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Was westliche Medien verschweigen

Im Donbass, der von Russland kontrollierten Region der Ostukraine, steigt erneut die Kriegsgefahr. Westliche Medien zeichnen ein tendenziell antirussisches Bild der Lage.

Udo Bachmair

Jüngstes Beispiel eine Moderation in der ZiB 2 des ORF zu einem hingegen durchaus korrekten Beitrag von Christian Wehrschütz aus der Ukraine: „Ein prorussischer Soldat hat einen Mann erschossen. Die Lage eskaliert“. Verschwiegen wird, dass ein Kind in der Ostukraine Opfer eines regierungstreuen ukrainischen Soldaten geworden ist. Realität ist eben, dass beide Konfliktparteien provozieren..

Hinter der einen Seite steht Russland, hinter der anderen Seite stehen die USA und die NATO. Beide Seiten üben sich nicht gerade in De-Eskalation. Im Gegenteil. Russischer Propaganda stehen westliche Medien gegenüber, die ausschließlich über russische Truppenverschiebungen in der Grenznähe zum Donbass berichten. Sie interpretieren und kommentieren diese Maßnahme als russische Provokation und Vorbereitung auf einen Krieg.

Worüber westliche Medien allerdings nicht berichten, sind die zurzeit laufenden großen Militärmanöver der NATO nahe der russischen Grenze. An dem Manöver mit 28.000 Soldaten sind der schweizerischen Plattform www.infosperber.ch/Medien/Medienkritik zufolge an die 30.000 Soldaten aus 27 Ländern beteiligt. Mit dabei sein sollen diesmal auch Nicht-NATO-Mitglieder wie die Ukraine, Georgen u.a..

Russland sieht in der abermaligen NATO-Aktion an seiner Grenze eine Provokation und droht seinerseits mit einer Zusammenziehung von Streitkräften an seinen eigenen Grenzen.

Im Folgenden ohne Vollständigkeit ein paar Beispiele für Medienberichte, die die NATO-Truppenverschiebungen unerwähnt lassen:

Am 1. April berichtete die «Washington Post» über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 2. April berichtete die luxemburgische Online-Plattform «L’essentiel» über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 5. April berichtete das Schweizer «Echo der Zeit», im politischen Bereich eine der besten Schweizer Radiosendungen, über russische Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 6. April berichtete die Deutsche Welle über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 6. April berichtete die israelische Tageszeitung Haaretz über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 8. April berichteten die Schweizer CH Media-Zeitungen über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 9. April berichtete die BBC über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 10. April berichtete die NZZ über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.
Und so weiter und so fort. Siehe Beispiel ZiB2 am Beginn dieses Beitrags.

Der Schluss, der gezogen werden kann: Es handelt sich erneut auch um einen Propagandakrieg. Die russische Seite agiert gegen den Westen, umgekehrt betreiben Politik und Medien im Westen lustvoll und verantwortungslos Anti-Russland-Meinungsmache, so die Meinung von Medienbeobachtern.

Dabei wären es Merkmale seriöser Berichterstattung, auch im außenpolitischen Bereich differenziert zu berichten. Das sei gerade auch den Informationsabteilungen des ORF ins Stammbuch geschrieben. Mit einer einseitigen außenpolitischen Schlagseite verletzt der ORF zudem die Objektivitätsvorgaben des ORF-Gesetzes.

Corona: Medien und „Panikmache“

Die Corona-Berichterstattung in Medien wird laut der jüngsten Umfrage des Gallup-Instituts (1000 Befragte) zunehmend negativ bewertet

Udo Bachmair

Vor genau einem Jahr meinten 13 Prozent der Befragten, die Medien würden „Panik verbreiten und zur Eskalation der Krise beitragen“. Genau ein Jahr später sind es doppelt so viele, also 26 Prozent. Sind die Medien hilfreich in der Krise? Das war eine weitere Frage. Nur mehr 13 Prozent stimmen ihr zu, um fast die Hälfte weniger als noch vor einem Jahr. Das korreliert mit extrem sinkender Zustimmung zu Coronamaßnahmen der Regierung von hohen 88 während des ersten Lockdown auf nunmehr 43 Prozent.

„Die etablierten Medien werden offenbar als Teil des politischen Systems empfunden. Dieser Parallelismus bewirkt, dass die Auflehnung gegen die Maßnahmen oder das Misstrauen in die Regierung auf die Medien abfärbt“ kommentiert Gallup-Chefin Andrea Fronaschütz in der Tageszeitung „Die Presse“.

Als weiteres Ergebnis der Untersuchung fällt auf, dass bereits 36 Prozent der Befragten Verständnis für die Corona-Proteste zeigen. Sie informieren sich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung seltener über klassische Medien, häufiger über Social Media.

Bemerkenswert ist zudem die immer höher werdende Zahl an sogenannten „Informationsvermeidern“. Als Hauptgrund dafür geben sie Einseitigkeit der Information (47 Prozent) an. Als weitere Ursachen für „Informationsvermeidung“ in Corona-Zeiten gelten psychische Belastung (38 Prozent) sowie fehlendes Vertrauen in die Medien (37 Prozent).

Mainstreammedien in Sachen Corona könnten glaubwürdiger werden, würden sie nicht nur immer denselben panikmachenden Virologen, Epidemologen und Intensivmedizinern ein Forum bieten. Besonders auffällig ist diesbezüglich der ORF, der differenzierende Experten kaum zu Wort kommen lässt. Zudem wäre es journalistische Pflicht, sogenannte faktenbasierte Entscheidungen zu hinterfragen.

Bei näherer Recherche wäre zu erkennen, dass etwa für die Bereiche Gastronomie sowie Kultur, die die meisten Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben, keine Studienergebnisse vorliegen, die eine erhöhte Corona-Ansteckungsgefahr belegen. Fakten wie diese auch tatsächlich zu berichten, würde das Vertrauen in Medien nicht weiter sinken lassen.

Kuba-Impfstoff in letzter Testphase

Eine mediale Rarität ist zu vermelden: Der ORF hat einen positiven Beitrag über Kuba gebracht. Der Anlass dafür ist ein dort entwickelter angeblich sehr sicherer Impfstoff.

Udo Bachmair

Es kommt selten vor, daher ist es eine Erwähnung wert. Überraschenderweise hat der ORF ohne die üblichen Seitenhiebe auf Kuba berichtet. Immer wieder stellen ja westliche Medien Entwicklungen in dem sozialistischen Inselstaat verzerrend dar. Gerade einem öffentlich-rechtlichen Unternehmen stünde es gut an, sich auf Ausgewogenheit, wie vom ORF-Gesetz vorgesehen, auch in der außenpolitischen Berichterstattung zu besinnen. Das sollte für seriösen Journalismus auch im Falle Kubas selbstverständlich sein, unabhängig von der jeweiligen Position zum dortigen durchaus umstrittenen politischen System.

Nutzer*innen alternativer Medien sowie aus eigener Erfahrung vor Ort kann es nicht verborgen geblieben sein, dass Kuba ein vorbildliches Bildungs- und Gesundheitssystem hat. Mit nahezu Null Prozent Analphabetentum sowie einer dichten ärztlichen Versorgung, die sogar den Export zahlreicher kubanischer Ärzte zur Corona-Hilfeleistung ins (kapitalistischen) Ausland zulässt. Überhaupt hat Kuba die Corona-Krise gut bewältigt, die Infektionszahlen zeigen ein niedriges Niveau. Ja, und nun hat Kuba sogar einen eigenen, wie es heißt, sicheren und effektiven Impfstoff entwickelt.

Der Impfstoff trägt die Bezeichnung Soberana02 und ist von derzeit laufenden gleich vier kubanischen Impfstoffprojekten der aussichtsreichste Kandidat für eine baldige Zulassung. Mit dem Vakzin sollen in der dritten Testphase innerhalb von drei Monaten 150.000 Kubaner*nnen im Alter von 19 bis 80 Jahren geimpft werden. Erklärtes Ziel , so die kubanische Regierung, sei die „schnellstmögliche Durchimpfung“ der mehr als 11 Millionen Kubaner*nnen. Der Impfstoff soll zudem Touristinnen und Touristen zur Verfügung stehen und massenhaft exportiert werden.

Kubas Know-how ist nicht nur in Ländern des globalen Südens gefragt. So waren kubanische Ärzte im Vorjahr unter anderem auch in Italien im Einsatz. Nach den Worten von BioCubaFarma-Präsident Eduardo Martinez soll die erste Million Dosen Soberana02 noch im April ausgeliefert werden, bis Ende des Jahres sollen es dann 100 Millionen Dosen sein. Abhängig ist die Umsetzbarkeit dieses Vorhabens freilich unter anderem auch von der weiteren Entwicklung der US-Kuba-Politik. Von der hängt es ab, ob Kuba durch die US-Blockade wirtschaftlich weiter in die Knie gezwungen wird.

Ungeduld beim Interview

Zur jüngsten ORF-Ö1-Sendung „Im Journal zu Gast“ schreibt Dr. Peter Öfferlbauer aus Wels an die Vereinigung für Medienkultur sowie an die kritisierte Interviewerin.

(Brief ausgewählt von Hans Högl)

Sehr geehrte Frau Nadja Hahn,

Ich habe heute die Geduld Ihres Gastes bewundert – mit Ihrem Ton, der die Musik macht, und den ich als unangebracht aggressiven Verhörton empfand, und auch mit Ihren Versuchen, Sand ins Koalitionsgetriebe hineinzubringen oder herauszulocken.

Man könnte meinen, Sie stammten aus Hetzendorf.

MfG Dr. Peter Öfferlbauer

Medien und Corona

Der Presseclub Concordia, Kooperationspartner der Vereinigung für Medienkultur, lädt am 16.3.2021 zu einer virtuellen Pressekonferenz zum Thema : Medien und Corona. Panikmache oder Beitrag zur Bewältigung?

Udo Bachmair

Die Hauptkritik von Medienbeobachtern am Mainstream der Corona-Berichterstattung besteht im Vorwurf der Panikmache. Die Rolle der Medien bei der Krisenbewältigung oder beim Verständnis für Proteste und Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen ist jedenfalls nicht zu unterschätzen. Vor allem Medien mit Massenreichweiten, wie etwa der ORF mit der ZiB1, üben einen großen (überwiegend regierungsfreundlichen) Einfluss aus.

Wie hat sich die Rolle der Medien im letzten Jahr entwickelt? Vor allem in jenen Phasen, in denen der Lockdown alles andere dominiert hat ? In welchem Zusammenhang steht die Beurteilung der Medien mit jener der Regierungsmaßnahmen ? Wie entwickelt sich das Corona-Informationsverhalten? Ist das Phänomen der Nachrichtenvermeidung stabil? Wie wirkt die Corona-Informationskampagne der Regierung? Frage über Fragen, die in der PK des Presseclubs thematisiert werden sollen.

Als inhaltliche Basis für die Infos und die Diskussion dient die jüngste Analyse des Gallup Instituts in Kooperation mit dem Medienhaus Wien. Dr. Andrea Fronaschütz (Gallup) und Dr. Andy Kaltenbrunner (Medienhaus) präsentieren die Ergebnisse der mittlerweile sechsten Welle der Studie „Mediennutzung in der Pandemie“ im Gallup Corona-Stimmungsbarometer (seit März 2020).

Zeit: Dienstag, 16. März 2021, 9.30 Uhr
Ort: Concordia Cloud

Anmeldung erforderlich: Google Formular oder office@concordia.at

Die Pressekonferenz wird im Online-Raum der Concordia auf der Plattform “Zoom” durchgeführt. Die Zugangsdaten erhalten Sie einen Tag vor der Veranstaltung. Wir bitten Sie, beim Eintritt Ihren Klarnamen anzugeben.

Ton- und Bildmaterial ist im Anschluss verfügbar.

Rückfragehinweis:
Dr. Andrea Fronaschütz
a.fronaschuetz@gallup.at

Ö1 setzt auf Bildung

Gerade im Lockdown besonders wichtig: Der ORF-Radiosender Ö1 bietet Beiträge, digitale Lernmaterialien sowie handlungsorientierte Aufgaben für den Schulunterricht an.

Udo Bachmair

Der renommierte Kultur- und Informationssender Ö1 hat die Aktion „Ö1 macht Schule“ gestartet. Dabei werden ausgewählte Ö1-Sendungen für die Nutzung im Unterricht kostenlos und umlimitiert online unter https://oe1.orf.at/schule angeboten. Dazu erstellen Lehrende der Pädagogischen Hochschule Wien entsprechende Lehr- und Lernpakete.

Dieses Projekt bietet in Zeiten wie diesen, in denen „Distance Learning“ unausweichlich geworden ist, attraktive Zusatzangebote im Bildungsbereich speziell für Schüler und Schülerinnen an. So wird ein erweitertes vernetztes und mobiles Lernen ermöglicht, damit jederzeit flexibel und individuell Bildungsangebote digital abrufbar sind.

Ein Medienarchiv aus ausgewählten Sendungen steht inklusive Lernunterlagen bereit, angepasst an fächerspezifische und fächerübergreifende Lernzielerfordernisse. Die angebotenen Aktivitäten sind didaktisch vielfältig und interaktiv. Inhalte des Ö1-Programms werden dabei mit E-Learning-Angeboten zu einer Unterrichtsaktivität verknüpft.

Wer ist nun konkret die Zielgruppe?
Zielpublikum sind Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe I & II sowie Vortragende in der Aus-, Weiter- und Erwachsenenbildung.

Welche Themen sind im Online-Katalog?
Die vielfältigen Themen im Sendungspool behandeln z.B. Bereiche der Fächer Deutsch, Geschichte und Politische Bildung, Digitale Grundbildung sowie Naturwissenschaften.

Wenn man als Lehrperson eine Idee für den Einsatz einer Ö1-Radiosendung im Unterricht hat, genügt ein E-Mail an oe1machtschule@gmail.com

Nochmals der Link zum Projekt „Ö1 macht Schule“ :

https://oe1.orf.at/schule

ARD u. ZDF: Homeschooling im Lockdown

ARD und ZDF erweitern Bildungsprogramm

Elisabeth Eppel. Gastbeitrag

Mehr kindgerechte Informationen und Bildungsangebote, aber auch mehr familientaugliche Unterhaltung: Die öffentlich-rechtlichen Sender wollen Familien während der Schulschließungen stärker unterstützen.Die öffentlich-rechtlichen Sender bieten während des wieder eingeschränkten Schulbetriebs ein verändertes und ausgebautes Programm an.
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„Wir möchten in dieser Ausnahmesituation eine Unterstützung für den Alltag sein und den Familien mit unserem erweiterten Bildungsangebot zur Seite stehen“, teilte der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow mit. Kika-Programmgeschäftsführerin Astrid Plenk sagte vor dem Start von Distanz-, Wechselunterricht und Homeschooling: „Da Kinder mit Einschränkungen und ohne Schulbesuche auskommen müssen, wollen wir auf ihr aktuelles Informations- und Unterhaltungsbedürfnis mit unseren Bildungs-, Wissens-, Film- und Serien-Angeboten eingehen.“

Hat Corona auch die Demokratie infiziert ?

Wie steht es in Corona-Zeiten um unsere Demokratie ? Diese Frage war Gegenstand einer bemerkenswerten Veranstaltung der „Wiener Zeitung“.

Udo Bachmair

„Gefährdet das Virus die Demokratie ?“ bzw. „Wie sehr sind Grund-und Freiheitsrechte im Stresstest?“ Zwei jener bangen Fragen, um die die Podiumsdiskusssion unter Leitung des Chefredakteurs der „Wiener Zeitung“, Walter Hämmerle, gekreist ist. Eingeladen waren die Demokratieforscherin Tamara Ehs und der Politologe Wolfgang Merkel.

Professor Merkel ortet einen „Niedergang der Qualität der Demokratie“. Dies sei schon seit einigen Jahren zu beobachten. Diversen Studien zufolge habe Österreich in Demokratie-Rankings einige Plätze eingebüßt – besonders wegen mangelnder Transparenz und Informationsfreiheit und auch wegen einer Verschlechterung der Pressefreiheit.

Die Corona-Krise hat die Situation zusätzlich verschärft. Sie erzeuge einen „unglaublichen Einschnitt in Grund- und Freiheitsrechte ohne großen Widerspruch“, befindet auch Moderator Hämmerle. Die beiden Wissenschafter Ehs und Merkel sehen große Defizite in den demokratischen Kontrollsystemen, im Besonderen sei die Kontrollfunktion der Opposition gestört.

Kritik auch am ORF, im Speziellen an der ZiB 1 : Dass Regierungs-Pressekonferenzen ohne kritische Einordnung durchgeschaltet werden, bewertet Politik- und Medienforscherin Tamara Ehs als „schockierend“. Die Opposition habe „abgedankt“. Sinnvoll wäre unter anderem ein begleitender U-Ausschuss im Parlament, der Gesetze neu prüft.

Bürgern sollten zudem Gewissheit haben, wirklich mitentscheiden können. Dafür wäre laut Merkel ein „Modell mit gelosten Bürgerräten mit repräsentativem Charakter wie in Irland“ erstrebenswert. Ob ein solches Modell angesichts der realpolitischen Situation tatsächlich effektiv und nicht zahnlos sein kann, bleibt allerdings fraglich.

Sind die Schlagzeilen immer das Wichtigste?

Reflexion über die Relevanz von Ereignissen am Beispiel der Einigung auf das EU-Budget.

Hans Högl

Gestern kam es im EU-Parlament zu einer Einigung über das EU-Budget für die Jahre 2021 bis 2027 in der Höhe von über 1 Billion Euro. Dies ist eine unvorstellbar hohe Summe. Und der Kompromiss ist von sehr großer Tragweite.

Berichte darüber „reißen nicht vom Hocker“, der Sachverhalt ist aber langfristig von größtem Gewicht. Und in der Information darüber zeigt sich auch Qualität von Medien. Ich stellte eine kleine Untersuchung an, welche Medien darüber berichteten. Dieser kleine Test erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wissenschaftliche Exaktheit. Dafür müsste man einen halben Tag recherchieren, um nur die wichtigsten Printmedien Österreichs zu untersuchen.

Auffällig ist jedenfalls, dass der ORF davon berichtete, ferner Qualitätszeitungen wie der „Standard“ (in 12 Absätzen in der Rubrik Wirtschaft), die „Wiener Zeitung“ und die „Presse“. Auch der „Kurier“ berichtete davon in 6 Absätzen. Dem Gratisblatt „heute“ war es immerhin einen (1) Absatz wert mit 8 Zeilen (inklusive Titel) auf Seite 6. Das Boulevardblatt „oe24 Österreich“ habe ich zweimal auf allen Seiten gelesen und keinerlei Hinweis zum EU-Budget gefunden.

Wohin steuert Österreichs Medienlandschaft ?

In der hohen Medienkonzentration hierzulande sehen kritische Beobachter*innen nicht zuletzt auch eine große demokratiepolitische Gefahr. Die Journalistin Iris Rahlek hat zur Causa folgenden leicht gekürzten Gastkommentar (ausgewählt von Udo Bachmair) verfasst:

ÖSTERREICH QUO VADIS ?

Iris Rahlek*

Eine Demokratie lässt sich anhand freier Meinungsäußerung, Pressefreiheit und unabhängiger Medien definieren. Medien sollten nicht den Regierenden, sondern den Bürgern verpflichtet sein und als Kontrollinstanz über das politische Geschehen agieren. Freie und unabhängige Massenmedien sind somit als die vierte Gewalt ein wichtiger Teil jeder Demokratie.

Und der österreichische Journalismus? Von regierungstreuer Hofberichterstattung bis hin zum medialen Einheitsbrei – so lassen sich die Beiträge über die türkis-grünen Tätigkeiten in Österreichs Medien insbesondere seit der Corona-Krise zusammenfassen. Einige, nur wenige übrig gebliebene kritische Journalisten sehen die Medienlandschaft in Österreich besorgt: Medienkonzentration und Gleichschaltung werden immer konkreter!

Die Änderungen haben in Österreich vor mehr als zehn Jahren begonnen – zunächst mit meist harmloseren Auswirkungen. Da wurde angefangen, ältere und erfahrene/kritische Journalisten in Altersteilzeit zu schicken, da sie den Unternehmen zu teuer geworden waren. Sie wurden ersetzt durch junge, völlig unerfahrene, aber billige Journalisten/Redakteure, die zudem leichter zu lenken waren. Ihnen wurde ein Pressetext vorgelegt, den sie meistens ohne zu hinterfragen übernahmen. Wer sich nicht dem Vorgeschriebenen beugen wollte, konnte gehen, denn junge, billige Redakteure gab/gibt es genug, und die Medienarbeit ist in Österreich sehr begrenzt.

Was sich derzeit aber in den vergangenen Monaten in Sachen Pressefreiheit in Österreich abspielt, ist von einer anderen Qualität und die Fortsetzung jenes Kurses, der ab Dezember 2017 von der damaligen türkis-blauen Bundesregierung eingeschlagen wurde. Es begann mit der sogenannten „message control“. Mit einer Armada an Presse- und PR-Mitarbeitern tat die ÖVP/FPÖ-Regierung alles in ihrer Macht stehende, damit medial möglichst nur jene Themen behandelt werden, die sie behandelt haben wollten. Und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache offenbarte in dem verhängnisvollen Ibiza-Video, er wolle mithilfe der Millionen einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte die Kronenzeitung, die auflagenstärkste österreichische Tageszeitung, unter Kontrolle bringen, missliebige Journalisten – zack, zack, zack – auf die Straße setzen und diese durch FPÖ-Günstlinge ersetzen. So würde die FPÖ stärkste politische Kraft im Land.

In einer nach dem Ibiza-Skandal durchgeführten Journalistenumfrage erklärten 45 Prozent der österreichischen Journalisten, sie sehen die Pressefreiheit in Gefahr. In Deutschland waren 35 Prozent der Kollegen derselben Meinung, in der Schweiz nur 16 Prozent. Und wenn jetzt eine neue Umfrage durchgeführt würde, stünden die Ergebnisse in Österreich noch schlechter.

Sebastian Kurz ist an die Macht gekommen, um zu bleiben. Dazu braucht er eine Medienlandschaft, die auf seiner Linie ist. An diesem Ziel hält er fest: Er hat sich ein eigenes Netzwerk aufgebaut und fast alle Medien spielen mit. Wer kritisch berichtet, wurde von Türkis-Blau jetzt Türkis-Grün auch mit der Streichung von Inseraten bestraft.

Wegen Corona mussten viele Medien mit Verlusten kämpfen. Die Wirtschaft stockte und es wurde weniger inseriert. Die Regierung kündigte an, diese Ausfälle abzufedern und hat 20 Millionen Euro für die „Schau auf dich – schau auf mich“ Kampagne ausgeben. Im Zuge dessen hat das Bundeskanzleramt seine Werbeausgaben verzehnfacht. Profitiert hat vor allem die regierungsfreundliche Presse. Nun wurde öffentlich, wohin die Gelder geflossen sind. Die großen Stücke bekam der regierungsfreundliche Boulevard – für regierungskritische Medien blieb nur sehr wenig.

Die Eigentümer-Struktur der Druck-Medien in Österreich zeigt vor allem eines: Raiffeisen, die katholische Kirche und einige wenige Familien besitzen den Großteil der hierzulande konsumierten Produkte und stehen der ÖVP beziehungsweise Kurz sehr nahe.
Raiffeisen ist die Hausbank der ÖVP, und der Raiffeisen-Konzern ist auch ein gut vernetzter und starker Player am österreichischen Zeitungs-Markt. Er besitzt über 50 Prozent der Tageszeitung „Kurier“. Die restlichen 50 Prozent besitzt die „WAZ Ausland Holding GmbH“. Diese gehört wiederum zur Hälfte dem deutschen Zeitungs-Konzern „Funke Medien“. Die andere Hälfte gehört der SIGNA Gruppe und damit dem österreichischen Milliardär Benko. Dieser gehört zum „inneren Kreis“ von Kanzler Kurz und berät ihn beispielsweise in Wirtschaftsfragen. Über seine Anteile an der WAZ hat Benko auch bedeutenden Einfluss auf die „Kronen Zeitung“. In Österreichs bedeutendstem Printmedium bekam Sebastian Kurz im Wahlkampf 2019 laut „Media Affairs“ mehr Reichweite als alle anderen Spitzenkandidaten zusammen.

Und wie sieht es auf dem Fernsehmarkt aus? Türkis-blau erhöhte Anfang 2019 die Presseförderung für Privatfernsehen um satte 20 Millionen Euro. Der Platzhirsch in diesem Revier, die Pro7-Gruppe, zu der Puls 4, Puls 24, ATV 1 und ATV 2 gehören, erhielt dank der Erhöhung 2019 4,22 Millionen vom Staat. Im Wahlkampf ereignete sich dann Seltsames: Der Auftritt von Sebastian Kurz in der „Puls 4 Wahlarena“ wurde spontan um die Hälfte verlängert – auf Kosten der Auftritte von politischen Konkurrenten.

Auf das Vorgehen angesprochen sagte der zuständige Sendungsleiter achselzuckend: „Sebastian Kurz bringt eben mit Abstand die beste Quote.“ Doch wie sich herausstellen sollte, stimmte das gar nicht. Andere Spitzenkandidaten bekamen auf schlechteren Sendeplätzen ähnliche Zuschauerquoten.

Auch der ORF steht unter massivem Druck. „Es hat eine brutale Neuorganisation im Unternehmen gegeben, und es gibt sie nach wie vor.“, sagt ORF-Betriebsratsvorsitzender Gerald Moser. Die Umfärbungen zeigen Wirkung: ORF Redakteursvertreter Dieter Bornemann spricht angesichts auffällig regierungsfreundlicher Sendungen über „großen Ärger in den Redaktionen“. Manches habe den Charakter unkritischer Belangsendungen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die Medienkonzentration in Österreich fortsetzt und die Pressefreiheit über kurz oder lang auf der Strecke bleibt. Medienpolitik als Machtpolitik haben Sebastian Kurz und sein langjähriger Kommunikator Gerald Fleischmann nicht erfunden. Sie stehen in langer österreichischer Tradition von Einflusshoffnung auf den ORF und des Buhlens um andere Medien, vor allem den Boulevard. Es hat aber Seltenheitswert, dass ein Bundeskanzler und seine Konsorten derart die Medien kontrollieren und starken Einfluss darauf nehmen. Interventionen stehen auf der Tagesordnung, wenn man nicht nach dem Willen des Kanzlers spurt. Orbanismus lässt grüßen!

*Iris Rahlek lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Salzburg. Ihr jüngstes Buch mit dem Titel „Todesfahrt auf das Kitzsteinhorn“ liefert neue Erkenntnisse und Enthüllungen zur Kaprun-Katastrophe vor genau 20 Jahren ( Buchrezension folgt! )