Schlagwort-Archive: Internationaler Gerichtshof

Klimaschutz als Menschenrecht

Klimaschutz kann erst dann zu einem Menschenrecht werden, wenn der gesellschaftliche Wandel sich vollzogen hat – weg von der „Wirtschaft wie bisher“ in Richtung eines stark sozial-ökologisch-betonten Wirtschaftens.

Ilse Kleinschuster *

Kürzlich hat mich die Schlagzeile „Menschenrechte verpflichten zu Klimaschutz“ überrascht (www.derstandard.at/story/3000000280575/muessen-staaten-fuer-klimaschaeden-zahlen)

Zunehmende Gefährdung durch den steigenden Meeresspiegel habe demnach die Regierung des Inselstaates Vanuatu im Südpazifik zu rechtlichen Schritten bewegt: Auf Initiative einer Studierenden-NGO habe der Staat eine Kampagne gestartet, um zwei heikle juristische Fragen vor den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag zu bringen :

1.: Inwieweit sind Staaten nach internationalem Recht dazu verpflichtet, Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen?
Internationale Übereinkommen wie das Pariser Klimaabkommen und das völkerrechtliche Gewohnheitsrecht verpflichteten Staaten dazu, Maßnahmen für den Schutz des Klimas zu ergreifen. Nach dem Internationalen Recht der UN-Charta (der Menschenrechtserklärung) seien also Staaten verpflichtet, diesbezüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. – Was aber tun, wenn der Vertrag auf internationaler Ebene nicht rechtlich verbindlich durchgesetzt werden kann?. Auch das Gutachten des IGH sei nicht rechtlich verbindlich, besitze aber immerhin weitreichende Bedeutung, so der Autor des Standard-Artikels.

JA, es ist bekannt, dass weltweit Einzelpersonen und NGOs mit rechtlichen Mitteln für mehr Klimaschutzmaßnahmen kämpfen, dies auch oft mit ihrem Leben bezahlen. Und JA, es ist erfreulich, dass in den letzten Jahren einige Klimaklagen Erfolg hatten, so z.B. die der Niederlande, Deutschlands und die der Schweiz. Diese hat kürzlich einen aufsehenerregenden Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ausgefochten. Die Schweizer Regierung wurde verurteilt, weil sie zu wenig gegen die Klimakrise unternommen habe. Es ist zu hoffen, dass weitere Urteile, die jetzt noch ausständig sind, der rechtlichen Pflicht, die sich letztlich aus den Grund- und Menschenrechten ableiten lasse, gerecht werden.

2.: Inwieweit sollen Staaten für Schäden haften, die durch die Klimakrise verursacht worden sind?
Tja, darüber wird wohl noch lange diskutiert werden. Die Aussicht, dass Staaten zur Schadenszahlungen an andere Staaten verpflichtet werden, wird oft an der Beweisführung eines Ursache-Wirkung Zusammenhangs scheitern, so ist zu befürchten. Der lauterwerdende Slogan ACT NOW! sollte nicht überhört werden

Ein weiterer Artikel aus der Feder eines renommierten Ökologen an der Universität Wien (Wissenschaftler des Jahres 2022 in Österreich und Mitglied des Biodiversitätsrats) war betitelt mit „Große Umweltversprechen, aber wo bleiben die Taten?“ (www.derstandard.at/story/3000000280021/grosse-umweltversprechen-aber-wo-bleiben-die-taten) – Franz Essl kritisiert darin die EU-Kommission wegen ihrer widersprüchlichen Haltung. Es zeige sich deutlich, wie großartige Versprechen wie eben der Green Deal aus einer falsch verstandenen EU-Sparpolitik heraus nicht eingehalten würden. Nur 6,5 Prozent des EU-Budgets würden derzeit für Umweltpolitik ausgegeben, und eine angemessene Steigerung sei nicht geplant. In einem Offenen Brief haben daher jüngst mehr als 1600 Forscherinnen und Forscher die EU-Kommission aufgefordert, den derzeit diskutierten Finanzplan deutlich zu revidieren.

Dass Attacken von rechts auf das EU-Klimaziel dessen Erreichen schwer machen -, kein Wunder.
Was da erschwerend dazukommt, ist die Tatsache, dass ewig politische Lippenbekenntnisse zwar dem „Volk“ gelten, die tatsächliche Politik aber den reichen Eliten. Visionen einer Weiterentwicklung der Gesellschaft (siehe Grüner Deal der letzten EU-Kommission!) treten in den Hintergrund, Solidarität und Gerechtigkeit verlieren als politische Ziele an Bedeutung. Stattdessen wird die Politik zusehend an den Interessen der Besitzenden (Industrieunternehmen, Eliten) ausgerichtet“, so Christoph Streissler (AK-Zeitschrift „Wirtschaft und Umwelt“ (2/2025). Noch seien keine konkreten Veränderungsvorschläge für das EU-Klimagesetz in Sicht, aber diese Attacken von rechts müssten alle Gegenkräfte herausfordern, darauf zu achten, dass die ambitionierte Zielsetzung der EU nicht auf dem Altar der Wettbewerbsfähigkeit geopfert wird.

Leicht verzweifelt frage ich mich: Wie können Klimaschutz und Menschenrechte unter einen Hut gebracht werden? Klagen und Proteste werden langsam verstummen, wenn niemand mehr weiß, an wen sie erfolgreich gerichtet werden können. Ich sehe jedenfalls keine Institution, die den Klagen „ökologischer Krieger“ wirklich gerecht werden kann, keine Entität, die sich den Fragen der Ökologisierung wirklich widmet, die wirklich Widerstand leistet gegenüber der aktuellen Ökonomisierung, diesem mörderischen Zerstörungssystem..

Gastautorin Ilse Kleinschuster ist aktives Mitglied der Zivilgesellschaft

ARTE-Doku „TTIP – Freier Handel/freie Bürger ?“

H a n s    H ö g l

Diese Top-Sendung „TTIP – Freier Handel oder freie Bürger?“ ist kürzlich in ARTE gelaufen.  Hier ein Resumé.

TTIP – der Freihandel der EU mit den USA – werde der “größte Wirtschaftsdeal der Geschichte”, sagen Politiker.  ARTE hat publizistisch ausgewogen EU-Vertreter u. Gegner zu Wort kommen lassen: „Gemeinsam mit den USA setzen wir die Regeln für die Globalisierung!“- so  EU-Kommissar  Jean-Luc Demarty.  Der Westen soll die Führung übernehmen, bevor China und Indien es tun. Den  großen amerikanischen  u n d  europäischen Firmen (!)  missfallen alle Hindernisse – wie Konsumentenschutz und Arbeitsrechte. 

Bei „Freihandelsabkommen“ denkt jeder an handfeste Waren. Richtig: Wir brauchen Handelswaren.  Aber für TIIP sind auch Kunst und Kultur einfachhin eine Ware. Und  öffentliche Subventionen für Theater, Oper, Filme und für Rundfunk sind unerwünscht. Und die USA und ihre Firmen hätten gern erlaubten (!) Zugriff auf alle Daten – auch auf persönliche – für Werbezwecke… ARTE-Doku „TTIP – Freier Handel/freie Bürger ?“ weiterlesen