Medienkulturelle Betrachtungen zum Jahreswechsel 2013/2014

Udo Bachmair

Verletzungen der Medienkultur tun auch rund um den Jahreswechsel  weh. Ihr haben auch in den letzten Tagen vor allem wieder  Boulevardzeitungen Schmerzen zugefügt. Im Folgenden ein paar symptomatische Beispiele, stellvertretend für andere, die auch für 2014 nur sehr eingeschränkt  auf seriöseren Journalismus in unserem Land  hoffen lassen.

So fällt das immer beliebter werdende Abkanzeln und Heruntermachen von Kollegen innerhalb der Branche auf. Besonders hervorgetan hat sich jüngst etwa Tex Rubinowitz, der im Kurier (einem Blatt, das zu recht normalerweise nicht als „Krawallblatt“ gilt) seinem offensichtlichen Intimfeind Eugen Freund zu dessen Abgang als ORF-Moderator pauschal jegliche Souveränität und Professionalität abspricht. Den Lesern ziemlich unvermittelt seinen Hass gegenüber einem ebenfalls durchaus ernsthaften Kollegen hat kürzlich auch der sattsam bekannte Krone-Glossist  Michael Jeanee vermittelt.  Opfer seiner „journalistischen  Dreckschleuder“  wurde dieses Mal Robert Reumann. Auch ihm ist es  in seiner Funktion als ORF-Mitarbeiter nicht möglich ist, sich mit ähnlicher Waffe zur Wehr zu setzen. Das macht es Boulevardjournalisten besonders leicht,  zum Gaudium des Publikums ORF-Bashing zu betreiben. Mit einer unüberlesbar lustvollen Tendenz, unliebsame Kollegen, wie Freund oder Reumann, medial an den Pranger zu stellen. Abgesehen von derartigen öffentlichen „Hinrichtungen“ ortet der kritische Medienbeobachter auch eine Reihe subtilerer Vergehen. So etwa fühlt sich Ben Segenreich im Standard bemüßigt, die tragische Situation der Palästinenser in von Israel besetzten Gebieten wieder einmal zu relativieren. So spricht er zwar das Leid an, „das der Konflikt mit Israel verursacht“, fügt jedoch hinzu: „Paradoxerweise ist aber gerade das Westjordanland eine Insel relativer Ruhe“.  Angesichts des Leids, dem viele Palästinenser durch immer mehr Stacheldrahtzäune, existentielle Bedrohung durch israelische Siedler, Zerstörung von Olivenhainen und Weingärten, etc., ausgesetzt sind, fragt man sich:  Ist es selektive Wahrnehmung seitens eines israelfreundlichen Korrespondenten ?  Ist es gar Zynismus ? Letzteres nehme ich in Kenntnis des Autors nicht an. Zum Thema ein Buchtipp: „Im Schatten des Feigenbaums“ , Titel eines berührendes Werks der christlichen Palästinenserin und Friedensaktivistin Sumaya Farhat Naser. Ein Wort noch zur Außenpolitik : Vor kurzem ist dazu ebenfalls im Standard (vom 28.12.) eine bemerkenswerte Analyse von Gabriele Matzner (Botschafterin a.D.) und Helmut Kramer (Politologe) erschienen. Der Kern auch ihrer Erkenntnis: „Es liegt Jahrzehnte zurück, dass in Österreich seriös, engagiert und kontrovers über Außenpolitik diskutiert wurde. Das muss sich ändern“. Vielleicht gelingt dem neuen Außenminister eine Wende. Nicht zu unterschätzen ist allerdings, dass es vor allem auch an den Medien und deren Berichterstattung liegen müsste, das Interesse an (österreichischer) Außenpolitik wieder zu wecken. Auch das wäre gelebte Medienkultur. Nicht zuletzt im Vorfeld der so wichtigen EU-Wahl.

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