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Mediale Russophobie

Wenn es um Russland geht, ist es bereits lange Tradition westlicher Medien, Feindbildpflege zu betreiben und Bedrohungsszenarien zu entwickeln.

Wolfgang Koppler *

Schon seltsam. Da wird in mehreren Zeitungen – von der Presse bis zur Krone – die Meldung lanciert, dass Russland Atomwaffen im All einsetzen und Satelliten zerstören könne- Und so die allgemeine Hysterie auf die Spitze getrieben. Denn offenbar reicht es nicht mehr, einen Angriff auf einen NATO-Staat (vom Baltikum bis zu Schweden) aufgrund nebuloser Geheimdienstberichte zu prophezeien, wie es „renommierte Experten“ in „Qualitätsmedien“ tun. Obwohl selbst Raphaela Schaidreiter in der ZiB vor Kurzem zugeben musste, dass man damit anscheinend vielmehr Stimmung für die Aufrüstung machen will.

Anderseits wird der schlimmste Einbruch von Russlands Wirtschaft seit 2009 aufgrund sinkender Ölpreise und ausbleibender Investitionen gemeldet. Wie soll ein Land mit einer derart maroden Wirtschaft Atomkrieg im All betreiben. Das kommt davon, wenn man Russland zugleich als rückständig und gefährlich darstellt. Man sollte es vielleicht mit den Feindbildern nicht allzusehr übertreiben. Sonst bleibt die Logik auf der Strecke. Und man wird völlig unglaubwürdig.

Aber genauso war es mit der Darstellung der Sowjetunion in den Medien der 80-er Jahre. Einerseits wurde die Gefahr eines Überfalls auf Westeuropa beschworen, anderseits zeigten Berichte über die sowjetische Mangelwirtschaft, dass daran irgendetwas nicht stimmen konnte. Und der Fall der Mauer 1989 zeigte, dass Letzteres der Fall war. Der allgemeine Jubel machte dann allerdings schnell Ernüchterung Platz. Insbesondere angesichts der Finanzkrise 2008.

Die Geschichte scheint sich zu wiederholen…

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist in Wien

www.msn.com/de-at/nachrichten/other/russland-könnte-atomwaffen-im-all-einsetzen

NATO-Propaganda im ORF

In der jüngsten ZiB2 des ORF war der umstrittene ehemalige NATO-Chef Rasmussen zu Gast. Allzu kritische Fragen brauchte er sich nicht gefallen lassen. So konnte er seine Kriegsrhetorik weitgehend ungebremst verbreiten.

Wolfgang Koppler *

Dass der ORF den ehemaligen NATO-Generalsekretär Rasmussen zu einem Interview ins ZiB2-Studio einlud, ließ schon angesichts der Vergangenheit Rasmussens Schlimmes befürchten. Als dänischer Ministerpräsident hatte er eine Teilnahme eines dänischen Kontingents am Irakkrieg befürwortet und zudem – trotz offenbar gegenteiliger Geheimdienstberichte – das Vorhandensein irakischer Massenvernichtungswaffen behauptet. Was etwa Tony Blair das Amt kostete. Man kann dies alles problemlos den seinerzeitigen Medienberichten entnehmen. In der ZiB2 wurde nur erwähnt, dass Rasmussen die ukrainische Regierung berät..

Das gestrige von Armin Wolf geführte Interview mit Rasmussen übertraf allerdings auch die Erwartungen von an immer mehr zugespitzter Kriegsrhetorik bereits gewöhnten Zusehern. Da wurde die erfolgreiche Abwehr des iranischen Drohnenangriffs auf Israel mit Unterstützung Großbritanniens und der USA zum Anlass genommen, ein entsprechendes Eingreifen des Westens auch in der Ukraine zu fordern. Wolf fragte zwar nach, ob dies nicht zu einer weiteren Eskalation und zu einer direkten Konfrontation NATO-Russland führen könne, verließ sich aber dann auf Rasmussens substanzlose Bestreitung einer derartigen Gefahr.

Auch eine Einladung zu einem NATO-Beitritt der Ukraine wurde von Rasmussen befürwortet, weil alles andere Putin nur zu einer Weiterführung des Krieges verlocken würde. Auch wenn Rasmussen nur von „Einladung“ sprach, klang es für einen unbefangenen Zuseher sogar danach, als ob die Ukraine schon während des Krieges beitreten sollte. Was gegen den Nordatlantikvertrag verstoßen und schon per se zu einer unmittelbaren Konfrontation führen würde. Was Wolf zwar erwähnte, sich aber auch hier mit einer substanzlosen Bestreitung Rasmussens begnügte. Gefordert wurde natürlich auch noch der Einsatz von Langstreckenwaffen und wurden die diesbezüglichen Bedenken von Deutschen und Amerikanern gerügt.

Die letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus kommen einem da in den Sinn. Was macht der Krieg aus den Menschen ?

Dass Rasmussen Macrons Ansicht, man solle auch den Einsatz von NATO-Bodentruppen nicht ausschließen, unterstützte, ist angesichts der obigen Äußerungen nur mehr selbstverständlich. Beängstigend, wenn die Industriellenvereinigung einen solchen Mann nach Wien einlädt. Noch beängstigender, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk eines neutralen Landes in einer solch aufgeheizten und gefährlichen weltpolitischen Situation diesem auch noch Gelegenheit biet, derart problematische und selbst in Brüssel und Washington umstrittene Ansichten zu propagieren.

Das gegenständliche ZiB2-Interview war jedenfalls das genaue Gegenteil von Deeskalation.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien.