Archiv der Kategorie: Medienkompetenz

Illiberale Demokratie ante portas ?

Wandelt Österreich in Richtung „Orbanismus“ ? In einem bemerkenswerten Interview für die jüngste Ausgabe der Zeitschrift „Österreichs Journalist:in“ ortet der einflussreiche Verleger Horst Pirker entsprechende Gefahren.

Udo Bachmair

Pirker spricht in dem Interview das aus, was kein großer Verleger vor ihm jemals so deutlich gesagt haben dürfte. Österreich sieht der erfahrene Medienmann auf dem Weg in eine illiberale Demokratie. Die Medien seien auf strategischen Irrwegen, viele davon komplett abhängig von der türkis eingefärbten Regierungspartei ÖVP. Pirker bezieht sich dabei unter anderem auf die riesigen Geldflüsse für Anzeigen und Regierungspropaganda. Details dazu werden demnächst in seinem neuen Buch aufgelistet.

Weitere Themen des ebenfalls dieser Tage erscheinenden Magazins „Österreichs Journalist:in“: Das Sesselrücken im ORF, Milliardeninvestitionen von Google und Facebook zur Beeinflussung von Medien, die Debatte um die Krise des Journalismus, das „Meinungsasyl“ auf Servus TV, Tipps zur Gründung von Medien-Start-ups u.v.a.m.. In eigener Sache wirbt der Herausgeber des renommierten Medienmagazins, Johann Oberauer, für die neue Website www.journalistin.at Diese informiert über aktuelle Jobangebote und wer gerade wohin wechselt.

Dunkle Seite der Politik. Propaganda, Lügen….

Medientipp: Social Media als Propagandamaschine.- Mit den Waffen der Werbung. Die alte neue Rechte (Gesellschaftsdokumentation)

Hans Högl

Themenabend in ARTE am Die 5. Oktober ab 20:15

20:15: Propagandamaschine Social Media. Dokumentarfilm
21:45 Der Königsmacher. Mit den Waffen der Werbung: Ein Londoner Politikberater machte aus der Manipulation von Demokratien ein florierendes Geschäft. Doku

23:15 Die alte neue Rechte.Sie widersetzt sich der offenen und liberalen Gesellschaft.In der Doku werden Geschichte und Gegenwart der sogenannten neuen Rechten nachgezeichnet.

Digitale Medien nicht mehr im Griff ?

Vor welchen Herausforderungen und Risiken wird die Menschheit durch die zunehmende Verbreitung künstlicher Intelligenz (KI) in den Medien gestellt ? Ist der Mensch in Sachen Künstliche Intelligenz noch Zauberer oder bereits Zauberlehrling ? Fragen und Antworten im folgenden Gastbeitrag von

Ilse Kleinschuster *

Als langjährige Abonnentin der Wiener Zeitung war ich kürzlich zu einer Diskussion unter dem Titel „Digitaler Humanismus – Transformation gestalten“ eingeladen https://www.wienerzeitung.at/dossiers/digitaler-humanismus/2119933-KI-und-Medien-Zauberer-oderZauberlehrling.html?fbclid=IwAR0ew0PFAkQzhBZsSbZu9KKkv9HKFX6VspayBzC4u2k2QIQNJQGPRN8D6Us

Nachdem ich mir dieses ausgezeichnete Gespräch zwischen drei kompetenten Vertretern wichtiger kultureller Institutionen und dem Chefredakteur der Wiener Zeitung angehört habe, fühlte ich mich in meiner Meinung bestärkt, dass es hier prioritär um ein Versäumnis der Politik geht, wenn wir die Übermacht digitaler Medien nicht mehr im Griff haben und – wie der Zauberlehrling in Goethes gleichnamigem Gedicht – ausrufen: …. „die ich rief die Geister werd‘ ich nun nicht los“.

Wollen wir wieder „Meister“ sein, bedarf es also dringend mehr Diskurs -, oder ist’s dafür ohnehin schon zu spät?!?

Als Mitglied in der Initiativen Zivilgesellschaft – als kleines Rädchen im großen Gefüge der Macht – halte ich ein Nichtreagieren unsererseits für eine gewisse Gefahr. Denn, so meine ich, impliziert der Begriff Intelligenz nicht, dass da Fairness, Gleichberechtigung und Ermächtigung im Spiel sind? Hat Intelligenz nicht zumindest etwas mit verantwortungsvoller Vernunft zu tun? Nun, in der Welt der Mächtigen ist diese Kategorie menschlichen Vermögens nicht so sehr gefragt -, vielmehr herrschen heute, entsprechend der kapitalistischen Logik, andere Kategorien. Nun liegen aber die Entscheidungen über den Einsatz von künstlicher Intelligenz schon mal dort wo die Macht ist, oder?!?

Folglich wird die Entscheidung über die Zulassung von KI im Bereich der Medien – ob nun gut oder schlecht für alle – letztlich zum „Lackmustest der Demokratie“. Also sollten jetzt die vernünftigen und handlungsfähigen Vertreter aus dem Bereich der klassischen Medien „Meister“ spielen – und mit Goethes Worten ausrufen: „In die Ecke, Besen! Besen! Seyds gewesen. Denn als Geister ruft euch nur zu seinem Zwecke, erst hervor der alte Meister.“

Grundsätzliche Fragen sind zu stellen: ob sich nun der „klassische Journalismus durch künstliche Intelligenz ein Stück weit selber aus der Misere ziehen könnte“, wie Fritz Hausjell vom Institut für Publizistik, meint – oder, ob ein aus den USA übernommenes Mediensystem, das polarisiert und zuspitzt, die Bedrohung einer Verdrängung von der Position der „vierten Macht“ bedeutet -, oder auch inwieweit die Öffentlich-Rechtlichen sich durch Regulierungen vor allzu großem politischem Einfluss schützen können.

Was immer den klassischen Journalismus – und ich denke hier an den „guten“, verantwortungsvollen und konstruktiven Journalismus – zunehmend in neue Digitalkanäle bringen wird, diese aktuelle Situation gilt es doch öffentlich bewusster zu machen. In diesem Sinn wünsche ich mir eine breitere Kompetenzvermittlung, um einen demokratischen Ordnungsprozess wirksam werden zu lassen.

• Ilse Kleinschuster ist engagiertes Mitglied der Initiative Zivilgesellschaft und der Vereinigung für Medienkultur.

Afghanistan und Islam

Massenmedien vernachlässigen oft Geschichtliches, darum bleiben Bücher wertvoll. Der Impuls zur Islamisierung Afghanistans kam von Arabern – im 8.Jahrhundert.

Hans Högl

Afghanistans Lage am Schnittpunkt der großen asiatischen Kulturareale und der Handelswege zwischen Europa und Asien hinterließ diesem Land ein einzigartiges und vielfältiges Kulturerbe aus persischen, hellenistischen, buddhistischen und islamischen Einflüssen (S. 39).

In der Mitte des 7.Jahrhunderts betraten die Araber die Arena Afghanistans im Kampf um die Kontrolle des einträglichen Seidenhandels zwischen China und dem Westen. Die Araber unterwarfen das Land durch mehrmals wiederholte Eroberungszüge. Im 8. und 9. Jahrhundert machten der Westen und Norden Afghanistan eine Periode rascher streng sunnitischer Islamisierung durch, im 10. Jahrhundert auch andere Teile des Landes (S.50).

Ein großer Zeitsprung: Ende der 1980er Jahre zogen sich die Sowjets aus Afghanistan zurück. Die Menschen hofften auf Frieden, aber nun kam es zum leidvollen Bürgerkrieg unter den Afghanen selbst.

Zu den Taliban: Etwa ab 1990 wurden in Pakistan lebende junge Flüchtlinge streng religiös im wahabitischen Islam geschult. 1994 betreten sie als Taliban die politische Bühne und erobern 1996 Kabul und wurden anfangs freundlich begrüßt. Finanziell wurden sie von Pakistan und Saudi Arabien unterstützt.

Sie unterdrücken Frauen, verhängen drakonische Strafen,verteufeln Unterhaltung und zerstören kulturelles Erbe (S.222 f.). Bis 1996/97 toleriert die US-Regierung die Taliban und unterstützt US-Ölgesellschaften beim P l a n, eine Gasleitung von Turkmenistan über Afghanistan nach Pakistan und an den Indischen Ozean zu errichten (S. 223).

Wikipedia zur Gasleitung: Construction on the project started in Turkmenistan on 13 December 2015, work on the Afghan section began in February 2018, and work on the Pakistani section was planned to commence in December 2018. The abbreviation TAPI comes from the first letters of those countries.

Zitate oben: Bildband „Afghanistan“ (Völkerkundemuseum Wien 2003).

Afghanistan: Berichterstattung in der Kritik

Afghanistan beherrscht zurzeit die Berichte, Analysen und Kommentare der Medien. Da diese wie bei anderen globalen Konflikten größtenteils auf Quellen der 3 großen westlichen Agenturen zurückgreifen, entsteht der Eindruck eines journalistischen Einheitsbreis.

Udo Bachmair

Das komplexe Konfliktfeld Afghanistan ist in aller Munde, zentrales Thema auch der außenpolitischen Berichterstattung. Der heutige Gastautor beschäftigt sich mit Aspekten, die in unserer von westlicher Sicht der Welt dominierten Medienwelt zu wenig Beachtung finden. Daher erscheint es angebracht, Ihnen exemplarisch den folgenden an das Linzer Volksblatt gerichteten Leserbrief eines besonders engagierten weltpolitischen und medienkritischen Beobachters nicht vorzuenthalten.

Peter Öfferlbauer*

Wertes Volksblatt,

ohne Anspruch auf Vollständigkeit habe ich in den letzten Monaten im Volksblatt weit über ein Dutzend Beispiele der akribischen Beschäftigung des Herrn Maurer mit dem sog. Islamismus gefunden:
Personalien, z.B. ein provokanter Politologe, der Rücktritt der Frauenvertreterin im IGGÖ, Probleme, die sich liberale Muslime einhandeln, die kontroverse Islamlandkarte, und immer wieder: die „Gefahr des politischen Islam“. Zuletzt am 21.8. ist es dem VB wieder eine ganze Seite wert: das „Taqiyya-Prinzip“, die talibanische Verschleierungstaktik.

Was soll man aber von einem Journalismus halten, der sich einseitig an allem kritisierbaren von Moslems festsaugt, für den aber der kolossale Größenunterschied des Tarnens und Täuschens der USA keine Rolle zu spielen scheint: die Brutkastenlegende und die erfundenen Massenvernichtungswaffen, die Kriegslügen, mit denen die USA die Welt über die beiden Irakkriege zu täuschen versuchten? Jeder unbefangene Mensch sieht, dass diese beiden Kriege unvergleichlich mehr Unheil angerichtet haben als die Beispiele des politischen Islam, in denen Herr Maurer so kriminalistisch und seitenfüllend herumstochert.

Immer wieder: die „Gefahr des politischen Islam“! Ist das dem Parteiblatt der Nachfolgerpartei des politischen Katholizismus, des Austrofaschismus, etwa deshalb so viele Druckseiten wert, weil einen, wie die Psychologie lehrt, nichts so sehr ärgert, wie die eigenen Fehler bei anderen Leuten?

Die Bestätigung des Urteils des Kriegsverbrechertribunals gegen Mladic oder dass sich das Massaker von Srebrenica an über 8000 Moslems zum 30.Mal jährte, war Herrn Maurer offenbar keine Zeile wert. Wohl auch nicht das Massaker von Christchurch, von Hanau, die NSU-Morde und dazu die jahrelange Blindheit der deutschen Strafverfolgung…

Welche Seite hat wohl mehr Gründe, die andere zu fürchten? Kolonialismus, die westlichen Angriffskriege und Interventionen in islamischen Ländern, die Gründung Israels auf Kosten der Palästinenser, die Entscheidung des Westens gegen Nassers säkulare Entwicklung, für die wahabitischen Saudis, das alles scheint für Herrn Maurer keine Rolle zu spielen.

Welchen Eindruck wird sein Schreiben bei Lesern hinterlassen, die nicht die Möglichkeit oder Zeit haben, sich ausgeglichener zu informieren und zu bemerken, dass er Mücken seiht und Elefanten schluckt? Den Splitter im Auge der andern, aber den Balken im eigenen Auge nicht sieht? Wenn schon nicht Verhetzung, so jedenfalls Täter-Opfer-Umkehr, Schüren von Vorurteilen, Verängstigung – dafür bietet das VB Herrn Maurer seitenweise Platz?? Ist das in ihren Augen professioneller, möglichst objektiver, informativer, dem Frieden und der Völkerverständigung dienender Journalismus – oder einseitige Propaganda?

Den Willen zu Objektivität bräuchte es aber, um aus den eigenen Fehlern lernen zu können, wie das jetzige Afghanistan-Debakel zum x-ten Mal zeigt.

Dr.Peter Öfferlbauer, Wels


* Der Autor des Gastbeitrags, ehemaliger AHS-Professor in Wels, ist engagiertes Mitglied der Vereinigung für Medienkultur sowie der linkskatholischen Vereinigung Pax Christi.

Afghanistan: Wie konnte es soweit kommen?

Politik und Medien zeigen sich überrascht von der raschen Machtübernahme der Taliban in Afghanistan. Nicht so Emran Feroz, Autor eines neuen Buches.

Udo Bachmair

“Der längste Krieg“- so der Titel des Buches von Emran Feroz, eines langjährigen Afghanistan-Reporters und Publizisten. Das Werk beleuchtet anschaulich und informativ die vielfältigen Hintergründe und Entwicklungen des Afghanistankonflikts. Im Speziellen klärt der Autor auf über eine für ihn durchaus erwartbar gewesene neue Machtübernahme der Taliban. Ganz im Gegensatz zur westlichen Fehleinschätzung, die neben anderen sowohl der US-Präsident als auch die deutsche Führung eingestehen.

Der Westen habe von Anfang an grundlegende Fehler begangen, diagnostiziert Feroz. Gleich nach der Invasion von 2001. Damals habe der Westen, allen voran die USA, ein korruptes Regime an die Macht gebracht, das ausschließlich daran interesseiert gewesen sei, sich selbst zu bereichern. Westliche Gelder seien abgezweigt und nach Dubai geschafft worden anstatt eine militärische und polizeiliche Sicherheitsstruktur aufzubauen und zu finanzieren. So habe es in der afghanischen Armee immer „Geistersoldaten“ gegeben, also Soldaten nur auf dem Papier. Deren Gehalt habe irgendjemand kassiert..

Heute, im Vorfeld der nunmehrigen Machtübernahme der Taliban, seien die Voraussetzungen ähnlich, sagt Emran Feroz in einem Kurier-Interview. Vom Westen unterstützte korrupte Eliten inkl. bestechliche Beamte hätten sich um die Sorgen der Bevölkerung nicht gekümmert. Feroz konzediert jedoch, dass auch die Taliban nicht fähig sein werden, funktionierende Strukturen aufzubauen.

Die Hauptfehler würden aber beim Westen liegen, bekräftigt der Autor im Interview: „Man hat sich nach der Machtübernahme mit Warlords eingelassen, die teils brutale Mörder waren, gab sich damit zufrieden, dass diese Mörder zumindest auf der Seite des Westens standen. Als die begannen, sich zu bereichern, die Korruption überhandnahm, gab man sich zufrieden. Nach dem Motto: So sind die eben hier.“

Äußerungen, Einschätzungen eines Afghanistan-Experten, die nur selten Eingang in aktuelle Medienberichte finden. Dabei würde der Qualität außenpolitischer Berichterstattung durch mehr Differenzierung ein guter Dienst erwiesen. Gerade auch in der komplexen Causa Afghanistan.

ORF-Newsroom: Politik-Zugriff erleichtert?

Der neue ORF-Generaldirektor ist bestellt. Roland Weißmann, der Regierungskandidat, wird sein Amt allerdings erst 2022 antreten. Der bis dahin noch amtierende ORF-Chef Alexander Wrabetz will aber dennoch gemeinsam mit dem Neuen das umstrittene Großprojekt Newsroom finalisieren.

Udo Bachmair

Der neue große Newsroom im ORF-Zentrum auf dem Küniglberg wird das Herzstück der ORF-Information. Die bisher weitgehend unabhängig voneinander agierenden Redaktionen von TV, Radio und Online werden künftig in dem neuen Newscenter zusammengelegt. Das heißt: Die Berichterstattung in den Bereichen Außenpolitik, Innenpolitik, Wirtschaft, Kultur erfolgt künftig zentral aus dem nicht unumstrittenen riesigen Newsroom. So wird das Funkhaus in der Argentinierstraße, Hort u.a. der renommierten Radiosender Ö1 und FM4, 2022 endgültig in Richtung „Küberg“ abgesiedelt.

Alle Bedenken gegen diese Entwicklung werden von der alten und der neuen ORF-Führung vom Tisch gewischt. Genügend Stimmen auch seitens der Programm-MitarbeiterInnen haben davor gewarnt, die bisherige durchaus befruchtende Konkurrenz zwischen den unterschiedlichen Redaktionen durch deren Verortung an einer einzigen zentralen Stelle zu gefährden. Wie der multimediale Newsroom konkret ausgestaltet sein wird und wie dort Kooperation und Kommunikation zwischen den erwähnten Ressorts ablaufen werden, bleibt vorerst unklar. Noch wichtiger: Wer wird dort das Sagen haben ?

Weder im Konzept von Weißmann noch in dem von Wrabetz finden sich dazu klar ausgearbeitete Strukturen. Eine Organisationsanweisung soll im Herbst folgen. Die ORF-Redakteursvertreter beklagen jedoch, bei den meisten Planungssitzungen nicht eingebunden worden zu sein. „Da gibt es noch viele Fragezeichen“, so kürzlich Dieter Bornemann vom ORF-Redakteursrat. Auch andere Redakteurssprecher wollen Widerstand leisten gegen einen drohenden politischen Zugriff. Der wird durch „Fusionierung und Zentralisierung“ freilich erleichtert, befürchten Insider.

Sowohl Weißmann als auch Wrabetz versuchen im Zusammenhang mit einem potentiellen neuen zentralen Chefredakteur zu beruhigen. Zu nachhaltig sind offenbar Erfahrungen mit dem unter Generaldirektorin Monika Lindner installierten TV-Chef Werner Mück. Der hatte den Ruf, eifrig als „Exekutor“ im Sinne der ÖVP agiert zu haben. Wie auch immer: Sollte der fast schon legendären Kurz’schen Message-Control auch im ORF verstärkt zum Durchbruch verholfen werden, könnte das an den ORF-Redakteuren scheitern. Deren Sprecher haben angekündigt, parteipolitische Unabhängigkeit „mutig und konsequent“ verteidigen zu wollen.

ORF als Spielball der Politik

Angesichts der Wahl der neuen ORF-Spitze durch den Stiftungsrat stellt sich mehr denn je die Frage nach der Unabhängigkeit der Berichterstattung des für Österreichs Medienlandschaft wohl wichtigsten Unternehmens.

Udo Bachmair

Im ORF-Stiftungsrat, dem oberstes Entscheidungsgremium des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, kann erstmals eine klare Mehrheit der größeren Regierungspartei einen ORF-Generaldirektor allein bestimmen. Das Gremium ist offiziell unabhängig, gemäß österreichischer Realpolitik jedoch parteipolitisch besetzt.

Dass nun die Regierung ohne Rücksicht auf Oppositionsparteien einen nur ihr genehmen Kandidaten in den ORF-Chefsessel hieven kann, erscheint Medienbeobachtern demokratiepolitisch höchst bedenklich. Es liegt nun an den ORF-Journalisten, trotz aller Einflussversuche unabhängige Berichterstattung zu garantieren.

Zur Causa ORF im Folgenden ein Auszug aus einer Rede, die ich aus Anlass einer alternativen Medienenquete gehalten habe :

Ein unabhängiger Rundfunk ist unverzichtbarer denn je.

Natürlich kann und soll der Wert des Öffentlich-Rechtlichen neu diskutiert, teils auch neu definiert werden.

Das erscheint umso notwendiger im Umfeld einer Medienlandschaft, die geprägt ist von einem beispiellosen Konzentration an Boulevardmedien speziell im Osten unseres Landes.

Dem ORF und den Qualitätszeitungen kommt in dem Zusammenhang eine besondere Rolle zu. Auch als Gegengewicht zu all dem, was sich an höchst bedenklichen Inhalten in den sogenannten „Sozialen“ Medien abspielt. Hass und Hetze gegen Minderheiten, insbesondere gegen Flüchtlinge und Asylwerber.

Der ORF dagegen muss ein Hort sein für seriösen differenzierenden Qualitäts-Journalismus

Er kann die Rolle aber nur dann erfüllen, wenn von ihm und seinen Programmitarbeitern Druck genommen wird.

Und: Wenn auch seine Finanzierung gesichert ist.

Aus meiner Sicht sollte das bisherige Finanzierungsmodell erhalten bleiben, teils Werbeeinnahmen, teils Einnahmen über die Gebühren. Diese jedenfalls sollten von den jeweiligen Landesabgaben entschlackt werden.

Keinesfalls zu begrüßen wäre der Vorschlag, den ORF aus dem Bundesbudget zu finanzieren. Denn dann müsste die ORF-Führung jährlich zum Finanzminister pilgern, um demütig die Sicherstellung der weiteren Finanzierung zu erbitten.

Erwartetes Wohlverhalten seitens des ORF verstünde sich in diesem Fall wohl von selbst. Auf der anderen Seite ein noch effektivere Zugriffsversuche der großen Regierungspartei auf das Unternehmen.

Der ORF muss allerdings die finanzielle Unterstützung im wahrsten Sinn des Wortes auch verdienen:

In erster Linie mit Qualität seiner Programme und journalistischer Glaubwürdigkeit.

Diese kann und sollte etwa auch in der außenpolitischen Berichterstattung gestärkt werden. Durch weniger Schlagseite bei so komplexen Causen wie etwa dem Ukraine-, Nahost oder Syrien-Konflikt.

Oder in der innenpolitischen Berichterstattung darauf zu achten, nicht der gespenstisch gut inszenierten Regierungspropaganda auf den Leim zu gehen.

Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk sollte bestrebt sein, seinen Kultur-und Informationsauftrag auch mit einer besseren Durchmischung auf die einzelnen Kanäle zu erfüllen. So wären sicher weitere Programmkorrekturen von ORF 1 vonnöten. Damit kann der Kritik begegnet werden, dieser Kanal sei programmiert wie ein kommerzieller Privatsender.

Das heißt: Der ORF muss sich klar unterscheidbar machen.

Das gelingt zum überwiegenden Teil bei ORF 3 sowie bei Ö 1.

Und das soll so bleiben. Das soll nicht durch neue Zugriffsversuche auf den ORF gefährdet werden.

Wie über Corona „gut“ berichten

„Vom Fachchinesischen ins Österreichische“ war Motto von Günther Mayr (ORF-Wissenschaft)

Hans Högl- Resumé eines Interviews des Leiters der ORF-TV-Wissenschaftsredaktion

In der Zeitschrift „Gesund leben“ von der Wiener Ärztekammer fand sich Günther Mayrs langes Interview (05/21). Ich bringe daraus Passagen: Der 54-jährige Bregenzer Günther Mayr wurde ein ORF-Star, und er ist ein Fußballfan.

Beispiele aus dem Leben helfen dem Zuschauer, sich abstrakte Dinge besser vorzustellen. Günther Mayr: „Meine Erfahrung ist: Erzählt man Geschichten, folgen einem die Menschen. Natürlich muss man sich vorher ganz genau überlegen, wie man diese Geschichten erzählt. … Rückversichern als Qualitätskontrolle auf der fachlichen Seite ist sehr wichtig.“ …Wir (Journalisten) sind keine Virologen, keine Spezialisten. Aber wir versuchen, die Thematik zu verstehen und das „Fachchinesische ins Österreichische zu übersetzen“. Genau diese Übersetzung ist unsere Aufgabe.

Die Zuseher finden es toll, wenn ich das Thema mit einem Augenzwinkern betrachte. Das gibt einem das Gefühl, irgendwie schaffen wir`s schon, auch wenn die Lage ernst ist. Wir Österreicher ticken humortechnisch ein bisserl anders als die Deutschen. Die Angst zu beseitigen, ist in unserer Berichterstattung ein ganz wichtiger Punkt. Wie auch unser Bundespräsident immer wieder sagt: „Irgendwann ist die Sache vorbei!“ „Natürlich ist es zach“ und es geht uns alle unendlich auf die Nerven. Aber Humor ist eine Möglicheit, gesunde Distanz zum Thema zu schaffen.

Die Coronaberichte sollten verlässlich sein und die Menschen nicht durch zu viel Details überfordern. Dazu selbstkritische Worte von Günther Mayr: „Was wir nicht hätten machen sollen – im Nachhinein gesehen – ist, die Wirksamkeit der einzelnen Impfstoffe an genauen Zahlen festzumachen, sie zu vergleichen und darüber zu berichten. Also Impfstoff A wirkt zu 95 %, Impfstoff B zu 92 %. ….Das würden wir aus heutiger Sicht nicht mehr tun. Denn das hat dazu geführt, dass die Leute die Impfungen vergleichen wie Autos. Meins hat 95 PS, deines nur 92 PS. Zur Impf-Verunsicherung – à la: Welchen Impfstoff bekomme ich? haben leider auch die Medien beitgetragen.“ „Und auch einzelne Hersteller“.- „Es hat auch anfangs bei den Masken geheißen: Die helfen nix! Heute weiß man, dass das nicht stimmt…Auch wir haben damals über die Nutzlosigkeit der Masken berichtet, denn wir berichten ja nicht das Gegenteil von dem, was die Fachwelt sagt.“
„Wir sind nicht fehlerfrei, aber wer ist das schon? Es ist die erste Pandemie, die wir erleben- da ist es ganz logisch, dass man von Anfang an, nicht immer alles richtig macht.“

Hans Högl: Eines Tages kann uns wirklich die Klimakatastrophe so massiv und umfassend treffen, dass ein zu häufiges Plaudern darüber zu wenig ist. Dann ist auch verlässlicher Wissenschaftsjournalismus dringend gefordert.

Gegen Korruption und Machtmissbrauch

Das Anti-Korruptionsvolksbegehren ist gestartet. Nun können Unterstützungserklärungen abgegeben werden.

Udo Bachmair

Mindestens 8.401 Unterstützungserklärungen sind notwendig, damit das „Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren“ durchgeführt werden kann. Die Proponentinnen und Proponenten sind sehr zuversichtlich, dieses Ziel zu erreichen. In ihrer Erklärung an die Medien heißt es:

„Fälle von schwerwiegendem Korruptionsverdacht bis zu massiven Angriffen auf den Rechtsstaat verpflichten uns, unsere Stimme auch öffentlich zu erheben“.

„Die schon bisher starke Resonanz zeigt uns, dass die Österreicherinnen und Österreicher nicht länger bereit sind, Korruption und Angriffe auf unseren Rechtsstaat hinzunehmen“, zeigt sich Ex-OGH-Präsident Irmgard Griss, eine der Proponentinnen, höchst erfreut.

„Wir müssen umkehren, bevor es zu spät ist!“ mahnt der renommierte Verfassungsrechtler Heinz Mayer.

Auch eine Reihe von ÖVP-Politikern schließt sich dem Appell an, etwa Ex-EU-Kommissar Franz Fischler. Und Michael Ikrath, früherer ÖVP-Justizsprecher, sagt :

„Wir alle haben ein Recht auf respektierte Gewaltentrennung statt geprobter Regierungsallmacht.“

Heide Schmidt , ehem. 3. Nationalratspräsidentin formuliert als ihr Motiv, einmal mehr aktiv zu werden:

„Die Art der politischen Kultur prägt die Maßstäbe für das Miteinander und damit für unsere Gesellschaft. Die derzeitige Entwicklung gibt Anlass zur Sorge. Dagegen müssen wir etwas tun.“

Unterstützungserklärungen können mit einer persönlichen Unterschrift – unabhängig vom Hauptwohnsitz – in einer beliebigen Gemeinde (in Statutarstädten beim Magistrat, in Wien auf den Magistratischen Bezirksämtern) während der jeweiligen Amtsstunden abgegeben werden.

Die Abgabe von Unterstützungserklärungen ist auch online möglich. Nähere Informationen dazu finden Sie unter
www.oesterreich.gv.at/themen/leben_in_oesterreich/buergerbeteiligung___direkte_demokratie/2/Seite.320472.html