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Lob und Kritik an Standard-Rubrik „Etat“

Hans Högl- Analyse

Eine hervorragende Möglichkeit, sich über Ereignisse in der Medienwelt, sich über die Medienbranche und berufliche Veränderungen gut zu informieren, bietet die Rubrik „Etat“ auf der Webseite des Qualitätsblattes der „Standard“ (Wien). Der Autor verfasste auch ein maßgebliches Buch über die (österr.) Medien.

Heute wurde ein ZIB-Interview des österreichischen Vizekanzlers so dargestellt und kommentiert, dass man unwillkürlich den „mit Haaren herbeigezogenen“ koalitions-kritischen Zweck spürt und ist verstimmt. In einer Fußnote darf ausgedrückt werden, ob das Lesepublikum das informativ gefunden hat, und es werden noch andere Statements vorgegeben, doch es sind n u r positive Kategorien des Lobes, der Anerkennung.

Der Leser hat keine Möglichkeit, Missfallen auszudrücken. Nur Anerkennung und Lob haben Platz für ein „Feedback“. Das wirkt irritierend und ist kritikwürdig.

Sprache und Medien

Unbekannte Sprachschätze und Sprachwurzeln

Hans Högl : Rezension
„Sprachschätze. Sprache & Medien“. Die verborgene Herkunft unserer Wörter. Berlin (Duden 2022)

„Wie ein versunkener Schatz enthält die deutsche Sprache verborgene Inhalte, die es zu heben gilt“, heißt es im kleinformatigen Duden-Bändchen (127 Seiten), das eintaucht in die Geschichte von Wörtern, und davon in viele, die sich auf Medien beziehen. Wer denkt daran, dass „Film“ zu der Wortgruppe um „Fell“ gehört und ursprünglich „dünnes Häutchen“ heißt? Dass das Wort Lexikon aus dem Lateinischen stammt und eigentlich „auflesen, sammeln“ bedeutete? Und dass der Zeitungskiosk einmal ein Gartenpavillon war und persischen Ursprungs ist. Die Herkunft vieler Wörter zeigt dieses empfehlenswerte Bändchen.

Das Wort „Zeitung“ ist erstmal um 1300 in der Bedeutung von „Nachricht, Botschaft“ im Raum Köln belegt. Das Substantiv ist eine Bildung zu mittelniederdeutsch bzw. mittelniederländisch in der Bedeutung „vor sich gehen, sich ereignen“ (S. 125).

Das Wort „Nachricht“ ist seit dem 17. Jahrhundert gebräuchlich und trat an die Stelle von älter neuhochdeutsch „Nachrichtung“ und bedeutet „das, wonach man sich zu richten hat“.

Das Substantiv „Skandal“ wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts aus französisch „scandale“ entlehnt, das seinerseits auf kirchenlateinisch „scandalum“ zurückgeht. Dies stammt wiederum aus dem griechischen „skandalon“, was auf Fallstrick (für Tiere!), Ärgernis zurückgeht. (S. 100).

„Diskutieren“, erörtern: Das Zeitwort ist seit dem 17. Jahrhundert über französisch „discutere“ aus dem lateinischen „discutare“ zerschlagen, zerteilen in dessen übertragener Bedeutung „eine zu erörternde Sache zerlegen, sie im Einzelnen durchgehen“ entlehnt.

Literarische Total-Kritik der Medienwelt

Es ist so, als ob wir die geheimen Gedanken und Strategien der Chefredakteure und Herausgeber von „Massen“-Medien erfahren: Und dies beiläufig in Thomas Sautners Roman „Fremdes Land“. Es ist eine fundamentale, literarische , also keine wissenschaftliche Medienkritik – vor allem an den am weitest verbreiteten Medien – wie an vielen Fernsehsendern, am Boulevard, an schreiend farbigen Magazinen. Die Rezension des Romans boten wir bereits im letzten Blog.

Hans Högl: Text aus Thomas Sautners Roman „Fremdes Land“ S. 66 f. :

„Diesmal war tatsächlich Ruhe. Und das in einer Branche, die in den letzten Jahrzehnten herabgesunken war zum Lieferanten billigsten Zeitvertreibs. Alles andere, lenkten die Medienleute von ihrer Unzulänglichkeit ab, ziele an den Bedürfnissen der Konsumenten vorbei, gehe ins Leere. Die Konsumenten hätten Alltagsprobleme genug: Sorgen um Heim und Kinder, Ärger im Job, die üblichen kleinen Unzufriedenheiten und Streitereien, das tägliche Gegeneinander.

Da bleibe kein Platz für intellektuell Forderndes, für Kontroverses, für Analytisches. Das Leben der Menschen orientiere sich nun einmal an einem Horizont, der von Tag zu Tag reiche. Entsprechend kurzweilig gelte es das Medienprogramm zu gestalten. Was die Leute demnach wollten, waren Reality-Shows bar jeder Realität, waren Prominente inklusive ihrer Schicksalsschläge und Skandälchen, waren Kino, Kosmetik, Kurzurlaub. Gurusendungen und Horoskop, durchmischt mit Wetter. Glücksspiele, Astro-Tipps und Rätsel. Harter Sport und putzige Tiere. Das war Vielfalt genug. Daraus bestand das Leben der meisten Menschen, der Stoff, aus dem ihre Träume und Sehnsüchte gemacht waren – und gemacht werden konnten. Anderes wünschten sie nicht. Weitreichendes überforderte sie. Das Große und Ganze ebenso wie tiefere Zusammenhänge. Oder gar die Idee des leitenden Gedankens.

Hand in Hand ging die Medienarbeit mit dem Bestreben der Wirtschaft, ihre Marken für die Menschen unverzichtbar zu machen“……

NB. Hans Högl: In dieser Kritik sind wohl nicht gemeint jene qualitativen Medien, die es auch gibt; aber deren Reichweite bestenfalls jeden Zehnten erreichen. Österreichs Qualitätszeitungen erreichen in etwa jeden Zwanzigsten (4 – 6 %!). ARTE erreicht 1 %, 3-sat ca. 2-3%, Radio Ö 1 bestenfalls 10 %.