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Politik und Medien zur Mäßigung mahnen

Wenn man gegenwärtig Politik und Medien beobachtet, ist eine Demaskierung des Intellekts wohl unschwer zu erkennen. Vor allem bezüglich der Berichterstattung über den Ukrainekrieg.

Wolfgang Koppler *

Da wird eine Armee, die augenscheinlich nicht einmal den Donbass erobern kann, der Waffen, Soldaten und Munition ausgehen, für fähig gehalten, Polen, Finnland, das Baltikum anzugreifen. Da hält man Putin für so verrückt, nicht wirklich verhandeln zu wollen, obwohl die russische Führung bis zur Befreiung Kiews genau dies getan hat. Und die Verhandlungen nicht von russischer, sondern von ukrainischer Seite abgebrochen wurden. Und der chinesische Friedenplan – so rudimentär er ist – zunächst auch von russischer Seite begrüßt wurde. Auch den Einsatz taktischer Atomwaffen hält man für nicht sehr wahrscheinlich (und demnach Putin für nicht so verrückt, wie man tut).

Die Warnung vor weiteren militärischen Abenteuern Putins angesichts der offen zutage getretenen Mängel seiner Armee scheint nur ein weiterer Versuch, Putin und Russland zu einem die westliche Welt bedrohenden Popanz aufzublasen. Was angesichts der täglichen – durchaus glaubhaften – Berichte des britischen Verteidigungsministeriums und einem BIP wie jenem von Spanien – immer absurder und widersprüchlicher wirkt. Sonst durchaus vernünftige Politologen werden irrational und erblicken das Heil in einer Aufrüstung, von der sie wissen, dass sie die wirklich brennenden Probleme wie Klimaschutz und Armutsbekämpfung in den Hintergrund drängt. Dabei ist es nur zu offensichtlich, dass Putins Hybris zu Beginn des Krieges längst von jener auf der anderen Seite abgelöst wurde. Nur will das niemand sehen.

Währenddessen sterben sinnlos jeden Tag hunderte Menschen in einem für uns unvorstellbaren Gemetzel als Kanonenfutter. Auf beiden Seiten. Hungern Millionen Menschen angesichts stark verringerter Getreideexporte. Politiker wie Kissinger und Macron, die vor einer allzu starken Demütigung Russlands warnen (wohl vor allem wegen der Gefahr des Aufkommens radikaler Kräfte , des Zerfalls der Atommacht Russland, aber auch anderer Folgen, wie sich noch nach jedem Krieg gezeigt haben, an dem der Westen in den letzten Jahrzehnten beteiligt war, man denke nur an den Irakkrieg, an Libyen usw.) werden einfach nicht gehört.

Und zwischenzeitig zerstören wir unsere Demokratie von innen heraus. Politiker:innen werden in Interviews so lange unter Druck gesetzt, bis sie sich dem Mainstream anschließen. Und dann oft noch selektiv wiedergegeben. Und in Chats werden Andersdenkende als „Troll“ verspottet oder als Verharmloser beschimpft, die den russischen Gulag herbeisehnen würden. Bis sich niemand mehr etwas zu sagen getraut. Außer Gruppen, die man außerhalb des demokratischen Spektrums verortet. Das erinnert stark an den 1.Weltkrieg, als sich – bis auf eine Handvoll Intellektueller wie etwa Karl Kraus, Stefan Zweig, Rainer Maria Rilke – fast alle dem Kriegsgeheul anschlossen. Aber nicht einmal Kraus wurde damals so attackiert, wie heutzutage jene, die zur Mäßigung mahnen.

Putin kann unsere Demokratie nicht mehr zerstören. Das haben wir zu einem großen Teil bereits selbst erledigt.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und lebt in Wien

Die NATO und der russische Bär

Der Konflikt zwischen der NATO und Russland rund um die Ukraine dominiert zurzeit die (oft einseitige) außenpolitische Berichterstattung.

Udo Bachmair

Trotz früherer Versprechen westlicher Politiker hat die NATO ihr Einflussgebiet bis unmittelbar zur russischen Westgrenze ausgeweitet. Die baltischen Ex-Sowjetrepubliken sind bereits Mitglieder des westlichen Militärbündnisses, die neutralen (!) Staaten Schweden und Finnland, das eine besonders lange gemeinsame Grenze mit Russland hat, sind potentielle künftige Mitglieder. Zudem sieht sich Moskau durch die EU-Annäherung der Ukraine und eine ebenfalls diskutierte NATO-Mitgliedschaft in seiner Sicherheit bedroht und hat seinerseits Truppen an der Grenze stationiert.

Politik und Medien im Westen sehen meist nur Russland als Provokateur und Säbelrassler. Russische Sicherheitsinteressen und das subjektive Gefühl von Bedrohung durch den Westen werden dabei weitgehend ignoriert bzw. nicht ernstgenommen. Leider auch immer wieder vom ORF, der schon kraft ORF-Gesetz die Vorgabe konsequent zu erfüllen hätte, auch in der außenpolitischen Berichterstattung beide Seiten eines Konflikts mit einzubeziehen.

Diesen immer wieder zu registrierenden journalistischen Qualitätsmangel hat der Welser Außenpolitikexperte Peter Öfferlbauer in einem Schreiben an den ORF folgendermaßen auf den Punkt gebracht :

Das US-Sicherheitsinteresse wird fraglos akzeptiert, aber dem russischen Bären darf man an den Pelz rücken?

Einfluss kleinerer Staaten in der EU

Ein Leser in der Krone schrieb: Die kleineren Staaten in der EU hätten nichts zu sagen. Es gibt Personen, die in ihren bisherigen Vorstellungen verhaftet bleiben.

Hans Högl greift dazu anderslautende Kommentare zur EU-Vereinbarung auf:

Dieses Spitzentreffen in der EU zeigt, dass die Zeiten der deutsch-französischen Führungsrolle vorbei sind. Merkel und Macron haben ihren Vorstoß von 500 Milliarden Direkthilfe nicht mit anderen Regierungen abgesprochen. Das fiel ihnen nun auf die Füße. In der Gemeinschaft ist ein anderes Machtzentrum aus den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Finnland und Österreich entstanden, schreiben die Nürnberger Nachrichten und ähnlich formulierte es die Kleine Zeitung (Graz). 21.07.2020. Die Neue Zürcher sieht es so:letztlich habe sich doch Macron zu einem Gutteil durchgesetzt, der seit Jahren sich bemüht, dass die Lasten auf die gesamte EU verteilt werden.

Der Durst des Oppositionspolitikers

Matthias Strolz gründete die liberale Partei „Neos“. Als Ex-Politiker gab er einer Journalistin der Monatszeitschrift „Datum“ ein Interview und traf überraschende Bonmots (Hans Högl)

Aussagen von Matthias Strolz:

„Es gibt ein bis zwei Wochen im Jahr, in denen ich das Handy abschalte. Mit einer Art Notfallerreichbarkeitskette“.

„Frauen sind für mich nahe am Gottesbeweis“.

Als Oppositionsführer ist die Leitfrage“: Was kritisiere ich heute? Das tut mir nicht gut.“

NB. Diesen Eindruck bloßer Negativität erweckt auch Tagesjournalismus. Wenngleich konstruktiver Journalismus bekannt ist. Wie steht dies mit dem ORF-Spitzenmann Armin Wolf – trotz all` seiner Verdienste?

Die österreichische Monatszeitschrift „Datum“ bringt stilistisch hervorragende Reportagen mit Seltenheitscharakter -z.B. im Oktober: „Zehn Jahre Uni brennt“/ Zum Tierwohl – Was schulden wir dem Schwein?/ Wo das Glück wohnt. Finnland soll das glücklichste Land der Welt sein. Warum? / Künstliche Intelligenz führt den Krieg von morgen / Wie drei Bürgerrechtler gegen die Einschränkung unserer Freiheit kämpfen (aus Budapest, Linz, Warschau)..

Baltikum: Ethno-historisches Puzzle. Estland

Hans  Högl – Estland:

Reisen sind Chancen, andere Länder zu verstehen. Dem dient  dieser nicht-kommerzielle Medienbeitrag. Bericht 1

Nach 50 Jahren Isolation unter den Sowjets wird das Baltikum als liebenswürdiges, interessantes Reiseziel entdeckt. „Ich habe geglaubt: Die baltischen Länder sind wie Ost-Europa. Ich bin verwundert über die Entwicklung hier“, bemerkt treffend eine Wienerin unserer Reisegruppe. Dies ist in der Bilderbuch-Altstadt Tallinn ersichtlich an gepflegten Gebäuden, im Gäste-Service. Der städtische Busverkehr ist gratis. Die Leute kleiden sich westlich, Smartphones sind allgegenwärtig. Auffällig sind überdimensionierte PKWs und Protz-Limousinen.

Finnland und Estland kooperieren in guter Nachbarschaft. Helsinki ist 82 km nahe, ein Tunnel soll Tallinn und Helsinki verbinden. Schwedische Banken sind im Stadtbild präsent. Estland orientiert sich an Skandinavien. Finnen und Esten gehören zur finno-ugrischen Sprachfamilie. Selbst estnische Kinder verstehen die finnische Sprache, teilte uns die akademisch gebildete Reiseleiterin auf der einwöchigen Reise durch Estland, Lettland und Litauen mit. Sie sprach ein akzentfreies Deutsch, intensiv geschult von einem Wolgadeutschen in Minsk – damals unter den Sowjets.

Seit 1991 ist Estland unabhängig. Danach folgte eine Wirtschaftskrise. Doch ein junges Regierungsteam traf harte, not-wendende Entscheidungen. Es investierte, und die Bevölkerung wurde mit EDV Techniken vertraut gemacht und geschult. So nützt heute auch die ältere Generation problemlos EDV, z.B. beim Bankkonto. Politischen Wahlen werden elektronisch durchgeführt. Wer möchte, wählt traditionell. In Estland entwickelten einheimische Experten das Skype. Zahlreiche Delegationen, u.a. aus Afrika, kommen zur Schulung in dieses EDV-Spitzen-Land. Hierbei ergeben sich für Estland Nebengeschäfte.-