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Politik ohne kritische Medien ?

Wenn Politiker nicht mehr kontrolliert werden, wird alles noch schlimmer

Helmut Brandstätter

Jetzt wird also das Wirtschaftsblatt geschlossen, eine spezialisierte Tageszeitung, die ökonomische Zusammenhänge gut erklärt hat. Gleichzeitig überweisen Politiker im Bund und in Wien jährlich zig Millionen an das Gratisblatt Österreich, das man laut Gerichtsurteil „Fälscherwerkstatt“ nennen darf. Es soll niemand sagen, die Politiker wüssten nicht, was sie tun: Sie bezahlen einen Verlag dafür, dass sie sich nicht vor allzu kritischen Geschichten fürchten müssen, jedenfalls bis zur nächste Überweisung von Steuergeld. Wobei man in Wien gerade beobachten kann, dass das Gratisblatt besonders wilde Geschichten, etwa über „Türkenkriege“, schreibt. Das Rathaus zahlt offenbar zu wenig ein. Aber die Angst in der Wiener Politik ist groß, „niedergeschrieben“ zu werden, wie es kürzlich ein Pressesprecher mit ängstlicher Stimme formulierte.

Bundeskanzler Kern und sein Medienminister Drozda haben angekündigt, dass sie die irrsinnigen Inseratenausgaben für die Verblödungspresse reduzieren und dafür eine sinnvolle Presseförderung für Qualitätsmedien einführen wollen. Dafür kann man ihnen nur sehr viel Mut und Durchhaltevermögen wünschen. Jeder weiß, dass man sie mit „Niederschreiben“ bedrohen wird. Wir werden das gerne dokumentieren.

Gerade heute, in Zeiten ständig verfügbarer, aber unüberprüfbarer Informationen, ist unsere Demokratie auf seriöse Medien angewiesen. Und auf bestens ausgebildete, unabhängige Journalisten, die ihre Geschichten nicht nach dem Inseratentarif verkaufen. Das kostet Geld. Ein transparentes System der Medienförderung ist gerade in einem kleinen Land dringend notwendig, wie es übrigens die gerne als Vorbild zitierte Schweiz hat.

(KURIER 18.8.2016)