Archiv der Kategorie: Medien und Bildung / Religion

Handyverbot in Schulen?

In der laufenden Debatte um Handys in Schulen mehren sich in Medien Forderungen nach einem Verbot.

Hans Högl

Wer auch nur fallweise öffentliche Verkehrsmittel nützt, sieht in welchem Ausmaß das Handy benutzt wird – auch von Schülern und Schülerinnen. Wer beobachtet je, dass irgendetwas vom Unterricht wiederholt wird? Dazu brachte das Blatt „Die ganze Woche“, das ich gelegentlich wegen des guten TV-Programms kaufe, einen bemerkenswerten Beitrag zum Handy-Gebrauch in Schulen (Nr 41/2023)

Die Schlussfolgerung daraus: „Welche Regelung es im Umgang mit dem Mobiltelefon gibt, bestimmt jede (österreichische) Schule selbst.“ Ein generelles Verbot sei „weder sinnvoll noch umsetzbar“, sagt der Pflichtschul-Gewerkschafter Paul Kimberger.

In der Einleitung des Beitrages wird allerdings darauf verwiesen, dass in Frankreich bereits ein Handy-Verbot in Schulen besteht, und Großbritannien und die Niederlande führen das Handy-Verbot in der Schule ein.

In der Mittelschule in Gleisdorf in der Steiermark legen die Schüler und Schülerinnen nach Betreten der Schule das Handy in ihren Garderobenspind. Dies ist Teil der auch mit den Eltern gemeinsam vereinbarten Hausordnung, sagt Schuldirektor Bernhard Braunstein.

Am 6.Juli 2019 schrieb ich bereits Folgendes: In einer internationalen Studie wurden auch 7.600 österr. Schüler/innen befragt, nämlich in der 5.,7.,9.,11. Schulstufe. Demnach beschäftigt sich ein Viertel aller Mädchen und ein Fünftel aller Burschen täglich mehr als fünf Stunden im Sitzen oder Liegen mit dem Handy.

Brodelndes Wien 1913

Das jüngst im Molden Verlag erschienene Buch von Günther Haller „Café Untergang. Stalin, Hitler, Trotzki, Tito 1913 in Wien“ bietet spannende Lektüre.

Hans Högl

Der Historiker Günther Haller erörtert in sorgfältiger Recherche das brodelnde Wien kurz vor dem Ausbruch des 1.Weltkrieges im Jahr 1913, wo Stalin, Hitler, Trotzki und Tito leben und nur zwei sich begegnen. Hitler und Stalin kommen aus der Peripherie ihrer Staaten und steigen zu Diktatoren auf. Schon v o r Juni 1914 – dem Attentat an Erzherzog Franz Ferdinand- bestehen massive politische Spannungen zwischen der K.u.k-Monarchie mit Serbien. Maßgebliche Personen drängen Kaiser Franz Josef zum Krieg mit Serbien bereits v o r dem Attentat.

Wer in diesem Buch liest – voll in Spannung gehalten – staunt über die Details. Es gab in Wien damals so viele Russen wie in einer Kleinstadt. Der Autor suchte sogar die Meldezettel heraus, und schildert Näheres über die berühmten Migranten, Adressen, wo sie wohnten, so Stalin in einer bequemen Pension in der Schönbrunnerstraße 30. Eine Gedenktafel erinnert bis heute daran. In anderen Staaten wurden solche Erinnerungstafeln entfernt (S. 178 f.). Stalin nennt sich Stavros Papadopoulos und trägt manchmal in Verkleidung eine zaristische Uniform (S. 19).

Stalin und Trotzki schätzen einander nicht. Der weltmännische Trotzki (S. 44) spricht fließend Deutsch und Französisch, trägt schwarze Anzüge und weiße Manschetten. 1905 wurde er bei einem misslungenen Aufstand in Petersburg verhaftet. Auf dem Weg in die sibirische Verbannung gelang ihm die Flucht. Von 1907 bis 1914 lebte Trotzki in Wien, er wuchs in einem ukrainischen Dorf nicht weit von Cherson auf (S. 79). In Wien hielt er sich mit journalistischen Arbeiten über Wasser.

Nicht nur Trotzki, sondern auch Stalins Helfer in Wien bei der Nationalitätenfrage, Nikolai Bucharin, werden eines Tages durch Stalin vernichtet. Bucharin – ein Gegenpol zu Stalin- wurde nach einem Schauprozess am 13. März 1938 ermordet (S. 178).

Josip Broz alias Tito werkt als Schlosser in Wr. Neustadt und wohnt in der Hauptstraße 8. Oft geht er zu Fuß am Wochenende nach Wien. Er wuchs im Nordwesten Kroatiens an der Grenze zu Slowenien auf, als siebtes Kind einer kleinbäuerlichen kroatisch-slowenischen Familie im Dorf Kumrovec bei Zagorlje (S. 36). In Österreich erkannte er, dass die Südslawen zusammenhalten sollten.

Ausführlich wird Trotzkis Person und Leben geschildert. Er verkehrt oft im Café Central in der Herrengasse, und es war Victor Adler, der Einiger von Österreichs Sozialdemokraten, der russischen Migranten Geld zusteckte. Österreichs Polizei verhielt sich zu Migranten zurückhaltend, dazu drängten sie die Wiener Touristiker. So waren hier politische Revolutionäre sicherer als in Deutschland. Verwaltet wurde dieses Land von der „besten Bürokratie“ Europas, so Robert Musils Urteil über Kakanien, über jenen Staat, „der in vielem ohne Anerkennung vorbildlich gewesen ist “ (S. 1231). Im Buch wird die Monarchie im allgemeinen kritischer dargestellt als bei Stefan Zweigs „Welt von gestern“ .

Stalin kam im Auftrag Lenins nach Wien. Er soll die Nationalitätenfrage studieren. Und Stalin verfasste dazu eine Schrift, aber bei ihm blieb vom Begriff Nationalität wenig übrig. Was sollte er damit anfangen? Sein Fazit: „Es gibt keine Nationen, es gibt nur die internationale Gemeinschaft der Arbeiter.“ Für das Fortschreiten der Weltrevolution erschienen die Interessen der kleinen Nationen und Völker bald nur noch hinderlich“ (S. 147). „Der Marxismus setzt an die Stelle jeglichen Nationalismus den Internationalismus, die Verschmelzung in einer höheren Einheit“, hieß es bei Lenin. Damit war der Weg quasi zu einem zentralistischen Einheitsstaat gebahnt. Der Georgier Stalin dekonstruierte den Begriff Nationalität auf Null. Die Nation galt ihm als Erfindung der kapitalistischen Klassen, das „Vaterland“ als Instrument der Bourgeoisie zur Ausbeutung der Arbeiterschaft, die Religion als Mittel zur Verblödung des Volkes, die Moral als Zeichen dummer Schafsgeduld. „Es gab rein gar nichts, was nicht in den Kot einer entsetzlichen Tiefe gezogen wurde“.so Günther Haller (S. 177).

Der Staatsrechtler Edmund Bernatzig schrieb zur Nationalitätenfrage 1912: Man könne sehr gut fordern, „dass jede Nation alle ihre Angehörigen in einem souveränen Staat vereinigen können soll. Doch sei das in modernen Staaten mit ihrer Gemengelage verschiedener Nationalitäten unmöglich.“ Also müsste Politik Staat und Nationalität miteinander in Einklang bringen. In Österreich gebe es acht Nationalitäten…. Bernatzig hielt den Ausgleich von 1867 insofern „als unbegreiflichen Fehler“, weil Deutsch nicht als Amtssprache festgelegt wurde. Die Lösung sah er in „nationaler Autonomie“, wobei das Gleichheitsprinzip und die gemeinsame Verständigungssprache gewahrt werden (S. 122 f. ). Doch die Slawen lehnten eine Assimilation in der Monarchie ab. Das allgemeine, gleiche Wahlrecht wurde 1907 eingeführt. Doch Kaiser Franz Joseph konnte sich „zeit seines Lebens nie mit der Institution des Parlaments anfreunden“ (S. 127).

Aufschrei einer engagierten Christin

Die niederländisch/deutsche Dominikanerschwester Yosé Höhne Sparborth hat deutliche Worte gegen das Massensterben in Gaza gefunden. Sie appelliert an Medien und Politik, darauf einzuwirken, weiteres Blutvergießen sofort zu stoppen. Im Folgenden ein Text der Autorin, den uns Adalbert Krims zur Verfügung gestellt hat.

Yosé Höhne Sparborth *

Vor drei Wochen beendete ich eine Bibelstunde mit der Bemerkung:

„Seit 75 Jahren lassen wir Europäer das palästinensische Volk stellvertretend erleiden und „büßen”, was wir Europäer dem jüdischen Volk Jahrhundertelang erleiden ließen mit dem beschämenden Tiefpunkt des Holocaust. 75 Jahre lang schon schauen „wir” europäische Völker zu, wie das palästinensische Volk die Rechnung serviert bekommt und die Folgen zu tragen hat für dieses jahrhundertelange europäische Verbrechen.

Eigentlich schon lange, aber jedenfalls jetzt sollten also europäische Politiker alles tun, um Netanyahu zu stoppen bei diesem langsamen Massenmord. Alles tun, bis beide Völker eigenen Lebensraum erlangen und als Nachbarn leben können. Keine weiteren „Interessen” des „Westens” dürfen hier noch berücksichtigt werden oder die westliche Politik bestimmen. Es reicht jetzt! Es reichte schon lange!

Unbegreiflich ist für mich ist, wie deutsche Politiker nicht durchschauen, dass sie eine neue historische Schuld auf sich laden! Deutschland organisiert in diesen Tagen, Wochen, ein „Wieder”!
Wieder ein Volk, das dem nationalen deutschen Volksempfinden geopfert wird… Und manche europäische Politiker machen mit. Oder schauen zu.

Ich, ursprünglich als Deutsche geboren, mit niederländischem Pass, Tochter eines deutschen Antifaschisten (und einer Niederländerin), der Dachau erleben musste, weil er sich weigerte, Juden zu entlassen, weil er nicht mitmachte mit dem allgemeinen Judenhass. Ich muss mich wieder einmal schämen für mein Volk, das mehr zu eigenen Gefühlen steht als zu den realen Verhältnissen im Nahen Osten. Ist dieses Volk unfähig zu lernen aus der Geschichte?

* Die Dominikanerschwester Yosé Höhne Sparborth war in der niederländischen katholischen Basisbewegung, später in der Friedensbewegung aktiv.

„Andere Wahrheiten“

Das neue Buch von Konrad Paul Lissmann „Lauter Lügen und andere Wahrheiten“ bot den ideellen Hintergrund für das Philosophicum Lech, das 2023 dem Thema „Alles wird gut. Zur Dialektik der Hoffnung“ gewidmet war. Im Folgenden einige von unserem Autor ausgewählte Zitate.

Hans Högl

Konrad P. Lissmann zum öffentlichen Diskurs und medialer Einseitigkeit:
„Wer übertreibt, kennt nur eine Sache. Das führt dazu, dass jede Saison ihr Thema hat, bei dem es um Sein und Nichtsein geht.“ „Jede Unterbindung einer Erörterung ist eine Anmaßung von Unfehlbarkeit „(p. 54). Lissmann bezieht sich darin auf John Stuart Mills Buch „Über die Freiheit“.

Lissmann fragt: „Warum werden alle Debatten, ob über den Rassismus oder das Klima, über das Virus oder den politischen Auftrag der Kunst, sofort hysterisch zu einem Entweder-oder stilisiert, das keine Zwischentöne mehr kennen darf“(p. 181). In der Gender Debatte werden Verweise auf biologische Fakten ignoriert (p. 18). Und es fällt das Wort „Lückenpresse„.

Sehr interessant ist sein Hinweis auf das Wort „Mohr“. Mohr wurden im Mittelalter Apotheken genannt -anerkennend die Überlegenheit der arabischen Heilkunst (p. 86). Darum erscheint die Ablehnung fragwürdig.

Zur Pandemie und Zumutungen der Demokratie: In der Moderne war Krankheit nur noch als individuelles Problem präsent, nicht als kollektives Ereignis. „Die Krise offenbarte, dass viele ihre individuelle Freiheit ohne jenen politischen und sozialen Rahmen denken wollen, der diese überhaupt erst ermöglicht.“ Was im Falle einer Krankheit für den Einzelnen gilt u. fraglos akzeptiert wird, gilt in einer Pandemie für die Gemeinschaft. Gewohnte Lebensvollzüge werden unterbrochen, das Konsum- und Freizeitverhalten kann nicht bruchlos fortgesetzt werden (p. 172-176). Laut Thomas Hobbes hat im Ernstfall Sicherheit immer den Vorrang vor Freiheit.

Krisen, Sorge und Klimafrage: Auf den Grund zur Sorge verwies Heidegger in „Sein und Zeit“. Sorge wurde zur Grundstimmung unserer Epoche, und Liessmann nennt: Schmelzen der Polkappen, Hunger, Terror, Kriege, Bildungswesen, die EU, Flüchtlinge, Rechtspopulismus, Krise der Demokratie und Verletzung der Menschenrechte. Alles Gegenstände der Besorgnis. Und Lissmann schließt: „Angesichts des Lebens aber sollte es hin und wieder vielleicht doch heißen dürfen: „Nicht alles ist ein Grund zur Sorge“. Zur Bildung erwähnt er: Bis zu 40 % der Erwachsenen sind des Lesens und Schreibens so entwöhnt, dass sie normalen schriftlichen Kommunikationen nicht mehr folgen können (p. 137).

Zur Klimafrage: Es gilt „alles zu unternehmen, um die globale Erwärmung zu verlangsamen, ist das eine; alles zu tun, um die sozialen Folgekosten dieser Anstrengung abzufedern, das andere; alles zu versuchen, um die nicht mehr abzuwendenden Folgen des Klimawandels durch Technologie, Innovationskraft und Verhaltensänderung gering zu halten, ein Drittes.“ (p.183).
„Die radikalen Klimaschützer wie die Extinction Rebellion oder Letzte Generation wollen uns in Angst und Schrecken versetzen, um ein unmittelbares Handeln zu provozieren“…“In manchem erinnern diese Beschwörungen der Angst an die apokalyptische Rhetorik des Kampfes gegen die atomare Bedrohung im vorigen Jahrhundert. Lissmann bezieht sich damit auf Günther Anders. Solche Drastik wird auch für die Klimakrise insinuiert (p. 188 f.).

„Die neue Lust an der Apokalypse und das Beschwören endzeitlicher Katastrophen sind kontraproduktiv.“ „Die Vorstellung, dass es so schlimm um uns bestellt sei, dass bei Protesten auf Rechtsstaat und Demokratie, auf eine funktionierende Infrastruktur sowie auf die Bedürfnisse von Menschen keine Rücksicht mehr genommen werden muss, enthält ein totalitäres Moment. Auch eine Ökodiktatur bliebe eine Diktatur.“ (p. 192).

Stichworte: Ökodiktor, öffentlicher Diskurs, Letzte Generation, Klimafrage, Pandemie, Sorge und Angst, Lissmann Konrad Paul, „Lauter Lügen“ (Buch)

Plädoyer für die Neutralität

Trotz aller Bekenntnisse zur immerwährenden Neutralität-gerade am Nationalfeiertag-sind im Politik- und Medienbereich Tendenzen erkennbar, Österreichs Neutralität nicht mehr ernst zu nehmen. Die überparteiliche INITIATIVE ENGAGIERTE NEUTRALITÄT will dieser Entwicklung entgegenhalten.

Udo Bachmair

Der heutige 26. Oktober, der Nationalfeiertag, an dem das Gesetz zur immerwährenden Neutralität beschlossen wurde, ist für die neue Initiativgruppe Motiv und Anlass, auf die Wichtigkeit, ja, auf die besondere Nützlichkeit unserer Neutralität gerade auch in besonders krisenhaften Zeiten wie diesen hinzuweisen.

Zumal auch Tendenzen in manchen Politik- und Medienbereichen und in diversen Diskussionen zu registrieren sind, die darauf hinauslaufen, unsere Neutralität als nicht mehr sinnvoll oder als überholt zu betrachten. Hand in Hand damit wendet sich die Initiative klar gegen Überlegungen, Österreich solle der NATO beitreten.

Die immerwährende Neutralität wird von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung als weiter höchst positiv angesehen. Und wir als engagierte Gruppe haben in einem Appell Regierung und Parlament dazu aufgerufen, die immerwährende Neutralität zu wahren und für eine engagierte Friedenspolitik zu nutzen. I

Einige der Zitate aus dem mittlerweile von mehr als 150 namhaften Persönlichkeiten unterzeichneten Appell :

„Neutralität bedeutet freiwillige Selbstverpflichtung zur friedlichen Streitbeilegung“

„Neutralität verringert das Risiko, in einen Krieg hineingezogen zu werden“

„Österreich hat als neutraler Staat im Rahmen der Diplomatie und durch den Einsatz der Blauhelme wichtige Beiträge für den internationalen Frieden geleistet“

„Neutrale Staaten sind ideale Orte der Begegnung, man denke an Österreich als Vorsitzland der OSZE, mit Wien als offiziellem UNO-Amtssitz“

„Das Engagement neutraler Staaten ist nicht wertneutral, es ist das Gegenteil von Abseitsstehen. Es bedeutet, zu Völkerrechtsverletzungen unabhängig, eigenständig und klar Stellung zu nehmen“

Die Podiumsrunde im Rahmen einer Pressekonferenz der Neutralitätsinitiative umfasste

>> Gabriele Matzner, langjährige Diplomatin, zuletzt Botschafterin in London

>> Erwin Buchinger, Sozialminister unter Kanzler Gusenbauer, Sprecher der SPÖ-Initiative „Aktive Neutralität“

>> Heinz Gärtner – renommierter Politikwissenschafter, u.a. Sicherheits- und Neutralitätsexperte

>> Wendelin Ettmayer –früher Nationalratsabgeordneter der ÖVP – als Diplomat war er u.a. Botschafter beim Europarat

>> Günther Greindl – er war als General des Bundesheeres Kommandierender der Blauhelmtruppen am Golan, In Zypern und im Iraq/Kuwait-Konflikt

sowie
>> Udo Bachmair, Ex-ORF-Redakteur, Präsident der Vereinigung für Medienkultur.

Besonderes Lob gilt ServusTV: Der Sender hat in seiner Hauptnachrichtensendung über die PK der Initiative Engagierte Neutralität einen längeren Beitrag gebracht.

Außergewöhnliches Lob verdient der Youtube-Kanal der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL unter Herausgeber und Chefredakteur Fritz Edlinger, der die Podiumsdiskussion vom vergangenen Dienstag im Presseclub Concordia online gestellt hat. Hier die Links :

www.youtube.com/watch?v=7VPVzzhncBI

www.international.or.at

Folgende weitere Medien haben ausführlicher berichtet:

ORF :
https://orf.at/stories/3337326/

Salzburger Nachrichten:
https://orf.at/stories/3337326/

Kleine Zeitung:
https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/17764359/pro-neutralitaet

Vorarlberger Nachrichten:

Eine Erinnerung an die „Nützlichkeit der Neutralität“

sowie die Kronenzeitung :
https://www.krone.at/3147963

Bruno Kreisky aktuell

Bruno Kreiskys Idee eines Marshallplans für die Dritte Welt erscheint aktueller denn je. Unser Gastautor hat sich dieser komplexen Thematik angenommen:

Wolfgang Koppler *

Zufällig überflog ich die Beiträge der Vereinigung für Medienkultur aus den letzten Wochen, als mir der Artikel „BRICS-Staaten für globale Entwicklungsbank“ vom 19.9. ins Auge stach. Hans Högl nimmt darin dankenswerter Weise Bezug auf einen Aufsatz von Thomas Roithner in der Furche zum von unseren Medien – insbesondere im Ukrainekrieg – stark vernachlässigten Thema Geoökonomie und erwähnt den Plan der BRICS-Staaten zur Schaffung einer „New Development Bank“ als Gegengewicht zu den von den USA nach wie vor forcierten Brettonwoods-Institutionen Weltbank und IWF zur Finanzierung von Entwicklungs- und Infrastrukturprojekten in den so genannten „ärmeren Ländern“.

Nur wenigen Journalisten dürfte bekannt sein, dass schon seit mehr als 60 Jahren die Idee eines Marshallplans für die Dritte Welt (wie man den globalen Süden damals nannte) existiert. Sie stammt von Bruno Kreisky, weshalb der Plan 1984 nach ihm benannt wurde. Sein diesbezügliches Engagement wurde schon in seiner Jugendzeit geweckt im Zuge der damals aktuellen antikolonialen Bewegung und später verstärkt durch seine Begegnung mit Nehru. Anfang der 60-er Jahre kam es auf seine Initiative zu einer Konferenz für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft und in der Folge zur Gründung des bis heute existierenden Wiener Instituts für Entwicklungsfragen.

Kreisky war der Ansicht, dass der ERP-Fonds aus dem Marshallplan, der (West-)Europa wirtschaftlich wieder auf die Beine geholfen hatte (und der durch Kreditrückzahlungen bis heute immer wieder aufgefüllt wird) zumindest teilweise umgewidmet werden sollte, um die Finanzierung von Infrastrukturprojekten in Entwicklungsländern zu ermöglichen. Wobei Kreisky dabei Summen in Höhe von mehreren Hundert Milliarden Dollar vorschwebten, die von Europa als Ganzes aufgebracht werden sollten (vielleicht etwas sinnvoller als der Ukrainekrieg). Dazu konnten die USA und Europa sich bis heute nicht entschließen. Statt dessen führen die oft für wenig zweckmäßige Projekte verwendeten Kredite der Weltbank (Stichwort: Festhalten an Brettonwoods) zu immer weiterer Verschuldung des globalen Südens. Der Zinsanstieg der letzten Jahre verstärkt diese Armutsfalle. Kein Wunder, dass die BRiCS-Staaten nach Auswegen aus dem Finanzsystem des Westens suchen (wobei Staaten wie China und Russland natürlich ihre eigenen Interessen verfolgen, was aber nichts an der Problematik von Brettonwoods für den globalen Süden ändert):

Zum Schluss einige Sätze aus Kreiskys Biographie „Im Strom der Politik“ (S 261 ff.), die nach wie vor hochaktuell erscheinen:

„Die Welt ist so klein geworden, dass politische Grenzen der Solidarität von Mensch zu Mensch nicht Einhalt gebieten können…Ich war der Ansicht, dass man den Entwicklungsländern, je nach ihrem Reifegrad mit einer multilateralen Vereinbarung helfen müsse, die ihnen angemessene Infrastruktur zu schaffen…Dass ich mit meiner Empfehlung den Ausbau des Eisenbahnnetzes voranzutreiben, zuletzt nicht falsch lag, geht daraus hervor, dass die Schulden der Länder der Dritten Welt zum großen Teil auf die während vieler Jahre sehr hohen Ölpreise zurückzuführen sind…“

Und vielleicht noch etwas von Kreisky zum Thema Visionen:
„Aber eines hat die Imagination dem Kleinmut des Krämers voraus: Sie schafft langfristige Perspektiven, für die es sich einzusetzen lohnt.“

Wer Visionen hat, braucht also nicht unbedingt einen Arzt.

Abgesehen von einigen zeitbezogenen Stellen sind Kreiskys Ausführungen nach wie vor sehr aktuell. Vielleicht sollten einige Journalisten und Politiker -unabhängig von ihrer politischen Einstellung – vielleicht weniger Kreisky-Bashing betreiben und statt dessen einmal seine Biographie zur Hand nehmen. Es kann nicht schaden, wieder ein gutes Buch zu lesen. Es beißt nicht.

* Mag. Wolfgang Koppler lebt als Jurist und freier Journalist in Wien

Ächtung jeglicher Kritik ?

„Die gleiche Welt überall“ betitelt unser Gastautor den folgenden Beitrag. Er befasst sich u.a. mit medial vermittelten demokratiepolitischen Gefahren von Selbstzufriedenheit.

Wolfgang Koppler *

Man redet uns ein, dass wir in einer – nahezu – perfekten Welt leben. Bei uns im Westen. Wir haben Frieden (pardon, im Moment nicht, daran hindert uns der böse Putin), Freiheit, Menschenrechte verwirklicht und müssen sie nur jenen bringen, die noch nicht ganz so weit sind wie wir. Der US-amerikanische Politologe Francis Fukuyama meinte 1992 gar, wir hätten das Ende der Geschichte erreicht. Also das Ende der Fahnenstange. Denn da der Kommunismus besiegt sei und offenbar alle Länder zu westlichen Demokratien würden, gäbe es eigentlich nichts mehr zu erreichen. Nur was macht man dann, sich irgendwo hinunterstürzen ?

Diese Meinung galt bald als überholt und auch Fukuyama musste seinen Irrtum bald einsehen. Mit dem Aufkommen des radikalen Islamismus und der Katastrophe von 9/11 entstand die Idee vom „Kampf der Kulturen“ (Huntington), wobei natürlich wieder wir die Guten und die anderen die Bösen sind. Huntingdon selbst sah in seinem Jahre davor erschienenen Buch den Westen zwar noch durchaus kritisch und wurde wohl auch missverstanden, aber im Irak- und Afghanistankrieg entwickelte sich tatsächlich wieder ein Schwarz-Weißdenken. Und war das nicht auch im Ukrainekrieg zu hören? Kampf der Werte, meinte ein Experte. Klingt besser als Kampf der Kulturen, ist aber nichts anderes.

Und das Erschreckende ist, dass wir mit genau dieser Selbstzufriedenheit und der sozialen Ächtung jeglicher Kritik daran nicht nur den Dialog mit anderen Kulturen verweigern, sondern auch unsere eigene Demokratie gefährden. Unsere Meinungs- und Gewissensfreiheit. Man braucht doch nur die Zeitung – ganz gleich welche – aufzuschlagen und findet dort weitgehend dieselben Ansichten. Insbesondere zum Ukrainekrieg. Man darf nicht einmal die Motive auf beiden Seiten hinterfragen und für Verhandlungen eintreten.. Kritik an den Vorgängen in Brüssel ? Am dortigen Demokratiedefizit ? Am Einfluss der Wirtschaft ? Auch nur an Ursula Von der Leyen oder Borrell ? An Stoltenberg ? Indiskutabel.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Blutige Hähne

Ein bedenkenswerter Text zu einem Brecht-Lied lässt die medialen und politischen Vorgänge rund um den Ukraine-krieg ziemlich aktuell erscheinen.

Wolfgang Koppler *

Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne
der Mächtigen kommen am Ende zum Halt.
Und gehen sie einher auch wie blutige Hähne
Es wechseln die Zeiten. Da hilft kein Gewalt.

Brechts Lied von der Moldau über die Vergänglichkeit (auch jene der Macht) wird sonst gerne in Zeiten des Umbruchs zitiert. 1968 etwa in einem Spiegel-Artikel, der die Geschehnisse dieses Jahres damals Revue passieren ließ. Auch nach der Wende in der Tschechoslowakei hat man es öfters gehört. Danach verschwindet es regelmäßig wieder in der Versenkung, obwohl es – ganz unabhängig vom Autor – unmittelbar berührt und zum Nachdenken anregt.

Dabei wäre es aktueller denn je. Wenn man ehrlich ist, wirken Putin und Selenskyj tatsächlich wie blutige Hähne. Und beide werden irgendwann wieder in der Versenkung verschwinden. Aber Selenskyj als blutigen Hahn sehen ? Obwohl er Menschen genauso bedenkenlos opfert wie Putin und dabei auch noch vorgibt, sie retten zu wollen ? Jegliche Verhandlungen ablehnt ? Wenn sich das jemand traut, zu schreiben, kann er seine journalistische Karriere an den Nagel hängen.

Da leitet man seine Artikel besser ein wie vor Kurzem ein Schreiber der NZZ (die sich im Übrigen – was den Ukraine Krieg betrifft – nicht so sehr von anderen Zeitungen unterscheidet):

Die Illusion vom greifbaren Frieden:
Am Verhandlungstisch lässt sich Putin nicht bezwingen

Die Gegenoffensive der Ukraine verläuft langsamer als erhofft, aber sie ist nicht gescheitert. Auch aus anderen Gründen ist es der falsche Moment, die Ukrainer zu Verhandlungen mit Moskau zu drängen.

Und darunter ein Foto mit ukrainischen Soldaten vor der Mutter-Heimat-Statue in Kiew. Sie wirken wie ein Teil eines Kriegerdenkmals. Und danach wird aus der ukrainischen Hymne zitiert.

Selbstverständlich muss man beide Seiten mit Fingerspitzengefühl behandeln. Zumal hier uralte Minderwertigkeitskomplexe gegenüber Westeuropa und unbewältigte Vergangenheit mit im Spiel ist. Aber es muss auch an wieder an die Vernunft erinnert werden. Und an die Opfer und Kollateralschäden dieses Krieges. In allen Teilen der Welt.

Es wechseln die Zeiten. Da hilft kein Gewalt.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Zum Zustand von Politik und Medien

Walter Hämmerle, früher Chefredakteur der „Wiener Zeitung“, jetzt Innenpolitik-Chef der „Kleinen Zeitung“, hat den Zustand von Österreichs Medien und Politik kritisch unter die Lupe genommen. Unter dem Titel „Die unreife Republik“ durchleuchtet er in der Serie der Leykam-Streitschriften (Nr. 11) die Schwächen unseres Kleinstaates in Mitteleuropa, die Neigung der Österreicher zu Schlamperei und Bequemlichkeit, den Hang zu Übertreibung und Aggression. Zugleich geht er mit den Medien hart ins Gericht.

Von Hermine Schreiberhuber *

Bei der Präsentation des Buchs im Presseclub Concordia fielen auf dem Podium klare Worte. Autor Hämmerle stellte einleitend fest: Das kleine Österreich sei reich und habe viel Potenzial. Doch: „Schlamperei ist in Österreich, besonders in Wien, sprichwörtlich.“ Zugleich konstatierte er „eine gewisse Hilflosigkeit“ zwischen den Möglichkeiten und dem, was getan werde. „Politik ist kein Spiel.“ Auch die Medien betrachteten Politik oft als Spielwiese, statt dem Bürger Einschätzungs- und Urteilsfähigkeit zuzuerkennen.

Politikberaterin Heidi Glück schlug ebenfalls kritische Töne an. „In Österreich herrscht das Mittelmaß. Wir orientieren uns an anderen, größeren Staaten, aus Bequemlichkeit.“ Schuld seien immer die anderen. „Trittbrettfahren ist Usus.“ Diese Charakterzüge ließen sich aus der Geschichte ableiten: „Seit der Monarchie sind wir Mitläufer.Wir beherrschen den institutionellen Kompromiß.“ In anderen Worten: Politisches und wirtschaftliches Durchwursteln sei an der Tagesordnung und führe zu einer Erosion des politischen Systems.

„Der intellektuelle Diskurs ist fast verschwunden“, beklagte Glück, ehemals Pressesprecherin von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Zugleich sei die Boulevardisierung der Presse in Österreich weit fortgeschritten. Die Politiker umgeben sich mit vielen PR-Beratern, auf der anderen Seite würden die Journalisten immer weniger. Daraus resultiere „eine Schieflage“. Es mangle an Wertschätzung zwischen Politikern und Journalisten. Hämmerle merkte zum politischen Diskurs an, die Medien liefen Gefahr, sich für eine Seite festzulegen. Vor „gutem Boulevard“ habe er aber Respekt.

Armin Thurnherr, Herausgeber des „Falter“, argumentierte, hierzulande gehe es nicht nur um Schlamperei, sondern auch um den“Unwillen zur politischen Analyse“. Was gut sei, werde oft nicht genügend „argumentativ unterfüttert“. Es gelte, das Handwerk der Politik zu lernen. Die Öffentlichkeit habe oft den Eindruck, von den Politikern „beschwindelt“ zu werden. In den Medien habe sich ein korruptes System etabliert. In diesem Kontext übte Thurnherr heftige Kritik an der Subventionierung des Boulevard nach Auflagenstärke. Außerdem müsse die Jugend kritischer an IT-Belange herangeführt werden.

In der Folge einige Textstellen aus der Streitschrift von Walter Hämmerle.

(Vom Vielvölkerstaat zum Kleinstaat) „Das Spiel mit der geringen Größe des Landes irritiert Außenstehende und Landsleute, die höhere Ansprüche stellen. Der Satz ‚Österreich ist ein kleines Land’ aus dem Mund heimischer Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger ist zu oft keine Tatsachenbeschreibung, sondern eine Ausrede für den fehlenden Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen. Manchmal bietet die geringe Größe auch Schlawinern Deckung.“

(Zustand der Medien). „Ohnehin bringen Alarmismus und Empörung niemand irgendwohin, trotzdem sind sie allgegenwärtig… Journalismus im 24-Stunden-Hamsterrad trägt seinen Tel zu dieser Entwicklung bei. Atemlos werden Schlagzeilen produziert, selbst wenn wenig bis nichts passiert. Die Logik der Digitalisierung will es so. Headlines müssen Sensationelles versprechen, auch wenn im anschließenden Text maximal Unspektakuläres zu lesen ist. Der Drang und digitale Druck zur Zuspitzung haben ihren Preis. Diskussionen werden als Duelle, Gesprächsrunden als Showdowns in Szene gesetzt; und das auf allen Kanälen.“

„Die Welt der Nachrichten ist zum Kampfplatz geworden. Nicht alle Akteure setzen dabei auf Transparenz und Fairness. Statt dessen wird getarnt, getäuscht, verwischt – alles nur, um zu verwirren.“

Das Buch hat nur gut 100 Seiten, doch der Inhalt wiegt schwer: Historische Fakten über das Werden Österreichs, Einschätzungen von Literaten wie Karl Kraus, Stefan Zweig, Robert Musil, Joseph Roth. Reaktionen auf Aktuelles von der Pandemie bis zum Ukraine-Krieg. Der Autor ist überzeugt: Die Republik braucht eine neue Verantwortungskultur.

* Mag.a Hermine Schreiberhuber ist Journalistin und Vorstandsmitglied der Vereinigung für Medienkultur

„Die Furche“ -im ORF nie zitiert!?

Rätselhaftes Übersehen im ORF

Hans Högl

Gestern verwies ich auf unserem Blog www.medienkultur.at auf einen Beitrag in der Wochenzeitung „Die Furche“. Nun eine kritische Anfrage an die Chefredaktionen des ORF, die nicht allen gefallen wird.

„Die Furche“ ist eine anspruchsvolle, angesehene Wochenzeitung. Sie deckt ein breites Spektrum an Berichten und ausführlichen Kommentaren ab: Sei es von österr. oder internationaler Politik, sei es von Ökologie, kulturellen Berichten und Kommentaren (insbesondere auch zur Literatur). Und die „Furche“ bekennt sich zu einem weltoffenen, ökumenisch-christlichen Hintergrund.

Mich wundert ein Faktum als einer, der die Medienszene seit vielen Jahren beobachtet: Abgesehen von der Sparte „Religion“, die im ORF gut vertreten ist, hat meines Wissens keine sonstige ORF-Sendung (weder ein Magazin im Hörfunk noch im TV noch eine Nachrichtensendung) je einen Beitrag von der „Furche“ aufgegriffen.

Es wurde auch nie die Chefredaktion der „Furche“ zu einer Gesprächsrunde im ORF eingeladen. Nun leitet sie eine Chef-Redakteurin! Sollte meine Beobachtung nicht zutreffen, denn wer vermag denn das Gesamtangebot eines Senders zu überblicken, so ersuche ich meinen Eindruck mit 3 Gegenbelegen aus den letzten 10 Jahren zu widerlegen. Geht es darum, dass ein angesehenes Blatt mit ökumenisch-weltoffenem, christlichem Hintergrund keine Chance hat, zitiert zu werden?