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Bedrohliches Kriegsgetöse (2)

Medien und Politik schüren Angst und Panik vor einem Angriff Russlands auf die EU und die NATO. Das erhöht die Zustimmung zu weiterer hemmungsloser Aufrüstung.

Wolfgang Koppler *

„Die NATO ist nicht nur von außen bedroht“, lautet ein Artikel jüngst in den Oberösterreichischen Nachrichten (OÖN). Darüber ein Foto mit Panzer und drauflos stürmenden Soldaten. Stoltenberg und das NATO-Emblem haben offenbar ausgedient und wirken zu wenig kriegerisch.

Anlässlich des uns bevorstehenden 75-Jahr-Jubiläums der NATO im April und wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Probleme im Westen müssen natürlich Ängste vor inneren und äußeren Feinden geschürt werden. Auch um die Opferbereitschaft der Bevölkerung zur Erhöhung der Rüstungsbudgets zu steigern. Und so beginnt der Autor natürlich mit dem äußeren Feind Russland. Ein zunehmend kriegerischer russischer Präsident Putin könnte das Militärbündnis in weniger als einem Jahrzehnt angreifen, wird der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius zitiert (vielleicht sollte er noch seinen Vornamen ändern: Boris könnte zu russisch wirken).

Wer weiß, was dann sein wird ? Auf jeden Fall wäre Putin dann an die 80. Und wer weiß, ob er dann noch am Leben sein wird, wer dann in Russland überhaupt an der Macht ist. Und Russland hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Interesse, Polen, das Baltikum oder gar Schweden anzugreifen. Das sind – aus der Sicht Russlands – keine strategisch oder auch nur kulturell – bedeutsamen Gebiete. Alles andere ist bloße Spekulation und Kaffeesudleserei. Genauso gut können wir uns auf einen Angriff der Außerirdischen vorbereiten oder auf einen Ausbruch eines der 50 Supervulkane, die es auf der Erde gibt. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werden wir aber angesichts der jetzt schon besorgniserregenden Daten in 10 Jahren den Klimawandel und das Elend in den Entwicklungsländern weit stärker zu spüren bekommen als uns lieb ist. Aber mit solchen weitaus realistischeren Vorhersagen steigert man keine Rüstungsbudgets,

Um Politik und Bevölkerung aber trotzdem zu sensibilisieren, muss man Horrorvisionen erzeugen und sich dabei auf Experten berufen. Wie das auch Pistorius tut: „Unsere Experten rechnen mit einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren, in dem dies möglich sein könnte“ (man beachte das Wort „möglich“ und mein obiges Stichwort „Kaffeesudleserei“). Da es dem Autor scheinbar darum zu tun ist, die Panik noch zu steigern, stellt er in der Folge einige Suggestivfragen: „Ist der Angriff Russlands gegen die Ukraine nur ein Testlauf, um zu sehen, wie ernst es den westeuropäischen Staaten mit ihrer Verteidigungsbereitschaft ist ? Falls es Putin gelingen sollte, die Ukraine niederzuringen, wendet er sich dann seinem Hauptfeind ‚NATO‘ zu ? Testet er den Artikel 5 des NATO-Vertrages“ ? (Anm: Beistandspflicht)

Um diesen geradezu bohrenden, aber eher substanzlosen Fragen Nachdruck zu verleihen (wobei der Autor zugesteht, dass seine Visionen in Westeuropa als eher unwahrscheinlich abgetan werden), wird dann Schwedens Oberbefehlshaber General Michael Byden zitiert, der die Schweden aufgefordert hätte, sich „mental“ auf den Krieg vorzubereiten. Und dann folgt noch einmal Pistorius, der in seinem Interview die schwedischen Warnungen „aus skandinavischer Sicht als verständlich“ bezeichnet hätte. Ich würde eher sagen, aus Sicht der skandinavischen Regierung und der Militära, die den sich jetzt bald zwei Jahre hinziehenden Beitrittsantrag ja irgendwie rechtfertigen müssen.

Und natürlich darf im gegenständlichen ÖON-Artikel der Hinweis auf die historisch verständliche Besorgnis der Polen nicht fehlen. Weshalb Polen gegenwärtig gefährdet sein sollte, kann der Autor nicht darlegen.

Da dies alles wenig stichhaltig ist, um eine massive Erhöhung der europäischen Verteidigungsbudgets zu begründen, darf natürlich auch die Angst vor einem möglichen Sieg Trumps bei den kommenden US-Präsidentschaftswahlen nicht fehlen. Dieser hat ja – im Gegensatz zu Biden – an Europa und seinen antirussischen Reflexen wenig Interesse und liebt mehr die Auseinandersetzung mit China, Wenn dass kein Grund ist, die europäischen Verteidigungsbudgets hinaufzuschrauben ? Endlich auf die lästige „Friedensdividende“ zu verzichten ? Zumal die Polen ihr Rüstungsbudget schon unter der PiS-Partei auf 4 % (und heuer auf mehr als 4 %) hinaufgeschraubt haben ?

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

„Andere Wahrheiten“

Das neue Buch von Konrad Paul Lissmann „Lauter Lügen und andere Wahrheiten“ bot den ideellen Hintergrund für das Philosophicum Lech, das 2023 dem Thema „Alles wird gut. Zur Dialektik der Hoffnung“ gewidmet war. Im Folgenden einige von unserem Autor ausgewählte Zitate.

Hans Högl

Konrad P. Lissmann zum öffentlichen Diskurs und medialer Einseitigkeit:
„Wer übertreibt, kennt nur eine Sache. Das führt dazu, dass jede Saison ihr Thema hat, bei dem es um Sein und Nichtsein geht.“ „Jede Unterbindung einer Erörterung ist eine Anmaßung von Unfehlbarkeit „(p. 54). Lissmann bezieht sich darin auf John Stuart Mills Buch „Über die Freiheit“.

Lissmann fragt: „Warum werden alle Debatten, ob über den Rassismus oder das Klima, über das Virus oder den politischen Auftrag der Kunst, sofort hysterisch zu einem Entweder-oder stilisiert, das keine Zwischentöne mehr kennen darf“(p. 181). In der Gender Debatte werden Verweise auf biologische Fakten ignoriert (p. 18). Und es fällt das Wort „Lückenpresse„.

Sehr interessant ist sein Hinweis auf das Wort „Mohr“. Mohr wurden im Mittelalter Apotheken genannt -anerkennend die Überlegenheit der arabischen Heilkunst (p. 86). Darum erscheint die Ablehnung fragwürdig.

Zur Pandemie und Zumutungen der Demokratie: In der Moderne war Krankheit nur noch als individuelles Problem präsent, nicht als kollektives Ereignis. „Die Krise offenbarte, dass viele ihre individuelle Freiheit ohne jenen politischen und sozialen Rahmen denken wollen, der diese überhaupt erst ermöglicht.“ Was im Falle einer Krankheit für den Einzelnen gilt u. fraglos akzeptiert wird, gilt in einer Pandemie für die Gemeinschaft. Gewohnte Lebensvollzüge werden unterbrochen, das Konsum- und Freizeitverhalten kann nicht bruchlos fortgesetzt werden (p. 172-176). Laut Thomas Hobbes hat im Ernstfall Sicherheit immer den Vorrang vor Freiheit.

Krisen, Sorge und Klimafrage: Auf den Grund zur Sorge verwies Heidegger in „Sein und Zeit“. Sorge wurde zur Grundstimmung unserer Epoche, und Liessmann nennt: Schmelzen der Polkappen, Hunger, Terror, Kriege, Bildungswesen, die EU, Flüchtlinge, Rechtspopulismus, Krise der Demokratie und Verletzung der Menschenrechte. Alles Gegenstände der Besorgnis. Und Lissmann schließt: „Angesichts des Lebens aber sollte es hin und wieder vielleicht doch heißen dürfen: „Nicht alles ist ein Grund zur Sorge“. Zur Bildung erwähnt er: Bis zu 40 % der Erwachsenen sind des Lesens und Schreibens so entwöhnt, dass sie normalen schriftlichen Kommunikationen nicht mehr folgen können (p. 137).

Zur Klimafrage: Es gilt „alles zu unternehmen, um die globale Erwärmung zu verlangsamen, ist das eine; alles zu tun, um die sozialen Folgekosten dieser Anstrengung abzufedern, das andere; alles zu versuchen, um die nicht mehr abzuwendenden Folgen des Klimawandels durch Technologie, Innovationskraft und Verhaltensänderung gering zu halten, ein Drittes.“ (p.183).
„Die radikalen Klimaschützer wie die Extinction Rebellion oder Letzte Generation wollen uns in Angst und Schrecken versetzen, um ein unmittelbares Handeln zu provozieren“…“In manchem erinnern diese Beschwörungen der Angst an die apokalyptische Rhetorik des Kampfes gegen die atomare Bedrohung im vorigen Jahrhundert. Lissmann bezieht sich damit auf Günther Anders. Solche Drastik wird auch für die Klimakrise insinuiert (p. 188 f.).

„Die neue Lust an der Apokalypse und das Beschwören endzeitlicher Katastrophen sind kontraproduktiv.“ „Die Vorstellung, dass es so schlimm um uns bestellt sei, dass bei Protesten auf Rechtsstaat und Demokratie, auf eine funktionierende Infrastruktur sowie auf die Bedürfnisse von Menschen keine Rücksicht mehr genommen werden muss, enthält ein totalitäres Moment. Auch eine Ökodiktatur bliebe eine Diktatur.“ (p. 192).

Stichworte: Ökodiktor, öffentlicher Diskurs, Letzte Generation, Klimafrage, Pandemie, Sorge und Angst, Lissmann Konrad Paul, „Lauter Lügen“ (Buch)

Das Mittelalter lässt grüßen

Die jüngste Sendung der hervorragenden ORF-Reihe Universum History hat Möglichkeiten der Konfliktlösung im Mittelalter aufgezeigt. Mit interessanten Parallelen zur Gegenwart..

Wolfgang Koppler

Der jüngste Ausgabe von Universum History befasste sich mit den Aufgaben eines mittelalterlichen Burgvogts, den Funktionen damaliger Grundherrschaften sowie dem Fehdewesen zur Zeit Kaisers Friedrichs des II. Anfang des 13.Jahrhunderts.

Gezeigt wurde in fantasievoller Weise auch die Vermeidung der Eskalation eines bereits in Gewalttaten ausgeuferten Streits zweier Adelsfamilien mit Hilfe der diplomatischen Fähigkeiten des Burgvogts. Es ging um vorgeblich verletzte Ehre und natürlich um wirtschaftliche Interessen, im gegenständlichen Fall um einen von beiden Teilen beanspruchte Mühle. Es gab damals noch kein Gerichtswesen, sodass man sich eben meist durch Selbstjustiz in Form der Fehde Recht verschaffte. Wobei bereits der Sachsenspiegel zunächst eine dreitägige cooling-off-Phase vorsah. Doch auch damals wusste ein kluger Vogt, dass eine nicht rechtzeitig beigelegte Fehde und das Bedürfnis nach Rache Jahrzehnte langes Blutvergießen bedeutete. Mit unzähligen Toten, Verletzten und verheerten Landstrichen, was unter Umständen alle Beteiligten ruinierte.

Kommt uns das bekannt vor? Passiert nicht genau das im Ukrainekrieg und in vielen anderen Kriegen? Bomben, Raketen und Granathagel werden mit Bomben, Raketen und Granathagel beantwortet. Über Jahre hinweg. Der Aggressor muss bestraft werden. Ohne Rücksicht auf Verluste und Kollateralschäden. Wobei jede Seite naturgemäß immer die jeweils andere Seite als Aggressor sieht. Insoweit unterscheidet – abgesehen von der Waffentechnik – die moderne Kriegsführung wenig von der des 30-jährigen Kriegs oder der des Fehdewesens. Und das ukrainische Getreide verfault genauso wie jenes auf den Feldern der Bauern früherer Jahrhunderte, die unter einer Fehde oder später unter den Söldnerheeren litten.

Während wir im innerstaatlichen Bereich Streitigkeiten mit Hilfe einer mehr oder weniger gut funktionierenden Justiz lösen, erinnern unsere Kriege und die damit verbundene Außenpolitik immer noch an blutige Fehden des Mittelalters um Ehre, Rache und Einfluss. Und an die Verheerungen durch die Söldnerheere des 17.Jahrhunderts. Manchmal sogar schlimmer. Wie sagte ein kluger Mann, als er danach gefragt wurde, wie wohl der 3.Weltkrieg aussähe ? Ich habe keine Ahnung, welche Waffensysteme dann zum Einsatz kommen werden. Aber der 4.Weltkrieg wird mit Sicherheit nur noch mit Keulen ausgetragen.

Aber vielleicht brauchen wir gar keinen weiteren Weltenbrand, um uns in die Steinzeit zurückzuversetzen. Sieht man sich die Prognosen der Klimatologen und die weltweit steigenden Durchschnittstemperaturen an sowie Unvernunft und Alibimaßnahmen, mit denen Klimawandel und Umweltverschmutzung begegnet wird, kommt die Natur möglicherweise dem militärischen Selbstzerstörungstrieb des Menschen zuvor. Dann würde aus dem Steinzeitmensch mit wieder das Steinzeitwesen ohne Atombombe. Seltsam, dass sich viele immer noch einreden, alles müsse von selbst irgendwie gut ausgehen. Wer garantiert uns das ?

Ein Buchautor klärt auf

Drei Epochen der Aufklärung sieht der Buchautor Thomas Halik: der Vernunft, Emotionalität, des Klimas. „Aufklärung“ bietet er auch in anderen Fragen.

Hans H ö g l

Passagen aus dem Buch: Thomas Halik (2022): Der Nachmittag des Christentums.Eine Zeitansage,Freiburg, Herder, 317 S.- mit Index und Anmerkungen. Der tschechische Soziologe und Theologe Thomas Halik schrieb ein epochales Buch – primär zur Zukunft des Christentums. Ich greife daraus einige Passagen auf, die meiner Ansicht nach im Sinne der Medienkultur von Interesse sind. Halik schreibt sinngemäß:

Die erste Aufklärung hat die Epoche der Moderne eröffnet. In ihr sieht Thomas Halik die Emanzipation der Vernunft (17./18.Jahrhundert – vgl. Jahr 1789). In der zweiten Aufklärung wurde gegen die vorausgehende Generation der Eltern revoltiert, die den 2. Weltkrieg und den „Kalten Krieg“ erlebt haben. Die zweite Aufklärung ist die Emanzipation der Emotionalität (u. Sexualität – vgl. Jahr 1968). Die dritte Aufklärung legt großen Wert auf ökologische Verantwortung – angesichts des unbestreitbaren Klimawandels und lehnt neoliberalen Kapitalismus und unbeschränktes Wachstum ab und fordert einen alternativen Lebensstil. Eine globale mediale Aufmerksamkeit habe das „Auftreten der Kinderprophetin Greta Thurnberg gewonnen“ (p. 169 f.).

Doch Halik meint auch, das Wort „Krise“ gehört zu den am meisten benutzten Worten unserer Zeit. Kein Wunder, dass es schon viele Menschen ermüdet und gereizt reagieren lässt. Gab es denn eine Zeit ohne Krisen, ist unsere Zeit mit ihren Krisen wirklich außergewöhnlich? fragt er (p. 89). Das Misstrauen gegen die jetzige ökonomische und politische Weltordnung spiele dem politischen Extremismus, Populismus und Fanatismus in die Hände.

Ähnlich wie in der Zeit der Wirtschaftskrise der 30-er Jahre des 20. Jahrhunderts radikalisieren sich die Linke und die Rechte. In manchen postkommunistischen Ländern kommt die nationalistische Rechte zur Macht, während sich vor allem im akademischen Milieu mancher amerikanischer und westeuropäischer Universitäten die Anhänger der radikalen linken Ideologie des Multikulturalismus und der Politischen Correctness zu ihren Gegnern mit einem solchen Maß an Intoleranz, Arroganz und Fanatismus verhalten, dass es fast an ideologischen Säuberungen aus der Zeit der Kommunismus erinnert (p. 168 f.).

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Katholikenregel und Klimawandel

Fleischfreier Freitag könnte das Klima erheblich verbessern, so eine britische Studie.

Hans Högl zitiert aus der Zeitung von Pater Udo (Göttweig) www.p-udo-ja.at

Laut einer neuen Studie der Universität Cambridge könnte Papst Franziskus einen erheblichen Einfluss auf das Klima nehmen. Denn wenn das Kirchenoberhaupt den fleischfreien Freitag, wie er früher in katholischer Tradition üblich war, wieder einführen würde, könnten damit jährlich Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, heißt es in einer Studie der Hochschule.

Die Forscher nahmen als Grundlage Zahlen aus dem Vereinigten Königreich: Als 2011 die katholischen Bischöfe von England und Wales zur Rückkehr zum fleischfreien Freitag aufgerufen hatten, habe ungefähr ein Viertel der rund sechs Millionen Katholiken seine Essgewohnheit dementsprechend umgestellt. Dadurch wurden laut der Studie rund 55.000 Tonnen Treibhausgase im Jahr eingespart. Das zeige, dass, selbst wenn global nur eine Minderheit der Katholiken dem Aufruf des Papstes folgen würde, das den CO2-Ausstoß schon erheblich reduzieren könnte, betonte Larcom.

„Mit mehr als einer Milliarde Mitgliedern auf der ganzen Welt ist die Katholische Kirche in einer sehr guten Position, um den Klimawandel abzumildern“, erklärte Studienleiter Shaun Larcom. Franziskus habe sich immer wieder entschieden für radikale Antworten auf den Klimawandel ausgesprochen. „Wenn der Papst die Verpflichtung zum fleischfreien Freitag wieder für alle Katholiken der Welt einführt, könnte das einer der wichtigsten Ausgangspunkte für günstige Emissionsverminderungen sein“, so Larcom.

Angst vor Ende des Ukraine-Kriegs?

Ich sehe selbstverständlich den Wahnsinn und die Hybris auf russischer Seite. Aber wir alle haben in einer Demokratie die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, auch auf Fehlentwicklungen auf unserer Seite hinzuweisen. Demokratie ist nämlich stets aufs Neue gefährdet. Am allermeisten durch uns selbst.

Wolfgang Koppler *

Die Eskalationsspirale ist längst im Gang. Keine Verhandlungen von Seiten der Ukraine bis Ende August. Weitere Forderungen von russischer Seite. Weitere Waffenlieferungen. Und dem sich wirklich vorsichtig äußernden österreichischen Außenminister Schallenberg wird von ZiB2-Moderator Martin Thür das Argument vom „Diktatfrieden“ entgegen gehalten, als er bloß meinte, es sollte in Zukunft vielleicht doch zu einer diplomatischen Lösung kommen. Obwohl es kreative Lösungen angesichts völkerrechtlich offener Fragen bezüglich Minderheiten und Sicherheitsdebatten genug gäbe, ohne dass irgendwer „kapitulieren“ müsste. Aber im Detail möchte ich das Völkerrechtlern und Sicherheitsexperten überlassen. Waffen sind jedenfalls genug vorhanden, um den Krieg noch sehr lange weiterzuführen und nicht nur den befürchteten „Diktatfrieden“ sondern überhaupt jeden Frieden zu verhindern. Das neueste Argument der Verhandlungsgegner ist die Befürchtung, Putin könnte einen Waffenstillstand anbieten und die Solidarität des Westens bzw. die Bereitschaft zu weiteren Waffenlieferungen könnte dann nachlassen. Angst vor einem Ende des Kriegs ? Angst, die eigene Aggression nicht mehr befeuern zu können ? Warum verhandelt man nicht wenigstens, um herauszufinden, was die Gegenseite wirklich vorhat ?

Die Katastrophe in humanitärer, wirtschaftlicher und umweltpolitischer Hinsicht ist derzeit jedenfalls vorprogrammiert. Ich darf daran erinnern, dass ein nicht unbekannter Journalist schon im ersten Golfkrieg „vom „letzteren bitteren Waffengang“ am Golf gesprochen hat. Und im Irakkrieg wurde im Magazin einer Menschenrechtsorganisation (deren Arbeit sonst durchaus wichtig ist) den Friedensaktivisten unter Verweis auf die Menschenrechtsverletzungen Saddam Husseins seinerzeit entgegen gehalten: „Jetzt sprechen die Waffen“. Was daraus wurde, wissen wir. Der Wiederaufbau dort wurde übrigens bis heute nicht in Angriff genommen. Bis der IS wiederauflebt. Weil das Geld offenbar für Waffen benötigt wird. Und die Auswirkungen des Ukrainekriegs sind noch wesentlich schlimmer. Da hilft es nicht, irgendwelche angeblichen „Extremisten“ beobachten zu lassen, wie es die deutsche Innenministerin tut (die vielleicht auch noch den Kriegsgegner Karl Kraus auf den Index der politisch inkorrekten Literatur setzen wird). Die – im Übrigen äußerst zaghaften und mit jenen der Coronagegner nicht vergleichbaren – Proteste sind nicht das Problem. Sondern die tatsächlichen Auswirkungen des Krieges.

Heute sind wir verbal scheinbar ein bisschen vorsichtiger als Anno 1914 oder auch 1991 und 2003. Aber „Kampf der Werte“. „Verteidigung der Demokratie“ (mit immer mehr Waffen) und „Diktatfrieden“ sowie Beschimpfungen von Andersdenkenden als „Putinknechte“ kommt auf dasselbe hinaus. Und dass durchaus diskussionswürdige Aufrufe wie jener der Schriftstellers Josef Haslinger und der gewiss unverdächtigen Autorin Juli Zeh etwa in der Zib2 des ORF schlicht ignoriert werden, spricht Bände. Auch realistische Experten wie Heinz Gärtner werden kaum wahr genommen. Eigentlich müssten Verhandlungsgegner und Hardliner ja höchst zufrieden sein. Sind es aber nicht. Man hat das Wort „Frieden“ durch „Diktatfrieden“ ersetzt, aber vielleicht könnte man das Wort „Frieden“ ganz aus dem Wortschatz streichen? Ewige Kampfbereitschaft ist das Ziel.

Das ist das Problem: Ist die Aggression erst einmal aktiviert, ist sie nur schwer wieder herunterzufahren. Ob an der Heimatfront. Oder auf dem Schlachtfeld. Auf beiden Seiten.

Wollen wir wirklich warten, bis eine fortgeschrittenere außerirdische Zivilisation einmal eine durch Krieg oder Klimawandel zerstörte Erde vorfindet?

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Publizist und lebt in Wien

Klimawandel und Nachrichten-„Wert“

Worte der „radikalen“ Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb

Hans Högl

Erstaunt fand ich zum Klimawandel ungewöhnliche Aussagen im Buch: Helga Kromp-Kolb/Herbert Formayer: „Warum wir uns für die Rettung der Welt erwärmen sollten“.

Während Frau Kromp-Kolb in Medien bekannt ist, trifft dies nicht für den Mitautor zu, auf Herbert Formayer, Prof., Meteorologe in Wien.

Beide Autoren fordern zum Handeln auf. Ihre Hauptaussage: „Es gibt keinen Zweifel mehr, dass der Klimawandel real ist und seine Ursachen bekämpft werden müssen, weil die Folgen ungebremsten Klimawandels für alles katastrophal sein werden.“ Das umzusetzen, lässt zu wünschen – auch in Österreich. Doch Klimawandel ist ein
Z e i c h e n für das Übernutzen von Rohstoffen der Erde (S. 202).

Ungewöhnliche Aussagen im Buch, bewusst ausgewählt:

– Klima-„Leugner“ sind es im Kern nicht, sie sind gegen nötige Staatseingriffe.

– Zu Hochwasser an Flüssen: Ob dies der Klimawandel bewirkt, „kann man derzeit nicht abschätzen.“ S. 28. (Ich erinnere an Gespräche, wo alles der Klimawandel „macht“- ähnlich den Spekulationen, wie Krebs entsteht. Wer weiß es wirklich?).

– Kromp-Kolb S. 28: In Medien ist viel von Wetteränderungen die Rede. Liegt es am Klimawandel oder daran, dass erlebte Ereignisse als besonders dramatisch dargestellt werden? Da spielen die kommerzialisierte Medien und die sozialen Medien eine Rolle.

„Je dramatischer ein Ereignis dargestellt werden kann, umso höher ist der Nachrichtenwert.“

– Ängste machen Menschen unflexibel. „Das ständige Zeichnen von Bedrohungsszenarien durch Politik und Medien – egal ob Flüchtlinge, Wirtschaftskrise oder Klimawandel – wirkt daher den notwendigen Systemänderungen entgegen; manchmal meine ich, das sei beabsichtigt.“ (S. 166).

– Kromp-Kolb: Einzelne Menschen, Organisationen, Firmen und Gemeinden handeln vorbildlich.

Medien und die Klimakrise

Die Folgen des Klimawandels beschäftigt zunehmend auch die Medienwelt. Reizthemen wie Migration oder Corona werden damit teilweise bereits überlagert.

Udo Bachmair

Die spannende Thematik „Medien und die Klimakrise“ war jüngst Gegenstand einer Podiumsdiskussion, veranstaltet vom renommierten Presseclub Concordia. Der engagierte Club wollte damit aufzeigen, dass die Klimaproblematik uns auch medial eingeholt hat. Dabei stellen sich u.a. folgende Fragen: Wie berichtet man verantwortungsvoll über Folgen, wissenschaftliche Erkenntnisse, Betroffene, Verantwortliche und Lösungen für die Klimakrise? Welche Verantwortung tragen Medien dabei? Wie stellen sich Redaktionen darauf ein?

Petra Stuiber, stv. Chefredakteurin des „Standard“ beteuerte, dass ihre Zeitung dem Klimathema großen Raum einräume. Sie hält jedoch ein eigenes Klimaressort für nicht zwingend notwendig. Die komplexe Causa sei nämlich ressortübergreifend. Sie habe etwa sowohl europapolitische als auch wirtschaftspolitisch starke Tangenten. Mit ähnlicher Argumentation outete sich auch ORF2-Chefredakteur Matthias Schrom als Gegner eines eigenen Klima-Ressorts.

Michael Jungwirth, Leiter der Wien-Redaktion der Kleinen Zeitung berichtete stolz über die Gründung einer Klima-Taskforce in seiner Zeitung. Jedes Ressort verfüge über einen speziellen Klima-Experten, eingebunden in ein innerredaktionelles Netzwerk. Größte Herausforderung sei es, diejenigen an Bord zu holen, die anderer Meinung sind. Es gelte, Klimawandelleugner oder -skeptiker ernst zu nehmen und sie ohne erhobenen Zeigefinger faktenorientiert ans Thema heranzuführen. Dies sei auch in der Corona-Debatte der richtige Weg.

Ähnlich Petra Stuiber: Sie betrachtet es als wichtigen Aspekt, den Diskurs mit UserInnen und LeserInnen zu verstärken. Menschen auch mit ganz anderen Ansichten sollten auf Augenhöhe miteinander reden können. Ein frommer Wunsch, so ein Kommentar aus dem Publikum.

Medienkritik in Sachen Klimaberichterstattung hielt sich in der Publikumsdiskussion insgesamt in Grenzen, trotz der Teilnahme mehrerer vor allem junger engagierter Frauen. Dass im Speziellen der ORF zu wenig berichten würde und Klimathemen oft weit nach hinten gereiht werden, wies ORF-Sprecher Schrom zurück.

Die Diskussionsveranstaltung war eine Kooperation von Presseclub Concordia, fjum und dem Netzwerk Klimajournalismus Österreich – letzteres vernetzt Klimajournalist:innen und befördert den Austausch über adäquate Klimaberichterstattung.

Leere Phrasen über Klimawandel?!

Die medialen Warnungen über den Klimawandel und die Parallel-Werbung für schnelle Autos in TV-Sendern- – das schafft Unbehagen und ist widersprüchlich bis hin zur leeren Phrase.

Hans Högl

Nun -die Coronaberichte ebben ab, die Klimafrage rückt wieder in den Vordergrund. In einer Fülle von Sendungen – nicht nur im ORF -sondern auch und in deutschen TV-Sendern ist die Klimafrage allgegenwärtig.

Der Klimawandel hat vielfältige Ursachen, aber dass der Verkehr – z.B. auf Basis von Benzin und Diesel- ein wichtiger Faktor unter anderem ist, steht außer Frage. Ich stelle eine Frage und deute mein Unbehagen an: Ja, wir können die Autos nicht einfach abschaffen – auch nicht die Werbung für Autos. Dennoch sehe ich eine Diskrepanz zwischen den wiederholten Warnungen über den Klimawandel und die gleichzeitige auch öffentlich-rechtliche Werbung für Benzin- und Dieselautos.

Ich möchte einen Gedankenimpuls geben, ohne jetzt und sofort ein Verbot für diese Werbung zu fordern. Aber es ist ein Unbehagen, das mich erfasst- bei soviel Worten über Klimawandel. Es gilt auch die Forderung von Unternehmensethik – auch für die Fernsehstationen. Auch wenn es weh tut.

Faktencheck zur Asylpolitik

Am 18. Juni ist Weltflüchtlingstag. Spätestens dann werden sich Politik und Medien dieses Reizthemas wieder annehmen.

Udo Bachmair

Sobald die Emotionen rund um die Coronapolitik abgeebbt sind, wird neben dem Klimawandel erneut auch die Asylpolitik wieder die Schlagzeilen beherrschen. Rund und um dieses komplexe Thema kursieren besonders viele Falschinformationen, Halb- und Unwahrheiten. Die Allianz „Menschen.Würde.Österreich“ hat nun zahlreiche „Lügen der Bundesregierung“ aufgelistet, die von Medien oft nicht hinterfragt werden. Sprecher der Allianz, von denen die Beispiele stammen, sind

Christian Konrad & Ferry Maier **

„Österreich hat im Jahr 2020 bereits 5.000 UMF aufgenommen.“

Das stimmt nicht: Österreich hat 2020 186 UMF aufgenommen.
5.000 Minderjährige erhielten 2020 Schutz, davon wurden allerdings mehr als 3.000 in Österreich geboren; bei den übrigen ist nicht klar, wann sie nach Österreich einreisten.

„Auf Lesbos ist Hilfe vor Ort effektiver als Evakuierung.“

Hilfe vor Ort funktioniert auf Lesbos nicht bzw. kommt teilweise nicht an. 181 (gebrauchte) Container kamen etwa nie dort an, beheizte Zelte sind mangels Stromanschluss im Lager nicht benutzbar.
Aus einer humanitären Notsituation kann man nur evakuieren – nicht umsonst sprechen sich ExpertInnen (auch vor Ort in Griechenland) auf dem Gebiet seit Monaten dafür aus.

• Wording „illegale Migranten“ in Bezug auf Geflüchtete in Griechenland/am Balkan

Die meisten Menschen, die aktuell in Griechenland und Bosnien ausharren müssen, kommen aus Syrien, Afghanistan, Irak oder palästinensischen Gebieten. Also in der Regel Länder mit recht hohen Asylanerkennungsquoten. Der Begriff „Migranten“ ist daher falsch. Die „illegale Migration“ ist in Wahrheit nichts anderes als Flucht.

• Pull-Effekt: „Wenn man Menschen aufnimmt, kommen immer mehr.“

Es ist mittlerweile wissenschaftlich bestätigt, dass es keinen „Pull-Effekt“ gibt. Das zeigen auch die konstant gebliebenen Zahlen Ertrunkener im Mittelmeer, seit es kaum mehr Seenotrettung gibt.

Geflüchtete als „Opfer der Schlepper“ darstellen

Es gibt keine legalen Fluchtwege, Flucht ist also immer „illegal“. Auch rechtlich wird die „illegale Einreise“ mit der Schutzzuerkennung rückwirkend straffrei. Solange es keine Alternativen gibt, sind Flüchtende auf Schlepper angewiesen. Man spielt diesen also nicht mit Seenotrettung oder der Aufnahme von Geflüchteten in die Hände, sondern dadurch, dass es keine Möglichkeit zur legalen Flucht gibt.

• „Wirtschaftsflüchtlinge“ haben keinen Anspruch auf Schutz bzw. schaden dem Sozialsystem

Auch wirtschaftliche Gründe können zur Asylzuerkennung führen bzw. zur Zuerkennung von subsidiärem Schutz, wenn die wirtschaftliche Lage im Herkunftsstaat z.B. so katastrophal ist, dass die Betroffenen dort nicht überleben können. Personen, die fliehen, weil sie keine Ausbildung oder keinen Arbeitsplatz finden, sind auf der Suche genau danach. Bei Beachtung des Fachkräftemangels werden genau solche Personen eigentlich dringend gesucht.

„Arbeitslose Österreicher sollen Arbeitsplätze bekommen.“

Mangelberufe gibt es, weil es eben nicht genug Österreicher gibt, die diese Arbeit machen können oder wollen. Weil sich außerdem immer mehr Menschen gegen einen Lehrberuf entscheiden, wird der Fachkräftemangel in den vergangenen Jahren immer größer. Zahlreichen Aufenthaltstiteln bzw. Beschäftigungsbewilligungen geht zudem eine „Arbeitsmarktprüfung“ voran; – also eine Überprüfung, ob es keine/n ÖsterreicherIn gibt, die diese Arbeit antreten könnte.

„sichere Drittstaaten“ auf den Fluchtrouten

Die meisten Staaten, die Flüchtende auf der Route durchqueren, sind der Genfer Flüchtlingskonvention nicht oder nicht vollständig beigetreten oder haben de facto kein funktionierendes Asylsystem. Wenn es sich um sichere Staaten handeln würde, würden die Menschen nach dem Asylgesetz dorthin zurückgeschickt werden. So hat z.B. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schon 2011 festgestellt, dass Abschiebungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel im Asylsystem unzulässig sind, und empfiehlt UNHCR z.B. Serbien nicht als sicheren Drittstaat heranzuziehen.

„Nur Kriminelle werden abgeschoben.“

Das stimmt nicht: Im Jahr 2020 waren 53,7% der Abgeschobenen straffällig.
Abgesehen davon ist eine Abschiebung in ein Kriegsland (Beispiel: Afghanistan) immer rechtswidrig, weil das Recht auf Leben für alle Menschen gilt. Die Abschiebung als „Strafe“ wäre außerdem ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung.

„Europa nimmt die meisten Flüchtlinge auf.“

73% der Flüchtlinge werden in unmittelbaren Nachbarstaaten aufgenommen; 80% in Entwicklungsländern. Fast 80 Millionen Menschen waren 2020 auf der Flucht, Europa nahm mit rund 470.000 also nur einen Bruchteil an Geflüchteten weltweit auf.

• „Zuwanderung ins Sozialsystem“/“Flüchtlinge bekommen mehr Sozialleistungen als Österreicher_innen.“

Menschen flüchten dorthin, wo es ein funktionierendes Asylsystem und faires Asylverfahren gibt; soziale Absicherung zählt natürlich dazu. Asylberechtigte sind ÖsterreicherInnen sozial gleichgestellt, werden aber nicht bevorzugt. Subsidiär Schutzberechtigte sind in vielen Dingen schlechter gestellt und Menschen mit Bleiberecht erhalten oft überhaupt keine Leistungen. MigrantInnen müssen vor der Zuwanderung erst ausreichend Einkommen nachweisen, um überhaupt ein Visum zu erhalten, und haben anschließend keinen Anspruch auf Sozialleistungen.

„Flüchtlinge sind ungebildet bzw. schlecht ausgebildet.“

Das stimmt nicht: Zahlreiche Menschen flüchten etwa gerade aufgrund ihres Bildungsstandes (z.B. DolmetscherInnen und JournalistInnen aus dem Irak, RegierungsbeamtInnen aus Afghanistan). Flüchtende sind außerdem in der Regel besser gebildet als die Gesamtbevölkerung ihres Herkunftsstaates.

** Christian Konrad war Chef von Raiffeisen, Ferry Mayer ÖVP-Politiker.

Beide fühlen sich der alten „christlich-sozialen ÖVP“ verbunden und lehnen den „empathiebefreiten“ Weg der neuen türkisen ÖVP unter Kanzler Kurz vehement ab.