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Widerstand erzeugt Hoffnung

Politik, Medien, Kirchen : Stopp dem rechten Ungeist

Udo Bachmair

Hetze im Internet, Hass gegenüber Fremden, Antisemitismus, Nazi-Texte in Liederbüchern: Der Ungeist von Rassismus und Rechtsextremismus erscheint an Tagen wie diesen allgegenwärtig. Und für manche scheint er bereits salonfähig geworden zu sein.

Doch es gibt Hoffnung.

Ein immer breiterer Widerstand gegen rechte Zündler regt sich:  In den Medien (Ausnahme  weitgehend die Kronenzeitung), in NGOs, in Kirchen bis hin zum beeindruckenden Appell des Bundespräsidenten gegen NS-Verherrlichung und Menschenverachtung.

Als mutig erscheint in dem Zusammenhang auch die Rücktrittsaufforderung Van der Bellens an den nö. FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer. Dieser war bis vor kurzem noch Vizeobmann der rechtsextremen Burschenschaft Germania, behauptet jedoch, von ihren Nazi-Liedern nie etwas gehört oder gewusst zu haben..

Gäbe es in Deutschland einen ähnlichen Fall, wäre ein Rücktritt wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Die dortige Medienlandschaft scheint stärker willens und in der Lage zu sein als hierzulande, entsprechend Druck auszuüben. Doch wir sind halt in Österreich..

In Österreich verhallen Appelle für Menschlichkeit, Solidarität und Antifaschismus nur allzu oft. Viele Medien nehmen sie nur am Rande wahr. Dabei wäre es wünschenswert, etwa auch kirchlichen Stimmen in der Öffentlichkeit mehr Gehör zu verschaffen.

So lässt angesichts jüngster Vorfälle um FPÖ-Politiker der Vorsitzende des ökumenischen Rates der Kirchen, Thomas Hennefeld, mit besonderes eindringlichen Worten aufhorchen. Er mahnt Kirche und Gesellschaft zu erhöhter Wachsamkeit und Sensibilität und merkt zum Fall Germania an:

Wo sich das Haupt des widerwärtigen antisemitischen Ungeistes erhebt, wie im Fall des Liederbuches bei der Burschenschaft Germania, müssen die Kirchen aufschreien

Zum Plan des FPÖ-Innenministers, Flüchtlinge und Asylwerber „konzentriert“ in Massenunterkünften „halten“ zu wollen, meint der Vorsitzende des ÖRKÖ :

80 Jahre nach dem  „Anschluss“ an Hitler-Deutschland spricht ein Minister davon, Menschen konzentrieren zu wollen. Dabei geht es nicht nur um Anspielungen auf die dunkelste Zeit unserer Geschichte, sondern auch um die Maßnahmen, die damit verbunden sind. Anscheinend sollen tausende Menschen aus Familien, in denen sie integriert sind, herausgerissen werden und an einen anderen Ort gebracht werden. Die Kirchen dürfen nicht darauf warten, bis es der Regierung einfällt, auch andere Gruppen auszusondern, nur weil jetzt von uns niemand betroffen ist, sondern müssten schon jetzt protestieren.

 

Griechenland: Solidarität statt Demütigung

Ökonomen und Vertreter christlicher Kirchen für Solidarität mit Griechenland

Udo Bachmair

Und es gibt sie doch: Alternative Stimmen zum weithin antigriechischen journalistischen Eintopf. Stimmen, die nicht ständig griechische Unfähigkeit und Kompromisslosigkeit brandmarken, sondern Stimmen, die – ökonomisch, sozial und humanitär begründet -Solidarität mit Griechenland bekunden.

In der hiesigen Öffentlichkeit wird das Bild einer inkompetenten griechischen Regierung aufgebaut. Es liege ausschließlich an Athen, sich in der „Schuldenkrise“ zu bewegen. Doch selbst renommierte Ökonomen argumentieren, dass die Krisenpolitik der EU versagt habe.

Nobelpreisträger Joseph Stieglitz von der Columbia University in New York stellt in einer Analyse für den STANDARD fest, dass die Politik der Troika (der „Institutionen“) von Beginn an keine solide Grundlage hatte. Stieglitz zeigt sich überzeugt, dass die griechische Regierung mit ihren Vorschlägen den Forderungen ihrer Gläubiger sehr entgegengekommen sei. Doch, meint Stieglitz, es gehe gar nicht ums Geld :

„Es geht darum, Griechenland mittels Deadlines dazu zu bringen, sich zu unterwerfen und das Unakzeptable zu akzeptieren – nicht nur Austeritätsmaßnahmen, sondern auch andere repressive, strafähnliche politische Strategien“.

Für die Nichtsolidarisierung von EU- Politik und Medien mit Griechenland sieht Stieglitz u.a. folgenden Aspekt:

Viele europäische Spitzenpolitiker wollen erleben, wie die linke Regierung von Premierminister Tsipras scheitert. Schließlich ist es unerfreulich, in Griechenland eine Regierung zu haben, die allen Formen von Politik, die die so viel dazu beigetragen haben, die Ungleichheit innerhalb so vieler fortschrittlicher Länder zu vergrößern, entgegentritt; und die so bestimmt auftritt, die entfesselte Macht des Reichtums zu drosseln“.

Nach dem überwältigen Referendums-Nein der Griechen zu weiteren von der EU verordneten Sparauflagen haben mehrere deutsche Ökonomen einen offenen Brief an Kanzlerin Merkel gerichtet. Darin wird die mächtige EU-Politikerin aufgefordert, das „Spardiktat“ noch einmal zu überdenken:

„Wie von den meisten vorhergesagt, haben Europas finanzielle Forderungen die griechische Wirtschaft zu Fall gebracht, Massenarbeitslosigkeit und den Zusammenbruch des Bankensystems verursacht und die externe Schuldenkrise deutlich verschärft. Die Schulden sind auf unbezahlbare 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestiegen. Die Wirtschaft liegt nun am Boden, Steuereinkommen sinken im Sturzflug, Leistungs- und Beschäftigungszahlen sind niedrig und Unternehmen mangelt es an Kapital.

Die humanitären Auswirkungen sind kolossal: 40 Prozent der Kinder leben nun in Armut, die Säuglingssterblichkeit ist in die Höhe geschossen und die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei fast 50 Prozent. Korruption, Steuerflucht und falsche Buchführung der Vorgängerregierungen in Griechenland haben zu diesem Schuldenproblem beigetragen. Doch die Griechen haben ihre Sparpolitik befolgt – sie haben Gehälter, Regierungsausgaben und Renten gekürzt, privatisiert, dereguliert und die Steuern erhöht“.

Solidarisch mit Griechenland erklären sich auch zahlreiche christliche Stimmen aus Österreich, die kaum Eingang in unsere Medien finden. Daher im Folgenden eine kleine Auswahl:

Michael Bünker, Bischof der Evangelischen Kirche A.B., Generalsekretär der Evangelischen Kirchen in Europa:

„Wir warnen seit Jahren davor, dass die Sparpolitik zu Lasten der sozial Schwachen geht. Heute sehen wir die desaströsen Folgen, die eine solche Politik hat. Die Menschen in Griechenland müssen es am eigenen Leib erleben“.

Thomas Hennefeld, Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich:

„Mit großer Sorge blicke ich auf Griechenland…Die Austeritätspolitik der europäischen Institutionen und anderer internationaler Geldgeber hat vor allem die ärmeren Menschen in Griechenland in eine immer ausweglosere Situation gebracht.“

Jussuf Windischer, Generalsekretär von Pax Christi Österreich :

„Mit Erschrecken verfolge ich die Unbeugsamkeit einer EU-Finanzpolitik, die Griechenland ohne Perspektiven belässt. Die Auflagen und Bedingungen drohen die griechische Bevölkerung in noch größere Armut, ja sogar ins Elend zu treiben“.

Adalbert Krims, Journalist, Vorsitzender Aktion Kritisches Christentum (AKC):

„Die Situation in Griechenland in den letzten Jahren ist der Beweis für die Richtigkeit der päpstlichen Worte „Diese Wirtschaft tötet!“. Griechenland, die Wiege der europäischen Demokratie, kann heute wieder eine führende Rolle für Europa spielen, wenn es das Diktat der Austerität ablehnt“.