon. Dabei verwies er durchaus zurecht auf eine allgemeine Kriegs- und Aufrüstungshysterie. Und meinte, dass man sich vielleicht auch mit Interessenlagen und der Vorgeschichte von Kriegen auseinandersetzen sollte. Und dass das Blutvergießen in der Ukraine endlich ein Ende finden müsse.

Wie sagte doch schon Freud: Die Stimme der Vernunft ist leise. Vor allem in Zeiten des Kriegs und der Orientierungslosigkeit.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist in Wien