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Feindbild Flüchtlinge

Erhöhte Kriminalität durch Flüchtlinge frei erfunden

Udo Bachmair

Die jüngste Kriminalitätsstatistik legt es an den Tag: Die von Boulevard- Medien, allen voran der „Kronenzeitung“ an die Wand gemalte große Kriminalitätswelle durch Flüchtlinge ist ausgeblieben. In Relation zur deutlich erhöhten Zahl an Asylwerbern gegenüber 2014 ist 2015 die Zahl krimineller Vergehen sogar zurückgegangen!

Das subjektive Empfinden verängstigter Menschen steht diesen Fakten diametral gegenüber. Aufgeheizt und angestachelt von übertriebenen, teils unwahren Medienberichten und Hasspostings nehmen Xenophobie und immer ungeniertere Verbalradikalität erschreckend zu. Es ist und bleibt ein Phänomen, dass überall dort, wo Menschen nie mit Flüchtlingen in Berührung gekommen sind, besonders fruchtbarer Boden aufbereitet ist für Angst, Hetze und Hass.

Norbert Leonhardmair vom Zentrum für sozialwissenschaftliche Sicherheitsforschung dazu in einem KURIER-Interview: „Bei Kriminalität und bei Ausländern ist es gleich: Die Angst ist dort groß, wo es am wenigstens gibt“.

Veronika Hofinger vom Institut für Kriminalsozioligie fügt hinzu : „Ausführliche Berichterstattung über Sexualdelikte schadet den Opfern und erzeugt nur Angst“.

Vor diesem Hintergrund blühen die Gerüchte über Kriminalität von Flüchtlingen und Asylwerbern.

Ein konkretes Beispiel für unzählige andere liefert ZIB-2-Moderator Armin Wolf auf Facebook :

Ich hatte in den letzten Tagen einen wirklich interessanten Mail-Wechsel mit einem ZiB2-Seher, aus dem man, denke ich, einiges lernen kann, wenn man denn will.

Nach einem ZiB2-Beitrag zum Thema Flüchtlinge schrieb mir Herr P. ein sehr langes Mail, das mit diesen Absätzen endete:

„Herr Dr. Wolf, ich habe vor einigen Tagen in der Gemeinde XY in einem Gasthaus, in dem ich oft schlafe und auch esse, von Leuten gehört, dass in die Gemeindebauten (Siedlungs-Genossenschaft) Füchtlinge einziehen werden! In einem Fall soll es eine ganz schlimme Sache geben! Eine körperbehinderte Mindestpensionistin die zwei Kinder aufgezogen hat – der erste hat die Meisterprüfung gemacht, ist in Arbeit und sehr fleißig und beliebt; der zweite ist kurz vor der Lehrabschlussprüfung und in der Firma und im Dorf recht beliebt – muss aus ihrer Wohnung ausziehen, weil sie diese Wohnung mit der Mindestpension nicht mehr halten kann. Die Küche wird herausgerissen, weil Flüchtlinge in einer Küche nicht kochen können, wo Schweinefleisch zubereitet worden ist und die Toiletten werden ebenfalls herausgerissen, weil Flüchtlinge nicht auf eine Toilette gehen, auf der eine Frau gesessen hat! Ich spare mir meinen Kommentar! Helfen ist wichtig! Man soll es aber mit Verstand machen!“ _____

Daraufhin habe ich Herrn P. unter anderem zurückgeschrieben:

„Was die Sache mit der Siedlungsgenossenschaft betrifft: Ich gehe jede Wette beliebiger Höhe mit Ihnen ein, dass die Geschichten mit der Küche und den Toiletten frei erfunden sind. Wie solche absurden Gerüchte zustande kommen, hat Kollege Klenk vom FALTER gerade erst heute in seiner Heimatgemeinde Eichgraben erfahren:https://www.facebook.com/florian.klenk.7/posts/534593083379752 

Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass die Geschichte mit der Wohnung ganz genau so entstanden ist.“ _____

Nach einigen Tagen hat Herr P. gestern Abend geantwortet:

„Ich bin nach XY gefahren, in das besagte Haus gegangen und habe mich direkt informiert! Sie hatten 100%ig recht! Das Gerücht ist folgend entstanden: 1. Die körperbehinderte Frau wollte ins Altenheim. 2. In ihre Wohnung sind bereits Flüchtlinge eingezogen. 3. Küchen wurden eingebaut, aber die alten Küchen wurden nicht entfernt. Es gab in diesen Leerständen keine Küchen. Im Dorf hat man gesehen, dass die körperbehinderte Frau ins Altenheim gezogen ist und in ihre Wohnung Flüchtlinge eingezogen sind und auch, dass neue Küchen eingebaut worden sind. Diese Geschichte hat Leute dazu bewogen zu dichten! Ich bin darauf hineingefallen, weil mir dieses von der Wirtin – bei der ich oft übernachte – gesagt worden ist! Es tut mir leid, dass ich ein so schwerwiegendes Gerücht weitergetragen habe. Ich wollte es wissen und bin daher 250 km gefahren, um dieses entweder bestätigt zu bekommen oder ich mich entschuldigen muss, weil ich so etwas weiter getragen habe.“

 

Neue „Krone“-Hetze gegen Flüchtlinge

Verbale Gewalt als Vorstufe zu physischer Gewalt ?

Udo Bachmair

So als wäre die Flüchtlingscausa nicht ohnehin schwierig genug und höchste Lösungskompetenz gefordert, gießt das rechtspopulistische Boulevard-Blatt erneut Öl ins Feuer. Jüngstes Beispiel: Eine Glosse des „Krone-Steiermark“-Chefredakteurs Christoph Biro, in der er pauschal Stimmungsmache gegen Flüchtlinge betreibt.

Biro phantasierte in seinem „Kommentar“ von Übergriffen und Sachbeschädigung durch Flüchtlinge. Die Polizei dementierte die Vorwürfe klar und spricht von „absolutem Blödsinn“.

Der neue österreichische Presserat, der kürzlich sein 5-jähriges Jubiläum beging, hat mit der Kronenzeitung viel zu tun. Zahlreiche Beschwerden sind bei ihm bereits eingegangen, allein 40 zum oben angeführten Fall.

„Junge, testosteron-gesteuerte Syrer“ hätten „sich äußerst aggressive sexuelle Übergriffe“ geleistet, Afghanen die Sitze in ÖBB-Waggons aufgeschlitzt und ihre Notdurft verrichtet, weil sie nicht auf Sitzen Platz nehmen wollten, auf denen Christen gesessen sind, und „Horden stürmen die Supermärkte, reißen die Packungen auf, nehmen sich, was sie wollen, und verschwinden wieder“, so heißt es ganz ohne Beweise und ohne Angaben von Quellen in dem FPÖ-nahen Blatt.

Fritz Grundnig von der Landespolizeidirektion Steiermark nannte die Ausführungen Biros „absoluten Blödsinn„. Dabei handle es sich um Facebook-Gerüchte, für die Beweise fehlen. „Die leider aber sehr viel an polizeilicher Arbeit binden“, so Grundnig.

Die „Krone“ war erst vergangene Woche wegen mehrerer Beiträge auf Krone.at, in denen Flüchtlinge diskriminiert wurden, vom Presserat gerügt worden. Dabei wurden laut Polizei Schilderungen aufgebauscht, verstärkt, übertrieben und verkürzt. Laut Presserat wolle die „Krone“ syrische Flüchtlinge offenbar bewusst in schlechtem Licht erscheinen lassen.

Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch hat eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Graz übermittelt. Es sei zu prüfen, ob der Kommentar unter den Verhetzungsparagrafen (§ 283 StGB) oder unter die wissentliche Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte (§ 276 StGB) falle.

„Der Chefredakteur der steirischen ‚Kronen Zeitung‘ hat sich in übler Stimmungsmache gegen Flüchtlinge betätigt. Er hat in pauschalierender Weise Gerüchte über Flüchtlinge gestreut und damit Angst und Misstrauen gegen Schutzsuchende geschürt„, erklärte SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. Meinungsfreiheit sei ein sehr hohes Gut, zugleich gebe es aber „vollkommen zu Recht“ Gesetze gegen Verhetzung und gegen die wissentliche Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte. „Verhetzung ist keine Meinung, sondern ein Akt der verbalen Gewalt. Diese verbale Gewalt ist oftmals die Vorstufe zu physischer Gewalt...“

Journalistischer Verantwortung und Ethik und damit auch der österreichischen Medienkultur hat das Pegida-nahe Massenblatt damit einmal mehr einen schweren Schlag versetzt.

P.S. Biro hat unterdessen die Konsequenzen gezogen und zieht sich eine Zeitlang aus der Redaktion der „Steirer-Krone“ zurück. Er gesteht einen Fehler ein.