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Bleibt Wrabetz ORF-General ?

Am 10. August steht eine spannende ORF-Wahl bevor. An diesem Tag stimmt der ORF-Stiftungsrat darüber ab, ob Alexander Wrabetz weiter Generaldirektor bleibt. Er bzw. seine(n) Nachfolger(in) wird die dann besonders starke türkise Stiftungsratsmehrheit entsprechend zufriedenstellen müssen…

Udo Bachmair

Kaum eine andere Personalentscheidung beschäftigt Politik und Medien so sehr wie eine Neuwahl der ORF-Spitze. Nun ist es wieder soweit. Der ORF-Wahlkampf hat bereits gehörig an Fahrt aufgenommen.

Die besten Karten hat nach wie vor Alexander Wrabetz, zum dritten Mal sein eigener Nachfolger zu werden. Oft bereits hat der Langzeitchef der größten „Medienorgel“ des Landes seine Flexibilität und politische Anpassungsfähigkeit gezeigt.

Wrabetz, Sozialdemokrat aus einem FPÖ-nahen Elternhaus, „kann praktisch mit allen“, wie es so schön heißt. Er dürfte sogar die Unterstützung von ein paar Türkisen im Stiftungsrat erhalten. Wenn, ja, wenn Wrabetz nach der Wahl der Kurz-ÖVP großzügige personelle Angebote macht.

Im Herbst werden wesentliche Resssortleitungen etwa für Politik, Wirtschaft, Chronik neu ausgeschrieben. Jeder Bewerber, jede Bewerberin um die ORF-Führung ist nur mit dem Versprechen chancenreich, die jetzt schon ÖVP-dominierten Postenbesetzungen im ORF weiter zu erhöhen.

Im Stiftungsrat kommt jedenfalls nach der Wahl im August niemand mehr an der dann absoluten Mehrheit der türkisen ÖVP in diesem Gremium vorbei. Vor diesem Hintergrund könnte Wrabetz vor allem ein interner Konkurrent gefährlich werden: Roland Weißmann, kaufmännischer Vize-Direktor.

Weißmann ist wie sein Förderer Richard Grasl, führender Redakteur im Kurier, gut mit der niederösterreichischen ÖVP vernetzt, Königsmacherin hoher ORF-Posten vor allem in der Zeit von Generaldirektorin Monika Lindner.

So könnte es am 10. August einen Zweikampf Wrabetz / Weißmann geben. ORF-Beobachter trauen sich zurzeit keine eindeutigere Prognose abzugeben. Wrabetz dürfte aber aus aktueller Sicht etwas größere Chancen als sein möglicher Herausforderer auf den begehrten Job haben.

Wie auch immer die künftige ORF-Spitze aussehen wird, sie wird u.a. mit der umstrittenen Causa „zentrales Newscenter“ konfrontiert sein. In dem neu errichteten riesigen Newsroom im ORF-Zentrum sollen die bisher getrennten Redaktionen von TV, Radio und Online untergebracht werden.

Nicht nur Belegschaftsvertreter äußern die Sorge, dass die Zusammenlegung aller wichtigen ORF-Redaktionen Meinungsvielfalt empfindlich stören könnte. Bisher hat es etwa zwischen der Ö1-Information und den ZiB-Redaktionen eine durchaus fruchtbare Konkurrenzsituation gegeben.

Man wird ein demokratiepolitisch waches Auge auf die weitere Entwicklung werfen müssen. Es gilt Anfängen einer „Orbanisierung“ zu wehren, denn es wird befürchtet, dass der zentrale Newsroom eine einseitige, weil zentral gelenkte Berichterstattung begünstigen könnte.

Kämpfer für einen starken ORF

Der frühere ORF-Generalintendant Gerhard Weis ist tot. ORF-General Wrabetz würdigt ihn als „großen Architekten eines modernen ORF“. Auch weitere (bisher unveröffentlichte) Reaktionen sind positiv. Manche von ihnen wertet sein Sohn Florian allerdings als „ekelerregende Heuchelei“.

Udo Bachmair

Er war der letzte Generalintendant des ORF. Die weiteren ORF-Chefs waren dann „nur noch“ Generaldirektoren. Gerhard Weis gilt tatsächlich noch als Großer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, gleichsam als Urgestein. Seine Überzeugung, unser Land würde einen starken ORF brauchen, war sozusagen in Stein gemeißelt.

Für die erste schwarz-blaue Regierung zu Beginn dieses Jahrhunderts wurde Gerhard Weis jedoch zunehmend zum „roten Tuch“. Seine soziale Kompetenz und Liberalität passten offenbar nicht so recht ins Kalkül der damaligen Regierung Schüssel. Diese installierte daraufhin die regierungsnahe Monika Lindner als ORF-Generaldirektorin.

Mich als langjährigen ORF-Redakteur und Moderator verbinden mit Gerhard Weis eher positive Erinnerungen. Ähnlich die Bilanz meines Kollegen und Freundes Adalbert Krims. Als früherer Betriebsratsobmann von Radio Österreich International, das die damalige Regierung nicht mehr weiterfinanzierte, erinnert sich Krims an das besondere Bemühen von Weis um einen Sozialplan :

„Es ist tatsächlich gelungen, dass es praktisch für ALLE MitarbeiterInnen Lösungen gab – einige konnten im „Rest-ROI“ bleiben (dessen Finanzierung der ORF übernahm), die meisten wurden in anderen Bereichen des ORF weiterbeschäftigt. Es war für mich beeindruckend, wie sehr sich der Generalintendant persönlich um jeden einzelnen Mitarbeiter kümmerte!“

Der Sohn des Verstorbenen, Florian Weis, wendet sich auf Facebook gegen Heuchelei jener Parteien, die seinen Vater als ORF-General „eiskalt abmontiert“ haben :

„Liebe FPÖ und liebe ÖVP – wenn ich von Euch noch eine einzige Kondolenz zum Ableben meines Vaters lese, muss ich mich übergeben. Den angeblichen „großen Medienmanager“ (Zitat: Norbert Hofer) und die „starke Stimme des öffentlichen Rundfunks“ (Zitat: Gernot Blümel) habt ihr gemeinsam eiskalt abmontiert. Ihr habt extra ein neues Gesetz beschlossen um die Amtszeit meines Vaters frühzeitig zu beenden und ihn durch Monika Lindner ersetzen zu können. Weil mein Vater für etwas stand, das ihr nicht wolltet. Bitte nicht falsch verstehen: ich weiß wie Politik und Medienarbeit funktionieren. Aber Eure tiefe Betroffenheit, weil er ja angeblich so ein toller ORF Chef war, ist nicht nur ekelerregende Heuchelei, sondern pietätslos meiner gesamten Familie gegenüber. Manchmal wäre es vielleicht besser einfach zu schweigen. Danke.“