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Von Medienplattformen gegängelt?

Ob in Kaffeehäusern oder Öffis oder sonst wo beobachtet: Immer weniger bis gar keine Zeitungen werden mehr gelesen. Belegt auch von Studien, dass bis zu 40-jährige UserInnen Printmedien und auch traditionelle elektronische Medien weitgehend ignorieren. Junge Menschen sind stattdessen umso mehr im Internet unterwegs, sie geraten dort aber in neue mediale Abhängigkeiten. Und es stellen sich für sie u.a. die Fragen: „Pay Content versus Quality Content?“ oder „Wieviele Netflixe darf ein Online-Medium kosten?“:

Ilse Kleinschuster *

Plagt viele junge Menschen diese Frage, weil sie sich frei von medialer Zwangs-Berichterstattung bzw. – Unterhaltung fühlen wollen, weil sie die Fesseln eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks ablehnen, aber letztlich doch mit den Streaming-Diensten nicht ganz zurechtkommen?

Waren Online-Medien nicht zunächst einmal gratis und haben sie nicht erst im Lauf der Jahre Bezahl-Content im Mainstream fix etabliert?

Geht’s hier letztlich nicht auch um die Frage, inwieweit wir uns von den großen Medienplattformen gegängelt fühlen (sollten), wenn wir erkennen, wie sie uns reinlegen. Und was wohl eine Befreiung aus ihren Fängen kosten würde?!? Meredith Whittaker, Präsidentin von Signal, einer Non-Profit-Organisation, die nicht gewinnorientiert arbeitet, was kein Nice-to-have sei, wie sie sagt, sondern ein fundamentaler Teil der eigenen Integrität. Denn wäre dem nicht so, so müsste man laut Whittaker das gleiche Geschäftsmodell anwenden wie die meisten Großen der Branche: das Monetarisieren von persönlichen Daten. ttps://www.derstandard.at/story/3000000195689/signal-chefin-warum-vertrauen-wir-konzernen-die-bloss-an-ihre-aktionaere-denken

Diese Frage zur Integrität der medialen Plattformen und damit des gestörten Vertrauens in objektive Berichterstattung (sofern diese überhaupt objektiv sein kann) beschäftigt mich schon lange, aber jetzt umso mehr seit ich mit Werbung für das neue Online-Medium „JETZT“ förmlich überflutet werde. Brauch‘ ich das? – bis heute bin ich mir nicht ganz sicher. Warum soll ich Abonnentin werden von etwas was ich noch nicht kenne. Da unterstütze ich doch lieber das Team von „Unsere Zeitung – die Demokratische“, einer online-Zeitung, die sich 10 Jahre bewährt hat. Ich hoffe, es gibt sie noch länger!
Seit es ‚meine‘ „Wiener Zeitung“ nicht mehr in der Print Version gibt, kauf‘ ich mir abwechselnd eine von den gängigen Tageszeitungen in der Trafik. Hin und wieder leiste ich mir auch eine von der Sorte premium Qualität.

Am 6.6. 2025 ist das neue FEUILLETON herausgekommen – ich habe die Print-Version um 6 Euro in meiner Trafik erstanden und schätzte mich glücklich, gleich einen Artikel von Bernhard Baumgartner darin zu entdecken. Der Titel lautet: Wie viele Netflixe darf ein Online-Medium kosten? DIE STREAMING-DIENSTE haben die Realität von Pay-Content etabliert. Aber sie haben damit auch eine Grenze gesetzt. Diese liegt bei ihrem monatlichen Abopreis. https://feuilleton.online/sites/site0329/media/downloads/das_feuilleton_mediadaten_2025.pdf

Tja, ich liebe ihn, diesen Qualitätsjournalismus – und bin froh, dass es ihn noch gibt, diesen ‚premium‘ Journalismus, wie er einst in der gedruckten Wiener Zeitung üblich war, mit seinem Fokus auf intellektuellem, kreativ und witzig gestaltetem Journalismus abseits des üblichen Nachrichtengeschehens. Er hat mich in jungen Jahren als politischer Mensch geprägt. Und man darf nicht vergessen, dass seine Inhalte von Menschen erstellt werden, die davon leben müssen, d.h. dafür ein Gehalt wollen.

Hin und wieder gebe ich auch gerne mehr als 3 Euro für die Erste österreichische Boulevardzeitung, den AUGUSTIN, aus.

#Netflix, diesen Kanal hab‘ ich zwar (mein Enkel hat mich an- oder sagt man eingeschlossen), aber ich nutze ihn nicht. Mein TV-Bedarf ist vornehmlich gedeckt mit ORF, 3-Sat und ARTE.

Tagsüber höre ich gern Radio (ORF-Ö1). Vergangenen Donnerstag habe ich auf ORF-Ö1 ‚Doublecheck‘ gehört, da ist mir manches klarer geworden: „Die Gründung eines neuen Mediums in Österreich erfordert mehr als nur Mut. Die Bereitschaft für journalistische Inhalte zu zahlen, ist gering und das Vertrauen in die Branche lässt zu wünschen übrig. Gleichzeitig profitieren etablierte Medienunternehmen von großzügigen Förderungen und Inseratenschaltungen. Das Digitalmedium „JETZT“ ist dennoch überzeugt, dass es Bedarf für innovative Ansätze gibt. Derzeit werden Mitglieder gesucht, um den Start zu ermöglichen – ob dies gelingt, wenn man die Katze im Sack kaufen muss? Skepsis ist angebracht, insbesondere nach dem kürzlichen Aus des Medienprojekts „tageins“, das nach knapp zwei Jahren aufgeben musste. Konstruktiver, ruhiger Journalismus funktioniere einfach nicht. Doch es gibt auch positive Beispiele: Das inklusive Medium „andererseits“ beweist, dass Erfolg möglich ist, wenn Vision und Engagement stimmen. #doublecheck hat bei denen, die noch hoffen, und jenen, die die Hoffnung vorerst begraben mussten, nachgefragt.“ https://oe1.orf.at/player/20250605/797329/1749141503145

Also, soweit ist’s für mich jetzt klarer. Ich bin ja auch der Meinung, dass die Medienpolitik durch einen offenen Beteiligungsprozess gesteuert werden soll. Und ja, dieser sollte möglichst demokratisch sein, denn die Medien sind eine unabdingbare Notwendigkeit für das Funktionieren unserer Demokratie. Am funktional ‚bequemsten‘ scheint mir halt ein (gebührenpflichtiger) öffentlich-rechtlicher Rundfunk und eine öffentlich-rechtliche Tageszeitung – aber das ist wohl eine Utopie!

Nun, zumindest aber wünsche ich mir zunächst eine radikale Reform unseres derzeitigen ORF – ich unterstütze daher die Initiative zum offenen Online-Beteiligungsprozess „ORF 2032“ – www.unser-orf.at

* Gastautorin Ilse Kleinschuster ist Journalistin und aktives Mitglied der Zivilgesellschaft und der Vereinigung für Medienkultur

Medien. Tipps u. Kritik

Hans H ö g l

Internet ist nicht nur vom Bösen, so können wir uns online wechselseitig informieren. Darum eine kleine Frage an Dich, unseren Leser, unsere Leserin. Wie informierst Du Dich über Medien? Im Voraus – oder was sind Deine Medienpräferenzen oder Deine Kritik? Schreib uns kurz ein paar Zeilen – ganz unten auf der Kommentar-Rubrik des Blogs. Wir wissen zu wenig über unser Blog-Publikum – nicht nur aus Österreich, sondern darüber hinaus. Denn wir werden in vielen Ländern gelesen. Wir wissen es aus detaillierten Abrufe-Daten.

Mein Medientipp: Wer in Österreich kennt nicht das Magazin „gehört“ zum Ö 1-Programm? Weniger bekannt sind das Monatsmagazin von ARTE und das von 3-sat (mit einer 3-Monatsvorschau!).

Ein mir bekannter Senior-Akademiker, der wegen einer Fehloperation in der Kindheit (!) fast durchwegs im Bett liegt, schätzt den Deutschlandfunk, die Wiener Zeitung, die Neue Zürcher und über Österreichs Fernsehen informiert er sich im voraus mit der TV-Beilage, ja dem Wochen-Magazin Die ganze Woche,  worüber manchmal die Nase gerümpft wird; ja wenn auch – Vieles zielt auf Oldies, aber es bietet ein ausführliches TV-Programm und detailliert jenes von ORF III. Das österr. Fernsehmagazin tele liegt Tageszeitungen bei. Denen entnehme ich: Heute ist in ORF II um 17.05 eine Doku zum Anschluss Österreichs und am Do, den 15. März in ORF 2 ab 22:30 Uhr. 

Freunde unseres Blogs – auch aus dem Ausland – schreibt uns, was Eure Medientipps und Eure Medienkritik ist. Was das auch immer sei oder eben nicht: Wir sammeln die Anregungen und werten es anonym aus.

Medientipp einer Leser-Natur

Hans  H ö g l.   Kommentar

Ein mir bekanntes Ehepaar unterscheidet sich auch darin, dass die Gattin ein Augen-Mensch, ihr Mann ein Ohr-Mensch ist. Das hat Folgen für die Präferenz von Medien. Helmut, mein Freund,  liebt Radio Ö 1 heiß, Gertraud der Augenmensch – schätzt wie ich    qualitative TV-Sender. Gertraud liest keine  Zeitungen, ich schätze auch Qualitätsblätter. Abgesehen von Österreichs Renommé-Blättern wie   „Der Standard“  und die „Presse“ finde ich die Politik-Analysen in der „Kleinen Zeitung“ hervorragend. Sie hat als Bundesländer- und Massenblatt erstaunliche Qualität und erscheint mir parteilich ausgeglichen und fair. Den Nicht-Steirern sind die Berichte über das Steirerland selbst wohl zu ausführlich. Andere werden auch die „Salzburger Nachrichten“ positiv hervorheben.

An der „Wiener Zeitung“, fälschlich  Beamtenblatt gescholten,   schätze ich die breite Auslandsberichte und nüchterne Inland- Beiträge und Kulturelles mit sehr unterschiedlichen Positionen, und vor allem gilt sie als verlässlich und  ist es auch. Und das heißt schon viel in der Medienlandschaft. Die relative geringe Verbreitung soll für die Lektüre kein Kriterium sein. Denn ich möchte als Leser wissen, was nun wirklich vor sich geht. Auch ein mir Bekannter  aus Passau schätzt sie  am meisten unter Österreichs Printmedien. Für Pensionisten gibt es ein Schmankerl: Für sie kostet das Jahresabo der Wiener Zeitung ganze 99 €. Das Geburtsdatum ist dann anzugeben. Das Vollpreisabo kostet € 198.

Auch die Qualitätsblätter „Die Presse“ und der „Standard“ haben nur plus minus fünf Prozent Leser und Leserinnen. Also -dies ist  ein sehr geringer Anteil. Die Sender  3-sat und Arte  und ORF III werden von rund jeder/m 100-sten in Österreich gesehen.

In Kreisen der NGOs werden manchmal – wie kürzlich in der Bertha-von-Suttner Veranstaltung in der Wiener Universität – quasi alle üblichen Medien abgewertet und nur auf Alternativmedien verwiesen. Aber Bücher gehören auch zu traditionellen Medien, und ich denke, auch in herkömmlichen Medien kann bei Medienkompetenz Bemerkenswertes gefunden werden.

 

 

 

 

Emotionen versus Fakten in Medien

Hans H ö g l

Stefan Petzner, früher erfolgreicher Kampagnenchef von Jörg Haider, gab dem Medienmagazin „Zapp“ ein Interview. Petzner erläutert darin, dass die Leute auf Einzelfälle reagieren und so emotionalisiert werden. Den Einzelfall eines Tschetschenen, berichtet in Medien, hat Stefan Petzner aufgegriffen und kampagnisiert und sozusagen ganz Kärnten tschetschenen-frei gemacht.

Die gefühlten  Wahrheiten sind stärker  als objektive, korrekte statistische Daten.   Zapp in 3-sat war für 15.Oktober vor Mitternacht geplant, de facto war die Sendung ab 1:02. Und Medien springen auf Provokationen, anstelle diese zu ignorieren (Petzner).

Medienberichte über gravierende Vorfälle, Einzelfälle, im Jargon des Journalismus werden dies G`schichten genannt, erregen die Aufmerksamkeit, erhöhen die Quote, peitschen die Gefühle auf. Und für die Masse, für die Leut`, sind solche Emotionen DIE WAHRHEIT. So entstehen maßlose Ängste, Übertreibungen, Ausländerhorror… Es geht ums Zuspitzen, um hörbar zu werden. Und offensichtlich verlangt dies der Volksmund.

Fakten sind Grundlage für den Diskurs.

Dass dies im Journalismus täglich passiert, ist keine Frage – vor allem im Boulevard, aber nicht nur. Auch Qualitätsmedien kennen das Begehren nach intensiver Aufmerksamkeit. Das ist Gold für die Werbekasse. Durch die AfD und die maßlosen Vorwürfe „Lügenpresse“ sind auch die traditionellen Medien aufgewacht, dass auch sie vielleicht Fehler machen. Früher wurde auch geflunkert und gelogen, vielleicht nicht so krass wie in der AfD. „Die Härte der Lügen hat zugenommen“, so der Spiegel-Onlinechef augenzwinkernd. Auch die Faktenlage über Stars in Freizeitjournalen kann spärlich, manchmal frei erfunden sein.  

Journalisten als Co-Politiker

Gert Scobel -3 sat
Buchtipp: „Die Unbelangbaren. Wie politische Journalisten mitregieren“ von Thomas Meyer (Edition Suhrkamp) ist Gert Scobels persönliche Empfehlung. Das Buch ist für Gert Scobel unbedingt lesenswert, dessen Analysen helfen könnten, nicht nur Politik und Medien besser zu verstehen, sondern auch einen Grundpfeiler unserer Demokratie zu stärken, die  vor allem eines geworden ist: eine Mediendemokratie.
Den Tipp fanden wir in der 3-sat Mediathek von Do 29. Sept 2016 zum Thema „Lügenpresse“ von Gert Scobel.