Archiv der Kategorie: Medien und Bildung / Religion

Qualität einer kirchennahen Tageszeitung?!

Hans Högl

Die Grazer „Kleine Zeitung“ hat einen kirchlichen Hintergrund. Nicht nur historisch über den katholischen Pressverein aus dem 19. Jahrhundert. Das wird ihr auch en passent angekreidet – so in einem Gespräch mit einem Redakteur des Wiener sozial-liberalen „Standard“. Andererseits bemerkte der Medienexperte – abgesehen davon habe die „Kleine Zeitung“ durchaus „Qualität“ und „vom Kirchlichen merke man nicht viel“.

Nach gängigem Klischee und üblichen Hausverstand sollte ein Blatt dieser Art einen Film wie „Gelobt sei Gott“ verschweigen, der sich mit kirchlichen Missbrauchsfällen in Frankreich intensiv auseinandersetzt und die Täter mit dem wirklichen Namen nennt. Dies trifft aber ganz und gar nicht zu: Auf ganzen zwei Seiten mit einem Foto würdigt heute das Feuilleton der „Kleinen Zeitung“ diesen Film und den Regisseur Francois Ozon (30.11.2019).

Anlässlich der „Amazonas-Synode“ und der künftigen Weihe von bewährten Personen („viri probati“) zu Priestern im Amazonasgebiet, schrieb die „Kleine Zeitung“, zweimal, es falle das Dogma des Zölibats und dies im Titel auf der ersten Seite und im Kommentar auf einer Innenseite. Das erstaunt insofern, als das Zölibats-Gesetz als kirchenrechtliche Festlegung kein unveränderliches Dogma ist, sondern prinzipiell veränderbar. Und dies eben in den Augen der Kirche selbst. Da stellt sich die Frage nach den religiösen Kenntnissen der Redakteure.

Im Übrigen: Die Anzahl der eigentlichen Dogmen- auch in den protestantischen Kirchen gibt es sie ( !) ist viel geringer, als die breite Öffentlichkeit annimmt.

Zum Allgemeinen: Die „Kleine Zeitung“ ist als Tageszeitung sehr angesehen in der Steiermark und in Kärnten. Darüber hinaus ist der Österreich-Teil sehr professionell und versucht eine parteipolitisch faire Berichterstattung. Was ihr auch weithin gelingt. Darin gehört sie zu den besten in Österreich.

Migration:Zwischentöne unerwünscht!

Die Autorin Barbara Frischmuth wurde zu ihrem 70. Geburtstag 2011 vom „Standard“ interviewt. Es ist aus Sicht der Medienkultur lohnend, einen Abschnitt davon in Erinnerung zu rufen. Wenngleich das Thema Migration in den Hintergrund gerückt ist.

Hans Högl

Die Autorin ist Orientalistin, lebte in der Türkei und in Ägypten. Im Rahmen einer anderen Recherche bei meinem Aufenthalt im Ausseerland, dem Wohnort von Barbara Frischmuth, stieß ich auf das obige Interview, worin sie bedenkenswerte Aussagen über Medien trifft.

Standard: Gibt es in Österreich eine Streitkultur?
Frischmuth: Die Podien z. B. zum Thema Integration sind immer hochkarätig besetzt, aber selten mit Menschen, die man integrieren will. Das ist ein Zeichen dafür, wie sehr wir noch auf der Deutungshoheit bestehen, wie wir bestimmen wollen, welche Probleme diese Menschen haben dürfen und welche nicht.

Die Integrationspolitik orientiert sich zu wenig an den Menschen und deren Problemen. Ich werde auch öfter um meine Meinung gefragt, aber die meisten Medien wollen nur verknappte Diskussionsbeiträge. Kopftuch: Ja oder Nein? EU-Beitritt der Türkei: Ja oder Nein? Islam: gut oder böse? Zwischentöne unerwünscht. Es gibt vieles, das auch ich kritisiere. Aber der Streit im Sinn von eine Lösung „erstreiten“ wird dabei zu wenig geübt.

Standard: Sind die Österreicher fremdenfeindlicher als andere?

Frischmuth: Als manche andere. Das sieht man schon an der Abwehrhaltung gegen Flüchtlinge. Damit meine ich nicht, dass man Zuwanderer verklären soll. Warum sollten sie die besseren Menschen sein, sie haben es schwer genug. Dennoch müssen auch sie ihren Beitrag zu einem Einvernehmen leisten. Es gibt zu wenige Intellektuelle, die sich mit dem Thema Zuwanderer genauer befassen. Es muss eine Lösung gefunden werden, die für alle tragbar ist, und das ist schwierig, aber auf die Strache-Tour geht es sicher nicht.

Gletscher und Erforschung der Alpen

Hans Högl

Aus der medialen Flut ragen manchmal hochstehende Beiträge hervor: Ich meine hier als Exempel den ausführlichen, sehr gut recherchierten und spannenden Artikel „Abschied vom ewigen Eis“ von Wolfgang Machreich in der Wochenend-Beilage der Wiener Zeitung am 25. Oktober 2019.
Der Autor verweist auf den Klimawandel, der zum Abschmelzen der Gletscher führt. Und es ist ein Nachruf und eine Würdigung seiner frühen Erforscher, so auf den Geografen und Dachstein-Spezialisten Friedrich Simony (1813-1896). Die Erkenntnis, dass die Alpen in Urzeiten weithin von Gletschern bedeckt waren und sich Fossilien in den Bergen fanden, begegnete Widerstand von Seiten eines wortwörtlichen Verständnisses der biblischen Geschichten.

Handke und Serbien: Außerhalb der Norm von Medien und Politik

Die Jugoslawienkriege wären vermeidbar gewesen, hätten sich westliche Politik und Medien nicht auf eine Seite der nationalistischen Akteure gestellt. Das meinen manche Zeithistoriker, aber auch Peter Handke, der mit seiner proserbischen Haltung erneut Empörung ausgelöst hat.

Udo Bachmair

Handkes Grundthese war, vor allem in der deutschen und österreichischen Berichterstattung über die Jugoslawienkriege komme die serbische Seite nicht zu Wort. Und wenn, sei Serbien als Feindbild dargestellt worden. Tatsächlich lässt sich belegen, dass auch renommierte westliche Medien, vor allem in Deutschland und Österreich, einseitig Partei gegen Serbien ergriffen haben.

Kriegsverbrechen kroatischer Nationalisten hatten die meisten Medien ausgeblendet. Ich erinnere mich als ORF-Moderator, dass es eine inoffizielle „Weisung“ seitens des konservativen Generalintendanten Bacher gegeben hat, in der Berichterstattung auf Seiten des „christlichen Abendlandes“, also auf Seiten des katholischen Kroatiens zu stehen..

Aus der damaligen Sicht weniger kritischer Geister, die die weitgehend antiserbische Haltung als einen provokanten konfliktfördernden Fehler von Politik und Medien gehalten haben, erscheint die Gegenposition Handkes auch heute erklärbar, wenngleich dessen mangelnde Distanzierung von serbischen Kriegsverbrechen zu recht kritisiert wird.

Die Kritiker der „leichtfertigen Auflösung Jugoslawiens“ klagen noch heute den damaligen Außenminister Mock an, der sich Hand in Hand mit dem deutschen Kanzler Kohl zu einer einseitig prokroatischen Propaganda-Achse zusammengefunden habe. Zudem habe die „zu früh anerkannte“ Loslösung Sloweniens und Kroatiens aus dem jugoslawischen Staatsverband den Konflikt erst recht eskalieren lassen.

Interessant im Zusammenhang mit dieser Causa ist ein in der Rhein-Neckar-Zeitung veröffentlichtes Interview, das der Journalist Volker Oesterreich mit dem deutschen Theatermacher und Ex-Burgtheaterdirektor Claus Peymann geführt hat.

Dazu der folgende Gesprächsausschnitt :

Herr Peymann, seit der legendären Uraufführung der „Publikumsbeschimpfung“ im Jahr 1966 haben Sie viele Stücke von Peter Handke inszeniert. Nun polarisiert er wieder wegen seiner Haltung zu Serbien während des Balkankriegs und wegen seiner 2006 gehaltenen Grabrede für den serbischen Kriegsverbrecher Slobodan Milosevic. Ist die Empörung gerechtfertigt?

Ganz gewiss nicht. Es muss ja möglich sein, dass ein Schriftsteller seine Meinung vertritt und den Untergang von Jugoslawien bedauert – auch wenn er das anhand bestimmter Personen festmacht. Ich war indirekt beteiligt, weil ich 1999 Handkes Stück zum Jugoslawien-Konflikt am Burgtheater uraufgeführt habe: „Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg“. Als eine Art Reisemarschall bin ich mit ihm in eine kleine Enklave in den Kosovo gereist, Handke hat dort das Preisgeld des Heinrich-Heine-Preises in eine Dorfschule investiert. Diesen Humanismus kann man ihm nicht ankreiden. Bei unserer Reise habe ich viel begriffen von seiner Haltung und seiner Religiosität, auch von seiner Liebe zu Serbien und zur serbischen Kultur.

Und der Streit jetzt?

Dieser Konflikt ist total aufgeblasen. Letztlich spielt dabei Handkes ungewöhnlicher Charakter eine entscheidende Rolle. Er ist kein Opportunist, er richtet sich nicht nach der Mehrheit, sondern spricht seine eigene Meinung aus, wie das Schriftsteller machen sollen. Denken Sie an den Streit um Martin Walser oder um Günter Grass – das sind ungewöhnliche Persönlichkeiten, die sich nicht an die Norm halten.

Bekommt Handke also den Nobelpreis zu Recht?

Es war die schönste Nachricht des Jahres für mich, dass er den Nobelpreis bekommt. Ich bewundere ihn sehr. Das ist ein großer, alter Mann, und ich hatte das Glück, einen Teil meines künstlerischen Weges mit ihm gehen zu können. Ich erwäge, ob ich nach Stockholm mitfahre, um dabei zu sein, wenn Handke den Thron der Weltliteratur besteigt.

Aschenbrödel-Info: Über 100 Millionen Arme in der EU!

In einer Zeitung muss man alles lesen. Auch das Kleinste. Das schrieb der französische Präsident De Gaulle. Hier ein eklatanter Fall: Eine niedliche Kurzinfo über extrem Folgenreiches.

Hans Högl

Ich schätze die „Wiener Zeitung“, aber etwas war heute ärgerlich. Sehr. Ein kritischer Blick auf ihre Gestaltung, auf das Layout. Von US-Präsidentschaftskandidat Sanders handelt ein umfangreicher Bericht mit fünf großen Spalten und parallel dazu ein großes Foto. Sanders kämpft um seine letzte Chance. Das ist recht wichtig für die US-Amerikaner. Dann darunter: Die Tumulte im Hongkonger Parlament. Das ist recht wichtig für Hongkong! Auch diesen dreispaltigen Bericht unterstreicht ein Foto. Der Text zählt 43 Zeilen und ist wie folgender auf Seite fünf.

Dagegen ist ein für uns Europäer äußerst wichtiger Text winzig! Er hat nicht 43 Zeilen, sondern 12, also rund ein Viertel des Hongkong-Berichtes. Worum geht es? Auf 12 winzigen Zeilen und als völlig nebensächlich im Layout (ganz rechts unten) in der Rubrik „Kurz notiert“ auf Seite fünf heißt es mit einem niedlichen kleinen Titel: „Armut in der EU sinkt“.

Und dann geht aus dem völlig beiläufig platzierten Text hervor: Im Vorjahr waren 109,2 Millionen Menschen oder 21,7 Prozent (also jeder fünfte Mensch in der EU) von Armut betroffen. Und es gibt sogar einen Rückgang um 0,8 Prozent (das sind 2,7 Mio Menschen. Laut einer Eurostat-Aussendung war weiterhin Bulgarien mit 32,8 Prozent negativer Spitzenreiter. D.h. jede dritte Person in Bulgarien ist arm. Und das faßt die „Wiener Zeitung“ (17. Okt.) unter dem Titel „Armut in der EU sinkt“ zusammen. Es ist ein peinliches Eingeständnis, dass in der EU riesige soziale Probleme bestehen, die möglichst wenig bewusst werden sollen.

Nicht zufällig verachten Medienpraktiker das Publizistikstudium. Das hat gute Gründe. Eine wissenschaftliche Analyse schärfte meinen Blick für Irreführungen durch Medien. Dies war die Textanalyse in meiner Dissertation über die „Pentagon Papiere“ zum Vietnam-Krieg: Ich verglich dazu „Le Monde“ mit der „Frankfurter Allgemeinen“. So entdecke ich leichter inhaltliche Verzerrungen, aber auch Leser werden das bemerken. Keine Frage: Der euphemistische Titel „Armut in der EU sinkt“ soll so wenig wie möglich gelesen werden! Es gilt die Schliche der Chefredakteure zu durchschauen.

ORF-Ressort Religion als PR-Abteilung ?

Der ORF „leistet“ sich eine Religionsabteilung. Eines der Alleinstellungsmerkmale des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Garantie auch für anerkannt gute journalistische Arbeit.

Udo Bachmair

Längst ist die „ORF-Religion“ kein ( katholischer ) „Kirchenfunk“ mehr. Die Redaktion der Abteilung versteht sich in kritischer Äquidistanz zu allen Religionen. Darum hat sich vor allem der legendäre frühere Ressortleiter Peter Pawlovsky verdient gemacht. Und auch die neue Chefin des Religionsressorts, Barbara Krenn, führt diese Tradition bestmöglich fort.

TV-Highlights wie „Orientierung“ oder „Kreuz&Quer“, die ich einige Jahre die Ehre hatte zu moderieren, stehen für ORF-Qualität, wie sie der öffentliche Kultur- und Informationsauftrag des ORF zu erfüllen hat. Und auch das ORF-Radio bietet von „Religion aktuell“ bis „Praxis“ und zahlreichen weiteren Sendungen qualitative Berichterstattung.

Vor diesem Hintergrund sei Ihnen eine in der „Wiener Zeitung“ veröffentlichte Analyse von Barbara Krenn nicht vorenthalten, die Bezug nimmt auf einen kritischen Gastkommentar von Gerhard Engelmayer. Ausgehend vom Religionsunterricht kritisierte der Autor u. a. das Konkordat und auch die ORF-Abteilung Religion.

Darauf hat Barbara Krenn in der Wiener Zeitung folgendermaßen reagiert :

Die ORF-Religionsabteilung ist weder „Kirchenfunk“ noch PR-Abteilung der Kirchen

Barbara Krenn

Im Gastkommentar von Gerhard Engelmayer geht es im Zusammenhang mit dem Konkordat unter anderem auch um die Religionsberichterstattung und die Religionsabteilung des ORF. Der Autor stellt darin folgende Behauptungen auf:

„Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk diktiert dieser Vertrag (Anm: gemeint ist das Konkordat)sogar Sendungen, deren Inhalt die Kirche bestimmt.“ Das ist falsch.

„. . . denn was gesendet wird, geht durch die ‚kleine Zensur‘: Der Stephansplatz gibt sein Sanctus, er dirigiert schließlich – mittelbar auch aufgrund des Vertrages – eine eigene ORF-Abteilung, die Religionsabteilung.“ Das ist falsch.

„Ihr Leiter ist ein ehemaliger Pastoralassistent.“ Das ist falsch.

Richtig ist vielmehr: Als Journalistinnen und Journalisten der Religionsabteilung sind wir – wie alle anderen Journalisten des ORF auch – dem ORF-Gesetz verpflichtet. Wir haben daher nicht nur das Recht auf Unabhängigkeit, sondern auch die Pflicht dazu.

Die Religionsabteilung des ORF ist weder „Kirchenfunk“ noch PR-Abteilung der Kirchen und Religionsgemeinschaften. Weder bei den Sendungsinhalten noch bei der Bestellung von Mitarbeitenden hat „die Kirche“ beziehungsweise „der Stephansdom“ ein Mitspracherecht.

Der ORF ist den Bürgerinnen und Bürgern Österreichs verpflichtet. Das bedeutet: Vielfalt und Diversität sind zentral. Genauso wie der ORF aktuelle Information und Unterhaltendes bieten muss, hat er Sportbegeisterte, Kulturinteressierte, Menschen am Rande der Gesellschaft und auch Religionsaffine anzusprechen.

Für die Religionsabteilung bedeutet das unter anderem: Menschen über ihre Glaubens- und Wertvorstellungen miteinander ins Gespräch zu bringen; der Frage nach dem Stellenwert von Religion in einer aufgeklärten Gesellschaft nachzugehen und auch das Verhältnis von Religion und Politik, von Glaube und Vernunft zu diskutieren. Und es bedeutet – auch dazu verpflichtet das Gesetz den ORF -, über alle gesetzlich anerkannten Kirchen (und nicht ausschließlich die römisch-katholische Kirche!) und Religionsgemeinschaften in Österreich – derzeit sind es 16 – angemessen zu berichten. In kritischer Distanz wohlgemerkt.

P.S.: Weder ich noch mein Vorgänger waren im früheren beruflichen Leben Pastoralassistent/in.
( Barbara Krenn )

Literarische Total-Kritik der Medienwelt

Es ist so, als ob wir die geheimen Gedanken und Strategien der Chefredakteure und Herausgeber von „Massen“-Medien erfahren: Und dies beiläufig in Thomas Sautners Roman „Fremdes Land“. Es ist eine fundamentale, literarische , also keine wissenschaftliche Medienkritik – vor allem an den am weitest verbreiteten Medien – wie an vielen Fernsehsendern, am Boulevard, an schreiend farbigen Magazinen. Die Rezension des Romans boten wir bereits im letzten Blog.

Hans Högl: Text aus Thomas Sautners Roman „Fremdes Land“ S. 66 f. :

„Diesmal war tatsächlich Ruhe. Und das in einer Branche, die in den letzten Jahrzehnten herabgesunken war zum Lieferanten billigsten Zeitvertreibs. Alles andere, lenkten die Medienleute von ihrer Unzulänglichkeit ab, ziele an den Bedürfnissen der Konsumenten vorbei, gehe ins Leere. Die Konsumenten hätten Alltagsprobleme genug: Sorgen um Heim und Kinder, Ärger im Job, die üblichen kleinen Unzufriedenheiten und Streitereien, das tägliche Gegeneinander.

Da bleibe kein Platz für intellektuell Forderndes, für Kontroverses, für Analytisches. Das Leben der Menschen orientiere sich nun einmal an einem Horizont, der von Tag zu Tag reiche. Entsprechend kurzweilig gelte es das Medienprogramm zu gestalten. Was die Leute demnach wollten, waren Reality-Shows bar jeder Realität, waren Prominente inklusive ihrer Schicksalsschläge und Skandälchen, waren Kino, Kosmetik, Kurzurlaub. Gurusendungen und Horoskop, durchmischt mit Wetter. Glücksspiele, Astro-Tipps und Rätsel. Harter Sport und putzige Tiere. Das war Vielfalt genug. Daraus bestand das Leben der meisten Menschen, der Stoff, aus dem ihre Träume und Sehnsüchte gemacht waren – und gemacht werden konnten. Anderes wünschten sie nicht. Weitreichendes überforderte sie. Das Große und Ganze ebenso wie tiefere Zusammenhänge. Oder gar die Idee des leitenden Gedankens.

Hand in Hand ging die Medienarbeit mit dem Bestreben der Wirtschaft, ihre Marken für die Menschen unverzichtbar zu machen“……

NB. Hans Högl: In dieser Kritik sind wohl nicht gemeint jene qualitativen Medien, die es auch gibt; aber deren Reichweite bestenfalls jeden Zehnten erreichen. Österreichs Qualitätszeitungen erreichen in etwa jeden Zwanzigsten (4 – 6 %!). ARTE erreicht 1 %, 3-sat ca. 2-3%, Radio Ö 1 bestenfalls 10 %.

Lob für den Kultur- und Informations-Spartensender ORF III

Hans Högl

Der TV-Sparten-Sender ORF III verdient, positiv hervorgehoben zu werden; denn er bietet eine Fülle, ja fast eine Überfülle von wertvollen Dokumentationen – so über Österreichs Kultur, Politik, Geschichte und über Europa. Manchmal würde man gern im Vorhinein in Printmedien ein wenig mehr erfahren, was in etwa der Inhalt der Filme und Reportagen ist.

Ich sah vor meiner Burgundreise den Film über Kaiser Maximilian und über seine Heirat mit Maria von Burgund.Der Geschichtsunterricht wäre wohl überfordert, abgesehen von der europäischen Bedeutung dieser Heirat – Näheres über die politischen Hintergründe dieser Vermählung zu vermitteln. Der Film veranschaulichte, welche Spannungen diese Heirat mit den Stadtherren in den Niederlanden auslöste und verwies auf die diplomatische Verwicklungen und führte zu einem Krieg mit Frankreich, das ebenso den Burgund für sich beanspruchte. Für mich blieb vorerst unbeantwortet, ob und inwiefern der Spielfilm auch den historischen Tatsachen entsprach. Das wäre vielleicht als Vor- oder Nachwort wünschenswert.

Am Samstag, den 12. Oktober 2019 Nachmittag, war die oberösterreichische Region Mühlviertel im Blick. Diese gilt wie das niederösterreichische Waldviertel als wirtschaftliche Randzone, angrenzend an Böhmen. Die ORF III Sendung brachte mutmachende wirtschaftliche Initiativen aus dieser durch Granit geprägten Landschaft – über Biolandwirtschaft, Hopfenanbau, Leinenweberei….Er zeigte, wie Menschen durch Kreativität selbst in Regionen mit wenig Industrie ihr Überleben sichern. Das war konstruktiver Journalismus im besten Sinne.

Ein Hinweise für unsere deutschen Leser: Das Mühlviertel ist zumindest geologisch dem Bayerischen Wald und dem niederösterreichischen Waldviertel ähnlich. Die Bezeichnung Waldviertel ist insofern irreführend, als es neben Wäldern auch Feldwirtschaft und Wiesen gibt.

Zivilgesellschaft (NGOs) unter Druck

Hans Högl. Originalbericht

Wien, 9. Oktober. Im Rahmen der „Gesellschaft für politische Bildung“ referierte Gudrun Rabussay-Schwald von Amnesty International (= AI) zum Thema „Zivilgesellschaft unter Druck- wieviel Spielraum bleibt uns noch?“ Ort: Bezirksmuseum Hietzing Wien 13.

Wie gehen Organisationen mit steigendem Druck und Diskriminierung („NGO-Wahnsinn…) um)? Die Referentin sieht seit 2016 weltweit einen sich verengenden Spielraum. Das EU-Parlament nennt dies „Shrinking Space“. Doch die Europäische Menschenrechtskonvention ermöglicht Verstöße gegen Menschenrechte einzuklagen. In letzter Zeit mache sich ein „Chilling Effekt“ bemerkbar, also eine Abkühlung von Engagement. Menschen sind bedroht in ihrer Sicherheit, es gibt Morde, Folter, Missbrauch, Verleumdung, Diskriminierung, Landraub. 2013 wehrte sich Edgar Snowden gegen die Massenüberwachung. Die Referentin führte das Profiling in China an, die geplante Überwachung des riesigen Volkes in einem 1.000 Punktesystem, wobei auch kleine Übertretungen mit Personen (Gesichts)-Erkennung protokolliert werden.

AI hält fast jeden Schultag in Österreich einen Vortrag. Es kommt vor, dass diese abgesagt werden. Es ergibt sich eine Relation von rund 200 gehaltenen Vorträgen zu fünf abgelehnten. Aber über solch` abglehnte spreche man eben…

Für AI sind Verstöße gegen Menschenrechte im Blick: solche gegen Versammlungs- und Meinungsfreiheit, Schutz des Eigentums und auf Privatheit, Bewegungsfreiheit, Recht auf Arbeit…
Im Publikumsgespräch wurde auf Menschen-Pflichten hingewiesen. Das Asylrecht ist universell, doch manche Rechte gelten kontextuell. Bewegungsfreiheit meint Freiheit, sich innerhalb e i n e s Staates niederzulassen, also nicht weltweite Niederlassungsfreiheit.Doch die europäischen Bürger haben die Freiheit, innerhalb der EU arbeiten und leben zu dürfen. Analog kann im Sinne der Menschenrechte nicht jeder Mensch Wohnung und Arbeit konkret einfordern. Hintergrund der Frage war die hohe Arbeitslosigkeit Jugendlicher in Italien und Spanien.

ARTE -Medientipps

Hans Högl

MEDIENTIPPS AUS ARTE-Programm

Yangtse-Unterwegs in China. Reise entlang des Flusses.Mit Shanghai.Je: 17.10 Uhr Mo 7.Okt.,Die 8.Okt.,Mittw. 9.Okt./Do u. Fr.

André Malraux. Schriftsteller,Kulturminister. MI 9.Okt. 22:05 Uhr.

Borgen-Gefährliche Seilschaften. Dänischer Politikfilm (preisgekrönt!) Do 10.Okt. 23.15 Uhr

Winter des Schreckens. Die ersten Siedler in den USA. Jamestown im Jahr 1607. So 13.Okt. 20:15 Uhr Geschichtsdoku

Erich Mielke-Meister der Angst. Minister der Staatssicherheit in der DDR
Die 15.Okt. 20.15 Uhr. In der Mediathek bis 21.10

Das Salz der Erde.Zu Ehren des großen brasilianischen Fotografen Sebastiao Delgado
Mittw. 16.Okt. 00:00. in Mediathek bis 22.10.

Kuba- Flüchten oder Standhalten? Gesellschaftsdoku. Do 17.Okt 17: 40 – 18:35