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Brennpunkt USA : Geringe Lebenserwartung, Löhne, viel Alkohol

Medien lieben es, zu personalisieren -und das Publikum schätzt es. Dies ist ein Typos des Geschäftsmodells freier Medien: Einzelne sind im Fokus. Auch per Dauer-Negativschlagzeilen wurde Trump ein Super-Exempel und Star.Aber wie geht es den Vielen? Viele US-Bürger trösten sich in tristen Lebenslagen mit Alkohol. Und es gibt Selbstmorde – zu viele.

Hans H ö g l

Ein Beitrag in der berühmten US-Zeitschrift Foreign Affairs im März 2020 trägt den Titel „The Epidemic of Despair“ (Die Seuche der Hoffnungslosigkeit). Ich staunte, dass eine gehobene US-Zeitschrift derart selbstkritisch über die Verwerfungen im eigenen Landes so explizit schreibt und dies einem exquisiten Publikum darlegt. Hier im Detail:

Ein Foto zeigt eine Bar in Wisconsin, wo Alkohol Sorgen mildern soll. Mit dem Titel „Klagelied der Arbeiter“ meinen die Wissenschafter einen langen Prozess, doch vor allem seit der Finanzkrise 2008, seit dem sich die Lebenslage der weißen Arbeiter in den USA mehr und mehr verdüsterte: Durch geringe Löhne und Mangel an guten Jobs („a dearth of good jobs“). Dies gilt auch für Länder wie Australien, Kanada, Deutschland, Italien und Spanien. Den USA am nächsten kommt Großbritannien. Hingegen lindert das Sozialsystem in Kontinentaleuropa die härtesten Folgen im Arbeitsmarkt.

Die Lebenserwartung in den USA ist niedriger als in anderen westlichen Ländern. Die Selbstmordrate war hier in den letzten Jahren so hoch wie in Osteuropa und in der früheren Sowjetunion. Was die Leute in den USA sehr belastet, sind die enormen Kosten bei Krankheit. Und die Gesundheitsbehörde FDA bevorzugte die Pharmaindustrie: Zwischen 1999 und 2018 starben mehr als 200.000 US-Amerikaner an einer Überdosis von schmerzstillenden Mitteln (OxyContin), einer legalen Droge, von Haus- und Zahnärzten verschrieben. In Europa wird sie nur Spitälern verabreicht. Als die Ärzte in den USA begannen, dies zu stoppen, gelangten ähnliche Drogen illegal von Mexico und China in die USA.

Diese verlässlich wissenschaftlich erhobenen Negativerfahrungen mit der Lohnminderung, der Finanzkrise, dem teuren Gesundheitssystems und den Alltagssorgen breitester Kreise- also Aspekte der sozio-ökonomischen Lage – deuten an, wie das erschreckende Phänomen Donald Trump möglich wurde – auch durch die jahrelange Aufmerksamkeit, welche Medien diesem höchst fragwürdigen, exzentrischen Mann boten. Ein Grund zu fürchten, was alles in Demokratien möglich ist.

Das „Pocket“-Gesetz: Trumps letzte Tat ?

Donald Trumps letzte Tage : Der scheidende Präsident hat die Möglichkeit, ein Gesetz „verschwinden zu lassen“.

Hans Högl

Es lohnt, über den Horizont der allerletzten News zu blicken und das Büchlein in der Serie Beck-Wissen „Die politischen Systeme der Welt“ des Politologen Wilfried Röhrich zu erkunden. Es erörtert die Gruppen politischer Systeme: der westlichen Industriegesellschaften, und jene in postkommunistischen Staaten und dann der postautoritären Entwicklungsländer und anderer….

Aber hier verweise ich auf einen besonderen Fund: nicht nur dass Kanada und Australien pro forma parlamentarische, konstitutionelle Monarchien sind – mit der britischen Königin als Oberhaupt, sondern dass der US-Präsident kurz vor Ende seiner Legislaturperiode ein spezielles Recht hat: das sogenannte „Pocket“- Gesetz, das Taschen-Veto (pocket veto): Er kann ein Gesetz „in der Tasche verschwinden lassen“, anstatt es zu unterzeichnen.

Asiatisch-chinesisches 21.Jahrhundert

Hans Högl: Buchrezension

Epochaler Wandel ist kaum Sache der Medien, so ein asiatisch-chinesisches 21. Jahrhundert. China überflügelt alle, Europa schaut zu, Amerika sieht sich herausgefordert.

„But there is very little energy or interest in the EU getting involved in the emerging geopolitical struggles in Asia“, schreibt der exzellente Auslands-Korrespondent der „Financial Times“ Gideon Rachman in seinem Buch: „Easternisation. War and Peace in the Asian Century, London 2017, p. 178) im Penguin TB, Preis ca. 20 €.

Die Dominanz des Westens über die Welt geht im 21. Jahrhundert zu Ende. Seit 1500, der Entdeckung Amerikas bis zum Ende der Kolonialzeit nach 1945, fast 500 Jahre dominierte Europa über die Länder und Völker in Asien, Afrika und Amerika. Im 20. Jahrhundert lösten die USA die zerstrittenen europäischen Mächte als Weltmacht ab. Und wir nähern uns einem asiatischen Jahrhundert. Das erörtert G. Rachman in seinem Buch auf 281 Seiten. Diese Verschiebung auf Weltebene sieht Brüssel primär ökonomisch. Das aufstrebende China fordert die Supermacht USA heraus.

Vor 20 Jahren waren die USA der bedeutendste Handelspartner für allen größeren asiatischen Wirtschaftsmächte, und Japans multinationale Firmen waren die größten Investoren in Süd-Ost-Asien. Aber das ist vorbei. China ist heute ihr wichtigste Handelspartner und importiert nach Süd-Korea, Japan und die meisten Staaten Süd-Ost-Asiens und Australien.

Laut Internationalen Währungsfond wurde China 2014 nach Kaufkraft weltweit die größte Wirtschaftsmacht, und ihr folgen die USA an zweiter Stelle und dann Japan. Die Globalisierung schwächte die amerikanische Arbeiterschaft und schuf eine asiatische Mittelklasse. Die asiatischen Arbeiter stehen in Konkurrenz mit der Arbeiterschaft des Westens. In Asien sind die Löhne sehr viel geringer, darum investieren westliche Firmen in Ostasien, produzieren billiger und schaffen bei uns Arbeitslosigkeit. Um 2025 werden in Asien zwei Drittel der Weltbevölkerung leben (p. 6).

China plant die neue Seidenstraße und will jedes Jahr 150 Milliarden Dollar für die Infrastruktur in 68 Ländern investieren („to spend 150 billion Dollars a year …across sixty-eight countries“ p. xvii).

Chinas Militärrüstung erhöht sich, China hat vermutlich eine größere Seeflotte als die USA. China verhalf Pakistan zur Atombombe. Indien und Saudi-Arabien rennen um den Titel, weltweit die meisten Waffen zu importieren (Rachman 2017,178). Selbst Japan erhöhte die Militärausgaben.

All dies ist Grund genug, dass sich die USA und ihre Allianzpartner in Süd-Ost-Asien herausgefordert sehen. Und dies erklärt die Spannungen unter der Trump-Regierung im Handel mit China. Einige Monate vor der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten spekulierte der damalige Trump-Berater Steve Bannon in einem Radiointerview über einen Krieg mit China „in five or ten years“ (p. X).

Nach einer anderen Auffassung wünschen die USA und China die Beibehaltung des globalen Systems im Eigeninteresse der USA und China. In dem Sinne, dass China weiss, ein Mitglied der großen internationalen Familie zu sein.Es ist die Auffassung eines friedvollen Aufstiegs und der wechselseitigen Abhängigkeit („Dai has indorsed the theory of peaceful rise and interdependence“-Rachman,p.50). Doch Dai trat im März 2012 als Regierungsberater zurück, bald nachdem Xi Jinping Chef der chinesischen Regierung wurde.

Gideon Rachman befasst sich ferner mit Sachverhalten, wo der Westen weiterhin maßgeblich China und Asien überlegen ist, so in den Institutionen, in der Rechtssprechung und in Währungsfragen. Und die Korruption ist im Westen geringer (Kap. 14). Und Englisch ist die Weltsprache. Näheres klammern wir hier der Kürze wegen aus. Zum autoritär politischen System Chinas bemerkt der Autor, dass Chinas kommunistische Partei den Nationalismus nützt, um ihre Ambitionen zu legitimieren (p. 16).