SRG-Ombudsmann : Viele Beschwerden zurückgewiesen

Hans Högl

Seit Jahren vielen Jahren verfolgt  die Vereinigung für Medienkultur (Wien) das Wirken des ORF-Publikumsrates.  Folgender NZZ-Beitrag  (online 10.6.2017) ist daher von besonderem Interesse : 

Ombudsmänner: Lästige, aber nötige Kritik

Rainer Stadler

Die «New York Times» schaffte den Ombudsmann ab. Die Schweizer Radio- und TV-Sender können das nicht tun – zu ihrem Glück.

Als Ombudsmann der privaten Radio- und Fernsehsender hat man keinen Stress. Der Arbeitsaufwand ist gering, denn es treffen kaum Beschwerden ein. Der für die Deutschschweiz zuständige Ombudsmann zählte im vergangenen Jahr bloss 6 Fälle, sein Kollege in der Romandie bekam in einigen Jahren gar keine und manchmal bloss 3 Beanstandungen. Die tiefen Zahlen kontrastieren auffällig stark mit jenen des Ombudsmanns von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Auf seinem Pult landen durchschnittlich etwa 150 Beschwerden pro Jahr – auch die Westschweizer und Südschweizer SRG erregt bedeutend weniger Ärger. In den vergangenen drei Jahren schnellten zudem die Beschwerden gegen SRF wegen einiger weniger Sendungen in die Höhe. Einen Rekord verbuchte die «Arena»-Sendung mit dem Historiker Daniele Ganser. Über 500 Beanstandungen gingen ein, die Ombudsmann Roger Blum einen Arbeitsaufwand von 160 Stunden bescherten – in der Regel benötigt er 6 Stunden, um eine Beschwerde gegen eine Sendung zu bearbeiten, wie er auf Anfrage sagte.

Lieber diese Kritik als andere

Aus den genannten Zahlen kann man eine spannungsgeladene Beziehung des Deutschschweizer Publikums zu seinem Service public herauslesen. Schwieriger ist es, daraus auf eine schlechte publizistische Leistungsbilanz von SRF zu schliessen. Denn der Ombudsmann weist einen Grossteil der Beschwerden zurück. Nur in 10 Prozent der Fälle gibt er ihnen recht und in 10 Prozent teilweise.  Es verwundert insofern nicht, dass TV-Chefredaktor Tristan Brenn im nebenstehenden Artikel wohlwollende Worte für diese Kontrollinstanz findet, die den Sendern von der Politik vor einem Vierteljahrhundert aufgezwungen wurde, um das Machtgefälle zwischen Publikum und Medienmachern ein bisschen zu verringern. Für die Sender und insbesondere SRF hat ein Ombudsmann auch den Vorteil, dass die Redaktionen bei Beschwerden angehört werden und damit auf eine rationalere Auseinandersetzung hoffen können als in den sozialen Netzwerken oder teilweise in der Presse, die nicht zur Ausgewogenheit verpflichtet ist.

Die Kontrolle durch einen Ombudsmann ist auch deswegen erträglicher, weil seine Kompetenz begrenzt ist. Der Ombudsmann darf nur Fälle behandeln und öffentlich darlegen, wenn eine Beschwerde aus dem Publikum eingetroffen ist. Wie beim Presserat zeigt die Erfahrung, dass es dabei öfters um Bagatellen oder Wehwehchen geht. Keine Beschwerde ging beispielsweise gegen die «Rundschau» ein, die sich im Urner Mordfall Walker mit einer abwegigen These aus dem Fenster lehnte. Das Bundesgericht erhob in diesem Zusammenhang einen schweren Vorwurf gegen die Redaktion, dennoch kam diese nicht mehr auf das Thema zurück. Da kann dann der Ombudsmann nicht eingreifen. Auf Anfrage sagte Roger Blum, diese Möglichkeit habe ja der nicht an gesetzliche Vorgaben gebundene Presserat. Er selber thematisiere «solche Fälle» intern, also im Gespräch mit den jeweiligen Redaktionen. Davon erfährt die Allgemeinheit allerdings nichts.

Öffentlichkeit unangenehm

Eine öffentliche Behandlung von Fehlern ist für die betroffenen Redaktionen gewiss unangenehm. Kritik können wenige Journalisten hinnehmen. So erstaunt es nicht, dass Ende Mai die «New York Times» ihren Ombudsmann abschaffte und ihn durch ein Team ersetzte, welches Reklamationen behandelt. Unmut und Kritik lassen sich so diskreter erledigen. Man hatte denn auch nie den Eindruck, dass die SRF-Ombudsleute das Licht der Öffentlichkeit suchten. Ein Vorgänger von Blum mokierte sich darüber, dass Journalisten nur kritische Stellungnahmen behandelten und eine gutgeheissene Beanstandung beispielsweise als «Tadel» bezeichneten. Das war bereits der «Zuspitzung» zu viel. Der jetzige Ombudsmann denkt allerdings sportlicher.

Roger Blum und Ignaz Staub sind Herausgeber des Buches: Die Klagemauern der Schweizer Medien (Bern 2017).

 

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