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Von „Zivilgesellschaft“ ist oft die Rede-doch was ist sie?

Kann Zivilgesellschaft die 6. Gewalt im Staat sein, wie ein Medienanalytiker meinte?

Hans Högl

Welche Bedeutung hat „Zivilgesellschaft“? Peter Plaikner, der Direktor von IMPact – dem Institut für Medien und Politikanalyse, nannte sie kürzlich im Presseclub Concordia die 6. Gewalt, die 5. sind demnach die „Social Media“, die 4. die traditionellen Medien.Dies ist Anlass, zu fragen, was „Zivilgesellschaft“ meint.

„Zivilgesellschaft“ ist auf Englisch civil society, auf Französisch société civile. Dies kommt vom Lateinischen “ societas“ = Gemeinschaft, Teilnahme, Genossenschaft, Kameradschaft, (Handels) Gesellschaft, politisch: Bündnis. Vgl. ius civile = bürgerliches Recht, Zivil- oder Privatrecht. civis (lat) = Bürger*in, Mitbürger, Einheimischer. „Burger“ waren Mittelalter Leute, die rund um die Burg wohnten. Vgl. Namen wie: Bürger, Bürgerschaft, Bürger-Meister, Staats-Bürger. Im Französischen: „bourgeois“ .

Im Französischen bedeutet das Wort „citoyen“ den Staatsbürger. Ursprünglich war dies der Bewohner einer cité, also Stadt (!), vom lat. civitas. Später wurde daraus Besitz-Bürger.Davon leitet sich das Wort „bourgeois“ ab. Die Bourgeoisie, verstanden als herrschende Klasse rührt von der die marxistischen Theorie. Zu erwähnen ist die Bezeichnung „bürgerliche Parteien“.

Im Englischen bedeutet „civil society“ seit dem 18. Jahrhundert Staatsbürger-Gesellschaft, also dem von der staatlichen Verwaltung u n a b h ä n g i g e n Bereich, der sich z.B. in berufsständischen Vereinigungen eigene Selbstverwaltungsorgane schafft.

Der Begriff Zivilgesellschaft fand im Deutschen erst durch Schriften von A. Gramsci (1947) Eingang. Bisher unterschied man im Deutschen nicht zwischen den

1. staats-unabhängigen Bereichen der Gesellschaft und
2. der besitz – bürgerlichen Klassenherrschaft in der Bedeutung von Marx und Engels.

Im nordamerikanischen Liberalismus versteht man unter Zivilgesellschaft die von der staatlichen Administration unabhängige Gesellschaft der einzelnen Staatsbürger, aber im Kommunitarismus das soziale Netzwerk staatsunabhängiger Gemeinschaften, die durch diverse kulturelle Traditionen geprägt sind.

In Österreich und Deutschland ist die Gewaltentrennung nicht so ausgeprägt – wie in den USA und Frankreich. In den USA sind Staat und (Frei) Kirchen getrennt. Ähnliches gilt für Parteien, Verbände. Es wird weder in den USA noch in Frankreich ein Kirchenbeitrag eingehoben- wie dies in Deutschland der Fall ist.

Das Problem, staatliche Bereiche von der Zivilgesellschaft zu trennen, rührt in Österreich und Deutschland auch davon, dass der Staat in vielen Bereichen Förderungen leistet.

So widerstrebt unserem Verständnis, Verbände (wie Kammern, Kirchen, Gewerkschaften) unter dem Begriff „Zivilgesellschaft“ zu fassen – während das z.B. in den USA durchaus möglich ist. Zur Zivilgesellschaft in unserem Sinne zählen NGOs, Sport- und Musikvereine, die freiwillige Feuerwehr, zahllose Vereinigungen formaler (Vereine) oder informeller Art ( Initiativen ohne Vereinsstatut). Hilfsorganisation wie Caritas und Diakonie sind nach-sorgend, also wenn Hilfsbedürftigkeit gegeben ist, doch ist die „Initiative Zivilgesellschaft“ (IZ) insofern vor-sorgend, als hier zukunftsgestaltende Überlegungen getroffen werden (Z.B. denkt die des Grundeinkommens künftigen Beschäftigungsproblemen zu begegne ). Wir werden wohl Hilfsorganisationen (wie Caritas….) dazu zählen, obschon wir wissen, dass caritative Initiativen vom Staat gefördert werden.

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Mehr Menschlichkeit in der Asylpolitik

In Zeiten wie diesen setzt sich in Politik und Medien offenbar nur eine Minderheit für menschliche Flüchtlingspolitik ein. NGOs und Kirchen sehen Österreich in dieser Causa weit weg von Menschlichkeit und Vernunft.

Udo Bachmair

Leidenschaftliches Engagement der Zivilgesellschaft hat die Abschiebung des Asylwerbers Hossein K. im letzten Moment verhindern können. Vor allem die Diakonie mit großer Unterstützung des neuen evangelischen Bischofs Michael Chalupka hat den Abschiebestopp erwirkt. Der Übertritt zur Evangelischen Kirche hätte für den Afghanen in dessen Land das Todesurteil bedeutet.

Doch mit menschenrechtlichen und ethischen Bedenken haben Verantwortliche in Politik und Beamtenschaft mitunter weniger am Hut. Sonst wäre nicht erklärbar, warum weiterhin gut integrierte Lehrlinge abgeschoben werden, deren Fälle nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Druck aus der Zivilgesellschaft und den christlichen Kirchen kann jedoch Einiges bewirken.

Ohne zivilgesellschaftliche Intervention und ohne unabhängige Rechtsberatung wären Menschen wie Hossein K. aus Schladming, völlig verloren. Es ist Gefahr in Verzug, denn die Zivilgesellschaft soll künftig von Betreuung, Beratung und Unterstützung Asylsuchender ausgeschlossen werden. Innenminister Kickl hatte ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht.

Zahlreiche Ehrenamtliche und mehr als 25 NGOs haben kürzlich die Plattform #Fairlassen gegründet. Sie wollen nicht zulassen, dass Asylsuchende in isolierten Lagern verschwinden, zu denen die Zivilgesellschaft keinen Zugang mehr hat. Sie lehnen es zudem ab, dass die rechtliche Vertretung im Asylverfahren das Innenministerium übernimmt, das sich ausschließlich selbst kontrolliert.

Die Petition der Plattform für eine unabhängige Rechtsberatung kann über folgenden Link unterzeichnet werden :

www.fairlassen.at

„Bündnis für Gemeinnützigkeit“ gegründet: Partizipation der Zivilgesellschaft

Hans H ö g l – als Vertreter der „Initiative Zivilgesellschaft“ u.a. der  „Medienkultur“

Wien. 12. April 2017

Der Sektor Zivilgesellschaft – zwischen Markt und staatlichen Organen positioniert – leistet einen unverzichtbaren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, zur Daseinsvorsorge und  Krisenbewältigung.  Dies zeigte sich bei der Pflege und Hilfe von und für Menschen, auch solcher mit Behinderungen, bei der Entwicklung innovativer, gesellschaftlicher  Lösungen, dann am Arbeitsmarkt und in der Aufnahme von Zugewanderten.

Im aktuellen Regierungsprogramm finden sich an mehreren Stellen Verbesserungen für den gemeinnützigen Sektor. Das mit 2016 in Kraft getretene Gemeinnützigkeitsgesetz ist eine erste Umsetzung dieses Vorhabens, andere Anliegen wurden aber noch nicht begonnen. Auch der Lissabon Vertrag verweist auf Bürgerinitiativen.

Um den Sektor der Zivilgesellschaft eine gemeinsame Stimme zu geben, wurde unter der Federführung der „Interessensvertretung Gemeinnütziger Organisationen“ (IGO Wien) das „Bündnis für Gemeinnützigkeit“- ein Zusammensschluss von 14 Verbänden ins Leben gerufen.

Partizipation, steuerliche Verbesserungen und arbeitsmarktpolitische Themen werden die ersten Schwerpunkte und Querschnittsthemen sein. Die politische Partizipation zivilgesellschaftlicher Organisationen soll nicht dem Zufall überlassen, sondern institutionell stärker verankert werden, so  zeitlich v o r  dem Gesetzgebungsverfahren.  Beispielhaft seien von den 14 Verbänden genannt: Die Arbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt ( Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz, Volkshilfe), die IG Kultur, die Sozialwirtschaft Österreichs, die IGO (Interessensvertretung Gemeinnütziger Organisationen), der Umweltdachverband und „arbeit plus“ – soziale Unternehmen. Die 14 Verbände haben wiederum Mitgliedsorganisationen – und zwar insgesamt 1.700 Mitglieder, dies sind ein Großteil aller wichtigen NGOs. Alleine im  Dachverband „Globale Verantwortung“ wirken 33 NGOs in 148 Ländern.

 

 

 

 

Martin Schenk neuer ORF-Publikumsrat

Hans   H ö g l

Dr. Martin Schenk, bekannt durch sein Engagement in der Diakonie und Armutskonferenz, wird ab der nächsten Herbst-Sitzung  ORF-Publikumsrat, und zwar als Vertreter der „Evangelischen Kirche“. Dies kündigte, heute am 28. Sept.,  Dr. Roland Siegrist, Präsident der Diakonie,  im Publikumsrat an und stellte seinen Nachfolger vor. Als „Medienkultur“ begrüßen wir dies: Seit Langem wünschen wir, dass der Dritte Sektor breiter im ORF-Publikumsrat vertreten wird – und dies trifft auf Martin Schenk zu.

Die „Vereinigung für Medienkultur“  regte vor einigen Jahren im Medienstaats-Sekretariat an,  dass in den Publikumsrat auch Medienexperten entsandt würden.  Erfreulich ist, dass Prof. Dr. M. Karmasin  für mehr Transparenz des Publikumsrates eintritt.  Vom Beschwerdeausschuss ist kaum etwas zu erfahren: Wenig in der Plenarsitzung, nichts von dessen Ausschuss, der  dem Amtsgeheimnis unterliegt. Und das in einem Hause, wo das Amtsgeheimnis in Bürokratien ansonsten als verzopft gegeißelt wird.  In einer Vorsprache mit der Vorsitzenden des ORF-Publikumsrates habe ich auf diesen Widerspruch massiv hingewiesen. Und heute schrie ein Besucher ins Plenum hinein – seine Enttäuschung darüber,  dass der Sprecher des Beschwerdeausschusses überhaupt schwieg.

Bemerkenswert war  eine Begegnung mit einem Wissenschaftsjournalisten, der für  Universitäten Beiträge verfasst.  Ich zeigt ihm die wissenschaftliche Publikation, das neue Buch des Schweizer Publizistikprofessors Roger Blum, über den Schweizer Publikumsrat und über dessen  vorzügliches Beschwerde-Management. Der Titel des Buches lautet: Unseriöser Journalismus? Beschwerden gegen Radio und Fernsehen in der Schweiz. Der mir im übrigen unbekannte Journalist zeigte dafür kein Interesse. Mit Helmut Qualtinger würde ich sagen:

„Mir brauchn Se gar nix derzähln, weil i  kenn` des“.

Es ist ja bekannt, dass die Österreichische Presseagentur – angeblich aus Zeitgründen – keine Bücher bespricht. Dies ist sehr bedauerlich, weil Bücher Hintergründe bieten.  Hingegen konnte ich einen anderen Publikumsrat für das einschlägige Buch interessieren.

Bemerkenswert waren einige Daten, die Generaldirektor Dr. Wrabetz, bei der Sitzung  mitteilte:  Der  Spartensender ORF III für Kultur und Information hatte  2015 täglich einen Marktanteil  0,5 -1,6 %. Der Marktanteil vom Radiosender Ö 1 liegt von 5 -6 %.  NB. Das ist rund der gleiche Anteil wie jener vom „Standard“ und der „Presse„. Diese haben ebenfalls einen Marktanteil von rund 5 %. (Jener der Krone liegt österreichweit bei 30 %).  Zu begrüßen ist, dass Ö 1 – wie kürzlich über Marokko- 2017 über  Europas Nachbarländer Georgien und Armenien Sendereihen anbieten wird.  Ein hoch gebildeter Bekannter sagte mir, man kann Ö 1 aufdrehen wann man will, immer hört  man Interessantes. Zwei Publikumsräte regten an, dass ein neues Wissenschaftsmagazin nicht nur in einem Spartensender, sondern auch auf ORF 1 gesendet werden solle.