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Politik der kalkulierten Angst

Flüchtlinge: Kirchen trotzen Rechtspopulismus

Udo Bachmair

Der rechte Zeitgeist scheint Österreich besonders stark erfasst zu haben. Rechtspopulistische Positionen sind weitgehend salonfähig geworden. Im Medienbereich am konsequentesten aufbereitet hat den Boden dafür die Kronenzeitung. Sie hat jüngst ganz unverblümt eine Wahlempfehlung für die FPÖ abgegeben: „Her mitder FPÖ“ – so war eine Glosse von Peter Gnam in der besonders weit verbreiteten Sonntagsausgabe des Massenblatts überschrieben. Die „Krone“ wirbt seit Jahren in diversen Kommentaren sowie durch einseitige Auswahl von Leserbriefen für Meinungen und Haltungen, die Werten wie Humanität, Empathie, Solidarität diametral entgegenstehen. Werte, die (früher) auch Sozialdemokraten vertreten (haben). Diese haben sie rund um die Flüchtlingskrise jedoch weitgehend verraten.. Aus der Angst heraus, weiteres Stimmenpotential an die Rechtspopulisten zu verlieren. Viele in der SPÖ durchschauen nicht, dass ihnen diese „Strategie“ politisch nichts bringen wird..

Unbeirrt ihren Grundsätzen verpflichtet erscheinen hingegen die Kirchen. Sie konterkarieren am klarsten den weiter um sich greifenden Rechtspopulismus, dessen Grenzen zu reinem Rassismus nicht selten verschwimmen, wie u.a. die zahlreichen Hasspostings im Internet belegen.. In zahlreichen Stellungnahmen zur Flüchtlingsfrage lassen Kirchenvertreter keine Zweifel an Menschlichkeit und Nächstenliebe. Die Flüchtlingspolitik der Regierung mit den Hauptmerkmalen „Grenzen dicht“ und „Festung Europa“ betrachten die Repräsentanten christlicher Kirchen, aber auch Grüne, Linke und Hilfsorganisationen als extrem inhuman.

Die Haltung der Kirchen sei an kurzen Auszügen diverser Statements der letzten Zeit dokumentiert:

„Im Gegensatz zu europäischen Werten sehen wir Akteure, die fremdenfeindliche Ressentiments schüren, missgünstige Gerüchte über Flüchtlinge verbreiten – nicht zuletzt um davon im politischen Wettbewerb zu profitieren. Eine solche kalkulierte Politik der Angst lehnen wir mit aller Entschiedenheit ab.“ (Gemeinsame Erklärung von 50 katholischen und evangelischen Theologen)

„Eine humane Lösung des Flüchtlingsproblems ist nur möglich, wenn in Europa das Prinzip der Solidarität in den Mittelpunkt gestellt wird“ (Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich)

„Griechenland mit den hohen Flüchtlingszahlen alleine zu lassen, ist ein unfairer Akt und keine Lösung“ ( Metropolit Arsenios)

„Ich glaube, dass die Gesellschaft vor die Hunde geht, wenn wir uns von der Fähigkeit des Mitgefühls abschneiden“ (Evangelisch-lutherischer Bischof Michael Bünker)

„Es ist beschämend, dass es in der Flüchtlingsfrage keinen europäischen Konsens gibt. Das Schließen der Balkanroute ist einseitig erfolgt, ohne Griechenland und Deutschland. Das halte ich für einen Akt mangelnder europäischer Solidarität“ ( Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn ).

„Die derzeitige Asylpolitik der meisten EU-Staaten, darunter Österreich, ist die systematische Zerstörung eines gemeinsamen Europa. Sie geschieht unter dem höhnischen Beifall nationalistischer und rechtsextremer Kräfte, und dafür klopfen sich christdemokratische und sozialdemokratische Politiker auch noch selbst auf die Schulter“ (Gerda Schaffelhofer, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich)

 

 

Festung Europa und Flüchtlingselend

Udo Bachmair

Bereits Tausende Todesopfer lebensbedrohlicher Überfahrten von Nordafrika in Richtung „Festung Europa“ sind zu beklagen. Ratlosigkeit, mitunter auch menschenverachtenden Zynismus, kennzeichnen hilflose Versuche und unzumutbare „Lösungsvorschläge“ seitens der Politik. Ein immer wieder zitiertes Wort in dem Zusammenhang: „Schande“.

Jedes Jahr versuchen auch mehrere Tausend Menschen, über den Zaun in Melilla nach Europa zu kommen. Dort werden sie oft unter Missachtung elementarer Grundrechte wieder abgeschoben. Die Aufnahmebedingungen gelten als katastrophal.

Als besonderer Hohn muss erscheinen, dass ausgerechnet dort ein Golfplatz entstanden ist, an dessen Peripherie sich täglich Flüchtlingstragödien abspielen. Jedenfalls kommt dem Platz eine besondere Symbolkraft zu.

Javier Caceres, Brüsselkorrespondent der Süddeutschen Zeitung hat sich des Themas angenommen und berichtet:

  • Die Europäische Union bezuschusste einen Golfplatz in der spanischen Exklave Melilla mit Millionen-Beträgen. Der Golfplatz liegt direkt am Grenzzaun zu Marokko, den Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa zu überwinden versuchen.
  • Auf Anfrage der spanischen EU-Abgeordneten Marina Albiol rechtfertigte die EU-Regionalkommissarin Corina Creţu die Geldmittel aus Brüssel mit den Infrastrukturproblemen in Melilla.
  • Außerdem habe man mit dem Golfplatz zur Sportförderung beigetragen und den Umweltschutz gestärkt, da der Platz auf einer ehemaligen Müllhalde gebaut wurde.

Wenn es je ein Bild gegeben hat, das die Opulenz Europas und das Elend der Flüchtlinge an seinen Grenzen eindrücklich gegenüberstellt, dann dieses: ein Foto vom Golfplatz in Melilla mit dessen ungebetenen Zaungästen. Vorne schlagen Golfspieler ihre Bälle ins satt bewässerte Grün; im Hintergrund sitzen afrikanische Flüchtlinge rittlings auf einem mehrere Meter hohen Gatter. Doch dieses hegt eben nicht die palmenumsäumte Sportanlage ein, sondern ist eine Grenzbefestigungsanlage des Königreichs Spanien.

Besonders pikant war die Information, dass die Europäische Union den Golfplatz in Spaniens nordafrikanischer Exklave mit 1,4 Millionen Euro bezuschusst hatte – auf Antrag der spanischen Regierung, die selber 3,5 Millionen Euro dafür lockermachte. Festung Europa und Flüchtlingselend weiterlesen